Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.541/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
1C_541/2012

Urteil vom 4. Juni 2013

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Aemisegger, Karlen,
Gerichtsschreiber Dold.

Verfahrensbeteiligte
X.________ AG, Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Fritz Frey,

gegen

Gemeinde Horgen,
vertreten durch Rechtsanwalt Rolf Weber.

Gegenstand
Nutzungsplanung,

Beschwerde gegen das Urteil vom 6. September 2012 des Verwaltungsgerichts des
Kantons Zürich, 3. Abteilung, 3. Kammer.

Sachverhalt:

A.
Am 13. März 2008 revidierte die Gemeindeversammlung Horgen ihre Bau- und
Zonenordnung. Dabei legte sie den Aussichtspunkt Plattenstrasse (auf einer Kote
von 430.9 m ü. M.) auf dem gemeindeeigenen Grundstück Kat.-Nr. 5181 und dazu
einen Aussichtsschutzbereich (auf einer Kote von 425 m ü. M.) fest. Einen
dagegen erhobenen Rekurs der X.________ AG, der das vom Aussichtsschutz
betroffene Nachbargrundstück Kat.-Nr. 5180 gehört, hiess die
Baurekurskommission II des Kantons Zürich am 21. Oktober 2008 gut. Die
Baurekurskommission hielt den Eingriff für unverhältnismässig und wies die
Gemeinde deshalb an, die Kote neu festzusetzen.

 Am 10. Dezember 2009 beschloss die Gemeindeversammlung Horgen, den
Aussichtsschutzbereich neu festzulegen und schied im Zonenplan drei parallel
zum Hang verlaufende Bereiche aus. Diesen wies sie die Koten 425 m ü. M., 428 m
ü. M. und 430.5 m ü. M. zu, welche gemäss Ziff. 9.2 der kommunalen Bau- und
Zonenordnung vom 15. September 2011 durch Gebäude- und Firsthöhen sowie Anlagen
und Bepflanzungen (mit Ausnahme einzelner hochstämmiger Bäume) nicht
überschritten werden dürfen. Gegen diesen Beschluss erhob die X.________ AG
abermals Rekurs und beantragte eine Änderung der Höhenbeschränkungen. Mit
Entscheid vom 31. August 2010 wies die Baurekurskommission das Rechtsmittel ab.
In der Folge gelangte die X.________ AG ans Verwaltungsgericht des Kantons
Zürich. Dieses hiess die Beschwerde am 9. Juni 2011 wegen Verletzung des
rechtlichen Gehörs teilweise gut und wies die Sache ans Baurekursgericht,
welches mittlerweile die kantonalen Baurekurskommissionen ersetzt hatte,
zurück. Das Baurekursgericht führte am 15. Dezember 2011 einen Augenschein
durch und hiess im Rahmen der erneuten Beurteilung den Rekurs der X.________ AG
am 31. Januar 2012 teilweise gut. Es hob den Beschluss der Gemeindeversammlung
Horgen vom 10. Dezember 2009 teilweise auf und lud die Gemeinde ein, die obere,
südwestliche Begrenzungslinie im Bereich des Grundstücks Kat.-Nr. 5180 parallel
zur Hausfassade festzusetzen.

 Eine gegen diesen Entscheid gerichtete Beschwerde wies das Verwaltungsgericht
mit Urteil vom 6. September 2012 ab. Zur Begründung hielt es im Wesentlichen
fest, es bestehe ein hohes öffentliches Interesse am Aussichtsschutz. Der damit
einhergehende Eigentumseingriff gehe nicht über das Notwendige hinaus. Aufgrund
einer 1951 begründeten privatrechtlichen Bau- und Pflanzungsbeschränkung
zugunsten des Grundstücks Kat.-Nr. 5181 und zulasten des Grundstücks Kat.-Nr.
5180 sei das entgegenstehende private Interesse der X.________ AG zudem eher
gering, weshalb sich der Eingriff auch als zumutbar erweise.

B.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ans Bundesgericht vom
22. Oktober 2012 beantragt die X.________ AG, das Urteil des
Verwaltungsgerichts sei aufzuheben und die Sache zur neuen Entscheidung an
dieses zurückzuweisen. Eventualiter beantragt sie konkrete Veränderungen der
Grenzen des geschützten Aussichtsbereichs und eine Anhebung des Aussichtspunkts
auf 432 m ü. M. (auf ihre eigenen Kosten), subeventualiter die Verschiebung des
Aussichtspunkts in Richtung Zürichsee. Subsubeventualiter seien die
Höhenbeschränkungen für ihr Grundstück so festzulegen, dass sie mit der
bestehenden Dienstbarkeit übereinstimmten.

 Das Verwaltungsgericht beantragt in seiner Vernehmlassung, die Beschwerde sei
abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Die Gemeinde Horgen schliesst auf
Abweisung der Beschwerde. Die Beschwerdeführerin hält in ihrer Replik an ihren
Anträgen und Rechtsauffassungen fest, ebenso die Gemeinde in ihrer Duplik.

Erwägungen:

1.

1.1. Angefochten ist ein Entscheid einer letzten kantonalen Instanz in einer
öffentlich-rechtlichen Angelegenheit (Art. 82 lit. a und Art. 86 Abs. 1 lit. d
BGG). Die Beschwerdeführerin hat vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen.
Sie ist als Eigentümerin einer von der Aussichtsschutzmassnahme direkt
betroffenen Liegenschaft durch den Entscheid besonders berührt und hat ein
schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung (Art. 89 Abs. 1
BGG).

 Der angefochtene Entscheid schliesst das Verfahren nicht ab, denn mit dem ihm
zugrunde liegenden Entscheid des Baurekursgerichts wurde die Sache an die
Gemeinde zurückgewiesen, damit diese die obere Begrenzungslinie im Bereich des
Grundstücks der Beschwerdeführerin neu festsetze. Der Gemeinde bleibt dabei
jedoch kein Entscheidungsspielraum: Das Baurekursgericht machte ihr präzise
Vorgaben, wie die Begrenzungslinie anzupassen sei. Der angefochtene Entscheid
ist deshalb einem Endentscheid im Sinn von Art. 90 BGG gleichzusetzen (vgl.
Urteil 1C_407/2008 vom 25. Mai 2009 E. 1.2; BGE 134 II 124 E. 1.3 S. 127; je
mit Hinweisen).

 Die weiteren Sachurteilsvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass.
Auf die Beschwerde ist einzutreten.

2.

2.1. Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art.
29 Abs. 2 BV), weil das Verwaltungsgericht auf die Durchführung eines
Augenscheins verzichtete. Sie beantragt zudem auch im Verfahren vor
Bundesgericht, einen Augenschein durchzuführen. Ein solcher sei notwendig, um
einerseits die Möglichkeiten einer baulichen Veränderung des Aussichtspunkts zu
eruieren und um andererseits zu erkennen, wie sich eine Verschiebung der
definierten Höhenbeschränkungen auf den Aussichtsschutz und die Bebaubarkeit
ihres Grundstücks auswirken würden. Die in den Akten befindlichen Fotos seien
diesbezüglich unzureichend, weil die Augenhöhe des Fotografen nicht bekannt
sei.

2.2. Das Verwaltungsgericht verweist auf den Augenschein, welchen das
Baurekursgericht am 15. Dezember 2011 durchführte. Dafür sei das Bauprojekt der
Beschwerdeführerin ausgesteckt und die Koten 430.5 und 432 m ü. M. seien mit
Bändern im Gelände dargestellt worden. Das Baurekursgericht habe die Situation
unter Angabe des jeweiligen Standorts in 14 Fotografien festgehalten. Es sei
nicht ersichtlich und werde von der Beschwerdeführerin auch nicht näher
begründet, inwiefern diese Fotografien den massgeblichen Sachverhalt nicht
genügend darstellen sollten. Auch die Frage, wie sich ein Anheben der
Aussichtskote auswirke und ob eine bauliche Veränderung des Aussichtspunkts
möglich sei, lasse sich beantworten, ohne dass das Verwaltungsgericht einen
eigenen Augenschein nehme.

2.3. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts liegt keine Verletzung des
rechtlichen Gehörs vor, wenn ein Gericht auf die Abnahme beantragter
Beweismittel verzichtet, weil es aufgrund der bereits abgenommenen Beweise
seine Überzeugung gebildet hat und ohne Willkür in vorweggenommener
Beweiswürdigung annehmen kann, dass seine Überzeugung durch weitere
Beweiserhebungen nicht geändert würde (BGE 136 I 229 E. 5.3 S. 236 f. mit
Hinweisen).

 Die Fotografien des Augenscheins des Baurekursgerichts vom 15. Dezember 2011,
jene des Augenscheins der Baurekurskommission vom 2. September 2008 und die
zahlreichen Pläne in den Verfahrensakten vermitteln detaillierte Informationen
über die örtliche Situation, die Aussicht und den Umfang des strittigen
Eigentumseingriffs. Nicht entscheidend ist, dass die Augenhöhe des Fotografen
nicht angegeben wurde, zumal die Aussicht ohnehin von verschieden grossen
Leuten, sitzend und stehend genossen werden soll. Weiter liegt ein Plan mit dem
möglichen Bauprojekt der Beschwerdeführerin vor, auf welchem ersichtlich ist,
inwiefern dieses über die maximalen Koten hinausgeht. Gemäss der Vernehmlassung
der Gemeinde vom 9. Januar 2013 müsste die Beschwerdeführerin die geplante
Garage um etwa 50 cm absenken und um etwa 1.5 m kürzen, dann wäre sie
öffentlich-rechtlich zulässig.

 Angesichts der Aussagekraft der erwähnten Aktenstücke erscheint es nicht als
willkürlich, dass das Verwaltungsgericht die Durchführung eines Augenscheins
ablehnte. Die Rüge der Beschwerdeführerin ist unbegründet. Aus denselben
Gründen kann auch im bundesgerichtlichen Verfahren auf einen Augenschein
verzichtet werden.

3.
Der vom Verwaltungsgericht bestätigte Aussichtsschutz basiert auf drei in
Stufen angeordneten Ebenen, welche Bauten im unteren, gegen den Zürichsee
abfallenden Bereich der Parzelle der Beschwerdeführerin in der Höhe auf 425 m
ü. M., 428 m ü. M. und 430.5 m ü. M. beschränken. Die Beschwerdeführerin ist
der Ansicht, diese Massnahme verletze die Eigentumsgarantie (Art. 26 BV). Sie
bestreitet zwar nicht, dass dafür mit § 75 des Gesetzes des Kantons Zürich vom
7. September 1975 über die Raumplanung und das öffentliche Baurecht (LS 700.1)
eine gesetzliche Grundlage besteht (Art. 36 Abs. 1 BV). Gemäss dieser
Bestimmung kann die Bau- und Zonenordnung für im Zonenplan bezeichnete Lagen
Anordnungen treffen, welche die Aussicht oder die Sicht auf besondere
Geländeformen sichern. Ebenfalls stellt sie nicht in Frage, dass der
Aussichtsschutz im öffentlichen Interesse liegt (Art. 36 Abs. 2 BV). Sie
kritisiert jedoch, der Eingriff gehe über das Erforderliche hinaus und sei auch
nicht zumutbar (Art. 36 Abs. 3 BV).

 Das Bundesgericht prüft die von der Beschwerdeführerin beanstandete
vorinstanzliche Einschätzung der Erforderlichkeit und der Verhältnismässigkeit
der Massnahme frei. Es auferlegt sich jedoch Zurückhaltung bei der Überprüfung,
wenn die Beurteilung von der Würdigung der örtlichen Verhältnisse abhängt,
welche die Vorinstanzen besser kennen, oder wenn es um technische Fragen geht (
BGE 136 I 265 E. 2.3 S. 270; 131 II 13 E. 3.4 S. 20; je mit Hinweisen).

4.
Das Verwaltungsgericht legt dar, der Aussichtsschutz bezwecke in erster Linie,
den Blick auf den See und die Berge zu bewahren. Von Bedeutung seien zudem der
Vordergrund, die Aussicht über den Dorfkern mit Kirche sowie den im Westen
gelegenen Zimmerberg und die Albiskette. Der Aussichtsschutz gehe nicht über
das Erforderliche hinaus. Zwar könnte eine ähnliche Aussicht auch durch die
Anhebung des Aussichtspunkts auf 432 m ü. M. mittels Aufschüttung gewährleistet
werden. Es wäre indessen zweckwidrig, von der Beschwerdegegnerin eine derartige
Veränderung ihres Aussichtsstandorts zu verlangen, nur um Bauten auf dem
Grundstück der Beschwerdeführerin zuzulassen, welche aufgrund der bestehenden
privatrechtlichen Dienstbarkeit gleichzeitig verhindert werden könnten. Die
Dienstbarkeit schränke die Beschwerdeführerin in der baulichen Nutzung ihres
Grundstücks wesentlich mehr ein als der strittige nutzungsplanerische
Aussichtsschutz. Die Massnahme sei schliesslich auch zumutbar. Das öffentliche
Interesse am Aussichtsschutz sei gewichtiger als das private Interesse der
Beschwerdeführerin, welches aufgrund der bestehenden Dienstbarkeit als eher
gering zu veranschlagen sei.

5.
Die Beschwerdeführerin ist der Ansicht, aufgrund des neuen,
nutzungsplanerischen Aussichtsschutzes sei sie nach Art. 736 ZGB berechtigt,
die Löschung der bestehenden Dienstbarkeit zu verlangen. Insofern könne die
beschlossene Massnahme nicht einfach damit gerechtfertigt werden, dass die
Dienstbarkeit die bauliche Nutzung des Grundstücks wesentlich mehr einschränke.
Das Verwaltungsgericht habe zudem den Inhalt der Dienstbarkeit falsch bestimmt.
Die Baubegrenzungslinie, welche im dem Grundbucheintrag zugehörigen Plan
eingezeichnet sei, stelle keine Bauverbotslinie dar.

 Die Beschwerdeführerin macht weiter geltend, es bestünden mildere Massnahmen.
Der Aussichtspunkt könne durch Aufschüttung um 1.1 m angehoben werden, wobei
sie selbst die Kosten dafür übernehmen würde. In Betracht falle auch eine
Verschiebung des Aussichtspunkts in Richtung See. Das Verwaltungsgericht sei
auf dieses Vorbringen nicht eingegangen, was eine Rechtsverweigerung darstelle.

 Die Beschwerdeführerin wirft dem Verwaltungsgericht zudem vor, auch insofern
über das zum Aussichtsschutz Notwendige hinausgegangen zu sein, als es den
Aussichtsschutzbereich direkt vor der Hausfassade bestätigt habe. Die Aussicht
Richtung Süden und Südosten werde nämlich ohnehin auch durch das benachbarte
Haus an der Plattenstrasse 20 und die sich auf dessen Nordseite befindlichen
Bäume verstellt. Für die Aussicht sei zudem der Vordergrund, in dem sich ihr
eigenes Grundstück, die Bahngleise, die Seestrasse und zahlreiche Neubauten
befänden, kaum von Bedeutung.

 Insgesamt sei es unzumutbar, wegen des wenig attraktiven und schwach
frequentierten Aussichtspunkts einen derart weitgehenden Eigentumseingriff
vorzunehmen. Eine geringfügige Verschiebung der Schutzlinien würde es ihr
erlauben, das seit längerem vorgesehene Umbauprojekt mit Garage zu realisieren:
Der geschützte Aussichtsbereich müsste um 5 m ab der Hausfassade in Richtung
See verschoben werden und ab einer Tiefe von 5 m bis zu einer Tiefe von 12.25 m
(statt 10 m) ab der Hausfassade müsste die Aussichtskote auf 432 m ü. M.,
eventuell auf 431.5 m ü. M. (statt auf 430.5 m ü. M.) festgesetzt werden. Die
Beschwerdeführerin weist abschliessend darauf hin, die Verwirklichung dieses
Projekts würde zudem einen wirksamen Lärmschutz bieten.

6.

6.1. Das Gebot der Verhältnismässigkeit verlangt, dass eine behördliche
Massnahme für das Erreichen des im öffentlichen oder privaten Interesse
liegenden Ziels geeignet und erforderlich ist und sich für die Betroffenen in
Anbetracht der Schwere der Grundrechtseinschränkung als zumutbar und
verhältnismässig erweist; es muss eine vernünftige Zweck-Mittel-Relation
vorliegen (BGE 132 I 49 E. 7.2 S. 62 mit Hinweisen).

6.2. Ein wesentlicher Anhaltspunkt für die Beurteilung der Verhältnismässigkeit
des umstrittenen Aussichtsschutzes ist die bestehende Grunddienstbarkeit,
welche die Parzelle Kat.-Nr. 5180 seit 1951 belastet. Sie zeigt einerseits auf,
wie damals der erforderliche Aussichtsschutz und damit die Reichweite des
öffentlichen Interesses definiert wurde. Andererseits ist sie von Bedeutung zur
Bestimmung der konkret bestehenden Eigentümerbefugnisse, welche als privates
Interesse der Planungsmassnahme entgegenstehen. Dies bedeutet zwar nicht, dass
die Überführung einer derartigen privatrechtlichen Eigentumsbeschränkung in
eine öffentlich-rechtliche insofern gar keinen Grundrechtseingriff mehr
bedeuten würde, als sich der Umfang der Beschränkung nicht ändert. Doch ist dem
Eigentümer des dienenden Grundstücks die öffentlich-rechtliche
Eigentumsbeschränkung umso eher zumutbar, je weniger sie über die
privatrechtliche hinausgeht. Mithin hat sich das Verwaltungsgericht bei der
Beurteilung der Verhältnismässigkeit des Eigentumseingriffs zu Recht am Inhalt
der Dienstbarkeit orientiert.

 Die Auslegung der als "Bau- und Pflanzungsbeschränkung" im Grundbuch
eingetragenen Grunddienstbarkeit hat nach den Regeln von Art. 738 ZGB zu
erfolgen. Ausgangspunkt ist danach der Grundbucheintrag. Soweit sich Rechte und
Pflichten aus dem Eintrag deutlich ergeben, ist dieser für den Inhalt der
Dienstbarkeit massgebend (Art. 738 Abs. 1 ZGB). Nur wenn sein Wortlaut unklar
ist, darf im Rahmen des Eintrags auf den Erwerbsgrund zurückgegriffen werden;
ist auch der Erwerbsgrund nicht schlüssig, kann sich der Inhalt der
Dienstbarkeit - im Rahmen des Eintrags - aus der Art ergeben, wie sie während
längerer Zeit unangefochten und in gutem Glauben ausgeübt worden ist (Art. 738
Abs. 2 ZGB; BGE 128 III 169 E. 3a S. 172 mit Hinweisen).

 Gemäss dem hier zu beurteilenden Eintrag ist der jeweilige Eigentümer des
Grundstücks Kat.-Nr. 5180 gegenüber dem jeweiligen Eigentümer des Grundstücks
Kat.-Nr. 5181 verpflichtet, das Grundstück Kat.-Nr. 5180 gemäss Überbauungs-
und Bepflanzungsplan zu überbauen und zu bepflanzen. Weiter wird festgehalten,
Bauten und Pflanzen seien so zu gestalten, dass die öffentliche Anlage auf dem
Grundstück Kat.-Nr. 5181 in keiner Weise benachteiligt oder die Aussicht auf
See und Berge behindert wird. Im dazugehörigen Plan sind ausgehend von einem im
Bereich des Aussichtsorts liegenden Punkts vier rote Linien eingetragen, wovon
die oberste mit "Baubegrenzung" beschriftet und einseitig schraffiert ist und
das Grundstück Kat.-Nr. 5180 etwa in der Hälfte teilt. Die drei weiteren roten
Linien liegen weiter unten. Im diesem unteren Bereich sind zudem verschiedene
Koten bezeichnet und mit der Bemerkung "Koten = höchste Höhe der zulässigen
Bepflanzung" versehen. Aus dem Umstand, dass die oberste Linie oberhalb
schraffiert und mit "Baubegrenzung" beschriftet ist und dass die angegebenen
Koten im unteren Bereich die maximale Höhe der zulässigen Bepflanzung
bezeichnen, folgt, dass in diesem unteren Bereich keine Bauten zugelassen sind.
Die Beschwerdeführerin ist gegenteiliger Ansicht, vermag aber nicht zu
erklären, was die Baubegrenzung sonst für eine Bedeutung haben sollte. Auch der
Hinweis auf die Aussicht auf See und Berge im Eintrag spricht dieser Auslegung
nicht entgegen. Wäre die Klausel so zu verstehen, dass einer Bautätigkeit bis
zu den angegebenen Koten nichts entgegensteht, wäre die getroffene
Unterscheidung zwischen Bauten und Bepflanzungen obsolet. Davon ist nicht
auszugehen. Das Verwaltungsgericht hat zudem einleuchtend dargelegt, dass für
die Qualität einer Aussicht auch bedeutsam ist, ob der Vordergrund verbaut oder
bepflanzt ist. Pflanzen fügen sich in ein Landschaftsbild, das vor allem von
See und Bergen geprägt ist, besser ein als Bauten.

 Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin in der baulichen
Nutzung ihres Grundstücks durch die Grunddienstbarkeit deutlich stärker
eingeschränkt wird als durch den nutzungsplanerischen Aussichtsschutz. Dieser
lässt immerhin auf dem ganzen Grundstück Bauten bis zu den massgebenden Koten
zu. Anderes gilt zwar für die Bepflanzung, wo die Koten neu tiefer liegen;
jedoch sind im Gegenzug gemäss Ziff. 9.2 der kommunalen Bau- und Zonenordnung
immerhin einzelne hochstämmige Bäume ausgenommen.

6.3. Die Beschwerdeführerin ist der Ansicht, die Planungsmassnahme gehe über
das Erforderliche hinaus, indem sie auch den vom Verwaltungsgericht
umschriebenen Vordergrund erfasse, welcher sich jedoch nicht als schutzwürdig
erweise. In dieser Hinsicht trifft zu, dass der Blick auf See und Berge sowie
auf den Dorfkern auch bei einer weniger weit gehenden Eigentumsbeschränkung
noch möglich wäre. Indessen hat bereits das Baurekursgericht zu Recht
dargelegt, dass es nicht darum gehe, einen "Röhrenblick" zu schützen. Es ist
vertretbar, auch den vor dem Dorfkern liegenden Bereich einzuschliessen, auch
wenn dieser mit seinen neueren Bauten und der Seestrasse wenig reizvoll
erscheint. Massgebend ist die Aussicht in ihrer Gesamtheit und sind nicht nur
die einzelnen Ausschnitte.

 Die Kritik der Beschwerdeführerin, das Nachbarhaus (Plattenstrasse 20) befinde
sich innerhalb des direkt ab der Hausfassade beginnenden
Aussichtsschutzbereichs, wurde vom Baurekursgericht in seinem Entscheid vom 31.
Januar 2012 berücksichtigt. Seither verläuft die Aussichtsschutzlinie parallel
vor der Hausfassade der Beschwerdeführerin und tangiert das Gebäude nicht mehr.
Entscheidend ist zudem, dass die Aussicht nicht nur aus dem vorderen, sondern
auch aus dem hinteren Bereich des Aussichtsplatzes zu gewährleisten ist.

 Etwas anderes ergibt sich auch nicht aufgrund der Vorschläge der
Beschwerdeführerin, den Aussichtsstandort baulich zu verändern. Die Gemeinde
Horgen ist unter den gegebenen Umständen nicht gehalten, den Aussichtspunkt um
über einen Meter aufzuschütten, auch wenn die Beschwerdeführerin die Kosten
dafür übernehmen würde. Denn eine derartige Veränderung des Terrains würde den
Aussichtsbereich, der nur aus einer kleinen Fläche mit drei Parkbänken im
Schatten einiger Büsche und Bäume besteht, erheblich beeinträchtigen. Aus
demselben Grund fällt auch eine Verschiebung des Aussichtspunkts ausser
Betracht. Es ist zudem nicht klar, wie sich die Beschwerdeführerin eine
derartige Verschiebung konkret vorstellt. In dieser Hinsicht ist erneut darauf
hinzuweisen, dass es nicht darum geht, die Aussicht von einem einzelnen Punkt
aus zu schützen, sondern von der Aussichtsfläche insgesamt. Eine Verschiebung
der Parkbänke weg vom Gehölz, an das sie sich reihen und in dessen Schatten sie
stehen, erscheint deshalb nicht als taugliche Alternative.

6.4. Hinsichtlich der Zumutbarkeit der Massnahme ist für die Beschwerdeführerin
offenbar vor allem bedeutsam, dass sie ein von ihr ins Auge gefasstes
Umbauprojekt verwirklichen kann. Sie fordert eine entsprechende Einschränkung
des Schutzbereichs und beanstandet insbesondere die Tiefe von 10 m, bis zu
welcher die oberste Kote gilt. Diesbezüglich ist festzuhalten, dass in einem
Fall wie dem vorliegenden der Schutzbereich je nach Gewichtung der öffentlichen
und privaten Interessen leicht ausgedehnt oder eingeschränkt werden könnte,
ohne dass sich genau bestimmen lässt, an welchem Punkt das öffentliche und das
private Interessen in ein Missverhältnis geraten. Aus den in den Akten
befindlichen Fotos ergibt sich, dass die Aussicht leicht beeinträchtigt würde,
würde der Schutzbereich derart eingeschränkt, dass die Beschwerdeführerin das
von ihr gewünschte Bauprojekt verwirklichen könnte. Immerhin lässt der
nutzungsplanerische Aussichtsschutz ein redimensioniertes Projekt zu, wie es
aufgrund der vorbestehenden Grunddienstbarkeit nicht möglich wäre. Die
Grunddienstbarkeit hat nach dem Gesagten eine wesentlich einschneidendere
Beschränkung der Bebaubarkeit zur Folge. Insgesamt ist deshalb unter Anwendung
der angebrachten Zurückhaltung in der Überprüfung der Würdigung der örtlichen
Verhältnisse (vgl. E. 3 hiervor) die Festlegung der Höhenkoten auch unter dem
Gesichtspunkt der Zumutbarkeit nicht zu beanstanden.

6.5. Die Rüge der Beschwerdeführerin, der angefochtene Entscheid schütze die
planerische Festlegung eines Aussichtsschutzes, der weder erforderlich noch
zumutbar sei und deshalb die Eigentumsgarantie verletze, ist somit unbegründet.

7.
Die Beschwerde ist abzuweisen.

 Bei diesem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten der Beschwerdeführerin
aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Weder die Beschwerdeführerin noch die
Gemeinde Horgen als obsiegende Beschwerdegegnerin haben einen Anspruch auf
Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 1-3 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich,
3. Abteilung, 3. Kammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 4. Juni 2013

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Fonjallaz

Der Gerichtsschreiber: Dold

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