Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.607/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 1/2}
1C_607/2012, 1C_619/2012

Verfügung vom 5. Juni 2013
I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Aemisegger, Merkli,
Gerichtsschreiber Haag.

Verfahrensbeteiligte
1C_607/2012
Verein Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz (AUNS)
(Referendumskomitee Stopp fremde Steuervögte)
Pirmin Schwander, p.A. Verein Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz
(AUNS),
Beschwerdeführer, beide vertreten durch Fürsprecher Christian Gerber,

und

1C_619/2012
Hans Anton Keller,
Beschwerdeführer,

gegen

Schweizerische Bundeskanzlei, Bundeshaus West, 3003 Bern.

Gegenstand
Verfügung der Bundeskanzlei vom 30. Oktober 2012 über das Nicht-Zustandekommen
des Referendums gegen den Bundesbeschluss vom 15. Juni 2012 betreffend die
Genehmigung des Abkommens zwischen der Schweiz und Deutschland,

Beschwerden gegen die Verfügung vom 30. Oktober 2012 der Schweizerischen
Bundeskanzlei.

Erwägungen:

1.
Die vom Bundesrat mit Deutschland, dem Vereinigten Königreich und Österreich
ausgehandelten Staatsverträge über die Zusammenarbeit in den Bereichen Steuern
und Finanzmarkt wurden im Bundesblatt 2012 5039 ff., 5157 ff. und 5335 ff.
veröffentlicht. Die Bundesversammlung erliess am 15. Juni 2012 entsprechende
Bundesbeschlüsse über die Genehmigung der Abkommen. Die Referendumsfrist von
100 Tagen (Art. 141 Abs. 1 BV) lief für diese Bundesbeschlüsse am 27. September
2012 ab (BBl 2012 5823, 5825, 5827).
Mit Verfügung vom 30. Oktober 2012 hielt die Schweizerische Bundeskanzlei fest,
dass das Referendum gegen den Staatsvertrag mit Deutschland nicht zustande
gekommen sei, da es die notwendigen 50'000 Unterschriften innert der
Sammelfrist von 100 Tagen nicht erreicht habe (BBl 2012 8555).
Der Verein Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz (AUNS,
Referendumskomitee "Stopp fremde Steuervögte") und dessen Präsident,
Nationalrat Pirmin Schwander, sowie Anton Keller haben am 28. November 2012
beim Bundesgericht eine Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten
gegen die Verfügung der Bundeskanzlei vom 30. Oktober 2012 eingereicht.
Mit Schreiben vom 17. Dezember 2012 teilt die Bundeskanzlei dem Bundesgericht
mit, anlässlich der letzten Sitzung im Jahr 2012 hätten weder der deutsche
Bundestag noch der deutsche Bundesrat ihre Differenz zum zustimmungspflichtigen
Genehmigungsgesetz zum Abgeltungssteuerabkommen mit der Schweiz entsprechend
dem Aufhebungsantrag ihres Vermittlungsausschusses vom 12. Dezember 2012
beraten. Damit könne dieses Abkommen auf das einzige mögliche
Inkrafttretensdatum (1. Januar 2013) definitiv nicht in Kraft treten. Die
Bundeskanzlei ersucht deshalb, die Beschwerden vom Geschäftsverzeichnis des
Bundesgerichts als gegenstandslos abzuschreiben. Die AUNS und Pirmin Schwander
verzichten auf eine Replik. Anton Keller hält an seinen Rechtsbegehren fest.
Zusätzlich stellt er folgende Begehren:
"1. Es seien die Mitglieder der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung von den aus
der Referendums-Beschwerde vom 28.November 2012 hervorgegangenen Verfahren zu
entbinden, und es sei nach Art.37 Abs. 3 BGG vorzugehen.
2. Es seien - gegebenenfalls mit Ausnahme der Verfügungen vom 5. Dezember 2012:
1C_608/2012 und 1C_609/2012 - die von Mitgliedern der I. öffentlich-rechtlichen
Abteilung in obiger Sache einzeln oder gemeinsam ergangenen Erlasse aufzuheben,
neu zu beurteilen, und der von Anfang an beantragten Rechtskrafthemmung
Nachachtung zu verschaffen.
3. Es sei im Sinne von Art. 64 Abs. 2 BBG dem Beschwerdeführer ein besonders
qualifizierter anwaltschaftlicher Beistand beizugeben."

2.
Beide Beschwerden richten sich gegen die Verfügung der Bundeskanzlei vom 30.
Oktober 2012 betreffend das Nichtzustandekommen des Referendums über den
Staatsvertrag mit Deutschland. Es stellen sich in beiden Verfahren im
Wesentlichen dieselben Rechtsfragen. Die Beschwerden sind somit zu vereinigen
und in einem einzigen Entscheid zu behandeln.

3.
Anton Keller beantragt den Ausstand der Mitglieder der I.
öffentlich-rechtlichen Abteilung des Bundesgerichts und verlangt ein Vorgehen
nach Art. 37 Abs. 3 BGG. Er beruft sich auf die Ausstandsgründe von Art. 34
Abs. 1 lit a und b BGG, legt aber nicht dar, inwiefern die betroffenen Richter
ein persönliches Interesse in der Sache haben sollen oder in anderer Stellung
in der gleichen Sache tätig gewesen wären. Auf das Ausstandsgesuch kann somit
nicht eingetreten werden. Ein Vorgehen nach Art. 37 Abs. 3 BGG erübrigt sich.
Soweit Anton Keller die Aufhebung oder Neubeurteilung von Verfügungen sowie
sinngemäss erneut die aufschiebende Wirkung verlangt, werden seine Anträge mit
dem vorliegenden Entscheid gegenstandslos.
Dem Antrag von Anton Keller, ihm sei ein Anwalt beizugeben, kann nicht
entsprochen werden. Aus der Beschwerdeschrift ergibt sich, dass er in der Lage
ist, sein Anliegen selbst zu vertreten (Urteil des Bundesgerichts 1C_609/2012
vom 14. Dezember 2012 E. 2).

4.
Die Bundeskanzlei beantragt, die Beschwerden als gegenstandslos abzuschreiben.
Grundsätzlich entscheidet der Instruktionsrichter oder die
Instruktionsrichterin als Einzelrichter bzw. Einzelrichterin über die
Abschreibung von Verfahren zufolge Gegenstandslosigkeit, Rückzugs oder
Vergleichs (Art. 32 Abs. 2 BGG). Da hier jedoch zusätzlich ein
Ausstandsbegehren zur Diskussion steht, wird der Entscheid von der zuständigen
Abteilung getroffen (Art. 37 Abs. 1 BGG).

5.
Mit dem Verzicht Deutschlands auf das mit der Schweiz ausgehandelte
Abgeltungssteuerabkommen wäre es sinnlos, die von den Beschwerdeführern mit den
vorliegenden Beschwerden angestrebte Referendumsabstimmung durchzuführen. Es
könnte somit auch bei einer Gutheissung der Beschwerden zu keiner Abstimmung
über das Abommen mit Deutschland mehr kommen. Aus diesem Grund sind die
Beschwerden als gegenstandslos vom Geschäftsverzeichnis abzuschreiben.

6.
Wird ein Rechtsstreit gegenstandslos oder fällt er mangels rechtlichen
Interesses dahin, so erklärt ihn das Gericht als erledigt und entscheidet mit
summarischer Prüfung über die Prozesskosten auf Grund der Sachlage vor Eintritt
des Erledigungsgrundes (Art. 72 BZP i.V.m. Art. 71 BGG). Unter den vorliegenden
Umständen sind keine Gerichtskosten zu erheben (Art. 66 Abs. 1 und 4 BGG). Da
die Gegenstandslosigkeit nicht durch die Beschwerdeführer verursacht wurde, ist
es gerechtfertigt, ihnen eine Parteientschädigung zuzusprechen, soweit ihnen
durch den Beizug eines Rechtsvertreters angemessene Kosten entstanden sind
(Art. 68 BGG).

Demnach wird verfügt:

1.
Die Beschwerdeverfahren 1C_607/2012 und 1C_619/2012 werden vereinigt.

2.
Auf das Ausstandsbegehren von Anton Keller wird nicht eingetreten.

3.
Die Beschwerden werden als gegenstandslos abgeschrieben.

4.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

5.
Die Schweizerische Eidgenossenschaft (Bundeskanzlei) hat den Beschwerdeführern
im Verfahren 1C_607/2012 eine Parteientschädigung von Fr. 2'000.-- zu bezahlen.

6.
Diese Verfügung wird den Beschwerdeführern und der Schweizerischen
Bundeskanzlei schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 5. Juni 2013
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Fonjallaz

Der Gerichtsschreiber: Haag

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