Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.77/2012
Zurück zum Index I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2012
Retour à l'indice I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2012


Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 1/2}
1C_77/2012

Urteil vom 19. März 2012
I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Aemisegger, Merkli,
Gerichtsschreiber Haag.

Verfahrensbeteiligte
Toni Reichmuth, Beschwerdeführer,

gegen

Peter Föhn, Beschwerdegegner,

Regierungsrat des Kantons Schwyz,
Bahnhofstrasse 9, Postfach 1260, 6431 Schwyz,
Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz, Kammer III, Kollegiumstrasse 28,
Postfach 2266, 6431 Schwyz.

Gegenstand
Ständeratswahl,

Beschwerde gegen den Beschluss vom 14. Dezember 2011 des Kantonsrats des
Kantons Schwyz.

Sachverhalt:

A.
Der nach der Ständeratswahl vom 23. Oktober 2011 im Kanton Schwyz erforderliche
zweite Wahlgang für den zweiten Sitz wurde auf den 27. November 2011 angesetzt.
Neu bewarb sich dafür Nationalrat Peter Föhn, der an der Wahl vom 27. November
2011 die meisten Stimmen erzielte.
Anton (Toni) Reichmuth stellte am 28. Oktober 2011 fest, dass der Wahlvorschlag
für Peter Föhn von Stimmberechtigten unterzeichnet war, deren Unterschriften
von den Gemeinden (vorerst) nicht beglaubigt waren. Am 4. November 2011 wandte
er sich mit diversen Fragen an die Staatskanzlei des Kantons Schwyz, erhielt
darauf indes keine aktenkundige Antwort. Am 26. November 2011 erhob er beim
Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz Beschwerde. Dieses trat mit Entscheid vom
2. Dezember 2011 auf die Beschwerde nicht ein, weil es nicht zuständig und die
Beschwerde verspätet sei. Es überwies die Beschwerde an den Kantonsrat Schwyz.
Auf eine gegen diesen Entscheid gerichtete Beschwerde trat das Bundesgericht
mit Urteil 1C_549/2011 vom 8. Dezember 2011 nicht ein.

B.
Mit einer weiteren Beschwerde vom 12. Dezember 2011 gelangte Anton (Toni)
Reichmuth an den Kantonsrat Schwyz. Er beantragte im Wesentlichen, die Wahl von
Peter Föhn sei aufzuheben und der zweite Wahlgang der Ständeratswahl sei zu
wiederholen.

C.
Der Kantonsrat Schwyz trat mit Beschluss vom 12./14. Dezember 2011 auf die vom
Verwaltungsgericht weitergeleitete Beschwerde vom 26. November 2011 nicht ein
und wies die Beschwerde vom 12. Dezember 2011 ab. Mit demselben Beschluss
erwahrte der Kantonsrat die Wahl von Peter Föhn als Mitglied des Ständerats für
die Amtsdauer 2011-2015.

D.
Gegen diesen Entscheid des Kantonsrats hat Anton (Toni) Reichmuth beim
Bundesgericht am 30. Januar 2012 Beschwerde erhoben. Er beantragt, die Sache
sei in Anwendung der Rechtsweggarantie (Art. 29a BV) einem kantonalen Gericht
zum Entscheid zu übertragen und es sei eine angemessene Normenkontrolle
betreffend die Ausgestaltung der Rechtsweggarantie durchzuführen. Eventualiter
verlangt er, die Liste von Peter Föhn für den zweiten Wahlgang vom 27. November
2011 nicht zuzulassen, die Wahl aufzuheben und einen neuen Wahlgang anzusetzen.
Überdies stellt er den Antrag, die im kantonalen Verfahren vorgebrachten
Argumente seien als Bestandteile seiner Beschwerde ans Bundesgericht
anzuerkennen.

E.
Der Kantonsrat Schwyz beantragt die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf
eingetreten werden könne. Das Verwaltungsgericht verzichtet auf eine
Stellungnahme zur Beschwerde. Peter Föhn stellt den Antrag, auf die Beschwerde
sei nicht einzutreten. In einer weiteren Vernehmlassung hält der
Beschwerdeführer an seinen Standpunkten fest.

Erwägungen:

1.
Das Bundesgericht behandelt Beschwerden in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten im Sinne von Art. 82 lit. c BGG, die sich gegen
letztinstanzliche kantonale Entscheide im Zusammenhang mit der Wahl von
Ständeräten richten (Art. 88 BGG). Die Beschwerdebefugnis steht den in der
betreffenden Angelegenheit stimm- und wahlberechtigten Personen zu (Art. 89
Abs. 3 BGG). In der Beschwerdebegründung ist darzulegen, inwiefern der
angefochtene Entscheid Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG); die Verletzung von
Grundrechten ist zu rügen und zu begründen (Art. 106 Abs. 2 BGG). Die
Begründung muss in der Beschwerdeschrift enthalten sein. Eine pauschale
Verweisung auf die Eingaben im kantonalen Verfahren genügt den
Begründungserfordernissen nicht (BGE 134 I 303 E. 1.3 S. 306 mit Hinweisen).

2.
Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, die Sache sei gestützt auf die
Rechtsweggarantie (Art. 29a BV) an ein kantonales Gericht zu überweisen, ergibt
sich, dass sich diese Frage bereits im bundesgerichtlichen Verfahren 1C_549/
2011 stellte, welches das Bundesgericht mit Urteil vom 8. Dezember 2011
beurteilte. Danach konnte das Bundesgericht auf den Antrag nicht eintreten,
weil die Beschwerde den gesetzlichen Begründungsanforderungen nicht entsprach.
Auf den wiederum nicht hinreichend substanziierten Antrag, die Sache sei einem
kantonalen Gericht zum Entscheid zu übertragen und es sei eine angemessene
Normenkontrolle betreffend die Ausgestaltung der Rechtsweggarantie
durchzuführen, kann auch im vorliegenden Verfahren nicht eingetreten werden.

3.
Der Kantonsrat ist auf die Beschwerde vom 26. November 2011 nicht eingetreten,
weil die Beschwerde mit dem Antrag, der Wahlvorschlag für Peter Föhn sei nicht
zuzulassen, verspätet eingereicht worden sei. Aus den Akten ergibt sich, dass
der Beschwerdeführer am 28. Oktober 2011 bei der Staatskanzlei Einsicht in die
Wahlvorschläge nahm und dabei feststellte, dass die Beglaubigungen fehlten. Die
Beschwerdefrist für die Anfechtung von Unregelmässigkeiten bei der Vorbereitung
von Volkswahlen in den Bezirken und Gemeinden beträgt nach dem einschlägigen
kantonalen Recht 10 Tage seit Entdeckung des Beschwerdegrundes (§ 53a Abs. 2
des kantonalen Gesetzes über Abstimmungen und Wahlen; WAG/SZ; SRSZ 120.100).
Diese Frist wurde mit der Beschwerdeeinreichung am 26. November 2011 nicht
eingehalten, weshalb der Nichteintretensentscheid des Kantonsrats nicht zu
beanstanden ist. Dass zur Beanstandung von Vorbereitungshandlungen bei
Ständeratswahlen eine längere Beschwerdefrist gelten sollte, legt der
Beschwerdeführer nicht substanziiert dar (Art. 42 Abs. 2 BGG).

4.
Der Kantonsrat hat die Abweisung der Beschwerde vom 12. Dezember 2011 damit
begründet, dass die erst nachträgliche Beglaubigung der Wahlvorschläge für
Peter Föhn wegen einer falschen Auskunft der Staatskanzlei an Vertreter der SVP
gerechtfertigt gewesen sei. Diese Begründung wird durch die Vorbringen des
Beschwerdeführers - soweit sie überhaupt den Anforderungen von Art. 42 Abs. 2
BGG entsprechen - nicht entkräftet. Es erscheint vor dem Hintergrund der
Rechtsgleichheit (Art. 8 BV) und von Treu und Glauben (Art. 9 BV) vertretbar,
dass die ohne Beglaubigung eingereichten Wahlvorschläge als gültig akzeptiert
wurden, nachdem die Staatskanzlei gegenüber Vertretern der SVP eine
unzutreffende Auskunft erteilt hatte. Zudem legt der Kantonsrat im
angefochtenen Entscheid dar, es sei sofort erkennbar gewesen, dass 50 der 117
Wahlvorschläge von im Kanton stimmberechtigten Personen stammten. Keiner
anderen Gruppierung sei in ähnlicher Weise eine falsche Auskunft erteilt
worden, auf die sie sich nach Treu und Glauben stützen könne.
Die Beschwerde enthält keine Hinweise, die an der Darstellung des Kantonsrats
Zweifel aufkommen lassen würden. Auch legt der Beschwerdeführer nicht
substanziiert dar, inwiefern die erst nachträgliche Beglaubigung der
Wahlvorschläge die Wahlfreiheit beeinträchtigt haben könnte. Eine solche
Beeinträchtigung ist denn auch nicht ersichtlich.

5.
Zusammenfassend ergibt sich, dass die Beschwerde abzuweisen ist, soweit darauf
eingetreten werden kann. Die Gerichtskosten sind dem unterliegenden
Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Dem im bundesgerichtlichen
Verfahren nicht anwaltlich vertretenen Beschwerdegegner ist keine
Parteientschädigung zuzusprechen (Art. 68 Abs. 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten werden kann.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsrat, dem Regierungsrat, der
Staatskanzlei und dem Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz, Kammer III, sowie
der Bundeskanzlei und den Parlamentsdiensten, Generalsekretariat und
Rechtsdienst, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 19. März 2012
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Fonjallaz

Der Gerichtsschreiber: Haag