Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.606/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]               
{T 1/2}
                             
1C_606/2012, 1C_608/2012

Urteil vom 5. Juni 2013

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Aemisegger, Merkli, Karlen, Chaix,
Gerichtsschreiber Haag.

Verfahrensbeteiligte
1C_606/2012
Verein Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz (AUNS)
(Referendumskomitee Stopp fremde Steuervögte),

Pirmin  Schwander, p.A. Verein Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz
(AUNS),

Beschwerdeführer, beide vertreten durch Fürsprecher Christian Gerber,

und

1C_608/2012
Hans Anton  Keller, Beschwerdeführer,

gegen

Schweizerische Bundeskanzlei, Bundeshaus West, 3003 Bern.

Gegenstand
Verfügung der Bundeskanzlei vom 30. Oktober 2012 betreffend das
Nicht-Zustandekommen des Referendums gegen den Bundesbeschluss vom 15. Juni
2012 über die Genehmigung des Abkommens zwischen der Schweiz und dem
Vereinigten Königreich,

Beschwerden gegen die Verfügung vom 30. Oktober 2012 der Schweizerischen
Bundeskanzlei.

Sachverhalt:

A.
Die vom Bundesrat mit Deutschland, dem Vereinigten Königreich und Österreich
ausgehandelten Staatsverträge über die Zusammenarbeit in den Bereichen Steuern
und Finanzmarkt wurden im Bundesblatt 2012 5039 ff., 5157 ff. und 5335 ff.
veröffentlicht. Die Bundesversammlung erliess am 15. Juni 2012 entsprechende
Bundesbeschlüsse über die Genehmigung der Abkommen. Die Abkommen unterstanden
dem fakultativen Referendum. Die Referendumsfrist von 100 Tagen (Art. 141 Abs.
1 BV) lief für diese Bundesbeschlüsse am 27. September 2012 ab (BBl 2012 5823,
5825, 5827).

B.
Am 27. September 2012 reichten das Referendumskomitee «Stopp fremde
Steuervögte», die Junge SVP Schweiz, ein Referendumskomitee Steuerabkommen und
die Lega dei Ticinesi gegen das Abkommen mit dem Vereinigten Königreich bei der
Bundeskanzlei um 16.30 h nach eigenen Angaben folgende Unterschriftenzahlen
ein:
1. das Referendumskomitee «Stopp fremde Steuervögte», die Junge SVP Schweiz und
das Referendumskomitee Steuerabkommen gemeinsam:
a) 41 647 Unterschriften;
b)ein ungeöffnetes Postpaket mit einer nicht bekannten Anzahl weiterer
Unterschriften und
c)einen weiteren Karton mit einer nicht bekannten Anzahl weiterer
Unterschriften;
2. die Lega dei Ticinesi 5014 Unterschriften.

 Das Postpaket und der zusätzliche Karton wurden von der Bundeskanzlei
gleichentags geöffnet und die Unterschriften gezählt. Das Postpaket enthielt
775, der Karton 271 Unterschriften. Ein Vertreter der erstgenannten drei
Komitees reichte am 27. September 2012 um 20.30 h nach eigenen Angaben noch ein
Couvert mit weiteren 26 Unterschriften ein. Nach Ablauf der Referendumsfrist
reichte das Referendumskomitee «Stopp fremde Steuervögte» am Montagnachmittag,
1. Oktober 2012, um 17.00 h ein Paket mit laut eigenen Angaben 2888 verspätet
eingegangenen Unterschriften nach.

C.
Die Bundeskanzlei kontrollierte die Unterschriften vom Donnerstagabend, 27.
September bis und mit Montag, 1. Oktober 2012. Die Kontrolle ergab für das
Referendum über den Staatsvertrag mit dem Vereinigten Königreich 47'363 gültige
und 191 ungültige Unterschriften. Dabei zeigte sich, dass für eine korrekte
Erhebung des Zustandekommens verschiedentlich einzelne Unterschriftenlisten zu
einem der anderen beiden Referenden oder aber zu Gemeinden anderer Kantone
umgeteilt werden mussten. Auch betrafen verschiedene Unterschriftenlisten unter
den Referenden zu den Steuerabkommen mit Deutschland oder Österreich das
Steuerabkommen mit dem Vereinigten Königreich. Diese Umteilungen wurden von der
Bundeskanzlei laufend vorgenommen.

D.
Mit Verfügung vom 30. Oktober 2012 hielt die Schweizerische Bundeskanzlei fest,
dass das Referendum gegen den Staatsvertrag mit dem Vereinigten Königreich
nicht zustande gekommen sei, da die notwendigen 50'000 Unterschriften innert
der Sammelfrist von 100 Tagen nicht eingereicht worden seien (BBl 2012 8575).

E.
Der Verein Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz (AUNS,
Referendumskomitee "Stopp fremde Steuervögte") und dessen Präsident Nationalrat
Pirmin Schwander haben am 28. November 2012 beim Bundesgericht eine Beschwerde
in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen die Verfügung der Bundeskanzlei
vom 30. Oktober 2012 eingereicht. Sie beantragen, es sei festzustellen, dass
das Referendum gegen den Bundesbeschluss über die Genehmigung des Abkommens
zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich und des Protokolls zur
Änderung dieses Abkommens zustande gekommen sei. Eventuell sei die Verfügung
der Bundeskanzlei vom 30. Oktober 2012 aufzuheben und die Sache an die
Vorinstanz zur neuen Beurteilung zurückzuweisen.

F.
Mit Beschwerde an das Bundesgericht vom 28. November 2012 stellt zudem Anton
Keller in Bezug auf die Verfügung der Bundeskanzlei vom 30. Oktober 2012 zum
Nicht-Zustandekommen des Referendums folgende Anträge:
"1. Es sei festzustellen, dass die nicht bedarfsgerechte, die nicht
zweckmässige und/oder die nicht zeitgemässe Handhabung der
Unterschriftenbeglaubigung durch eine signifikante Anzahl dafür zuständiger
Behörden die Verfassungs-Garantie zu den politischen Rechten verletzte, auf
welche auch der Beschwerdeführer Anspruch hat.
2. Es seien die Nichtzustandekommens-Verfügungen der Bundeskanzlei vom 1.
November 2012 [recte 30. Oktober 2012] aufzuheben, und eine neue Verfügung zu
erlassen gestützt auf eine Nachzählung, wobei alle beglaubigten Unterschriften
zu den obigen Referenden als fristgerecht eingereicht mitzuzählen sind, soweit
diese vor oder am 26. September 2012 sich im Besitz der Beglaubigungsbehörden
befanden, und damit bei pflichtgemässer Behandlung am 27. September 2012 bei
der Bundeskanzlei hätten fristgerecht eintreffen können.
3. Eventualiter sei die vom 20. Juni bis 27. September 2012 gelaufene
Referendumsfrist zu den genannten Verträgen als ungültig zu erklären und neu
anzusetzen.
4. Es sei die mit den angefochtenen Bundeskanzlei-Akten erfolgten
Rechtsverweigerungen festzustellen.
5. Es sei dieser Beschwerde aufschiebende Wirkung beizulegen.
6. Es sei im Sinne von Art. 62 Abs. 1 BGG auf die Erhebung eines
Kostenvorschusses ganz oder teilweise zu verzichten. Gegebenenfalls sei im
Sinne von Art. 64 Abs. 2 BGG dem Beschwerdeführer ein besonders qualifizierter
anwaltschaftlicher Beistand beizugeben.
7. Eventualiter, und soweit das Bundesgericht sich nicht zur selbstständigen
Befolgung dieser Beschwerde in der Lage sehen mag, sei diese im Sinne von Art.
33 BV dem Bundesrat und/oder den dafür zuständigen Kommissionen der
Eidgenössischen Räte zur Erledigung an die Hand zu geben."

G.
Die Bundeskanzlei beantragt, die Beschwerde der AUNS und ihres Präsidenten
abzuweisen und die Beschwerde von Anton Keller abzuweisen, soweit darauf
einzutreten sei. In ihren Repliken halten die Beschwerdeführer an ihren
Rechtsbegehren fest. Anton Keller stellt zusätzlich folgende Begehren:
"1. Es seien die Mitglieder der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung von den aus
der Referendums-Beschwerde vom 28. November 2012 hervorgegangenen Verfahren zu
entbinden, und es sei nach Art. 37 Abs. 3 BGG vorzugehen.
2. Es seien - gegebenenfalls mit Ausnahme der Verfügungen vom 5. Dezember 2012:
1C_608/2012 und 1C_609/2012 - die von Mitgliedern der I. öffentlich-rechtlichen
Abteilung in obiger Sache einzeln oder gemeinsam ergangenen Erlasse aufzuheben,
neu zu beurteilen, und der von Anfang an beantragten Rechtskrafthemmung
Nachachtung zu verschaffen.
3. Es sei im Sinne von Art. 64 Abs. 2 BBG dem Beschwerdeführer ein besonders
qualifizierter anwaltschaftlicher Beistand beizugeben."

H.
Mit Präsidialverfügung vom 11. Dezember 2012 wurde das Gesuch von Anton
Keller um aufschiebende Wirkung bzw. vorsorgliche Massnahmen abgewiesen. Am 14.
Dezember 2012 wies das Gericht ein Ausstandsbegehren von Anton Keller gegen den
Instruktionsrichter am Bundesgericht ab, soweit darauf einzutreten war. Mit
Präsidialverfügung vom 18. Dezember 2012 wurde ein Gesuch von Anton Keller um
Wiedererwägung bzw. Revision der Verfügung vom 11. Dezember 2012 betreffend
aufschiebende Wirkung bzw. vorsorgliche Massnahmen abgewiesen, soweit darauf
einzutreten war.

I.
Das Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Vereinigten
Königreich von Grossbritannien und Nordirland über die Zusammenarbeit im
Steuerbereich trat am 1. Januar 2013 durch Notenaustausch in Kraft (AS 2013
135).

J.
Das Bundesgericht hat die Angelegenheit am 5. Juni 2013 öffentlich beraten
(Art. 58 f. BGG).

Erwägungen:

1.
Beide Beschwerden richten sich gegen die Verfügung der Bundeskanzlei vom 30.
Oktober 2012 betreffend das Nichtzustandekommen des Referendums über den
Staatsvertrag mit dem Vereinigten Königreich. Die Beschwerdeführer stellen im
Wesentlichen dieselben Rechtsfragen zur Diskussion. Die Beschwerden sind somit
zu vereinigen und in einem einzigen Urteil zu behandeln.

2.
Anton Keller beantragt den Ausstand der Mitglieder der I.
öffentlich-rechtlichen Abteilung des Bundesgerichts und verlangt ein Vorgehen
nach Art. 37 Abs. 3 BGG. Er beruft sich auf die Ausstandsgründe von Art. 34
Abs. 1 lit. a und b BGG, legt aber nicht dar, inwiefern die betroffenen Richter
ein persönliches Interesse in der Sache haben sollen oder in anderer Stellung
in der gleichen Sache tätig gewesen wären. Auf das Ausstandsgesuch kann somit
nicht eingetreten werden. Ein Vorgehen nach Art. 37 Abs. 3 BGG erübrigt sich.

 Soweit Anton Keller die Aufhebung oder Neubeurteilung der unter lit. H hiervor
genannten Verfügungen sowie sinngemäss erneut die aufschiebende Wirkung
verlangt, werden seine Anträge mit dem vorliegenden Urteil in der Sache
gegenstandslos.

 Dem Antrag von Anton Keller, ihm sei ein Anwalt beizugeben, kann nicht
entsprochen werden. Aus der Beschwerdeschrift ergibt sich, dass er in der Lage
ist, sein Anliegen selbst zu vertreten (Urteil des Bundesgerichts 1C_609/2012
und 1C_620/2012 vom 14. Dezember 2012 E. 2).

3.
Gegenstand des vorliegenden Urteils ist der Entscheid der Bundeskanzlei vom 30.
Oktober 2012 über das Nicht-Zustandekommen des Referendums betreffend den
Staatsvertrag mit dem Vereinigten Königreich.

3.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das
Bundesgericht ist zulässig gegen Verfügungen der Bundeskanzlei über das
Nicht-Zustandekommen einer Volksinitiative oder eines Referendums (Art. 80 Abs.
2 BPR i.V.m. Art. 82 lit. c und Art. 88 Abs. 1 lit. b BGG). Stimmberechtigte
Bürger wie die Beschwerde führenden Privatpersonen sind zur Beschwerde
legitimiert (Art. 89 Abs. 3 BGG). Ebenso ist der Verein AUNS als politische
Gruppierung mit Rechtspersönlichkeit, die mit dem Referendumskomitee «Stopp
fremde Steuervögte» Unterschriften für das Referendum sammelte und einreichte,
zur Beschwerde in Stimmrechtssachen legitimiert (vgl. BGE 134 I 172 E. 1.3.1 S.
175; 130 I 290 E. 1.3 S. 292; 121 I 334 E. 1a S. 337; 115 Ia 148 E. 1b S. 153).

3.2. Nach Art. 42 Abs. 2 BGG ist in der Begründung der Anträge in gedrängter
Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt. Blosse Verweise
auf die Akten sind unbeachtlich. Inwiefern das angefochtene Urteil Recht
verletzt, ist in der Rechtsschrift selbst darzulegen (BGE 133 II 396 E. 3.1 S.
399 f. mit Hinweisen). Ebenfalls ist in der Beschwerdeschrift selbst auf die
Argumentation des angefochtenen Entscheids einzugehen (Urteil des
Bundesgerichts 4A_709/ 2011 vom 31. Mai 2012, E. 1.1).

 Die Beschwerde von Anton Keller genügt den gesetzlichen
Begründungsanforderungen über weite Strecken nicht. Lediglich in Bezug auf die
Problematik der ordnungsgemässen Ansetzung der Referendumsfrist und zur Frage,
ob die Vorinstanz den Gründen für die verspätete Einreichung von mehreren
tausend Unterschriften hinreichend Rechnung getragen habe, sind die
Begründungsanforderungen knapp erfüllt. Nur in diesem Umfang kann auf seine
Beschwerde eingetreten werden (vgl. Urteil des Bundesgerichts 1C_609/2012 und
620/2012 vom 14. Dezember 2012 E. 2).

4.
Nach Art. 95 lit. a, c und d BGG kann in Stimmrechtssachen in rechtlicher
Hinsicht die Verletzung von Bundesrecht, der kantonalen verfassungsmässigen
Rechte sowie der kantonalen Bestimmungen über die politische Stimmberechtigung
der Bürger und Bürgerinnen und derjenigen über Volkswahlen und -abstimmungen
gerügt werden. Diese Rügen prüft das Bundesgericht frei (vgl. BGE 129 I 185 E.
2 S. 190; 123 I 175 E. 2d/aa S. 178; je mit Hinweisen).

5.

5.1. Die Beschwerdeführer machen zunächst geltend, die Bundeskanzlei habe die
Bundesbeschlüsse vom 15. Juni 2012 über die Staatsverträge betreffend die
Steuerabkommen im Hinblick auf den Lauf der Referendumsfrist nicht gleich
behandelt wie die am selben Tag beschlossene Revision des Raumplanungsgesetzes.
Die Bundesbeschlüsse über die Steuerabkommen seien im Bundesblatt vom 19. Juni
2012 (BBl 2012 5823, 5825, 5827), die Änderungen des Raumplanungsgesetzes
hingegen erst am 26. Juni 2012 (BBl 2012 5987) publiziert worden. Dies habe
dazu geführt, dass dem Referendumskomitee gegen die Änderungen des
Raumplanungsgesetzes ohne objektiven Grund 7 Tage mehr zur Verfügung standen,
um das Referendum zu organisieren. Wäre für die Referenden gegen die
Staatsverträge dieselbe Vorbereitungszeit gewährt worden, so wären diese nach
Auffassung der Beschwerdeführer zustande gekommen.

5.2. Das Bundesgericht hat sich mit der Frage des Beginns der Referendumsfrist
bereits im Urteil 1C_609/2012 vom 14. Dezember 2012, E. 4, betreffend den
Staatsvertrag mit Österreich befasst. Danach besteht keine verbindliche Regel,
wonach Referendumsfristen immer erst zehn Tage nach der Beschlussfassung durch
die Eidgenössischen Räte angesetzt würden. Hingegen bestimmt Art. 1 Abs. 4 lit.
b der Organisationsverordnung für die Bundeskanzlei vom 29. Oktober 2008
(OV-BK; SR 172.210.10), dass die Rechtstexte und die übrigen nach der
Publikationsgesetzgebung zu veröffentlichenden Texte so schnell wie möglich und
in der gebotenen Qualität veröffentlicht werden. Die Bundeskanzlei verfügt bei
der Bestimmung des Zeitpunkts der Publikation über ein gewisses Ermessen. Es
ist hier zu prüfen, ob dieses pflichtgemäss ausgeübt wurde, das heisst ob
sachliche Gründe für die Wahl eines im Vergleich zur Revision des RPG früheren
Publikationszeitpunkts bestanden.

 Für die Publikation der Steuerabkommen war eine gewisse Dringlichkeit gegeben,
um über die Notwendigkeit einer Volksabstimmung möglichst rasch Klarheit zu
erlangen. Nach den Ausführungen der Bundeskanzlei musste die
Unterschriftensammlung so angesetzt werden, dass die Referendumsabstimmung im
November 2012 hätte durchgeführt werden können und das Inkrafttreten des
Staatsvertrags auf den 1. Januar 2013 möglich gewesen wäre. Das Abkommen
bestimmt in Art. 43 (BBl 2012 5188) zum Inkrafttreten: "Jeder Vertragsstaat
notifiziert dem anderen Vertragsstaat auf diplomatischem Weg, dass die
innerstaatlichen gesetzlichen Erfordernisse für das Inkrafttreten dieses
Abkommens erfüllt sind. Das Abkommen tritt am 1. Januar des dem Eingang der
späteren dieser Notifikationen folgenden Kalenderjahres in Kraft." Aus dem
Wortlaut dieser Bestimmung ergibt sich nicht, dass die Parteien des
Staatsvertrags verbindlich ein Inkrafttreten auf den 1. Januar 2013 vereinbart
hätten. Indessen ist zu beachten, dass die im Anhang I zum Abkommen enthaltenen
Formeln zur Berechnungsmethode für die Einmalzahlung nach Art. 9 Abs. 2 des
Abkommens auf eine Übergangsfrist von zwei Jahren ausgerichtet sind, welche am
31. Dezember 2010 (K 8 ) beginnt und am 31. Dezember 2012 (K 10 ) endet. Daraus
folgt, dass eine spätere Inkraftsetzung des Staatsvertrags eine
Vertragsänderung vorausgesetzt hätte. Vor diesem Hintergrund behandelten die
Eidgenössischen Räte die Genehmigung der Abkommen im beschleunigten Verfahren
nach Art. 85 Abs. 2 des Parlamentsgesetzes (SR 171.10).

 Unter den beschriebenen Umständen ist nicht zu beanstanden, dass die
Bundeskanzlei den Bundesbeschluss über die Abkommen im ersten möglichen
Zeitpunkt im Bundesblatt veröffentlichte. Die mögliche Volksabstimmung war
wegen der Dringlichkeit auf den 25. November 2012 vorgesehen und es musste
genügend Zeit für deren Vorbereitung eingeplant werden. Es lagen damit im
Unterschied zur Änderung des Raumplanungsgesetzes namhafte Gründe vor, die
Referendumsvorlage sehr rasch zu publizieren. Die Bundeskanzlei machte das
Publikationsdatum des 19. Juni 2012 am 15. Juni 2012 vorweg mit einer
Medienmitteilung bekannt, was den interessierten Kreisen erlaubte, die
Organisation des Referendums darauf auszurichten. Im Übrigen wird das
Bundesblatt auch über das Internet verbreitet, was allfällige Nachteile wegen
postalischen oder anderen Verzögerungen bei der Zustellung mindert.
Schliesslich handelt es sich beim gewählten beschleunigten Vorgehen nicht um
einen Einzelfall, wie der Hinweis der Bundeskanzlei auf den Fristenlauf beim
Zinsbesteuerungsgesetz belegt (Bundesbeschluss vom 17. Dezember 2004,
publiziert im Bundesblatt vom 21. Dezember 2004; s. BBl 2004 7185).

5.3. Das Vorgehen der Bundeskanzlei bei der Ansetzung der Referendumsfrist war
somit durch sachliche Gründe gerechtfertigt und beruht nicht auf einer
ungerechtfertigten Ungleichbehandlung der Urheber des Referendums gegen die
Staatsverträge.

6.
Die Beschwerdeführer vertreten die Auffassung, das Zustandekommen von
Referenden und Volksinitiativen hänge vermehrt von willkürlichen Faktoren ab,
welche die federführenden Referendumskomitees nicht beeinflussen könnten. Damit
hätten es Dritte in der Hand, über Zustandekommen oder Scheitern solcher
Vorstösse zu entscheiden. Die Beschwerdeführer stützen ihre Ausführungen auf
folgende Sachverhalte und Behauptungen (angefochtener Entscheid lit. L, in BBl
2012 8578 ff.) :
Unter Berücksichtigung der am 1. Oktober 2012 nachgereichten und von der
Bundeskanzlei als verspätet bezeichneten Unterschriften habe das Referendum zum
Abgeltungssteuerabkommen mit dem Vereinigten Königreich total 50'172 gültige
Unterschriften auf sich vereinigt, für die das Stimmrecht während der
gesetzlichen Sammelfrist bescheinigt worden sei. 148 Gemeinden hätten
bescheinigte Unterschriften am 24. - 26. September per B-Post ans
Referendumskomitee zurückgesandt; diese Sendungen seien dem Komitee am 28. und
29. September sowie am 1. Oktober 2012 zugekommen. Eine Rücksendung per A-Post
oder ein Hinweis der Amtsstelle ans Referendumskomitee, die Unterschriften
seien abholbereit, hätte das Referendum zustande kommen lassen. Die
Staatskanzlei Genf habe mit Pressemitteilung vom 5. Oktober 2012 selber
eingeräumt, 4200 rücksendebereit bescheinigte Unterschriften für die drei
parallel laufenden Referenden versehentlich als B-Post frankiert zu haben. Pro
Referendum seien so um die 1400 Unterschriften verspätet zum Referendumskomitee
zurückgekommen. 198 Gemeinden hätten die Stimmrechtsbescheinigung während der
Sammelfrist ausgestellt, aber erst nach dem 27. September 2012 retourniert, und
die Post habe dem Referendumskomitee Briefe von weiteren sechs Gemeinden,
obwohl für A-Post frankiert, erst nach dem 27. September 2012 zugestellt. Für
das Referendum gegen das Steuerabkommen mit dem Vereinigten Königreich seien am
27. September 2012 noch 4722 Unterschriften bei den Gemeinden gewesen, welche
bei ihnen am 19., 24. und 25. September 2012 mindestens per A-Post eingegangen
seien. Ein Grossteil davon sei rechtzeitig erledigt und retourniert worden; vom
verbleibenden Teil seien manche am 1. Oktober 2012 der Bundeskanzlei
nachgereicht worden, der Rest (pro Referendum 2000-3000 Unterschriften) sei
noch später ans Referendumskomitee gelangt. Die mit der Einholung der
Stimmrechtsbescheinigungen betraute Organisation habe gegenüber den Gemeinden
in Begleitbriefen auf die Dringlichkeit jeweils doppelt aufmerksam gemacht.
Eine Stadt habe dem Referendumskomitee eine Gesamtbescheinigung am 2. Oktober
2012 retourniert, welche bereits am 23. Juli 2012 ausgestellt worden sei.
Möglicherweise habe die vorgezogene Publikation der drei Abkommen im Vergleich
mit dem Referendum gegen das Raumplanungsgesetz zu Fehlschlüssen über die
Dringlichkeit der Stimmrechtsbescheinigungen geführt. Diese Vorgänge hätten
insgesamt bewirkt, dass der politische Wille von über 50'000 stimmberechtigten
Unterzeichnenden nicht verfassungsgemäss respektiert worden sei.

7.

7.1. Die politischen Rechte sind in Art. 34 BV unter dem Kapitel der
Grundrechte gewährleistet. Sie umfassen unter anderem das Recht, ein Referendum
zu ergreifen. Die Ausübung des Referendumsrechts auf Bundesebene ist in Art.
140 f. BV und im Bundesgesetz über die politischen Rechte (BPR; SR 161.1)
geregelt.

7.2. Die Bundesverfassung bindet die Volksabstimmung über Vorlagen des
fakultativen Referendums an die Voraussetzung, dass innert 100 Tagen 50'000
Stimmberechtigte ein entsprechendes Begehren unterzeichnet haben (Art. 141 Abs.
1 BV). Nach Art. 59a BPR muss das Referendum mit der nötigen Anzahl
Unterschriften samt Stimmrechtsbescheinigung innerhalb der Referendumsfrist bei
der Bundeskanzlei eintreffen. Unterschriften auf Referendumslisten, die nach
Ablauf der Referendumsfrist eingereicht worden sind, sind ungültig (Art. 66
Abs. 2 lit. c BPR). Für die Einreichung von Volksinitiativen gelten dieselben
Grundsätze (vgl. BGE 131 II 449 E. 3.2 S. 453 f.).

 Mit Art. 59a BPR hat der Gesetzgeber präzisiert, dass die bescheinigten
Unterschriften am letzten Tag der Referendumsfrist bei der
Bundeskanzleieintreffen müssen. In der Botschaft vom 1. September 1993 zu einer
Teiländerung des BPR (BBl 1993 III 491) wird ausgeführt: "Künftig wird das
Datum des Poststempels [....] nicht mehr genügen. Im weiteren hat eine solche
Regelung den Vorteil, dass Unklarheiten (verlorene Postsendungen, falscher
Poststempel - wie beim NEAT-Referendum ebenfalls entdeckt) beseitigt werden.
Die Referendumskomitees werden in ihren Rechten nicht geschmälert, weil die
Referendumsfrist im Gegenzug um zehn auf 100 Tage verlängert wird." Die
genannten Regeln beruhen auf der Annahme, dass die zur Stimmrechtsbescheinigung
zuständigen Behörden die Unterschriften rechtzeitig vor Ablauf der
Referendumsfrist erhalten und die Amtsstellen die beglaubigten
Unterschriftenlisten den Absendern unverzüglich zurückgeben (Art. 62 Abs. 1 und
2 BPR).

7.3. Gestützt auf die Art. 59a und 66 Abs. 2 lit. c BPR hat die Bundeskanzlei
sämtliche 2823 Unterschriften, die bei ihr nach dem 27. September 2012 zum
Referendum gegen den Staatsvertrag mit dem Vereinigten Königreich eingereicht
wurden, entgegengenommen und für ungültig erklärt. Von diesen Unterschriften
waren 8 ungenügend bescheinigt, 4 nicht handschriftlich und 2 mehrfach
unterzeichnet. 2809 Unterschriften werden in Tabelle 2 zum angefochtenen
Entscheid als verbleibende ungültige Unterschriften ausgewiesen, da sie erst am
1. Oktober 2012 verspätet bei der Bundeskanzlei eingereicht worden seien.

 Nach Auffassung der Beschwerdeführer ist das Referendum mit 50'172
Unterschriften zustande gekommen, wenn die strittigen 2809 Unterschriften zu
den von der Bundeskanzlei als gültig anerkannten 47'363 Unterschriften (Tabelle
1), hinzugezählt werden. Sie berufen sich auf den Umstand, dass sie die
strittigen 2809 Unterschriften am letzten Tag der Referendumsfrist (27.
September 2012) bei der Bundeskanzlei hätten einreichen können, wenn ihnen die
beglaubigten Listen von den zuständigen Stellen unverzüglich zurückgegeben
worden wären. Die Bundeskanzlei hält dieser Argumentation entgegen, das Gesetz
erlaube ihr nicht, die verspätet eingereichten Unterschriften für gültig zu
erklären, da dies auf eine Verlängerung der verfassungsmässigen
Referendumsfrist hinausliefe.

7.4. Die Stimmrechtsbescheinigung wird in Art. 62 BPR näher geregelt. Nach
dessen Abs. 1 sind die Unterschriftenlisten rechtzeitig (suffisamment tôt,
tempestivamente) vor Ablauf der Referendumsfrist der Amtsstelle zuzustellen,
die nach kantonalem Recht für die Stimmrechtsbescheinigung zuständig ist. Die
Amtsstelle bescheinigt, dass die Unterzeichner in der auf der
Unterschriftenliste bezeichneten Gemeinde in eidgenössischen Angelegenheiten
stimmberechtigt sind, und sie gibt die Listen unverzüglich (sans retard, senza
indugio) den Absendern zurück (Art. 62 Abs. 2 BPR).

 Mit der Bundeskanzlei ist davon auszugehen, dass der Bundesgesetzgeber die
Ausstellung der Stimmrechtsbescheinigungen bewusst keiner genauen Frist
unterworfen hat. Mit der Formulierung, die bescheinigten Unterschriftenlisten
seien unverzüglich den Absendern zurückzugeben (Art. 62 Abs. 2 BPR), wurde dem
Umstand Rechnung getragen, dass die Menge und die Dringlichkeit anfallender
Stimmrechtsbescheinigungen je nach Amtsstelle stark variieren kann. Ein
langjähriger Erfahrungswert besagt nach den Angaben der Bundeskanzlei, dass
eine geübte Person pro Tag ca. 300 bis höchstens 350 Stimmrechtsbescheinigungen
ausstellen kann (vgl. AB 1975 N 1502). Daher hat der Gesetzgeber auch
angeordnet, dass die "Unterschriftenlisten rechtzeitig vor Ablauf der
Referendumsfrist der Amtsstelle" zuzustellen sind (Art. 62 Abs. 1 BPR). Mit dem
Ausdruck suffisamment tôt in der französischen Fassung des Gesetzestexts wird
noch verstärkt auf die Verantwortung der Urheber des Referendums für die
rechtzeitige Zustellung der Unterschriften zur Stimmrechtsbescheinigung
hingewiesen. Bereits in der Botschaft zum Bundesgesetz über die politischen
Rechte von 1975 führte der Bundesrat aus, die Unterschriften dürften nicht zu
knapp vor Ablauf der Fristen zur Bescheinigung eingereicht werden, es sei auf
die Leistungsfähigkeit der lokalen Behörden innerhalb der verfügbaren Zeit
Rücksicht zu nehmen, und die Unterschriften seien mit Vorteil zeitlich
gestaffelt, in Teilsendungen, einzureichen (BBl 1975 I 1345 f.). Diese
Grundsätze werden auch im Leitfaden der Bundeskanzlei für Urheberinnen und
Urheber eines Referendums betont. Mit der Revision des BPR im Jahre 1996 hat
die Obliegenheit der rechtzeitigen Einreichung der Unterschriften zur
Beglaubigung noch an Bedeutung gewonnen, da mit dieser Gesetzesänderung die
Möglichkeit der nachträglichen Behebung von Bescheinigungsmängeln abgeschafft
und gleichzeitig die Referendumsfrist von 90 auf 100 Tage verlängert wurde
(neuArt. 59 in AS 1997 754 im Vergleich zu altArt. 59 in AS 1978 700; dazu BBl
1993 III 490). Mit der Verlängerung der Referendumsfrist sollte den Urhebern
von Referenden mehr Spielraum verschafft werden, um die
Stimmrechtsbescheinigungen rechtzeitig vor Fristablauf einholen zu können. Beim
Erfordernis der rechtzeitigen Einholung der Stimmrechtsbescheinigung ist nach
dem Gesagten neben dem Zeitpunkt des Ablaufs der Referendumsfrist auch die
Anzahl der zur Bescheinigung eingereichten Unterschriften zu beachten.

7.5. Die in Art. 62 Abs. 1 und 2 BPR enthaltene Regelung überträgt den Urhebern
eines Referendums die Verantwortung für die rechtzeitige Einholung der
Stimmrechtsbescheinigungen und verpflichtet die dazu zuständigen Stellen zur
unverzüglichen Rückgabe der bescheinigten Unterschriften an die Absender.
Oberstes Ziel ist dabei, möglichst alle eingereichten Unterschriften zu
beglaubigen und den Absendern zeitgerecht zurückzugeben, damit die beglaubigten
Unterschriften bei der Bundeskanzlei vor Ablauf der Referendumsfrist
eingereicht werden können. Die Wahrnehmung der verschiedenen Aufgaben bedarf
einer angemessenen Organisation und Planung. Sie kann - wie der vorliegende
Fall deutlich zeigt - für die Beteiligten unter Umständen eine grosse
Herausforderung darstellen. Probleme bei der Stimmrechtsbescheinigung sind
anhand der jeweiligen konkreten Situation zu beurteilen. Hilfreiche
Anhaltspunkte und Handlungsanweisungen zur Entschärfung zahlreicher Probleme
finden sich im Sinne von Empfehlungen im Leitfaden der Bundeskanzlei für
Urheberinnen und Urheber eines Referendums. Die Bundeskanzlei begleitet zudem
die Referendumswilligen und die zuständigen Stellen während der
Unterschriftensammlung und dem Bescheinigungsverfahren (Angebot von
Unterschriftenlisten [Art. 60a BPR; Art. 18 VPR], Vermittlung bei Problemen mit
den Gemeinden [vgl. BGE 131 II 449 E. 3.4.2 S. 455], Abgabemöglichkeit bei der
Bundeskanzlei am letzten Tag der Referendumsfrist bis Mitternacht etc.).

 Die Übertragung der Verantwortung für die Unterschriften an die Urheber eines
Referendums auch während des Prozesses der Stimmrechtsbescheinigung entspricht
dem klaren Willen des Gesetzgebers bei der Änderung des BPR im Jahre 1996 (vgl.
Botschaft des Bundesrats vom 1. September 1993 zu einer Teiländerung des BPR,
in: BBl 1993 III 491). Dabei war ihm bewusst, dass im Rahmen des
Bescheinigungsverfahrens Ablaufstörungen (wie etwa verlorene Postsendungen oder
falsche Poststempel) nicht immer zu vermeiden sind. Um die Rechte der
Referendumskomitees nicht zu schmälern, wurde die Referendumsfrist mit dieser
Gesetzesänderung um zehn Tage auf 100 Tage verlängert. Daraus folgt, dass die
Urheber eines Referendums mit möglichen Ablaufstörungen, die sich im allgemein
üblichen Rahmen bewegen, zu rechnen haben. Die Organisation der
Unterschriftenbescheinigung und die Planung der Abgabe der Unterschriften bei
der Bundeskanzlei ist darauf auszurichten. Anders könnte es sich verhalten,
wenn ausserordentliche Ereignisse wie etwa Streiks, Naturkatastrophen oder
unlautere Verzögerungen der Amtsstellen bei der Ausstellung der
Stimmrechtsbescheinigungen zu einer namhaften Verzögerung der Rückgabe der
Unterschriften an die Urheber von Referenden führen sollten.

8.
Im Hinblick auf die vorliegende Angelegenheit ergibt sich aufgrund der Angaben
der Bundeskanzlei, dass die von den Beschwerdeführern geltend gemachten
Verzögerungen für die drei Referenden insgesamt 4722 Unterschriften betreffen,
die den Gemeinden laut Aussage des Referendumskomitees am 19., 24. und 25.
September 2012, also innerhalb der letzten acht Tage vor Ablauf der
Referendumsfrist zur Erteilung der Stimmrechtsbescheinigung zugesandt worden
waren. Damit stellt sich insbesondere die Frage nach der rechtzeitigen
Einholung der Stimmrechtsbescheinigungen (Art. 62 Abs. 1 BPR).

8.1. Im Folgenden ist insbesondere auf die Unterschriftenbeglaubigung im Kanton
Genf einzugehen. Allein für diesen Kanton gehen die Beschwerdeführer in Bezug
auf das Abkommen mit dem Vereinigten Königreich von rund 1400 Unterschriften
aus, die wegen verspäteter Ankunft beim Referendumskomitee von der
Bundeskanzlei nicht mehr berücksichtigt worden seien. Nach der Zählung der
Bundeskanzlei stammen für das Referendum gegen das Abkommen mit dem Vereinigten
Königreich 1232 nicht berücksichtigte Unterschriften aus dem Kanton Genf.

8.2. Nach den unbestrittenen Angaben des Staatsrats des Kantons Genf trafen bei
der kantonalen Beglaubigungsstelle erst am 97. Tag der 100-tägigen Sammelfrist
3847 Unterschriften für das Referendum gegen die drei Staatsverträge zur
Beglaubigung ein. Dabei handelte es sich um fast die Hälfte (48.7%) aller in
Genf für diese Referenden zur Stimmrechtsbescheinigung vorgewiesenen
Unterschriften. Die Genfer Behörden ergriffen nach Erhalt der Unterschriften
sofort besondere Massnahmen, indem ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zur
Vornahme der Bescheinigungen in einem Sondereinsatz am 24. und 25. September
2012 von 7 Uhr bis 22 Uhr arbeiteten. Schliesslich standen am 99. Tag der
Referendumsfrist, d.h. am 26. September, um 15.15 Uhr, die beglaubigten
Unterschriften in Genf zur Rückgabe bereit. Mangels anderer präziser
Instruktionen seitens der Urheber des Referendums wurden die beglaubigten
Unterschriften per Post zurückgeschickt, wobei die Sendung versehentlich mit
B-Post versandt wurde.

8.3. Mit der Zustellung zur Stimmrechtsbescheinigung von 3847 Unterschriften am
97. Tag der Referendumsfrist haben die Urheber des Referendums in Genf die
Obliegenheit gemäss Art. 62 Abs. 1 BPR zur rechtzeitigen Einreichung der
Unterschriften nicht erfüllt. Es handelt sich dabei um eine derart grosse
Anzahl Unterschriften, dass es den zuständigen Behörden nur mit einem
Sondereinsatz möglich war, die gesetzliche Vorgabe zu erfüllen, wonach die
Listen unverzüglich zurückzugeben sind (Art. 62 Abs. 2 BPR). Vor dem
Hintergrund der Versäumnisse der Urheber des Referendums fällt der Umstand,
dass die Rücksendung versehentlich mit B-Post erfolgte, nicht entscheidend ins
Gewicht. Es handelt sich dabei um eine Fehldisposition, die sich im Sinne der
Ausführungen in E. 7.5 hiervor im allgemein üblichen Rahmen bewegt und von den
Urhebern des Referendums hätte eingeplant werden müssen. Hätten die
Referendumskomitees die Unterschriften entsprechend den Empfehlungen der
Bundeskanzlei zeitlich gestaffelt in kleineren Teilsendungen rechtzeitig
(suffisamment tôt) eingereicht, so hätten ein Sondereinsatz der Genfer
Beglaubigungsstelle und die nachteiligen Folgen einer versehentlichen Frankatur
mit B-Post vermieden werden können. Im Übrigen bestand beim Vorgehen der
Urheber des Referendums auch keine Gewähr, dass die bescheinigten
Unterschriften selbst bei einer Zustellung mit A-Post noch zeitgerecht beim
Referendumskomitee eintreffen würden. Angesichts des von den Urhebern des
Referendums geschaffenen zeitlichen Drucks wäre gestützt auf Art. 62 Abs. 1 BPR
zu erwarten gewesen, dass sie sich mit der zuständigen Behörde über die
Rückgabe der Unterschriften konkret verständigen. Entsprechende Bemühungen, die
Unterschriften rechtzeitig vor Ablauf der Referendumsfrist zurückzuerhalten,
haben die Referendumskomitees nicht unternommen.

8.4. Die Urheber des Referendums haben somit selbst zu vertreten, dass die
Bundeskanzlei die verspätet bei ihr eingetroffenen Unterschriften aus dem
Kanton Genf nicht mehr berücksichtigen konnte. Die Bundeskanzlei hat die erst
am 1. Oktober 2012 bei ihr eingereichten Unterschriften aus dem Kanton Genf zu
Recht als ungültig bezeichnet. Somit ist das Referendum gegen das Abkommen mit
dem Vereinigten Königreich offensichtlich nicht zustande gekommen. Die den
Urhebern des Referendums von Amtsstellen anderer Kantone und Gemeinden mit
B-Post zugestellten beglaubigten Unterschriften vermögen daran nichts zu
ändern. Deshalb erübrigen sich diesbezüglich weitere Abklärungen. Auch die
weiteren Ausführungen der Parteien führen zu keinem anderen Ergebnis, ohne dass
auf die Vorbringen im Einzelnen einzugehen wäre. Schliesslich ist auch nicht
weiter zu prüfen, wie bei einer Gutheissung der Beschwerden die Durchführung
des Referendums hätte gestaltet werden können, nachdem der Staatsvertrag am 1.
Januar 2013 in Kraft getreten ist.

9.
Es ergibt sich, dass die Beschwerde der AUNS und ihres Präsidenten abzuweisen
ist. Die Beschwerde von Anton Keller ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten
werden kann.

 Angesichts der Umstände der vorliegenden Angelegenheit ist ausnahmsweise auf
die Erhebung von Gerichtskosten zu verzichten (Art. 66 Abs. 1 BGG). Es sind
keine Parteientschädigungen zuzusprechen (Art. 68 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerdeverfahren 1C_606/2012 und 1C_608/2012 werden vereinigt.

2.
Auf das Ausstandsbegehren von Anton Keller wird nicht eingetreten.

3.
Die Beschwerde des Vereins Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz
(AUNS) und von Pirmin Schwander wird abgewiesen.

4.
Die Beschwerde von Anton Keller wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten
werden kann.

5.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

6.
Dieses Urteil wird den Beschwerdeführern, der Schweizerischen Bundeskanzlei und
dem Kanton Genf schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 5. Juni 2013
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Fonjallaz

Der Gerichtsschreiber: Haag

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