Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.523/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
1C_523/2012

Urteil vom 14. Oktober 2013

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Aemisegger, Merkli,
Gerichtsschreiber Uebersax.

Verfahrensbeteiligte
StWEG Chesa A.________, handelnd durch den Verwalter,
vertreten durch Rechtsanwalt Mario A. Pfiffner,
Beschwerdeführerin,

gegen

B.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Gian G. Lüthi,
Beschwerdegegner,

Gemeinde Silvaplana, 7513 Silvaplana, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Otmar
Bänziger.

Gegenstand
Baueinsprache,

Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden, 5.
Kammer, vom 28. August 2012.

Sachverhalt:

A.
Am 15. November 2011 stellte B.________ ein Baugesuch für die Instandstellung
des Engadinerhauses sowie den Abbruch und den Neubau des Anbaues Chesa C.______
auf dem Grundstück Nr. xxxx in der Dorfkernzone der Gemeinde Silvaplana/GR.
Dagegen gingen zwei Einsprachen ein, namentlich eine solche der
Stockwerkeigentümergemeinschaft auf der Nachbarparzelle Chesa A.________, wobei
unter anderem die vorgesehene Gebäudehöhe bemängelt wurde. Die Baubehörde der
Gemeinde Silvaplana wies die Einsprachen am 20. Februar 2012 ab.

B.
Am 28. August 2012 wies das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden eine
dagegen erhobene Beschwerde ab.

C.
Mit als Beschwerde bezeichneter Eingabe vom 15. Oktober 2012 an das
Bundesgericht beantragt die Stockwerkeigentümergemeinschaft Chesa A.________,
das Urteil des Verwaltungsgerichts aufzuheben und das Baugesuch von B.________
abzuweisen; eventuell sei die Sache an die Baubehörde zurückzuweisen. Zur
Begründung wird im Wesentlichen eine aktenwidrige, widersprüchliche und
einseitige Sachverhaltsfeststellung sowie die falsche rechtliche Würdigung der
Gebäudehöhe geltend gemacht.

D.
B.________ und das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden schliessen auf
Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. Die Gemeinde
Silvaplana stellt Antrag auf Abweisung der Beschwerde.

Erwägungen:

1.

1.1. Gestützt auf Art. 82 lit. a BGG beurteilt das Bundesgericht Beschwerden
gegen Entscheide in Angelegenheiten des öffentlichen Rechts. Dieses
Rechtsmittel steht auch auf dem Gebiet des Raumplanungs- und Baurechts zur
Verfügung. Das Bundesgerichtsgesetz enthält dazu keinen Ausschlussgrund (BGE
133 II 249 E. 1.2 S. 251). Beim angefochtenen Entscheid handelt es sich um
einen anfechtbaren kantonal letztinstanzlichen Endentscheid (vgl. Art. 86 Abs.
1 lit. d und Art. 90 BGG).

1.2. Die Beschwerdelegitimation richtet sich nach Art. 89 Abs. 1 BGG. Die
beschwerdeführende Stockwerkeigentümergemeinschaft ist Adressatin des
angefochtenen Entscheids. Das die Stockwerkeinheiten enthaltende Gebäude grenzt
an das Grundstück des umstrittenen Bauprojekts. Die Stockwerkeigentümer sind
als Nachbarn durch den angefochtenen Entscheid damit besonders berührt und
haben ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung. Die
Beschwerdeführerin ist daher grundsätzlich zur Beschwerde legitimiert. Nicht
bekannt und nachgewiesen ist, ob der im bundesgerichtlichen Verfahren als
Vertreter der Stockwerkeigentümergemeinschaft auftretende Verwalter gehörig zur
Prozessführung ermächtigt wurde. Wie es sich damit verhält, kann indessen offen
bleiben.

1.3. Streitgegenstand ist vor dem Bundesgericht nur noch die Rechtmässigkeit
der Gebäudehöhe des Bauprojekts. Die übrigen Streitpunkte wurden nicht vor
Bundesgericht gezogen.

1.4. Mit der Beschwerde an das Bundesgericht kann, von hier nicht
interessierenden Möglichkeiten abgesehen, nur die Verletzung von Bundesrecht
(vgl. Art. 95 lit. a BGG) sowie die offensichtlich unrichtige Feststellung des
Sachverhaltes (vgl. Art. 97 Abs. 1 BGG) gerügt werden. Die Auslegung und
Anwendung des kantonalen und kommunalen Gesetzesrechts kann dabei vom
Bundesgericht nur auf Willkür hin überprüft werden. Eine offensichtlich
unrichtige bzw. willkürliche Sachverhaltsfeststellung liegt vor, wenn diese
widersprüchlich oder aktenwidrig ist oder auf einem offensichtlichen Versehen
beruht bzw. klarerweise den tatsächlichen Verhältnissen widerspricht.

2.
Gemäss Art. 42 Abs. 2 BGG ist in der Begründung in gedrängter Form darzulegen,
inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt. Die Beschwerdeschrift muss sich
wenigstens kurz mit den Erwägungen des angefochtenen Entscheids
auseinandersetzen. Rein appellatorische Kritik ohne Bezug zum angefochtenen
Entscheid genügt nicht. Besondere Anforderungen gelten, wenn die Verletzung von
Grundrechten (einschliesslich der willkürlichen Anwendung von kantonalem Recht
und Willkür bei der Sachverhaltsfeststellung) geltend gemacht wird. Dies prüft
das Bundesgericht grundsätzlich nur insoweit, als eine solche Rüge in der
Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 133
II 249 E. 1.4 S. 254 f.). Die vorliegende Beschwerdebegründung erfüllt diese
Voraussetzungen nur bedingt. Auf die Beschwerde ist daher im Folgenden
lediglich in beschränktem Umfang einzugehen.

3.

3.1. Die Bündner Gemeinden sind in weiten Bereichen der Raumplanung und des
Bauwesens autonom (BGE 128 I 3 E. 2b S. 8 mit Hinweis). Soweit Art. 107 des
Raumplanungsgesetzes für den Kanton Graubünden vom 6. Dezember 2004 (KRG) das
kantonale Planungs- und Baurecht als vorrangig bezeichnet, spielt dies für die
vorliegend zu beurteilende Frage der zulässigen Gebäudehöhe keine
entscheidwesentliche Rolle.

3.2. Im vorliegenden Fall ist die einschlägige Bestimmung von Art. 109
(Gebäudehöhen) des Baugesetzes der Gemeinde Silvaplana von 2010 anwendbar, die
wie folgt lautet:

"1       Als Gebäudehöhe gilt das Mittel aller Hauptgebäudeecken der
Gebäudehülle, gemessen vom gewachsenen Boden bis zum Schnittpunkt der
Fassadenhaut mit oberkant Dachsparren beziehungsweise mit oberkant oberster
roher Betondecke bei Flachdächern. Die Höhe darf an keinem Messpunkt um mehr
als 2 m überschritten werden. Bei Abgrabungen um mehr als einen Drittel der
Fassadenlänge gilt der neugeschaffene tiefste Punkt als Basis für die Messungen
und zwar für beide Gebäudeecken der betreffenden Fassade. Bei Aufschüttungen
vor dem 6.10.1986 gilt der neue Terrainverlauf als gewachsenes Terrain. Bei
späteren Aufschüttungen gilt der alte Terrainverlauf als gewachsener Boden.
Vorbehalten bleiben in jedem Fall die Niveaulinien beziehungsweise die
Festlegungen in den Quartierplänen.
2       Bei gegliederten Bauten wird die Gebäudehöhe für jeden Baukörper
einzeln ermittelt. Als Gliederung gilt nur ein Vor- oder Rücksprung von mind. 3
m, der vom Terrain bis zum Dach reicht und sich durch getrennte Dächer
fortsetzt.
3       Unmotivierte Ecken fallen bei der Berechnung der Gebäudehöhen ausser
Betracht."

3.3. Unbestrittenermassen gilt für das streitgegenständliche Grundstück Nr.
xxxx, das der Dorfkernzone von Silvaplana angehört, eine maximale Gebäudehöhe
von elf Metern. Gemäss der Beurteilung des Verwaltungsgerichts wird diese
maximale Höhe durch den Mittelwert, der für das fragliche Bauprojekt
massgeblich ist, nicht überschritten.

4.

4.1. Soweit die Beschwerdeführerin eine unrichtige Sachverhaltsfeststellung
geltend macht, erschöpft sich die Beschwerde weitgehend in appellatorischer
Kritik am angefochtenen Entscheid. Die Beschwerdeführerin nimmt wie in einer
Berufungsschrift detailliert und mit ausführlichen Berechnungen Stellung. Sie
zeigt aber nicht auf, inwiefern die tatsächlichen Feststellungen nicht bloss
unrichtig, sondern offensichtlich falsch sein sollten. Einzig ein solch klarer
Mangel könnte jedoch vom Bundesgericht korrigiert werden (vgl. E. 1.4).

4.2. Das Verwaltungsgericht stützte seine Feststellungen auf einen von ihm
selbst vorgenommenen Augenschein sowie auf in den Akten liegende Dokumente wie
Fotos, Pläne und weitere Unterlagen, insbesondere auf die darin teilweise
wiedergegebenen Höhenlinien und auf die Nachmessung bzw. Verifizierung durch
die Gemeinde am 22. Juni 2012. Die entsprechenden Erläuterungen im
angefochtenen Entscheid sind ausführlich und detailliert und beruhen auf
fachkundigen Unterlagen. Die Vorinstanz führt namentlich aus, dass die
Behauptung der Beschwerdeführerin, es hätten im Sommer 2003 an der
Südwestfassade erhebliche Terrainveränderungen stattgefunden, nicht belegt sei.
Die Beschwerdeführerin ihrerseits tut in der Beschwerdeschrift nicht
nachvollziehbar dar, weshalb die entsprechenden Feststellungen offensichtlich
falsch bzw. willkürlich sein sollten. Sie will zwar von anderen Zahlen
ausgehen, doch ist nicht erkennbar, weshalb diese offensichtlich zutreffender
bzw. diejenigen des Verwaltungsgerichts offenkundig unrichtig sein sollten.
Weder ist eine Aktenwidrigkeit noch ein Rechnungsfehler ersichtlich, wie die
Beschwerdeführerin behauptet. Insbesondere ist nicht offensichtlich, dass das
massgebliche Terrain erheblich tiefer anzusetzen wäre. Sind die tatsächlichen
Feststellungen der Vorinstanz mithin nicht offensichtlich unrichtig, sind sie
vom Bundesgericht angesichts der entsprechenden beschränkten Kognition nicht zu
beanstanden.

5.

5.1. In rechtlicher Hinsicht rügt die Beschwerdeführerin einzig, der
angefochtene Entscheid missachte das kommunale Baugesetz. Dessen Einhaltung
überprüft das Bundesgericht allerdings nur unter dem Gesichtswinkel der Willkür
(vgl. E. 1.4).

5.2. Gemäss Art. 109 Abs. 1 des kommunalen Baugesetzes bleiben bei der
Berücksichtigung von Aufschüttungen die Niveaulinien bzw. die Festlegungen in
den Quartierplänen in jedem Fall vorbehalten, d.h. dass ihnen ein Vorrang
gegenüber dem durch Aufschüttungen beeinflussten Terrainverlauf zukommt.
Dementsprechend richtete sich das Verwaltungsgericht zunächst an den
Höhenlinien sowie an der Nachmessung und Verifizierung der Gemeinde vom 22.
Juni 2012 aus. Ergänzend hielt es insbesondere fest, der Bau einer Rampe habe
auf die Gebäudehöhe keinen Einfluss, weil die Rampe auf dem bestehenden Terrain
verlaufe. Im Übrigen bemesse sich die Gebäudehöhe gemäss Art. 109 des
kommunalen Baugesetzes vom Terrain beim Fassadenfuss bis zum Schnittpunkt der
Fassadenhaut mit oberkant Dachsparren, weshalb die Höhe des gewachsenen
Terrains an der Parzellengrenze nicht massgeblich sei. Die Beschwerdeführerin
legt nicht dar und es ist auch nicht ersichtlich, weshalb diese Erwägungen bzw.
die daraus gezogene rechtliche Folgerung willkürlich sein sollten.

6.
Die Beschwerde erweist sich als unbegründet und ist abzuweisen, soweit darauf
eingetreten werden kann.
Bei diesem Verfahrensausgang wird die unterliegende Beschwerdeführerin
kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1, Art. 65 BGG). Überdies hat sie den
Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche Verfahren angemessen zu
entschädigen (Art. 68 BGG). Hingegen ist der ebenfalls obsiegenden Gemeinde
keine Parteientschädigung zuzusprechen (vgl. Art. 68 BGG sowie BGE 134 II 117
E. 7 S. 118 f.).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Die Beschwerdeführerin hat den Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 2'000.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, der Gemeinde Silvaplana und dem
Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden, 5. Kammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 14. Oktober 2013

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Fonjallaz

Der Gerichtsschreiber: Uebersax

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