Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.529/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
1C_529/2012

Urteil vom 29. Januar 2013
I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Merkli, Eusebio,
Gerichtsschreiber Uebersax.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwältin Ariane Bessire,

gegen

Baukommission der Einwohnergemeinde Lostorf,
Bau- und Justizdepartement des Kantons Solothurn.

Gegenstand
Baubewilligung,

Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Solothurn vom
14. September 2012.

Sachverhalt:

A.
X.________ ist Eigentümer der Parzelle Nr.________ im Grundbuch Lostorf, die
zur Landwirtschaftszone gehört und von der Juraschutzzone überlagert wird.
Darauf erstellte X.________ ein Zufahrtstor, richtete eine Strassenbeleuchtung
ein und stellte auf dem Grundstück mehrere Pferdeskulpturen sowie Leuchtkörper
auf. Am 28. Oktober 2011 erteilte das Bau- und Justizdepartement des Kantons
Solothurn für die Strassenbeleuchtung und das Zufahrtstor eine
Ausnahmebewilligung nach Art. 24c RPG, verweigerte aber eine Bewilligung für
die beleuchteten Pferdeskulpturen, da diese weder zonenkonform noch
standortgebunden seien, und ordnete deren Entfernung an.

B.
Dagegen führte X.________ Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Verwaltungsgericht
des Kantons Solothurn, wobei er geltend machte, die rund 1,2 m hohen, nicht
fest montierten und verstellbaren Skulpturen seien ein Schmuck des Reiterhofes
und die Beleuchtung diene nicht den Skulpturen, sondern gehöre zur
Sicherheitsbeleuchtung des Grundstücks bzw. des Zugangs zu den darauf stehenden
Gebäuden. Am 14. September 2012 wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde ab,
soweit es darauf eintrat.

C.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 17. Oktober 2012
an das Bundesgericht beantragt X.________, das Urteil des Verwaltungsgerichts
aufzuheben und ihm die Pferdeskulptur und die Beleuchtung auf seiner Parzelle
zu bewilligen. Zur Begründung macht er im Wesentlichen geltend, es gehe nur um
eine einzige Skulptur, die kaum über Kunstwert verfüge und vor allem bei hohem
Grasstand kaum mehr sichtbar und ohnehin nicht bewilligungspflichtig sei; die
Beleuchtung sei damit nicht verbunden, sondern diene der genügenden
Ausleuchtung des Zufahrtswegs, was auch mit Blick auf die Mieter der
Liegenschaft, wozu ein behindertes Kind zähle, unerlässlich sei; jedenfalls sei
der Skulptur und der Beleuchtung eine Ausnahmebewilligung zu erteilen;
schliesslich äussere sich das Verwaltungsgericht in der Urteilsbegründung
überhaupt nicht zum Gesichtspunkt der Beleuchtung, was eine Gehörsverweigerung
darstelle. In einer weiteren Eingabe vom 21. November 2012 stellt X.________
einen nachträglichen Beweismittelantrag.

D.
Das Bau- und Justizdepartement und das Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn
sowie die Baukommission Lostorf schliessen ohne weitere Ausführungen auf
Abweisung der Beschwerde, soweit darauf eingetreten werden könne. Das Bundesamt
für Raumentwicklung hat von einer Stellungnahme abgesehen.

Erwägungen:

1.
1.1 Gestützt auf Art. 82 lit. a BGG beurteilt das Bundesgericht Beschwerden
gegen Entscheide in Angelegenheiten des öffentlichen Rechts. Dieses
Rechtsmittel steht auch auf dem Gebiet des Raumplanungs- und Baurechts zur
Verfügung. Das Bundesgerichtsgesetz enthält dazu keinen Ausschlussgrund (BGE
133 II 249 E. 1.2 S. 251). Der Beschwerdeführer ist als Grundeigentümer und
direkter Adressat des angefochtenen Entscheids gemäss Art. 89 Abs. 1 BGG zur
Beschwerde berechtigt.

1.2 Nach Art. 99 BGG dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nur so weit
vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt. Mit
seinem nachträglichen Beweismittelantrag will der Beschwerdeführer belegen,
dass auch seine Ehefrau wegen Sehproblemen auf eine bessere Ausleuchtung des
Zufahrtsweges angewiesen sei. Da nicht erst der angefochtene Entscheid Anlass
gab, dies vorzubringen, und da die Eingabe überdies nach Ablauf der 30-tätigen
Beschwerdefrist gemäss Art. 100 Abs. 1 BGG eingereicht worden ist, kann darauf
nicht eingetreten werden.

2.
2.1 Nach Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 BGG ist das Bundesgericht an die
Feststellung des Sachverhalts gebunden, soweit diese nicht offensichtlich
unrichtig ist oder auf einer qualifizierten Rechtsverletzung (gemäss Art. 95
BGG) beruht.

2.2 Aus den Akten, unter anderem aus den vom Beschwerdeführer als Beilagen zur
Beschwerdeschrift eingereichten und auch sonst in den Akten liegenden
Umgebungsplänen, geht hervor, dass es in der Sache ursprünglich um mehrere
jeweils als "Kunstgegenstand" bezeichnete Skulpturen und etliche "Leuchtkörper"
ging, die je über die ganze Liegenschaft verteilt waren oder werden sollten.
Der Beschwerdeführer selbst verwendete in seiner Beschwerdeschrift an das
Verwaltungsgericht das Wort "Pferdchen" im Plural. Davon gingen auch sämtliche
Vorinstanzen aus. Wenn der Beschwerdeführer nunmehr vor dem Bundesgericht
behauptet, strittig sei einzig die Aufstellung einer einzigen Skulptur sowie
die Zusatzbeleuchtung des Zufahrtsweges, so steht das in klarem Widerspruch zu
den Akten sowie den verbindlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts und
läuft dies auf eine unzulässige Änderung des Streitgegenstandes hinaus.
Auszugehen ist vielmehr davon, dass Streitobjekt das Aufstellen mehrerer
Pferdeskulpturen und Leuchtkörper auf der Liegenschaft des Beschwerdeführers
bildet.

3.
Der Beschwerdeführer rügt eine Gehörsverweigerung, weil das Verwaltungsgericht
sich in der Begründung des angefochtenen Entscheids lediglich zu den
Pferdeskulpturen und nicht auch zur Frage der Leuchtkörper äussere. Zwar trifft
es zu, dass die Urteilsbegründung der Vorinstanz keine ausdrücklichen Aussagen
zur Beleuchtung enthält. Das Verwaltungsgericht ging aber offensichtlich mit
Grund genau gleich wie das Bundesgericht von einem umfassenden Streitobjekt aus
(vgl. E. 2.2). Seine Begründung bezieht sich daher ohne weiteres auf das
Gesamtvorhaben von Skulpturen in Kombination mit Beleuchtungseinrichtungen.
Dass dies nicht ausdrücklich vermerkt wird, ist zwar bedauerlich, bedeutet
unter diesen Umständen aber keine Gehörsverletzung, weil eine einschlägige,
nachvollziehbare und anfechtbare Entscheidbegründung durchaus vorliegt. Das
Verwaltungsgericht musste sich daher nicht zwingend inhaltlich mit Argumenten
auseinander setzen, die nicht auf das Gesamtvorhaben ausgerichtet waren,
sondern mit denen der Beschwerdeführer insbesondere neu und ausserhalb des
Verfahrensgegenstandes eine ungenügende Beleuchtung des Zufahrtsweges geltend
machen wollte, wobei es immerhin sinnvoll gewesen wäre, das Verwaltungsgericht
hätte dies kurz entsprechend erläutert.

4.
Die fragliche Liegenschaft befindet sich unbestrittenermassen in der
Landwirtschaftszone und der nach dem Recht des Kantons Solothurn besonders
geschützten Juraschutzzone (gemäss § 22 der solothurnischen Verordnung vom 14.
November 1980 über den Natur- und Heimatschutz, BGS 435.141).

5.
5.1 Nach Art. 22 Abs. 1 RPG dürfen Bauten und Anlagen nur mit behördlicher
Bewilligung errichtet werden.
5.1.1 Von der gesetzlichen Bewilligungspflicht erfasst werden zumindest jene
künstlich geschaffenen und auf Dauer angelegten Einrichtungen, die in
bestimmter fester Beziehung zum Erdboden stehen und geeignet sind, die
Vorstellung über die Nutzungsordnung zu beeinflussen, indem sie den Raum
äusserlich erheblich verändern, die Erschliessung belasten oder die Umwelt
beeinträchtigen. Entscheidend ist die räumliche Bedeutung eines Vorhabens als
Ganzes (BERNHARD WALDMANN/PETER HÄNNI, Raumplanungsgesetz, Kommentar, 2006, Rz.
10 zu Art. 22 RPG). Auch blosse Nutzungsänderungen, die ohne bauliche
Vorkehrungen auskommen, unterstehen der Bewilligungspflicht, wenn sie neu,
organisiert und von erheblicher Intensität sind, regelmässig erfolgen und auf
Dauer angelegt sind (vgl. BGE 113 Ib 219 E. 4d S. 223). In diesem Sinne können
ebenfalls ortsfest verwendete Fahrnisbauten, Kunstgegenstände oder -formen (wie
etwa Pyramiden, vgl. BGE 119 Ib 442) und Beleuchtungseinrichtungen (dazu
insbes. BGE 123 II 256) zu den bewilligungspflichtigen Bauten und Anlagen
zählen, wenn sie die entsprechenden räumlichen Auswirkungen zeitigen (vgl. auch
die Kasuistik bei WALDMANN/HÄNNI, a.a.O., Rz. 15 zu Art. 22 RPG).
5.1.2 Im vorliegenden Fall besteht zwar offenbar, wie auch die Vorinstanz
festgehalten hat, kein eigentliches künstlerisches Konzept. Aus den Akten und
Plänen geht aber hervor, dass es sich um ein integrales Vorhaben der
Kombination von Pferdeskulpturen und Beleuchtungskörpern handelt, die über das
gesamte Grundstück verteilt werden sollten. Auch wenn dies mit einer gewissen
Flexibilität (insbesondere Verstellbarkeit der Skulpturen) verbunden sein
sollte, ist das Vorhaben doch von der ursprünglichen und hier massgeblichen
Planung her insgesamt auf Dauer ausgelegt und mit erheblichen Auswirkungen auf
die räumliche Nutzung der Parzelle verbunden. Damit untersteht es der
Bewilligungspflicht nach Art. 22 Abs. 1 RPG.

5.2 Nach Art. 22 Abs. 2 lit. a RPG setzt eine Bewilligung die Zonenkonformität
der Baute oder Anlage voraus. Da die fragliche Parzelle in der
Landwirtschaftszone liegt, sind nur solche Bauten und Anlagen zonenkonform, die
der bodenabhängigen Bewirtschaftung dienen (vgl. Art. 16a RPG). Die strittigen
Pferdeskulpturen und Leuchtkörper dienen nicht der bodenabhängigen Produktion
und sind demnach nicht betriebsnotwendig, was eine ordentliche Baubewilligung
ausschliesst.

6.
6.1 Nach Art. 24 RPG können im Sinne einer Ausnahme Bewilligungen zur
Errichtung von Bauten und Anlagen oder zu deren Zweckänderung erteilt werden,
wenn der Zweck einen Standort ausserhalb der Bauzonen erfordert und keine
überwiegenden Interessen entgegenstehen. Die Standortgebundenheit muss sich aus
objektiv sachlichen Gründen ergeben und beruht in der Regel auf technischen
oder betriebswirtschaftlichen Zusammenhängen oder ist Folge der
Bodenbeschaffenheit (vgl. WALDMANN/HÄNNI, a.a.O., Rz. 8 ff. zu Art. 24 RPG).

6.2 Die strittigen Pferdeskulpturen und Leuchtkörper sind weder technisch
erforderlich noch Folge der Bodenbeschaffenheit der Liegenschaft des
Beschwerdeführers. Fraglich könnte höchstens erscheinen, wieweit ein gewisser
Zusammenhang zur Nutzung des Grundstücks als Reiterhof besteht. Vor dem
Verwaltungsgericht hatte der Beschwerdeführer dazu noch geltend gemacht, es
handle sich um Schmuck des Pferdehofes. Eine betriebswirtschaftliche
Erforderlichkeit ergibt sich daraus indessen nicht und eine solche wird auch
nicht nachvollziehbar dargetan. Selbst wenn es einen minimalen entsprechenden
Konnex (Werbewirkung oder äusserliche Kennzeichnung der Betriebsart) gäbe,
stünden einer Ausnahmebewilligung jedenfalls angesichts der besonderen
Schutzbedürftigkeit des Geländes aufgrund der Zuordnung in die Juraschutzzone
überwiegende Interessen entgegen.

6.3 Nachdem auch die übrigen Tatbestände einer Ausnahme nach Art. 24a bis 24d
RPG nicht vorliegen, ist der Kanton nicht zur Erteilung einer
Ausnahmebewilligung verpflichtet.

7.
7.1 Wie das Verwaltungsgericht zu Recht ausführt, bedeutet dies nicht, dass
Kunst im Landwirtschaftsgebiet generell nicht bewilligungsfähig ist.
Erforderlich wäre jedoch der Nachweis eines eigentlichen künstlerischen
Konzepts sowie dessen Zusammenhanges mit dem berührten Raum. Ein solches
Konzept liegt hier nicht vor. Vielmehr räumt der Beschwerdeführer selbst ein,
es handle sich um gängige Skulpturen ohne besonderen künstlerischen Wert, die
als Schmuck gedacht und je nach Grashöhe gar nicht oder kaum mehr sichtbar
seien.

7.2 Nicht zu prüfen ist hier, wie es sich baurechtlich verhielte, wenn der
Beschwerdeführer eine einzige Pferdeskulptur, namentlich als eine Art Enseigne
zur näheren Kennzeichnung des Reiterhofes, beim Betriebsgebäude und nicht
irgendwo im Gelände, wie er dies offenbar immer noch beabsichtigt, aufstellen
würde. Dies bildet, wie dargelegt (vgl. E. 2.2), nicht Streitgegenstand des
vorliegenden Verfahrens.

7.3 Ebenfalls nicht zu prüfen ist, ob die Beleuchtung des Zufahrtsweges
ungenügend ist und daher eventuell eine entsprechende Zusatzbeleuchtung
erforderlich sei, wie der Beschwerdeführer unter Berufung auch auf seine
Mieterschaft geltend macht. Im vorliegenden Verfahren geht es einzig um das
Gesamtvorhaben von Pferdeskulpturen und Beleuchtungskörpern im Gelände, das
offensichtlich nicht in direktem Zusammenhang mit dem Zufahrtsweg und dessen
Ausleuchtung steht. Wieweit eine spezifische und auf den Zufahrtsweg
beschränkte zusätzliche Ausleuchtung desselben nötig und zulässig bzw.
allenfalls bewilligungspflichtig ist, braucht hier nicht entschieden zu werden.

8.
Die Beschwerde erweist sich als unbegründet und ist abzuweisen, soweit darauf
eingetreten werden kann.

Bei diesem Verfahrensausgang wird der unterliegende Beschwerdeführer
kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1, Art. 65 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Baukommission der
Einwohnergemeinde Lostorf, dem Bau- und Justizdepartement des Kantons
Solothurn, dem Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn und dem Bundesamt für
Raumentwicklung schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 29. Januar 2013

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Fonjallaz

Der Gerichtsschreiber: Uebersax