Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.640/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
1C_640/2012

Urteil vom 22. Februar 2013
I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Merkli, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichter Karlen,
Bundesrichter Chaix,
Gerichtsschreiber Störi.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
Beschwerdeführerin,

gegen

Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, Postfach, 8090
Zürich.

Gegenstand
Ermächtigungsgesuch,

Beschwerde gegen den Beschluss vom 15. November 2012 der Geschäftsleitung des
Kantonsrats des Eidgenössischen Standes Zürich.

Sachverhalt:

A.
Am 1. April 2012 und am 9. Mai 2012 erstattete X.________ Strafanzeigen gegen
zwei Sozialarbeiter des Sozialzentrums Selnau einerseits sowie Stadtrat
A.________ anderseits wegen Nötigung, einfacher Körperverletzung, Betrugs,
Amtsmissbrauchs etc.. Hintergrund der Strafanzeigen bildet die Abweisung eines
von X.________ beim Sozialzentrum Selnau gestellten Gesuchs um wirtschaftliche
Sozialhilfe. Die Staatsanwaltschaft Sihl-Zürich beantragte dem Zürcher
Obergericht, über die Erteilung bzw. Nichterteilung der Ermächtigung zur
Eröffnung einer Strafuntersuchung zu entscheiden.
Mit zwei separaten Beschlüssen vom 9. Juli 2012 verweigerte das Obergericht die
Ermächtigung zur Verfolgung der beiden Sozialarbeiter einerseits und Stadtrat
A.________ anderseits. X.________ erhob dagegen Beschwerde ans Bundesgericht.

B.
Am 25. August 2012 erstattete X.________ Strafanzeige u.a. gegen Oberrichter
Balmer und die Ersatzoberrichter Schärer und Erb.
Am 30. August 2012 überwies die Oberstaatsanwaltschaft die Anzeige an den
Zürcher Kantonsrat mit dem Antrag, die Ermächtigung zur Durchführung einer
Strafuntersuchung gegen die drei Oberrichter nicht zu erteilen.

C.
Mit Urteil 1C_382/2012 vom 10. Oktober 2012 wies das Bundesgericht die von
X.________ gegen die Verweigerung der Ermächtigung zur Verfolgung von Stadtrat
A.________ gerichtete Beschwerde ab, soweit es darauf eintrat.

D.
Am 15. November 2012 wies die Geschäftsleitung des Kantonsrats das
Ermächtigungsgesuch gegen die drei angezeigten Oberrichter von der Hand.
Mit Eingabe vom 10. Dezember 2012 beantragt X.________ dem Bundesgericht im
Wesentlichen, diesen Entscheid des Kantonsrats aufzuheben und zu veranlassen,
dass die Strafuntersuchung gegen die angezeigten Oberrichter eröffnet werde.

E.
Die Oberstaatsanwaltschaft und der Kantonsrat verzichten auf Vernehmlassung.

Erwägungen:

1.
Der kantonal letztinstanzliche Entscheid einer politischen Behörde über die
Ermächtigung zur Eröffnung einer Strafuntersuchung gegen Oberrichter unterliegt
der subsidiären Verfassungsbeschwerde (BGE 135 I 113 E. 1). Sie zu erheben ist
befugt, wer am kantonalen Verfahren als Partei teilgenommen und ein rechtlich
geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen
Entscheids hat (Art. 115 BGG). Für die Verfassungsbeschwerde gilt ein
qualifiziertes Rügeprinzip; die Beschwerdeführerin muss sowohl dartun, dass die
Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind, als auch, welche verfassungsmässigen
Rechte aus welchem Grund verletzt sein sollen (BGE 134 II 244 E. 2; 133 II 396
E. 3.2). Die Beschwerdeführerin führt zu ihrer Legitimation lediglich aus, sie
sei als persönlich Geschädigte und in ihren Rechtsgütern verletzte Person nach
Art. 113 BGG zur Beschwerde berechtigt. Aus diesem allgemein gehaltenen Satz
ergibt sich nicht in nachvollziehbarer Weise, inwiefern sie zur Beschwerde
gegen den Entscheid des Kantonsrats befugt sein soll, und das ist auch nicht
ohne Weiteres ersichtlich. Auf die Beschwerde ist nicht einzutreten.
Das schadet der Beschwerdeführerin insofern nicht, als die Beschwerde
offensichtlich unbegründet ist. Von den beiden Beschlüssen vom 9. Juli 2012,
mit denen sich die verzeigten Oberrichter ihrer Auffassung nach strafbar
gemacht haben sollen, blieb einer unangefochten, der andere wurde vom
Bundesgericht am 10. Oktober 2012 geschützt. Es besteht daher nicht die Spur
eines Verdachts, dass sich die drei angezeigten Oberrichter durch ihre
Mitwirkung an den beiden Beschlüssen in irgendeiner Weise strafbar gemacht
haben könnten. Unter diesen Umständen konnte der Kantonsrat das
Ermächtigungsgesuch ohne Verfassungsverletzung von der Hand weisen und das
Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege abweisen, da das Ermächtigungsgesuch
aussichtslos war.

2.
Auf die Beschwerde ist nicht einzutreten. Unter den vorliegenden Umständen
rechtfertigt sich, von der Erhebung von Kosten abzusehen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, der Oberstaatsanwaltschaft des
Kantons Zürich und der Geschäftsleitung des Kantonsrates des Eidgenössischen
Standes Zürich schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 22. Februar 2013

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Das präsidierende Mitglied: Merkli

Der Gerichtsschreiber: Störi