Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.636/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
1C_636/2012

Urteil vom 7. August 2013

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Merkli, Eusebio,
Gerichtsschreiber Mattle.

Verfahrensbeteiligte
1. X.________,
2. Y.________,
Beschwerdeführer, beide vertreten durch Rechtsanwalt Ralph van den Bergh,

gegen

1. Z.________ AG, vertreten durch Rechtsanwalt
Dr. Andreas Höchli,
2.  Einwohnergemeinde Wohlen, Kapellstrasse 1, Postfach, 5610 Wohlen, handelnd
durch den Gemeinderat, vertreten durch Rechtsanwalt
Dr. Andreas Baumann,
Beschwerdegegnerinnen,

Regierungsrat des Kantons Aargau, Rechtsdienst, Staatskanzlei,
Regierungsgebäude, 5001 Aarau.

Gegenstand
Baubewilligung; Kostenregelung,

Beschwerde gegen das Urteil vom 30. Oktober 2012 des Verwaltungsgerichts des
Kantons Aargau, 3. Kammer.

Sachverhalt:

A.
Am 23. Juli 2007 bewilligte der Gemeinderat der Einwohnergemeinde Wohlen ein
Baugesuch der Z.________ AG für eine Arealüberbauung auf der Parzelle Nr. 607
in Wohlen. Der Regierungsrat des Kantons Aargau hiess eine von X.________ und
Y.________ gegen das Projekt erhobene Beschwerde am 2. April 2008 gut und hob
die Baubewilligung auf. Auf Beschwerden der Einwohnergemeinde Wohlen und der
Z.________ AG hin hob das Verwaltungsgericht des Kantons Aargau den Entscheid
des Regierungsrats am 16. Juni 2009 auf und wies die Sache zu neuem Entscheid
im Sinne der Erwägungen an ihn zurück. In der Folge befasste sich der
Regierungsrat erneut mit der von X.________ und Y.________ gegen die
Baubewilligung erhobenen Beschwerde. Am 30. Juni 2010 wies er die Beschwerde ab
und bestätigte die vom Gemeinderat erteilte Baubewilligung. Gegen den Entscheid
des Regierungsrats vom 30. Juni 2010 erhoben X.________ und Y.________
Beschwerde, welche vom Verwaltungsgericht am 16. November 2011 abgewiesen
wurde.

B.
Eine von X.________ und Y.________ gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts
vom 16. November 2011 erhobene Beschwerde hiess das Bundesgericht am 7. August
2012 teilweise gut. Das Bundesgericht erwog, das Verwaltungsgericht habe bei
der Auferlegung der Verfahrens- und Parteikosten zu Unrecht überhaupt nicht
berücksichtigt, dass X.________ und Y.________ nur deshalb (vollständig)
unterlagen, weil das Verwaltungsgericht einen Verfahrensfehler des
Regierungsrats geheilt habe. Das Verwaltungsgericht hätte zudem den Entscheid
des Regierungsrats vom 30. Juni 2010 insoweit anpassen müssen, als damit
X.________ und Y.________ ihr Anteil an den Verfahrenskosten und der
Entschädigung an die Gegenpartei (neben dem Anteil einer weiteren
Beschwerdeführerin) voll auferlegt worden sei. Das Bundesgericht hob die
entsprechenden Ziffern des Entscheids des Verwaltungsgerichts vom 16. November
2011 sowie des Entscheids des Regierungsrats vom 30. Juni 2010 auf und wies die
Sache im Sinne der Erwägungen zur Neuregelung der Kosten- und
Entschädigungsfolgen für das Beschwerdeverfahren vor dem Regierungsrat sowie
dem Verwaltungsgericht an das Verwaltungsgericht zurück. Im Übrigen wies das
Bundesgericht die Beschwerde von X.________ und Y.________ ab, soweit es darauf
eintrat (Urteil 1C_98/2012).

C.
Das Verwaltungsgericht entschied am 30. Oktober 2012:

"1.
1.1.
Dispositiv-Ziffer 2 des Entscheids des Regierungsrats vom 30. Juni 2010 wird
bezüglich dem X.________ und Y.________ auferlegten Verfahrenskostenanteil von
Fr. 1'947.50 wie folgt angepasst: X.________ und Y.________ haben unter
solidarischer Haftbarkeit Fr. 1'298.35 zu bezahlen. Die restlichen Fr. 649.15
gehen zu Lasten des Staates.
1.2.
Dispositiv-Ziffer 3 des Entscheids des Regierungsrats vom 30. Juni 2010 wird
bezüglich dem X.________ und Y.________ auferlegten Parteikostenanteil in Höhe
von Fr. 8'568.70 wie folgt angepasst: X.________ und Y.________ haben unter
solidarischer Haftbarkeit der Z.________ AG, Muri, Fr. 5'712.45 an die
Parteikosten zu ersetzen. Die restlichen Fr. 2'856.25 werden der Z.________ AG
aus der Staatskasse (Regierungsrat) entschädigt.
2.
Die verwaltungsgerichtlichen Verfahrenskosten, bestehend aus einer Staatsgebühr
von Fr. 10'000.-- sowie der Kanzleigebühr und den Auslagen von Fr. 786.--,
gesamthaft Fr. 10'786.--, sind von den Beschwerdeführern zu 2/3, d.h. mit Fr.
7'190.65, und vom Regierungsrat zu 1/3, d.h. mit Fr. 3'595.35, zu bezahlen. Die
Beschwerdeführer haften für ihren Anteil von 2/3 solidarisch.
3.
3.1.
Die der Beschwerdegegnerin 1 vor Verwaltungsgericht entstandenen Parteikosten
in Höhe von Fr. 11'162.90 (inkl. Auslagen und MWSt) sind zu 2/3, d.h. zu Fr.
7'441.95, von den Beschwerdeführern und zu 1/3, d.h. zu Fr. 3'720.95, vom
Regierungsrat zu ersetzen. Die Beschwerdeführer haften für ihren Anteil von 2/3
solidarisch.
3.2.
Die der Beschwerdegegnerin 2 vor Verwaltungsgericht entstandenen Parteikosten
in Höhe von Fr. 14'811.80 (inkl. Auslagen und MWSt) sind zu 2/3, d.h. zu Fr.
9'874.55, von den Beschwerdeführern und zu 1/3, d.h. zu Fr. 4'937.25, vom
Regierungsrat zu ersetzen. Die Beschwerdeführer haften für ihren Anteil von 2/3
solidarisch."

D.
Gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 30. Oktober 2012 haben X.________
und Y.________ am 10. Dezember 2012 gemeinsam Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ans Bundesgericht erhoben. Sie
beantragen, die Dispositiv-Ziffern 1.2 sowie 3.1 und 3.2 des angefochtenen
Entscheids seien aufzuheben bzw. durch eine Regelung der ihnen in den
kantonalen Verfahren vor Regierungsrat und Verwaltungsgericht entstandenen
Parteikosten zu ergänzen. Eventualiter sei die Regelung der Kosten für alle
Parteien vorzunehmen. Die Vorinstanz schliesst auf Abweisung der Beschwerde.
Die Beschwerdegegnerinnen und der Regierungsrat haben sich nicht vernehmen
lassen.

Erwägungen:

1.
Beim angefochtenen Urteil des Verwaltungsgerichts handelt es sich um einen
letztinstanzlichen kantonalen Endentscheid in einer öffentlich-rechtlichen
Angelegenheit (vgl. Art. 82 lit. a, Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2 sowie Art.
90 BGG). Die Beschwerdeführer sind nach Art. 89 Abs. 1 BGG zur Beschwerde
legitimiert. Auf die Beschwerde ist einzutreten.

2.
In ihrem Urteil vom 30. Oktober 2012 auferlegte die Vorinstanz den
Beschwerdeführern einen Anteil an die Kosten des Beschwerdeverfahrens vor dem
Regierungsrat (Dispositiv-Ziffer 1.1) und vor der Vorinstanz (Dispositiv-Ziffer
2). Insoweit blieb der Entscheid der Vorinstanz unangefochten. Die Beschwerde
richtet sich einzig gegen die von der Vorinstanz getroffene Regelung
hinsichtlich der Verlegung der Parteikosten für das Verfahren vor dem
Regierungsrat (Dispositiv-Ziffer 1.2) und der Vorinstanz (Dispositiv-Ziffer 3.1
und 3.2).

3.
Die Beschwerdeführer machen geltend, die von der Vorinstanz vorgenommene
Verlegung der Parteikosten für das Verfahren vor dem Regierungsrat und der
Vorinstanz verletze § 32 Abs. 2 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes des Kantons
Aargau vom 4. Dezember 2007 (VRPG) in willkürlicher Weise (Art. 9 BV) und
verstosse gegen Art. 8 Abs. 1 BV. Es gehe nicht an, ihnen ihre eigenen
Parteikosten ungeschmälert zu überlassen.

3.1. Gemäss § 32 Abs. 2 VRPG werden die Parteikosten im Beschwerdeverfahren in
der Regel nach Massgabe des Unterliegens und Obsiegens auf die Parteien
verlegt. Ein Abweichen von der Auferlegung der Parteikosten gemäss dem
Unterliegerprinzip ist demnach in begründeten Fällen möglich.
Wie das Bundesgericht im Urteil 1C_98/2012 vom 7. August 2012 festgestellt hat,
hat die Vorinstanz in ihrem Urteil vom 16. November 2011 eine Verletzung des
Anspruchs der Beschwerdeführer auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) durch
den Regierungsrat im Ergebnis bejaht. Die Beschwerdeführer unterlagen vor der
Vorinstanz demzufolge nur deshalb (vollständig), weil der Verfahrensmangel von
der Vorinstanz geheilt wurde (a.a.O., E. 9.2). Der Fall, dass ein
Beschwerdeführer nur deshalb (vollständig) unterliegt, weil ein
Verfahrensfehler von der Rechtsmittelinstanz geheilt worden ist, ist im VRPG
zwar nicht ausdrücklich geregelt. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung
ist diesem Umstand bei der Regelung der Entschädigungsfolgen aber grundsätzlich
angemessen Rechnung zu tragen, wobei der Vorinstanz bei der Auferlegung der
Verfahrens- und Parteikosten insgesamt ein weiter Spielraum zukommt (a.a.O., E.
9.3).

3.2. Willkürlich im Sinne von Art. 9 BV ist ein Entscheid nicht schon dann,
wenn eine andere Lösung ebenfalls vertretbar erscheint oder gar vorzuziehen
wäre, sondern erst dann, wenn er offensichtlich unhaltbar ist, zur
tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen
unumstrittenen Rechtssatz krass verletzt oder in stossender Weise dem
Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (BGE 138 I 49 E. 7.1 S. 51 mit Hinweisen).
Die Vorinstanz ist bei der Verlegung der Parteikosten vom Grundsatz von § 32
Abs. 2 VRPG abgewichen, wonach die Parteikosten im Beschwerdeverfahren in der
Regel nach Massgabe des Unterliegens und Obsiegens auf die Parteien verlegt
werden, und hat die Beschwerdeführer trotz vollständigen Unterliegens lediglich
zur Bezahlung von zwei Dritteln der gegnerischen Parteikosten für das
Beschwerdeverfahren vor dem Regierungsrat sowie der Vorinstanz verpflichtet.
Den restlichen Drittel der gegnerischen Parteikosten auferlegte sie jeweils dem
Regierungsrat. Mit dieser Regelung hat die Vorinstanz dem Umstand, dass der
Regierungsrat einen Verfahrensfehler begangen hatte und die Beschwerdeführer
vor der Vorinstanz nur deshalb (vollständig) unterlagen, weil der
Verfahrensfehler geheilt worden ist, angemessen Rechnung getragen, ohne den ihr
bei der Verlegung der Parteikosten zuzugestehenden weiten Spielraum zu
überschreiten. Dass die Beschwerdeführer ihre eigenen Parteikosten für das
Beschwerdeverfahren vor dem Regierungsrat sowie der Vorinstanz selber tragen
müssen, ist unter den gegebenen Umständen nicht willkürlich im Sinne von Art. 9
BV. Daran ändert auch der Einwand der Beschwerdeführer nichts, ihre
Parteikosten seien wesentlich höher ausgefallen, als diejenigen der
Gegenparteien.

3.3. Der Rechtsgleichheitsgrundsatz nach Art. 8 Abs. 1 BV verlangt, dass
Gleiches nach Massgabe seiner Gleichheit gleich oder Ungleiches nach Massgabe
seiner Ungleichheit ungleich behandelt wird. Der Anspruch auf rechtsgleiche
Behandlung wird insbesondere verletzt, wenn hinsichtlich einer
entscheidwesentlichen Tatsache rechtliche Unterscheidungen getroffen werden,
für die ein vernünftiger Grund in den zu regelnden Verhältnissen nicht
ersichtlich ist, oder wenn Unterscheidungen unterlassen werden, die aufgrund
der Verhältnisse hätten getroffen werden müssen (BGE 136 I 17 E. 5.3 S. 29 mit
Hinweis).
Im Gegensatz zu den Beschwerdeführern haben die Gegenparteien im
Beschwerdeverfahren vor dem Regierungsrat sowie der Vorinstanz vollständig
obsiegt. Für die von der Vorinstanz bei der Verlegung der Parteikosten
getroffene Lösung bestehen vernünftige Gründe. Eine Verletzung von Art. 8 Abs.
1 BV ist nicht ersichtlich.

4.
Nach dem Ausgeführten ist die Beschwerde abzuweisen. Bei diesem Ausgang des
Verfahrens werden die Beschwerdeführer kostenpflichtig (vgl. Art. 66 Abs. 1
BGG). Parteientschädigungen sind nicht auszurichten, zumal sich die
Beschwerdegegnerinnen im vorliegenden Verfahren nicht vernehmen liessen (vgl.
Art. 68 Abs. 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden den Beschwerdeführern unter
solidarischer Haftbarkeit auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Regierungsrat und dem Verwaltungsgericht
des Kantons Aargau, 3. Kammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 7. August 2013
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Fonjallaz

Der Gerichtsschreiber: Mattle

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