Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.500/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
1C_500/2012

Urteil vom 7. Dezember 2012
I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Aemisegger, Eusebio,
Gerichtsschreiber Stohner.

Verfahrensbeteiligte
Verein Y.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Rolf W. Rempfler,

gegen

Sicherheits- und Justizdepartement
des Kantons St. Gallen,
Oberer Graben 32, 9001 St. Gallen.

Gegenstand
Disziplinarverfahren: Verweigerung der Bekanntgabe des Ergebnisses an den
Anzeiger,

Beschwerde gegen das Urteil vom 29. August 2012 des Verwaltungsgerichts des
Kantons St. Gallen.

Sachverhalt:

A.
Am 28. Oktober 2008 meldete ein Landwirt der Polizeistation Flawil, dass er bei
seiner Scheune ein Vogelhäuschen mit einer versteckten Digitalkamera gefunden
habe. Er übergab das Vogelhäuschen samt eingeschalteter Kamera den
Polizeibeamten. Die Überprüfung der gespeicherten Fotos ergab, dass unzählige
Aufnahmen von der Rückseite der Liegenschaft gemacht worden waren. Es bestand
Grund zur Annahme, dass der Tierschützer X.________ damit nachweisen wollte,
dass der Landwirt seinen Kühen den gesetzlich vorgeschriebenen Auslauf im
Freien nicht gewährt hatte.
Am 2. Januar 2009 erstattete der Verein Y.________ Schweiz, der von X.________
präsidiert wird, Anzeige bei der Anklagekammer des Kantons St. Gallen und
beantragte, es sei festzustellen, dass das heimliche Abspeichern von angeblich
522 Fotoaufnahmen auf einer CD und das anschliessende Löschen der Aufnahmen auf
der Speicherkarte der Fotokamera des Verein Y.________ durch die Polizeistation
Flawil rechtswidrig erfolgt seien.
Am 31. März 2009 eröffnete die Anklagekammer ein Strafverfahren gegen den
Polizeibeamten Z.________ wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs (Art. 312
StGB). In der Folge hob das für die Strafuntersuchung zuständige
Untersuchungsamt St. Gallen das Strafverfahren auf. Am 27. Januar 2010 trat die
Anklagekammer auf eine Beschwerde des Verein Y.________ gegen die Aufhebung der
Strafuntersuchung wegen fehlender Legitimation nicht ein.
Am 2. März 2010 erstattete der Verein Y.________ bei der Disziplinarkommission
der St. Gallischen Staatsverwaltung Anzeige gegen Z.________ und stellte den
Antrag, gegen diesen seien angemessene Disziplinarmassnahmen zu verfügen. Am
23. Dezember 2011 ersuchte der Verein Y.________ das Sicherheits- und
Justizdepartement des Kantons St. Gallen um Orientierung über den Ausgang des
Disziplinarverfahrens gegen Z.________. Am 10. Januar 2012 teilte das
Sicherheits- und Justizdepartement dem Verein Y.________ mit, das
Disziplinarverfahren sei mit Verfügung vom 29. Oktober 2010 abgeschlossen
worden. Aus Gründen des Amtsgeheimnisses und des Persönlichkeitsschutzes des
Polizeibeamten könnten inhaltlich keine genaueren Angaben gemacht werden.
Nachdem der Verein Y.________ um eine anfechtbare Verfügung ersucht hatte, wies
das Sicherheits- und Justizdepartement das Gesuch um Orientierung über die
Erledigung der Disziplinaranzeige am 16. Januar 2012 ab.
Diese Verfügung focht der Verein Y.________ mit Beschwerde vom 6. Februar / 12.
März 2012 beim Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen an. Das Sicherheits-
und Justizdepartement nahm am 26. März 2012 Stellung und beantragte, die
Beschwerde sei abzuweisen. Der Eingabe lag zur Orientierung die Verfügung des
Sicherheits- und Justizdepartements vom 29. Oktober 2010 bei, mit welcher das
Disziplinarverfahren gegen Z.________ abgeschlossen worden war. Am 2. April
2012 teilte der Präsident des Verwaltungsgerichts dem Verein Y.________ auf
entsprechende Anfrage hin mit, die Disziplinarverfügung werde ihm nicht
ausgehändigt. Mit Urteil vom 29. August 2012 wies das Verwaltungsgericht die
Beschwerde des Verein Y.________ vom 6. Februar / 12. März 2012 ab.

B.
Der Verein Y.________ führt mit Eingabe vom 1. Oktober 2012 Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ans Bundesgericht. Er beantragt, das
Urteil des Verwaltungsgerichts sei aufzuheben und dieses sei anzuweisen, ihm
Einsicht in das folgende, vom Sicherheits- und Justizdepartement dem
Verwaltungsgericht eingereichte Aktenstück zu gewähren: "Entscheid des
Sicherheits- und Justizdepartementes in Sachen Z.________ vom 29. Oktober
2010". Eventualiter sei die Sache zur Gewährung des rechtlichen Gehörs
(rechtsgenügliche Begründung) an die Vorinstanz zurückzuweisen. Subeventualiter
sei das Sicherheits- und Justizdepartement anzuweisen, ihn über den Ausgang des
gegen Z.________ geführten Disziplinarverfahrens zu orientieren.
Das Sicherheits- und Justizdepartement und das Verwaltungsgericht beantragen in
ihren Stellungnahmen die Abweisung der Beschwerde. Die Eingaben wurden dem
Beschwerdeführer zugestellt.

Erwägungen:

1.
Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid des
Verwaltungsgerichts in einem Verfahren betreffend die Einsichtnahme in Akten
eines abgeschlossenen Disziplinarverfahrens gegen einen Polizeibeamten. Dagegen
steht die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten offen (Art. 82
lit. a BGG). Der Beschwerdeführer hat am vorinstanzlichen Verfahren
teilgenommen und macht geltend, die Vorinstanz habe seinen Anspruch auf
rechtliches Gehör im Sinne von Art. 29 Abs. 2 BV verletzt. Zu dieser Rüge ist
er im bundesgerichtlichen Verfahren berechtigt (Art. 89 Abs. 1 BGG; vgl.
Urteile des Bundesgerichts 1C_302/2007 vom 2. April 2008 E. 1, nicht publ. in:
BGE 134 I 286, und 1B_370/2009 vom 19. März 2010 E. 1).

2.
2.1 Der Beschwerdeführer bringt vor, die Vorinstanz habe ihm die Einsicht in
die vom Sicherheits- und Justizdepartement als Gegenpartei eingereichte
Verfügung vom 29. Oktober 2010 in Sachen Z.________ zu Unrecht verweigert. Sein
Anspruch auf rechtliches Gehör beinhalte das Recht, von jedem Aktenstück,
welches die Gegenpartei dem Gericht einreiche, Kenntnis zu nehmen und sich dazu
äussern zu können, soweit er dies für erforderlich halte. Unerheblich sei, ob
ein Aktenstück neue Tatsachen oder Argumente enthalte oder ob es das Gericht
tatsächlich zu beeinflussen vermöge oder nicht, denn es sei Sache der Parteien
zu beurteilen, ob ein Dokument einen Kommentar erfordere oder nicht. Werde
einer Partei keine Gelegenheit eingeräumt, zu einem von der Gegenpartei
eingereichten Schriftstück Stellung zu nehmen, sei zugleich das Prinzip der
Waffengleichheit verletzt, welches Bestandteil des Rechts auf ein faires
Gerichtsverfahren bilde. Zudem habe die Vorinstanz insoweit ihre
Begründungspflicht verletzt.

2.2 Die Vorinstanz hat erwogen, Streitgegenstand des Beschwerdeverfahrens
bilde, ob der Beschwerdeführer als Erstatter der Anzeige einen Anspruch auf
Einsicht in den Inhalt der Verfügung vom 29. Oktober 2010 im
Disziplinarverfahren gegen Z.________ habe. Wäre diese Verfügung dem
Beschwerdeführer im Rahmen der Verfahrensleitung ausgehändigt worden, so wäre
das Beschwerdeverfahren damit gegenstandslos geworden. Demzufolge sei dem
Beschwerdeführer am 2. April 2012 zu Recht mitgeteilt worden, das
Verwaltungsgericht werde darüber zu befinden haben, ob der Verein Y.________
über den Ausgang des Disziplinarverfahrens orientiert werden müsse
(angefochtenes Urteil E. 3).

2.3 Der Anspruch auf rechtliches Gehör gemäss Art. 29 Abs. 2 BV umfasst das
Recht, von den beim Gericht eingereichten Stellungnahmen Kenntnis zu erhalten
und sich dazu äussern zu können. Dieses Replikrecht gilt für alle gerichtlichen
Verfahren, auch solche, die nicht in den Schutzbereich von Art. 6 Ziff. 1 EMRK
fallen. Die Verfahrensbeteiligten haben Anspruch auf Zustellung von
Vernehmlassungen, unabhängig davon, ob diese neue und erhebliche Gesichtspunkte
enthalten. Das Gericht muss vor Erlass seines Entscheids eingegangene
Stellungnahmen den Beteiligten zustellen, damit sich diese darüber schlüssig
werden können, ob sie sich dazu äussern wollen oder nicht (BGE 138 I 154 E.
2.3.3 S. 157; 137 I 195 E. 2.3.1 S. 197; je mit Hinweisen).

2.4 Die Vorinstanz ist entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ihrer
Begründungspflicht nachgekommen. Sie hat in der Begründung ihres Urteils die
Überlegungen genannt, von denen sie sich hat leiten lassen und auf die sie ihre
Weigerung der Herausgabe der Disziplinarverfügung stützt. Dem Beschwerdeführer
war es denn auch ohne Weiteres möglich, den abweisenden Entscheid sachgerecht
anfechten zu können (vgl. BGE 136 I 229 E. 5.2 S. 236; 134 I 83 E. 4.1 S. 88;
je mit Hinweisen).
Die Ausführungen der Vorinstanz sind auch inhaltlich zutreffend.
Streitgegenstand bildet die Frage, ob der Beschwerdeführer einen Anspruch auf
Einsicht in den Inhalt der Disziplinarverfügung vom 29. Oktober 2010 in Sachen
Z.________ hat. Mit der Weigerung, die Verfügung dem Beschwerdeführer im Rahmen
der Verfahrensleitung auszuhändigen, ist dessen Replikrecht nicht verletzt
worden. Die strittige Disziplinarverfügung stellt keine Stellungnahme bzw.
Vernehmlassung der Gegenpartei im vorinstanzlichen Verfahren dar. Die
Beschwerdeantwort des Sicherheits- und Justizdepartements vom 26. März 2012
aber wurde dem Beschwerdeführer von der Vorinstanz am 27. März 2012 zugestellt
und er konnte hierzu Stellung nehmen, was er mit Eingabe vom 5. April 2012 auch
getan hat. Verletzungen seines Anspruchs auf rechtliches Gehör und des Prinzips
der Waffengleichheit liegen nicht vor.

3.
3.1 Der Beschwerdeführer rügt, die Vorinstanz habe die Anwendbarkeit von Art. 6
Ziff. 1 EMRK zu Unrecht verneint. Diese Bestimmung, mithin auch das darin
verankerte Öffentlichkeitsgebot, gelte auch für Disziplinarverfahren mit
Strafcharakter. Diese Voraussetzung sei vorliegend erfüllt, da es um ein an
sich strafbares Verhalten eines Polizeibeamten, nämlich um das unbefugte
Kopieren und Löschen von beschlagnahmten Daten gehe. Die Vorinstanz begründe
ihren gegenteiligen Standpunkt nicht und verletze (erneut) ihre
Begründungspflicht.

3.2 Die Vorinstanz hat ausgeführt, es stehe nicht der Ausgang eines
Strafverfahrens, sondern eines Disziplinarverfahrens zur Diskussion. Art. 6
Ziff. 1 EMRK gelte in der Regel aber nicht für Disziplinarverfahren, da es
einem Staat frei stehe, einen bestimmten Sachverhalt auch disziplinarisch zu
würdigen. Insbesondere könnten Mitglieder besonderer Institutionen (Schulen,
Gefängnisse) oder Berufsgattungen (Rechtsanwälte, Ärzte, Beamte) bestimmten
Verhaltensregeln unterstellt werden, ohne dass Disziplinarsanktionen die
Anwendung der Garantien des Art. 6 EMRK bedingen würden. Der Beschwerdeführer
könne sich daher nicht mit Erfolg auf Art. 6 Ziff. 1 EMRK berufen
(angefochtenes Urteil E. 4.2).

3.3 Gemäss Art. 6 Ziff. 1 EMRK hat jede Person ein Recht darauf, dass über
Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen
oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem
unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen
Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das
Urteil muss öffentlich verkündet werden. Art. 6 Ziff. 1 EMRK verankert damit
das Prinzip der Justizöffentlichkeit.
Der Anspruch gemäss Art. 6 Ziff. 1 EMRK setzt im vorliegenden Zusammenhang
voraus, dass es sich um eine "strafrechtliche Anklage" handelt. Der EGMR prüft
diese Frage nach den drei im Urteil "Engel" entwickelten Kriterien (vgl. Urteil
des EGMR vom 21. Februar 1984 in Sachen Öztürk gegen Bundesrepublik
Deutschland, Ziff. 50, in: EuGRZ 1985 S. 62). Massgeblich sind nach dieser
Judikatur erstens die Zuordnung der Vorschrift im nationalen Recht, zweitens
die wahre Natur des Vergehens sowie drittens die Art und Schwere der Sanktion
(vgl. BGE 135 I 313 E. 2.2.1 S. 317; 134 I 140 E. 4.2 S. 145).
Disziplinarische Massnahmen sind administrative Massnahmen und somit keine
Strafen im Rechtssinn. Sie dienen der Aufrechterhaltung der Ordnung sowie der
Wahrung des Ansehens und der Vertrauenswürdigkeit der Verwaltung und der
Justiz. Sie sollen bewirken, dass diejenigen Personen, die dem Disziplinarrecht
unterstehen, ihre Pflichten erfüllen (vgl. Häfelin/Müller/Uhlmann, Allgemeines
Verwaltungsrecht, 6. Aufl. 2010, Rz. 1192). Disziplinarmassnahmen, welche sich
gegen Mitglieder besonderer Institutionen oder Berufsgattungen richten, gelten
grundsätzlich nicht als strafrechtliche Anklagen im Sinne von Art. 6 EMRK,
ausser wenn das pönalisierte Verhalten zugleich ein vom allgemeinen Strafrecht
erfasstes Delikt darstellt oder die angedrohte Sanktion nach Art und Schwere
als strafrechtlich erscheint, namentlich wenn eine Freiheitsstrafe von mehr als
bloss einigen Tagen in Aussicht steht (vgl. BGE 121 I 379 E. 3c/aa S. 381 f.
mit Hinweisen; siehe zum Ganzen auch Arthur Haefliger/Frank Schürmann, Die
Europäische Menschenrechtskonvention und die Schweiz, 2. Aufl. 1999, S. 150
ff.; Mark E. Villiger, Handbuch der Europäischen Menschenrechtskonvention, 2.
Aufl. 1999, S. 250 ff., insb. S. 254).

3.4 Im zu beurteilenden Fall wurde das gegen den Polizeibeamten Z.________
wegen des Verdachts der Amtsgeheimnisverletzung (Art. 312 StGB) geführte
Strafverfahren aufgehoben (vgl. Sachverhalt lit. A.). Z.________ hat damit kein
Delikt im Sinne des Strafrechts begangen. Im Anschluss an die Strafuntersuchung
wurde gegen Z.________ in Anwendung des Gesetzes des Kantons St. Gallen vom 28.
März 1974 über die disziplinarische Verantwortlichkeit der Behördemitglieder
und öffentlichen Angestellten (Disziplinargesetz/SG; sGS 161.3) ein
Disziplinarverfahren durchgeführt. Art. 5 des Disziplinargesetzes/SG nennt die
möglichen Disziplinarmassnahmen; diese reichen von einem schriftlichen Verweis
(Abs. 1 lit. a), über eine Geldleistung bis Fr. 2'000.-- (Abs. 1 lit. b) bis
hin zur Entlassung aus dem Amt oder Dienst (Abs. 1 lit. i). Bei einem
geringfügigen Disziplinarfehler tritt an die Stelle einer Disziplinarmassnahme
die schriftliche oder mündliche Beanstandung durch den unmittelbaren
Vorgesetzten (Art. 6 des Disziplinargesetzes/SG). Ob ein Disziplinarfehler zu
verfolgen ist und welche Disziplinarmassnahmen zu verhängen sind, wird nach
pflichtgemässem Ermessen entschieden (Art. 7 Abs. 1 des Disziplinargesetzes/
SG). Zuständig zum Erlass von Disziplinarmassnahmen ist die Disziplinarbehörde
(Disziplinarkommission; vgl. hierzu Art. 12 ff. des Disziplinargesetzes/SG).
Wird im Lauf eines Disziplinarverfahrens wegen des gleichen Tatbestands gegen
den Betroffenen ein Strafverfahren eröffnet, können die Disziplinaruntersuchung
und die Verfügung einer Disziplinarmassnahme ausgesetzt werden (Art. 20 des
Disziplinargesetzes/SG). Soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, wird das
Gesetz des Kantons St. Gallen vom 16. Mai 1965 über die Verwaltungsrechtspflege
(sGS 951.1) sachgemäss angewendet (Art. 24 des Disziplinargesetzes/SG).
Das Disziplinargesetz gilt, wie sich bereits aus dem Titel des Gesetzes ergibt,
nicht für die Allgemeinheit, sondern erfasst ausschliesslich Behördemitglieder
und öffentliche Angestellte. Das Disziplinarverfahren ist von einem
allfälligen, wegen des gleichen Sachverhalts durchgeführten Strafverfahren
unabhängig. Die Disziplinarkommission, welche zum Erlass von
Disziplinarmassnahmen zuständig ist, ist denn auch keine
Strafverfolgungsbehörde. Die ausdrückliche Bezeichnung der Sanktion gemäss Art.
5 Abs. 1 lit. b des Disziplinargesetzes/SG als Geldleistung und nicht als Busse
oder Geldstrafe bringt ihrerseits zum Ausdruck, dass es sich um eine
Disziplinarmassnahme und nicht um eine Strafe handelt (vgl. insoweit auch BGE
128 I 346 E. 2.2 S. 348). Zusammenfassend findet deshalb Art. 6 Ziff. 1 EMRK
bzw. das darin verankerte Prinzip der Justizöffentlichkeit keine Anwendung auf
das gegen den Polizeibeamten Z.________ durchgeführte Disziplinarverfahren.
Dies gilt ausgehend vom Katalog möglicher Disziplinarmassnahmen gemäss Art. 5
des Disziplinargesetzes/SG, welcher eine Freiheitsstrafe als Sanktion nicht
vorsieht, unabhängig davon, ob im konkreten Fall eine Disziplinarmassnahme
ausgesprochen oder davon abgesehen wurde (vgl. zum Ganzen auch BGE 135 I 313 E.
2.2.3 ff. S. 318 f.).

3.5 Klarstellend ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer aus den zur
Untermauerung seines Standpunkts angeführten Entscheiden (BGE 124 IV 234;
Urteil des Bundesgerichts 1B_256/2007 vom 27. Mai 2008; Urteil des EGMR vom 31.
Juli 2012 in Sachen Shapovalov gegen Ukraine) nichts zu seinen Gunsten ableiten
kann:
In BGE 124 IV 234 entschied das Bundesgericht, dass ein Strafbescheid im
abgekürzten Verwaltungsstrafverfahren (vgl. Art. 65 VStrR; SR 313.0) ein
Entscheid über eine strafrechtliche Anklage im Sinne von Art. 6 Ziff. 1 EMRK
darstellt. Im Verwaltungsstrafrecht als Nebenstrafrecht ist Art. 6 Ziff. 1 EMRK
somit anwendbar. Dem Urteil 1B_256/2007 vom 27. Mai 2008 lag eine
Strafuntersuchung wegen verschiedener StGB-Tatbestände zugrunde, weshalb auch
hier Art. 6 Ziff. 1 EMRK zu berücksichtigen war. In beiden Fällen ging es damit
in der Sache nicht um ein Disziplinarverfahren.
Nicht einschlägig ist auch das Urteil des EGMR vom 31. Juli 2012 in Sachen
Shapovalov gegen Ukraine. Im genannten Urteil entschied der EGMR, dass es sich
beim (aufgrund nationaler Rechtsvorschriften bestehenden) Recht eines
Journalisten auf Zugang zu bestimmten behördlichen Dokumenten um ein "civil
right", d.h. um einen zivilrechtlichen Anspruch im Sinne von Art. 6 EMRK
handelt; der Gerichtshof gewichtete dabei entscheidend, dass der Journalist die
Informationen für seine Berufsausübung benötigte. Im vorliegend zu
beurteilenden Fall steht das Recht auf Einsichtnahme eines Dritten in einen
Disziplinarentscheid gegen einen Polizeibeamten und nicht ein Anspruch auf
Zugang eines Medienschaffenden zu bestimmten, für seine Berufsausübung
notwendigen behördlichen Informationen zur Diskussion. Die beiden
Fallkonstellationen sind somit nicht miteinander vergleichbar.

4.
Die Beschwerde ist abzuweisen. Bei diesem Ausgang trägt der Beschwerdeführer
die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG). Es sind keine Parteientschädigungen
zuzusprechen (Art. 68 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Sicherheits- und Justizdepartement
des Kantons St. Gallen und dem Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 7. Dezember 2012

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Fonjallaz

Der Gerichtsschreiber: Stohner