Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.661/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
1C_661/2012

Urteil vom 5. September 2013

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Merkli, Chaix,
Gerichtsschreiberin Gerber.

Verfahrensbeteiligte
1. A.________,
2. B.________,
3. C.________,
4. D.________,
5. E.________,
6. F.________,
7. G.________,
8. H.________,
9. I.________,
10. J.________,
Beschwerdeführer,

gegen

Swisscom (Schweiz) AG,
Beschwerdegegnerin, vertreten durch Rechtsanwalt
Dr. Andreas Güngerich,

Oberamtmann des Seebezirks,
Schlossgasse 1, Postfach, 3280 Murten,
Stadt Murten, Rathausgasse 17, 3280 Murten,
Raumplanungs-, Umwelt- und Baudirektion des Kantons Freiburg, Chorherrengasse
17, 1701 Freiburg.

Gegenstand
Baubewilligung,

Beschwerde gegen das Urteil vom 9. November 2012 des Kantonsgerichts des
Kantons Freiburg, II. Verwaltungsgerichtshof.

Sachverhalt:

A.
Die Swisscom (Schweiz) AG reichte am 27. Oktober 2009 ein Baugesuch für den
Neubau einer Mobilfunkanlage auf der Parzelle Nr. 5493 der Gemeinde Murten ein.
Drei Dualband-Antennen für GSM 900 (zu 550, 800 und 900 W) und UMTS (900 und
2x1000 W) sollen auf einem 25 m hohen freistehenden Mast östlich eines
Bahngleises installiert werden. Jenseits der Gleisanlage, ca. 10 - 15 m vom
Standort entfernt, befindet sich eine Mischzone; im Süden und Südwesten, in ca.
50 - 70 m Entfernung, liegen Wohnzonen. Im Norden und Westen grenzt die
projektierte Anlage an Industrie- und Gewerbezonen.

B.
Gegen das Bauvorhaben gingen zahlreiche Einsprachen ein. Mit Verfügung vom 16.
Juni 2011 erteilte der Oberamtmann des Seebezirks die Baubewilligung und wies
die Einsprachen ab.
Die dagegen erhobene Beschwerde der Einsprecher wies das Kantonsgericht
Freiburg am 9. November 2012 ab.

C.
Dagegen erhoben die im Rubrum genannten Personen am 18. Dezember 2012
Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten. Sie beantragen, der
angefochtene Entscheid sei aufzuheben und die Sache zu neuer Beurteilung an die
Vorinstanz zurückzuweisen.

D.
Die Swisscom (Schweiz) AG (im Folgenden: die Beschwerdegegnerin) beantragt, die
Beschwerde sei abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Das
Verwaltungsgericht und die kantonale Raumplanungs-, Umwelt- und Baudirektion
(RUBD) schliessen auf Abweisung der Beschwerde. Der Gemeinderat Murten hält an
seinem (negativen) Gutachten vom 18. Dezember 2009 zum Baugesuch fest.
Das Bundesamt für Umwelt (BAFU) kommt in seiner Vernehmlassung zum Ergebnis,
dass der Nachweis der Einhaltung des Anlagegrenzwerts noch nicht erbracht sei,
weil die Angaben im Standortdatenblatt auf Antennenklassen beruhten, d.h. der
konkret vorgesehene Antennentyp und dessen Strahlungscharakteristik nicht
bekannt seien.

E.
Im weiteren Schriftenwechsel hielten alle Beteiligten an ihren Anträgen fest.

Erwägungen:

1.
Gegen den kantonal letztinstanzlichen Endentscheid des Verwaltungsgerichts
steht grundsätzlich die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten
ans Bundesgericht offen (Art. 82 lit. a, 86 Abs. 1 lit. d und 90 BGG).
Die Vorinstanz liess offen, ob alle Beschwerdeführer innerhalb des für die
Einsprachebefugnis massgeblichen Distanzradius von rund 610 m wohnen, da dies
zumindest bei einigen von ihnen offensichtlich der Fall sei. Diese
Vorgehensweise ist nicht zu beanstanden, wohnt doch zumindest ein Grossteil der
Beschwerdeführer in dem an den Antennenstandort angrenzenden Wohnquartier.
Insofern erübrigt es sich auch vor Bundesgericht, weitere Nachweise zur
Beschwerdelegitimation zu verlangen.
Auf die rechtzeitig erhobene Beschwerde (Art. 100 Abs. 1 BGG) ist daher
einzutreten.

2.
Die Beschwerdeführer beanstanden zunächst, dass das Standortdatenblatt keine
verbindlichen Antennentypen enthalte: Die verwendeten Bezeichnungen (SCD003 und
SCG006) umfassten ein Sammelsurium von je acht verschiedenen Antennentypen mit
je unterschiedlichen Eigenschaften. Die im Baugesuch verwendeten
Antennendiagramme stellten angeblich eine Hüllkurve für alle verwendeten Typen
dar; vergleiche man jedoch diese Kurve mit den neuesten Einzeldiagrammen des
Antennenherstellers Kathrein, so ergäben sich durchwegs Unterschiede von 2dB,
was einem Rechnungsfehler von 58 % entspreche.

2.1. Die Beschwerdegegnerin wendet ein, es handle sich um neue tatsächliche
Vorbringen, die nach Art. 99 BGG unzulässig seien. Im Übrigen genügten die
Angaben im Standortdatenblatt den Anforderungen von Art. 11 der Verordnung vom
23. Dezember 1999 über den Schutz vor nichtionisierender Strahlung (NISV; SR
814.710), weil die Antennendiagramme der Antennenklassen, mit der Angabe,
welche Antennentypen zu diesen Klassen gehören, dem Standortdatenblatt
beigelegt seien.

2.2. Die RUBD macht geltend, nach dem Konzept der Antennenfamilie bzw. -klassen
sei die Baubewilligung für mehrere Antennentypen einer bestimmten
Antennenfamilie gültig. Die im vorliegenden Fall verwendete Simulation der
Antennenrichtdiagramme entspreche den Strahlungshöchstwerten von allen
Antennentypen in allen Richtungen. Dadurch werde garantiert, dass die reale
Strahlungsintensität eines bestimmten Antennentyps den berechneten
Strahlungswert nie überschreiten könne. Dies sei nicht nur für die Hauptkeule,
sondern auch für die Seitenkeulen belegt.

2.3. Gemäss Art. 11 NISV muss das Standortdatenblatt u.a. die aktuellen und
geplanten technischen und betrieblichen Daten der Anlage enthalten, soweit sie
für die Erzeugung von Strahlung massgebend sind (lit. a) sowie Angaben über die
von der Anlage erzeugten Strahlung (lit. c). Die zuständige Behörde überwacht
nach Art. 12 NISV die Einhaltung der Emissionsbegrenzungen (Abs. 1),
insbesondere durch Messungen oder Berechnungen; hierfür empfiehlt das BAFU
geeignete Mess- und Berechnungsmethoden (Abs. 2).

2.3.1. Das Bundesgericht prüft die Anwendung des Bundesrechts (im Rahmen des
Streitgegenstands) grundsätzlich von Amtes wegen (Art. 106 Abs. 1 BGG). Im
Streit ist vorliegend die Bewilligungsfähigkeit der geplanten Mobilfunkanlage,
insbesondere mit Blick auf die Einhaltung der Emissionsbegrenzungen der NISV.
Dies wird in erster Linie anhand des Standortdatenblatts geprüft, das von der
Baugesuchstellerin zusammen mit dem Baugesuch eingereicht wird und daher in den
Akten liegt. Ob dieses Dokument den Anforderungen der NISV genügt, ist eine
Rechtsfrage, zu der sich sowohl das BAFU als auch die Beschwerdeführer äussern
können, unabhängig davon, ob sie bereits im kantonalen Verfahren thematisiert
worden ist.

2.3.2. Wie das BAFU in seiner Vernehmlassung erläutert, wird die NIS-Berechnung
wesentlich von der Strahlungscharakteristik der eingesetzten Antennentypen
bestimmt. Die vom BAFU im Jahre 2002 erlassene Vollzugsempfehlung zur NISV für
Mobilfunk- und WLL-Basisstationen (Ziff. 3.1 S. 29 und Ziff. 3.4 S. 35)
verlange deshalb, dass im Standortdatenblatt für jeden Antennentyp mindestens
ein horizontales und vertikales Antennendiagramm beigelegt wird. Zwar hätten
die Mobilfunkbetreiber im Jahre 2004 vorgeschlagen, anstelle der Antennentypen
Antennenklassen zu verwenden; die vorgelegten Lösungen hätten jedoch die
Delegation der kantonalen Vollzugsbehörden (Arbeitsgruppe NIS des Cercl'Air)
nicht überzeugt, so dass sie an ihrer Sitzung vom 22. Juni 2006 den
NIS-Fachstellen der Kantone und Städte empfohlen hätten, ab 1. August 2006 neu
eingereichte Standortdatenblätter, in denen lediglich Antennenklassen angegeben
werden, zurückzuweisen. Da seither keine Entwicklungen ersichtlich seien, die
einen Verzicht auf die Angabe des Antennentyps rechtfertigen könnten, halte das
BAFU an der entsprechenden Anforderung gemäss Vollzugsempfehlung fest. Im
vorliegenden Fall seien dem Standortdatenblatt zwar Antennendiagramme der
Antennenklassen beigelegt, mit der Angabe, welche Antennentypen zu diesen
Klassen gehörten; die Beschwerdegegnerin habe jedoch nicht dokumentiert, wie
die Diagramme generiert worden seien. Das Standortdatenblatt genüge somit den
Anforderungen der NISV nicht.

2.3.3. Das Bundesgericht hat keine Veranlassung, von der Auffassung des BAFU
als Fachstelle des Bundes für den Umweltschutz abzuweichen. Dies gilt umsomehr,
als es bereits im Urteil 1A.4/2007 vom 25. Juni 2007 E. 2.2 ein aktualisiertes
Standortdatenblatt mit dem konkreten Antennentyp verlangt hat, damit vor
Erteilung der Baubewilligung geprüft werden könne, ob der vorgesehene
Antennentyp keine höhere als die im Antennendiagramm für die deklarierte
Antennenklasse prognostizierte Strahlung abgibt. Gerade angesichts der
beträchtlichen Messunsicherheit (vgl. unten, E. 4) ist es wichtig, dass die
NIS-Berechnung möglichst präzise und für alle Beteiligten nachvollziehbar
erfolgt. Dies ist bei der Verwendung von Antennenklassen nicht der Fall,
solange die dazugehörigen Diagramme nicht vom BAFU bzw. der Fachgruppe NIS des
Cercl'Air kontrolliert und für ausreichend befunden worden sind.

2.4. Nach dem Gesagten ist die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen, um
mittels eines neuen Standortdatenblatts, unter Angabe der verwendeten
Antennentypen und der dazugehörigen Antennendiagramme zu überprüfen, ob die
Anlagegrenzwerte (AGW) an allen Orten mit empfindlicher Nutzung (OMEN)
eingehalten werden.

3.
Im Folgenden ist aus Gründen der Prozessökonomie - soweit wie derzeit möglich -
auch auf die weiteren Rügen der Beschwerdeführer einzugehen, soweit diese für
die Erteilung der Baubewilligung erheblich sind.
Dies ist nicht der Fall, soweit die Beschwerdeführer die funktechnische Eignung
des Standorts in Frage stellen und geltend machen, die Mitbenutzung bestehender
Antennenstandorte sei vom kantonalen Amt für Umwelt ungenügend geprüft worden.
Grundsätzlich besteht innerhalb der Bauzone ein Anspruch auf Erteilung der
Baubewilligung, sofern das Bauvorhaben zonenkonform ist und die übrigen
gesetzlichen Anforderungen erfüllt. Es besteht somit (vorbehältlich einer
abweichenden Regelung des kantonalen oder kommunalen Rechts) kein Raum für eine
umfassende Interessenabwägung unter Berücksichtigung von Alternativstandorten
(ständige Rechtsprechung; vgl. Urteile 1A.116/2002 vom 17. November 2003 E.
4.3; 1A.140/2003 vom 18. März 2004 E. 3.3, in: ZBl 107/2006 193; RDAF 2007 I
442; 1A.136/2003 vom 4. November 2004 E. 4.3; 1A.18/2004 vom 15. März 2005 E.
4, in: URP 2005 387; ZBl 107/2006 203; RDAF 2007 I 444, E. 3 - 5).

4.
Die Beschwerdeführer rügen, die in der Baubewilligung vorgesehene
Abnahmemessung an kritischen OMEN nach Inbetriebnahme der Antennen sei nicht
möglich bzw. aufgrund der hohen Messunsicherheit von bis zu 45 % unzureichend,
um zu gewährleisten, dass der AGW nicht nur rechnerisch, sondern auch im realen
Betrieb eingehalten werde.

4.1. Das BAFU verweist in seiner Stellungnahme auf die von ihm und dem
Bundesamt für Metrologie und Akkreditierung METAS (heute: Eidgenössisches
Institut für Metrologie) 2002 und 2003 herausgegebenen Messempfehlungen für
GSM- und UMTS-Basisstationen. Diese Empfehlungen gewährleisteten, dass die
Messunsicherheit nicht mehr als 45 % betrage. Dabei sei grundsätzlich vom
gemessenen Wert auszugehen, da die Messunsicherheit keinen Messfehler
darstelle, der korrigiert werden müsse. Dies gelte jedenfalls für den Nachweis
der Einhaltung des AGW, der kein Gefährdungswert sei, sondern eine vorsorgliche
Emissionsbegrenzung (Urteil 1C_132/2007 vom 30. Januar 2008 E. 4.6 in: URP 2008
S. 377; RDAF 2009 I 536).

4.2. Die Beschwerdeführer machen dagegen geltend, die Messempfehlungen des BAFU
/METAS entsprächen nicht mehr dem Stand der Technik; insbesondere gebe es die
Möglichkeit, Strahlungsmessgeräte in einer speziellen Strahlungskammer oder auf
einem speziellen Abgleichplatz im Freien abzugleichen und damit die Messfehler
direkt abzulesen.

4.3. Das Bundesgericht hat sich mehrfach mit der Frage der Messunsicherheit bei
NIS-Abnahmemessungen auseinandergesetzt (ausführlich im Urteil 1C_132/2007 vom
30. Januar 2008 E. 4.4-4.6; zuletzt im Urteil 1C_338/2012 vom 23. Mai 2013 E.
7) und sich hierbei auf die bereits zitierten Messempfehlungen des BAFU/METAS
2002 und 2003 gestützt. Diese wurden seither ergänzt durch den Entwurf
"NIS-Abnahmemessungen bei GSM-Basisstationen mit EDGE-Betrieb" vom 28. November
2005 und verschiedene Vergleichsmessungen und technische Untersuchungen des
METAS (2005-2007). Im Mai 2012 wurde der Technische Bericht "Measurement Method
for LTE Base Stations" zur neuen Generation von Mobilfunkantennen
veröffentlicht, für die noch keine offizielle Messempfehlung des BAFU/METAS
vorliegt. Immerhin geht auch dieser Bericht - wie schon die Messempfehlungen
für UMTS und GSM - davon aus, dass die gesamte erweiterte Messunsicherheit U
den Wert von ±45 % nicht überschreiten darf (unter Berücksichtigung einer
Unsicherheit der Probenahme von ±15 %). Dies lässt darauf schliessen, dass
dieser Wert auch heute noch dem Stand der Technik entspricht, auch unter
Berücksichtigung der von den Beschwerdeführern erwähnten Möglichkeit der
Kalibrierung der Messeinrichtung mit einem Signal, das bezüglich Frequenz,
Intensität, Polarisation und Modulation genau dem zu messenden Mobilfunksignal
entspricht (vgl. dazu bereits Ziff. 4.8.2 der UMTS-Messempfehlung).
Angesichts der technischen Entwicklung auf dem Sektor der Telekommunikation in
den letzten 10 Jahren erscheint es dennoch angebracht, sich zu vergewissern,
dass die Messempfehlungen noch dem heutigen Stand der Technik entsprechen. Da
die Sache ohnehin an das Verwaltungsgericht zurückgewiesen wird, rechtfertigt
es sich, dieses zu verhalten, im weiteren Verfahren einen Amtsbericht des
Eidgenössischen Instituts für Metrologie zu dieser Frage einzuholen. Sollte es
möglich sein, mit modernen Messeinrichtungen und Techniken die Messunsicherheit
deutlich zu verringern, müsste deren Verwendung in der Baubewilligung
vorgeschrieben werden.

5.
Schliesslich bezweifeln die Beschwerdeführer, dass das von den
Mobilfunkbetreibern betriebene Qualitätssicherungssystem (QS-System) genüge, um
Überschreitungen der Anlagegrenzwerte (beispielsweise durch eine ferngesteuerte
Erhöhung der Sendeleistung oder eine Änderung der vertikalen Senderichtung) zu
erkennen. Der vom BAFU im Januar 2012 vorgelegte Bericht "Stichprobenkontrollen
von Mobilfunksendeanlagen und Überprüfung der Qualitätssicherungssysteme der
Mobilfunkbetreiber Orange, Sunrise, Swisscom und SBB" 2010/2011 (im Folgenden:
Bericht; aufgeschaltet auf der Internetseite des BAFU zum Themenbereich
Elektrosmog) sei von der ASEB und der Ecosens AG erstellt worden. Die ASEB sei
wirtschaftlich vollständig von der Mobillfunkindustrie abhängig und damit alles
andere als neutral. Die Steuerzentralen der Mobilfunkbetreiber seien nicht
inspiziert worden, sondern man habe sich lediglich in den Geschäftsräumen die
gewünschten Daten auf einer Leinwand zeigen lassen, weshalb die Herkunft der
Daten nicht habe kontrolliert werden können. Die Beschwerdeführer kritisieren,
dass sich die Zentralen zumindest von Sunrise und Orange im Ausland (Rumänien)
befänden, weshalb es den kantonalen NIS-Fachstellen und Gerichten gar nicht
möglich sei, unangemeldete Kontrollen vorzunehmen.

5.1. Das BAFU weist darauf hin, dass die Stichprobenkontrollen der ASEB von
einer Expertengruppe aus Vertretern von Bund und Kantonen begleitet worden
seien. Bei allen Kontrollen seien Mitglieder dieser Gruppe oder Vertreter der
kantonalen NIS-Fachstellen anwesend gewesen; es habe keinen Grund zur Annahme
gegeben, dass die Stichprobenkontrollen nicht objektiv und sachgemäss
durchgeführt worden seien. Diese seien in den Räumlichkeiten der Swisscom in
Worblaufen, der SBB in Bern sowie - für Orange und Sunrise - in den
Räumlichkeiten der Alcatel-Lucent in Zürich durchgeführt worden. Bei den
Kontrollen seien über die vor Ort installierten EDV-Einrichtungen sämtliche in
den jeweiligen QS-Systemen enthaltenen Daten einsehbar gewesen. Der Standort
der zugehörigen Rechner und Speichermedien sei für das ordnungsgemässe
Funktionieren der QS-Systeme und deren Kontrolle nicht von Belang.

5.2. Die Ausführungen des BAFU überzeugen. Zu ergänzen ist, dass 50 % der
geprüften Basisstationen jedes Anbieters zufällig ausgewählt werden (bei der
anderen Hälfte handelte es sich um von den zuständigen NIS-Fachstellen
bezeichnete "Problemfälle"; vgl. Bericht S. 5). Die Zufallsauswahl erfolgte
über alle Basisstationen des jeweiligen Betreibers in der Schweiz mittels eines
computerunterstützten randomisierten Verfahrens (Bericht S. 4), um die
Manipulationen von Daten möglichst auszuschliessen. Wie im Bericht (S. 29)
festgehalten wird, unterschieden sich die Ergebnisse der Kontrolle zwischen der
zufällig und der gezielt ausgewählten Stichprobe nicht merklich. Für die
Beschwerdegegnerin ergab die Prüfung, dass die Bewilligungsdaten im QS-System
der Swisscom (Schweiz) AG fehlerfrei enthalten und alle Betriebsdaten
bewilligungskonform waren (Bericht S. 26).
Unter diesen Umständen durfte das Verwaltungsgericht auf eine eigene Kontrolle
verzichten.

6.
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde gutzuheissen, soweit die Beschwerdeführer
eine Rückweisung zwecks Überprüfung der Einhaltung der AGW anhand eines
aktualisierten Standortdatenblatts unter Angabe der Antennentypen und der
dazugehörigen Antennendiagramme verlangen. Überdies hat das Verwaltungsgericht
einen Amtsbericht des Eidgenössischen Instituts für Metrologie zur Frage der
Messunsicherheit einzuholen. Im Übrigen ist die Beschwerde abzuweisen.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird die Beschwerdegegnerin kostenpflichtig
(Art. 66 BGG). Die nicht anwaltlich vertretenen Beschwerdeführer haben
praxisgemäss keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen und der Entscheid des
Kantonsgerichts Freiburg, II. Verwaltungsgerichtshof, vom 9. November 2012
aufgehoben. Die Sache wird zur neuem Entscheid im Sinne der Erwägungen an das
Kantonsgericht zurückgewiesen. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.-- werden der privaten Beschwerdegegnerin
auferlegt.

3.
Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Oberamtmann des Seebezirks, der Stadt
Murten, der Raumplanungs-, Umwelt- und Baudirektion des Kantons Freiburg, dem
Kantonsgericht des Kantons Freiburg, II. Verwaltungsgerichtshof, und dem
Bundesamt für Umwelt schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 5. September 2013

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Fonjallaz

Die Gerichtsschreiberin: Gerber

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