Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.627/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
1C_627/2012

Urteil vom 24. April 2013
I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Aemisegger, Karlen,
Gerichtsschreiberin Gerber.

Verfahrensbeteiligte
X.________ AG, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Martin
Huber,

gegen

Stadt Zürich, vertreten durch Rechtskonsulent Stadtrat Zürich Dr. Theodor H.
Loretan, Stadthausquai 17, Postfach, 8022 Zürich,
Schätzungskommission in Abtretungsstreitigkeiten des Kantons Zürich 1. Kreis,
p.A. Frau Susanne Altorfer, Schiedhaldenstrasse 53, 8700 Küsnacht.

Gegenstand
Enteignung; Aktenedition; Fristabnahme,

Beschwerde gegen den Beschluss vom 25. Oktober 2012 des Verwaltungsgerichts des
Kantons Zürich, 3. Abteilung, 3. Kammer.

Sachverhalt:

A.
Die Stadt Zürich beansprucht zur Realisierung eines Strassenprojekts auf dem
Enteignungsweg einen Teil der Parzelle Kat.-Nr. AU3445, die der X.________ AG
gehört.
Im Rahmen des Schätzungsverfahrens wurde der Eigentümerin eine Frist angesetzt,
um zu verschiedenen Unterlagen Stellung zu nehmen, welche die Stadt Zürich der
Schätzungskommission in Abtretungsstreitigkeiten des Kantons Zürich (1. Kreis)
eingereicht hatte. Deren Präsidentin erstreckte die Frist letztmals bis am 30.
Januar 2012. An diesem Datum ersuchte die X.________ AG die
Schätzungskommission, von der Stadt Zürich zusätzliche Unterlagen einzufordern
und die Frist zur Stellungnahme auch zu den bereits zuvor eingereichten
Unterlagen neu anzusetzen. Die Präsidentin der Schätzungskommission lehnte dies
mit Verfügung vom 16. Februar 2012 ab und verpflichtete die X.________ AG, ihr
die zugestellten Unterlagen zurückzuschicken.
Die X.________ AG focht diese Verfügung mit Rekurs beim Verwaltungsgericht des
Kantons Zürich an. Dieses trat am 25. Oktober 2012 auf das Rechtsmittel nicht
ein.

B.
Die X.________ AG beantragt dem Bundesgericht mit Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und subsidiärer Verfassungsbeschwerde,
den erwähnten Entscheid des Verwaltungsgerichts aufzuheben und die Nichtigkeit
der Verfügung der Präsidentin der Schätzungskommission vom 16. Februar 2012
festzustellen. Eventualiter sei der angefochtene Entscheid aufzuheben und die
Vorinstanz anzuweisen, auf den bei ihr eingereichten Rekurs einzutreten.
Prozessual beantragt sie die Durchführung einer öffentlichen mündlichen
Verhandlung.
Die Stadt Zürich und das Verwaltungsgericht stellen den Antrag, es sei die
Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Die Schätzungskommission
teilt dem Bundesgericht mit, dass sie bei dem inzwischen von ihr gefällten
Entscheid die fraglichen Akten nicht verwendet habe und somit der X.________ AG
durch die versäumte Stellungnahme kein Nachteil entstanden sei. Letztere hält
in einer weiteren Eingabe an den in der Beschwerde gestellten Anträgen fest und
verweist darauf, dass sie gegen den Entscheid der Schätzungskommission einen
Rekurs erhoben habe.

Erwägungen:

1.
Der angefochtene Nichteintretensentscheid bezieht sich auf eine prozessleitende
Verfügung, mit welcher eine weitere Fristerstreckung und die Einholung
zusätzlicher Unterlagen abgelehnt wird. Wie die Vorinstanz zutreffend ausführt,
handelt es sich bei dieser Verfügung um einen Zwischenentscheid. Dasselbe gilt
auch für den Nichteintretensentscheid der Vorinstanz selber, denn auch dieser
beendet das Schätzungsverfahren nicht.

1.1 Gegen kantonal letztinstanzliche Entscheide in Enteignungssachen steht
grundsätzlich die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten offen;
insbesondere liegt weder ein Ausnahmetatbestand nach Art. 83 BGG vor, noch
besteht eine Streitwertgrenze gemäss Art. 85 BGG. Unter diesen Umständen
besteht von vornherein kein Raum für die subsidiäre Verfassungsbeschwerde (Art.
113 BGG).

1.2 Nach Art. 93 Abs. 1 sind selbstständig eröffnete Zwischenentscheide beim
Bundesgericht nur mit Beschwerde anfechtbar, wenn sie einen nicht wieder
gutzumachenden Nachteil bewirken können (lit. a) oder wenn die Gutheissung des
Rechtsmittels sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen
bedeutsamen Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren
ersparen würde (lit. b).
Die Beschwerdeführerin behauptet zu Recht nicht, dass die zuletzt genannte
Voraussetzung erfüllt sei.
Die Vorinstanz hat bereits dargelegt, dass die Verweigerung der
Fristerstreckung und Akteneinholung keinen nicht wieder gutzumachenden Nachteil
bewirke, weil sich eine allfällige Rechtswidrigkeit dieser Verfügung noch durch
einen günstigen Entscheid beheben liesse. Bei ihrer Kritik an dieser Auffassung
verkennt die Beschwerdeführerin, dass die von ihr behauptete Verletzung der
Verfahrensfairness und des rechtlichen Gehörs gemäss Art. 29 Abs. 1 und 2 BV
auch in einem Rechtsmittelverfahren gegen den Endentscheid mit freier Kognition
zu prüfen wäre.

1.3 Gleiches gilt, soweit die Beschwerdeführerin die Zusprechung einer
Parteientschädigung an die Stadt Zürich beanstandet: Auch diese Rüge kann sie
noch mit Beschwerde gegen den Endentscheid geltend machen, und zwar selbst
dann, wenn dieser zu ihren Gunsten ausfallen sollte (BGE 135 III 329 E. 1.2 S.
331 ff.).
Auf die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist aus diesen
Gründen nicht einzutreten.

2.
Kann das Bundesgericht nicht angerufen werden, so besteht unter den gegebenen
Umständen auch kein Anlass, die von der Beschwerdeführerin geltend gemachte
Nichtigkeit der Verfügung der Präsidentin der Schätzungskommission vom 16.
Februar 2012 zu prüfen. In der jüngsten Rechtsprechung hat das Bundesgericht
zwar vereinzelt die Nichtigkeit von Akten auch in Fällen untersucht, in denen
das erhobene Rechtsmittel nicht zulässig war (so etwa in BGE 136 II 383 E. 4 S.
389 ff. und 136 II 415 E. 2 und 3 S. 418 ff.). Gegen diese Praxis ist jedoch
der Einwand erhoben worden, es sei nicht Aufgabe des Bundesgerichts, ausserhalb
seiner Zuständigkeit gewissermassen als Aufsichtsbehörde zu amten (PIERRE MOOR,
"La nullité doit être constatée en tout temps et par toute autorité", in:
Festschrift für Tobias Jaag, hrsg. von Markus Rüssli et al., 2012, S. 41 ff.).
Eine nähere Auseinandersetzung mit dieser Kritik erübrigt sich an dieser
Stelle.
Auch nach der zitierten bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist für die
Feststellung der Nichtigkeit jedenfalls ein Rechtsschutzinteresse erforderlich
(BGE 136 II 415 E. 1.2 und 1.3 S. 417), d.h. ein genügendes Interesse an der
Feststellung der Nichtigkeit durch das Bundesgericht. Wie die
Beschwerdeführerin selbst geltend macht, ist das Verfahren vor der
Schätzungskommission inzwischen abgeschlossen; gegen den Schätzungsentscheid
wurde bereits Rekurs angemeldet. Im Rekursverfahren kann die streitige
verfahrensleitende Verfügung mitangefochten oder deren Nichtigkeit geltend
gemacht werden, soweit sie sich auf die formelle und/oder materielle
Richtigkeit des Endentscheids auswirkt. Gegen den Rekursentscheid stehen der
Beschwerdeführerin weitere Rechtsmittel zu Verfügung.

3.
Aus diesen Gründen ist auf die Beschwerde nicht einzutreten. Es erübrigt sich
daher, eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Bei diesem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten der Beschwerdeführerin
aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'500.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, der Stadt Zürich, der
Schätzungskommission in Abtretungsstreitigkeiten des Kantons Zürich 1. Kreis,
und dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 3. Abteilung, 3. Kammer,
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 24. April 2013
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Fonjallaz

Die Gerichtsschreiberin: Gerber

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