Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.575/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
1C_575/2012

Urteil vom 5. Juli 2013

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Aemisegger,
nebenamtliche Bundesrichterin Stamm Hurter,
Gerichtsschreiber Forster.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Till Gontersweiler,

gegen

Strassenverkehrsamt des Kantons Zürich, Uetlibergstrasse 301, 8036 Zürich,
vertreten durch das Strassenverkehrsamt des Kantons Zürich, Bereich
Administrativmassnahmen, Postfach, 8090 Zürich,
Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich,
Neumühlequai 10, Postfach, 8090 Zürich.

Gegenstand
Führerausweisentzug,

Beschwerde gegen das Urteil vom 25. September 2012 des Verwaltungsgerichts des
Kantons Zürich,
1. Abteilung, Einzelrichter.

Sachverhalt:

A.
Am 15. Dezember 2010, circa 17.25 Uhr, fuhr X.________ mit dem Personenwagen
auf der Autostrasse A4 von Winterthur in Richtung Schaffhausen. Kurz vor der
Überführung Lotterbuck bei Henggart reduzierte er seine Geschwindigkeit
aufgrund einer Kolonnenbildung auf circa 20-30 km/h. In der Folge kam es (trotz
eingeleiteter Vollbremsung) zu einer Auffahrkollision mit dem vor ihm fahrenden
Personenwagen. An beiden Fahrzeugen entstand Sachschaden. Zudem erlitt der
Fahrer des vorderen Fahrzeugs Verletzungen.

B.
Mit rechtskräftigem Strafbefehl vom 7. Februar 2011 des Statthalteramtes des
Bezirks Andelfingen wurde X.________ (nachfolgend: Lenker) der einfachen
Verkehrsregelverletzung für schuldig befunden und (gestützt auf Art. 90 Ziff. 1
SVG) mit einer Busse von Fr. 220.-- bestraft.

C.
Am 18. Mai 2011 entzog das Strassenverkehrsamt des Kantons Zürich dem Lenker
(wegen eines mittelschweren Falles einer SVG-Widerhandlung) den Führerausweis
für die Dauer von vier Monaten. Einen dagegen gerichteten Rekurs wies die
Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich mit Entscheid vom 24. Mai 2012 ab. Eine
vom Lenker erhobene Beschwerde entschied das Verwaltungsgericht des Kantons
Zürich, 1. Abteilung, Einzelrichter, am 25. September 2012 ebenfalls
abschlägig.

D.
Gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts gelangte X.________ mit Beschwerde vom
7. November 2012 an das Bundesgericht. Er beantragt (neben der Aufhebung des
angefochtenen Entscheides) die Ausfällung einer Verwarnung, eventualiter eines
einmonatigen Führerausweisentzuges (wegen einer leichten SVG-Widerhandlung).

 Das Verwaltungsgericht beantragt die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf
einzutreten ist. Die kantonale Sicherheitsdirektion und das Bundesamt für
Strassen ASTRA schliessen je auf Abweisung der Beschwerde. Mit Verfügung vom 3.
Dezember 2012 erkannte das Bundesgericht der Beschwerde die aufschiebende
Wirkung zu.

Erwägungen:

1.

1.1. Die Sachurteilsvoraussetzungen von Art. 82 ff. BGG sind grundsätzlich
erfüllt und geben zu keinen Vorbemerkungen Anlass.

1.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat. Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt
werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung
im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den
Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 i.V.m. Art. 105
Abs. 1- 2 BGG).

1.3. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann
namentlich eine Verletzung von Bundesrecht, Völkerrecht und kantonalen
verfassungsmässigen Rechten gerügt werden (Art. 95 BGG). Das Bundesgericht
wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich
weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die
Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen
als dem angerufenen Grund gutheissen, und es kann eine Beschwerde mit einer von
der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (BGE 133 II
249 E. 1.4.1 S. 254 mit Hinweisen). Immerhin prüft das Bundesgericht, unter
Berücksichtigung der allgemeinen Begründungspflicht der Beschwerde (Art. 42
Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die
rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind. Es ist jedenfalls nicht
gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen
Fragen zu untersuchen, wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr vorgetragen
werden (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254). Hinsichtlich der Verletzung von
Grundrechten, insbesondere des Willkürverbots, gilt zudem eine qualifizierte
Rügepflicht (Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 136 I 229 E. 4.1 S. 235 mit
Hinweisen). Auf ungenügend begründete Rügen und bloss allgemein gehaltene,
appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt das Bundesgericht nicht
ein (Art. 42 Abs. 2 Satz 1 BGG; vgl. BGE 130 I 258 E. 1.3 S. 262; 129 I 113 E.
2.1 S. 120; je mit Hinweisen).

2.
Der Beschwerdeführer rügt, die Vorinstanz sei in bundesrechtswidriger Weise von
der Annahme eines mittelschweren Falles ausgegangen. Da nur eine geringe Gefahr
für die Sicherheit anderer bestanden habe und zudem von einem leichten
Verschulden auszugehen sei, liege ein leichter Fall vor, der mit einer
Verwarnung (höchstenfalls mit einem einmonatigen Führerausweisentzug) zu ahnden
sei. Was den entscheiderheblichen Sachverhalt betrifft, habe sich die
Vorinstanz nicht bzw. nur ungenügend mit der von ihm eingereichten Expertise
auseinandergesetzt. Deren mangelnde Berücksichtigung begründe eine Verletzung
seines Anspruchs auf rechtliches Gehör. Die Vorinstanz habe den relevanten
Sachverhalt willkürlich festgestellt, indem sie (bei der Prüfung der Gefahr für
die Sicherheit anderer) entgegen anerkannter unfalltechnischer und
biomechanischer Erkenntnisse nicht auf die kollisionsbedingte
Geschwindigkeitsveränderung abgestellt habe, sondern auf die Kollisions- bzw.
Aufprallgeschwindigkeit. Dem Unfallgegner habe gestützt auf das Gutachten kein
Halswirbelsäulentrauma gedroht.

3.

3.1. Der Führer muss das Fahrzeug ständig so beherrschen, dass er seinen
Vorsichtspflichten nachkommen kann (Art. 31 Abs. 1 SVG). Er hat seine
Aufmerksamkeit der Strasse und dem Verkehr zuzuwenden (Art. 3 Abs. 1 VRV [SR
741.11]). Die Geschwindigkeit ist stets den Umständen anzupassen, namentlich
den Verkehrsverhältnissen (vgl. Art. 32 Abs. 1 SVG). Der Lenker hat gegenüber
allen Strassenbenützern einen ausreichenden Abstand zu wahren, insbesondere
beim Hintereinanderfahren (Art. 34 Abs. 4 SVG). Auch bei überraschendem Bremsen
des voranfahrenden Fahrzeugs muss er rechtzeitig anhalten können (Art. 12 Abs.
1 VRV).

3.2. Nach Widerhandlungen gegen Strassenverkehrsvorschriften, bei denen das
Verfahren nach dem Ordnungsbussengesetz ausgeschlossen ist, wird der
Führerausweis entzogen oder eine Verwarnung ausgesprochen (Art. 16 Abs. 2 SVG).
Bei leichten Widerhandlungen (und mangels qualifizierender bzw.
privilegierender Umstände) wird die fehlbare Person verwarnt (Art. 16a Abs. 3
SVG). Eine mittelschwere Widerhandlung begeht, wer durch Verletzung von
Verkehrsregeln eine Gefahr für die Sicherheit anderer hervorruft oder in Kauf
nimmt (Art. 16b Abs. 1 lit. a SVG). Eine leichte Widerhandlung begeht, wer
durch Verletzung von Verkehrsregeln eine geringe Gefahr für die Sicherheit
anderer hervorruft, sofern ihn dabei nur ein leichtes Verschulden trifft (Art.
16a Abs. 1 lit. a SVG).

3.3. Nach einer mittelschweren Widerhandlung wird der Führerausweis für
mindestens einen Monat entzogen (Art. 16b Abs. 2 lit. a - b SVG). Die
mittelschwere Widerhandlung nach Art. 16b SVG stellt einen Auffangtatbestand
dar. Sie liegt vor, wenn nicht alle privilegierenden Elemente einer leichten
Widerhandlung nach Art. 16a SVG und nicht alle qualifizierenden Elemente einer
schweren Widerhandlung nach Art. 16c SVG gegeben sind (BGE 136 II 447 E. 3.2 S.
452; 135 II 138 E. 2.2.2 S. 141; je mit Hinweisen). Die Annahme einer leichten
Widerhandlung setzt voraus, dass der Lenker durch Verletzung von Verkehrsregeln
eine geringe Gefahr für die Sicherheit anderer hervorgerufen hat und ihn dabei
nur ein leichtes Verschulden trifft. Nach der Rechtsprechung müssen eine
geringe Gefahr und ein leichtes Verschulden kumulativ gegeben sein (BGE 135 II
138 E. 2.2.3 S. 141 mit Hinweisen). Eine ernstliche Gefahr für die Sicherheit
anderer ist bei einer konkreten oder auch bei einer erhöhten abstrakten
Gefährdung zu bejahen. Ob solche Gefährdungen vorliegen, hängt von den
jeweiligen Verhältnissen des Einzelfalles ab (vgl. BGE 131 IV 133 E. 3.2 S. 136
mit Hinweisen; Urteile 1C_156/2010 vom 26. Juli 2010 E. 4; 1C_83/2010 vom 12.
Juli 2010 E. 4). Bei relativ heftigen Auffahrunfällen liegt auch ohne
Personenschaden in der Regel ein mittelschwerer Fall (mit konkreter Gefährdung
des Unfallgegners) vor (vgl. Urteile des Bundesgerichts 1C_156/2010 vom 26.
Juli 2010 E. 5.1.2; 1C_75/2007 vom 13. September 2007 E. 3.2).

4.
Der Beschwerdeführer rügt zunächst eine willkürliche Feststellung des
entscheiderheblichen Sachverhalts. Unter Hinweis auf das von ihm eingereichte
Privatgutachten macht er Folgendes geltend:

4.1. Die Vorinstanz stelle zur Beurteilung der physikalischen Kräfte, die auf
den Unfallgegner wirkten, fälschlicherweise auf die Aufprall- bzw.
Kollisionsgeschwindigkeit (des Fahrzeugs des Beschwerdeführers) ab, anstatt auf
die kollisionsbedingte Geschwindigkeitsveränderung ("Delta-v" bzw.
Rückwärtsbeschleunigung), welche auf das unfallgegnerische Fahrzeug und dessen
Insassen einwirkte. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass das
unfallgegnerische Fahrzeug vor dem Aufprall so weit abgebremst worden oder
sogar stillgestanden sei, dass die Geschwindigkeitsveränderung noch unterhalb
von 10 km/h hätte liegen können. In jedem Fall habe diese maximal 10- 14 km/h
betragen. Gestützt auf die biomechanische Beurteilung des Gutachtens seien bei
einer solchen Geschwindigkeitsveränderung erhebliche Verletzungen, insbesondere
Halswirbelsäulentraumata, praktisch ausgeschlossen. Daher könne hier weder von
einer ernstlichen Gefahr für die Sicherheit anderer, noch "von einer konkreten
oder auch nur erhöhten abstrakten Gefährdung" ausgegangen werden.

4.2. Mit diesen Vorbringen lässt sich kein Vorwurf begründen, das
Verwaltungsgericht habe den entscheiderheblichen Sachverhalt willkürlich
festgestellt:

4.2.1. Wie sich aus den Akten ergibt, ereignete sich der fragliche
Auffahrunfall bei winterlichen Strassenverhältnissen (verschneite
Asphaltstrasse und Glatteisgefahr) am 15. Dezember 2010 (um ca. 17.25 Uhr), auf
der Autostrasse A4 bei dichtem Kolonnenverkehr am Feierabend. Der
Beschwerdeführer fuhr mit ca. 20- 30 km/h; der vor ihm fahrende Lenker hatte
gemäss Polizeirapport eine Geschwindigkeit von etwa 20 km/h. Aufgrund des
Rückstaus musste er abbremsen. Mangels genügenden Abstands bzw. mangels den
Strassenverhältnissen angepasster Geschwindigkeit vermochte der
Beschwerdeführer nicht mehr rechtzeitig zu stoppen und fuhr trotz Einleitung
einer Vollbremsung in das Heck des vorderen Fahrzeugs. Die Vorinstanz ging von
einer Aufprallgeschwindigkeit von mindestens 10- 15 km/h aus.

4.2.2. Die tatsächlichen Erwägungen der Vorinstanz, wonach an beiden Fahrzeugen
Sachschaden entstand, der Unfallgegner des Beschwerdeführers eine Prellung am
Hinterkopf davon trug, an Rückenschmerzen litt, sich in spitalärztliche Pflege
(ins Krankenhaus Singen) begeben musste und mehrere Tage (vom 15. bis 21.
Dezember 2010) arbeitsunfähig war, sind willkürfrei (vgl. Rapport der
Kantonspolizei Zürich vom 26. Dezember 2010, S. 3). Wie sich aus den
nachfolgenden Erwägungen ergibt, ist die Frage, ob der Unfallgegner zusätzlich
auch noch massive Halswirbelsäulenverletzungen (bzw. ein sogenanntes
"Schleudertrauma" im medizinischen Sinne) hätte erleiden können, nicht
entscheiderheblich für die Frage des Vorliegens eines mittelschweren Falles
einer SVG-Widerhandlung (vgl. nachfolgend, E. 5.1). Der Vollständigkeit halber
kann darauf hingewiesen werden, dass auch die diesbezüglichen (ergänzenden)
Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz willkürfrei erscheinen:

4.2.3. Die Vorinstanz erwog, dass bei einer Aufprallgeschwindigkeit von 10- 15
km/h die entstehende (auf Kopf und Nacken der Insassen des vorderen Fahrzeugs
wirkende) "Rückwärtsbeschleunigung" (Delta-v) bereits ausreichen könne, um
Personenschäden wie Halswirbelsäulen-Traumabeschwerden auszulösen. Entgegen der
Ansicht des Beschwerdeführers hat das Obergericht damit die
Aufprallgeschwindigkeit nicht mit der kollisionsbedingten
Geschwindigkeitsveränderung (Delta-v) verwechselt. Ebenso wenig musste die
Vorinstanz davon ausgehen, dass das angestossene Fahrzeug im Aufprallzeitpunkt
praktisch zum Stillstand abgebremst worden wäre. Dies umso weniger, als der
Beschwerdeführer in seiner Eingabe vom 13. Juli 2011 an die kantonale
Sicherheitsdirektion noch ausführte, dass beide Fahrzeuge in Bewegung gewesen
seien und er nicht auf ein stehendes Fahrzeug aufgefahren sei. Im Übrigen
schliesst auch das Privatgutachten eine Aufprallgeschwindigkeit von (sogar)
14- 20 km/h und eine kollisionsbedingte Geschwindigkeitsveränderung von 10- 14
km/h nicht aus. Die diesbezüglichen Erwägungen der Vorinstanz sind willkürfrei.
Es kann offen bleiben, ob der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang
unzulässige Noven vorbringt (vgl. Art. 99 Abs. 1 BGG).

5.
Der Beschwerdeführer bestreitet sodann das Vorliegen einer mittelschweren
SVG-Widerhandlung im Sinne von Art. 16b SVG.

5.1. Nach den für das Bundesgericht verbindlichen willkürfreien Feststellungen
der Vorinstanz wurde der vorausfahrende Unfallgegner verletzt (Prellung am
Hinterkopf und Rückenschmerzen); er musste sich in spitalärztliche Pflege
begeben und war mehrere Tage arbeitsunfähig. Ausserdem entstand Sachschaden an
beiden Fahrzeugen. Damit hat sich die vom Beschwerdeführer durch zu nahes
Aufschliessen und Nichtanpassen der Geschwindigkeit verursachte konkrete Gefahr
für andere Verkehrsteilnehmer in erheblichem Personen- und
Sachschaden realisiert. Der blosse Umstand, dass der Unfallgegner keine
schwereren Verletzungen davongetragen hat, insbesondere keine
Halswirbelsäulenstauchung ("Schleudertrauma" im medizinischen Sinne), lässt die
vom Beschwerdeführer hervorgerufene Gefährdung nicht als "gering" im Sinne der
dargelegten Bundesgerichtspraxis (zu Art. 16a und Art. 16b SVG) erscheinen. Bei
Auffahrunfällen besteht die ernsthafte Gefahr, dass die durch den Stoss auf das
Heck des vorderen Fahrzeugs bewirkte hohe Rückwärtsbeschleunigung auf die
Halswirbelsäule der betroffenen Fahrzeuginsassen (selbst bei blossem
Zurückprallen des Hinterkopfes und Nackens auf die Kopfstütze) zu
schwerwiegenden gesundheitlichen Schäden ("Schleudertrauma") führen kann (vgl.
BGE 135 II 138 E. 2.3 S. 143; s. auch 134 III 489; 130 V 35; 127 V 165). Dies
gilt nach der Praxis auch bei Auffahrkollisionen zwischen Personenwagen mit
Aufprallgeschwindigkeiten von ca. 10- 15 km/h. Bei solchen Unfällen liegt -
auch ohne tatsächlichen Personenschaden - in der Regel ein mittelschwerer Fall
mit konkreter Gefährdung des Unfallgegners vor (vgl. Urteile des Bundesgerichts
1C_156/2010 vom 26. Juli 2010 E. 5.1.2; 1C_75/2007 vom 13. September 2007 E.
3.2).

5.2. Selbst wenn darüber hinweggesehen würde, dass der Unfallgegner im
vorliegenden Fall nicht unerheblich verletzt wurde, erscheinen die Erwägungen
der Vorinstanz im Ergebnis durchaus bundesrechtskonform: Das Obergericht
verwirft (im Sinne eines obiter dictums) den Standpunkt des Beschwerdeführers,
angesichts der Kräfteeinwirkung sei eine schwerere Verletzung (bzw. das Risiko
eines "Schleudertraumas") zum Vornherein ausgeschlossen gewesen, der
verursachte Unfall sei in diesem Sinne als "harmlos" anzusehen. Auch diesen
ergänzenden Erwägungen ist (im Lichte der einschlägigen Lehre und Praxis)
beizupflichten: Die nachträgliche Ermittlung der tatsächlichen
kollisionsbedingten Geschwindigkeitsveränderung ist stets von
Unsicherheitsfaktoren belastet. Daher hat es das Bundesgericht (auch in seiner
sozialversicherungsrechtlichen Rechtsprechung) abgelehnt, fixe
Adäquanz-Grenzwerte einzuführen bzw. eine Bagatell- oder "Harmlosigkeitsgrenze"
festzulegen (vgl. BGE 134 V 109 E. 8.3 S. 121; Urteile 8C_786/2011 vom 3.
Januar 2012 E. 3.1; 8C_138/2009 vom 23. Juni 2009 E. 4.3.10; vgl. Hans-Jakob
Mosimann, Der Stellenwert von Unfallanalyse und Biomechanik für die
Rechtsprechung, Schweizerische Zeitung für Sozialversicherung und berufliche
Vorsorge, 55/2011, S. 549 ff., 558). Eine schematische Umrechnung von
technischen Werten (wie die kollisionsbedingte Geschwindigkeitsveränderung) in
eine Wahrscheinlichkeit, konkrete gesundheitliche Beschwerden zu erleiden, ist
nach dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand kaum möglich, zumal
diverse andere Einflussgrössen (die auch innerhalb der Biomechanik liegen
können) mitzuberücksichtigen wären (vgl. Kai-Uwe Schmitt, Biomechanik der
Halswirbelsäule bei "leichten" Pkw-Kollisionen, in: Der medizinische
Sachverständige, 2010, S. 223 ff., 226). Umgekehrt bedeutet dies aber auch,
dass auf eine kategorische Festlegung in dem Sinne, dass eine Kollision von
relativ geringer Intensität eine bestimmte Verletzung bzw. spätere kausale
Gesundheitsschäden zum Vornherein nicht verursachen könne, grundsätzlich zu
verzichten ist (vgl. Mosimann, a.a.O., S. 559 f.; Jürg Senn,
Harmlosigkeitsgrenzen bei Unfällen mit HWS-/Hirnverletzungen- AJP 11/2002, S.
274 ff., 283).

5.3. Nachdem es (für die Annahme eines leichten Falles) bereits an der
Geringfügigkeit der Gefährdung fehlt, braucht die (kumulative) Voraussetzung
eines bloss leichten Verschuldens (Art. 16a Abs. 1 lit. a SVG) nicht zusätzlich
geprüft zu werden.

6.
Die Rüge, die Vorinstanz habe die Annahme eines mittelschweren Falles nicht
ausreichend begründet bzw. in diesem Zusammenhang das rechtliche Gehör (Art. 29
Abs. 2 BV) des Beschwerdeführers verletzt, erweist sich ebenfalls als
unbegründet. Im angefochtenen Entscheid werden die wesentlichen Argumente
dargelegt, weshalb das Verwaltungsgericht die Voraussetzungen eines bloss
leichten Falles einer SVG-Widerhandlung als nicht erfüllt ansah. Dabei brauchte
die Vorinstanz sich von Verfassungs wegen nicht mit sämtlichen Vorbringen des
Beschwerdeführers (insbesondere mit nicht entscheiderheblichen) ausdrücklich
und im einzelnen zu befassen. Im Übrigen ist nicht ersichtlich und wird auch
vom Beschwerdeführer nicht dargelegt, inwiefern die Begründung des
angefochtenen Entscheides es ihm faktisch verunmöglicht hätte, den Rechtsweg
wirksam zu beschreiten.

7.
Nach einer mittelschweren Widerhandlung im Sinne von Art. 16b Abs. 1 lit. a SVG
wird der Lernfahr- oder Führerausweis für mindestens vier Monate entzogen, wenn
in den vorangegangenen zwei Jahren der Ausweis einmal wegen einer schweren oder
mittelschweren Widerhandlung entzogen war (Art. 16b Abs. 2 lit. b SVG). Nachdem
dem Beschwerdeführer der Führerausweis in den vorangegangenen zwei Jahren
unbestrittenerweise einmal wegen einer mittelschweren Widerhandlung entzogen
worden war, hatte das Strassenverkehrsamt ihm den Führerausweis nach dem
Vorfall vom 15. Dezember 2010 für mindestens vier Monate zu entziehen, wobei
die Mindestentzugsdauer nicht unterschritten werden durfte (vgl. Art. 16 Abs. 3
SVG). Auch in diesem Zusammenhang ist keine Bundesrechtswidrigkeit ersichtlich.

8.
Damit ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.

 Bei diesem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer
aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Eine Parteientschädigung ist nicht
zuzusprechen (Art. 68 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Strassenverkehrsamt des Kantons
Zürich, der Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich, dem Verwaltungsgericht des
Kantons Zürich, 1. Abteilung, Einzelrichter, und dem Bundesamt für Strassen,
Sekretariat Administrativmassnahmen, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 5. Juli 2013
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Fonjallaz

Der Gerichtsschreiber: Forster

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