Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.43/2012
Zurück zum Index I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2012
Retour à l'indice I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2012


Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 1/2}
1C_43/2012, 1C_45/2012

Urteil vom 1. Februar 2012
I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Aemisegger, Merkli,
Gerichtsschreiber Haag.

Verfahrensbeteiligte
1C_43/2012
Schweizerische Gletscherpiloten-Vereinigung, Beschwerdeführerin, vertreten
durch Rechtsanwalt
Philip Bärtschi,

und

1C_45/2012
1. Gemeinde Zermatt, Kirchplatz, 3920 Zermatt,
2. Swiss Helicopter Association,
3. Air Zermatt AG,
Beschwerdeführerinnen, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Philipp Perren und
Rechtsanwalt Philipp do Canto,

gegen

Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation,
Rechtsdienst, Kochergasse 10, 3003 Bern,

weiterer Beteiligter:
Schweizer Alpen-Club, vertreten durch Rechtsanwalt
Dr. Michael Bütler.

Gegenstand
Gebirgslandeplätze in der Region Wallis Südost,

Beschwerden gegen das Urteil vom 1. Dezember 2011 des
Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung I.

Sachverhalt:

A.
Im November 2010 bezeichnete das Eidgenössische Departement für Umwelt,
Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) mit einer auf den Sachplan
Infrastruktur der Zivilluftfahrt (SIL) gestützten Verfügung die
Gebirgslandeplätze in der Region Wallis Südost (BBl 2010 7797). Gegen diese
Verfügung gelangten die Gemeinde Zermatt, der Schweizer Alpen-Club SAC, die
Swiss Helicopter Association und die Air Zermatt AG sowie die Schweizerische
Gletscherpiloten-Vereinigung ans Bundesverwaltungsgericht. Dieses hiess die
Beschwerden mit Urteil vom 1. Dezember 2011 im Sinne der Erwägungen teilweise
gut, hob die Verfügung des UVEK auf und wies die Angelegenheit an die
Vorinstanz zur Ergänzung des Sachverhalts und neuer Entscheidung im Sinne der
Erwägungen zurück. Aus den Erwägungen des Urteils ergibt sich, dass die
Entscheidgrundlagen der Vorinstanz und die darauf beruhende Interessenabwägung
unvollständig seien, weil kein Gutachten der Eidgenössischen Natur- und
Heimatschutzkommission (ENHK) eingeholt wurde. Dies führe zur Aufhebung der
angefochtenen Verfügung, weil ohne Gutachten der ENHK die Einhaltung des
Schonungsgebots gemäss Art. 6 NHG (SR 451) nicht geprüft werden könne.

B.
Die Gemeinde Zermatt, die Swiss Helicopter Association, die Air Zermatt AG und
die Schweizerische Gletscherpiloten-Vereinigung führen gegen das Urteil des
Bundesverwaltungsgerichts vom 1. Dezember 2011 Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten.

Erwägungen:

1.
Der angefochtene Entscheid betrifft die Festlegung von Gebirgslandeplätzen und
damit eine öffentlich-rechtliche Angelegenheit im Sinne von Art. 82 lit. a BGG.
Es liegen keine Ausschlussgründe nach Art. 83 ff. BGG vor. Die Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist somit grundsätzlich gegeben.

2.
Mit dem angefochtenen Entscheid wird die Verfügung des UVEK aufgehoben und die
Sache zur weiteren Abklärung im Sinne der Erwägungen an diese Vorinstanz
zurückgewiesen. Damit wird das Verfahren nicht abgeschlossen. Es liegt somit
kein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG, sondern ein Zwischenentscheid (Art.
93 BGG) vor.

2.1 Gegen selbstständig eröffnete Zwischenentscheide, die weder die
Zuständigkeit noch den Ausstand betreffen, ist die Beschwerde nur zulässig,
wenn der Zwischenentscheid einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken
kann (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG) oder wenn die Gutheissung der Beschwerde
sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an
Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (Art. 93
Abs. 1 lit. b BGG). Die selbstständige Anfechtbarkeit von Zwischenentscheiden
bildet aus prozessökonomischen Gründen eine Ausnahme vom Grundsatz, dass sich
das Bundesgericht mit jeder Angelegenheit nur einmal befassen soll (BGE 135 II
30 E. 1.3.2 S. 34; 135 I 261 E. 1.2; 134 III 188 E. 2.2; 133 III 629 E. 2.1).
Die Ausnahme ist restriktiv zu handhaben, zumal die Parteien keine Rechte
verlieren, wenn sie einen Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 BGG nicht
selbstständig anfechten, können sie ihn doch mit dem Endentscheid anfechten,
soweit er sich auf dessen Inhalt auswirkt (Art. 93 Abs. 3 BGG; BGE 133 IV 288
E. 3.2). Dementsprechend obliegt es den Beschwerdeführern detailliert darzutun,
dass die Eintretensvoraussetzungen von Art. 93 BGG erfüllt sind, soweit deren
Vorliegen nicht offensichtlich ist (vgl. dazu BGE 134 III 426 E. 1.2 in fine;
133 III 629 E. 2.3.1 und 2.4.2).

2.2 Von einem nicht wieder gutzumachenden Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1
lit. a BGG wird gesprochen, wenn dieser auch durch ein nachfolgendes günstiges
Urteil nicht oder nicht mehr vollständig behoben werden kann (BGE 136 II 165 E.
1.2.1 S. 170; 135 I 261 E. 1.2 S. 263 mit Hinweisen). Kein nicht wieder
gutzumachender Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG ist anzunehmen,
wenn es einer Partei bloss darum geht, eine Verlängerung oder Verteuerung des
Verfahrens zu verhindern (BGE 135 II 30 E. 1.3.4 S. 36). Ein
Rückweisungsentscheid, mit dem eine Sache zur neuen Abklärung und Entscheidung
an die Vorinstanz zurückgewiesen wird, bewirkt in der Regel keinen nicht wieder
gutzumachenden Nachteil, führt er doch bloss zu einer Verlängerung des
Verfahrens (BGE 136 II 165 E. 1.2.1 S. 170; 133 V 477 E. 5.2.1 S. 483).

Immerhin muss sichergestellt werden, dass das Verfahren insgesamt dem
verfassungsrechtlichen Gebot genügt, im Rahmen eines fairen Verfahrens innert
angemessener Frist einen wirksamen Rechtsschutz zu gewähren (Art. 29 Abs. 1 BV;
Art. 6 Ziff. 1 EMRK). Unter diesem Gesichtspunkt kann es ausnahmsweise
verfassungsrechtlich geboten sein, bereits auf einen Zwischenentscheid
einzutreten, wenn es rechtsstaatlich unzumutbar wäre, die Parteien auf die
Anfechtung des Endentscheids zu verweisen (BGE 136 II 165 E. 1.2.1 S. 171 mit
Hinweisen). Das Bundesgericht hat das Vorliegen einer solchen Situation bei
einem äusserst komplexen, aufwendigen, viele Beteiligte umfassenden
Entschädigungsverfahren bejaht. Es ging damals um Fluglärmentschädigungen im
Umkreis des Flughafens Zürich in einem Verfahren, das bereits seit über 6
Jahren hängig war und bei welchem zu erwarten war, dass noch geraume Zeit bis
zum Vorliegen eines vor Bundesgericht anfechtbaren Endentscheids vergehen würde
(BGE 136 II 165 E. 1.2.2 S. 171 mit Hinweisen).

In der blossen Verlängerung des Verfahrens liegt hingegen, wie bereits erwähnt,
im Allgemeinen kein nicht wieder gutzumachender Nachteil. Auch soweit die
Beschwerdeführer gestützt auf die in BGE 136 II 165 wiedergegebene
Rechtsprechung das Vorliegen eines nicht wieder gutzumachenden Nachteils
behaupten, kann ihnen nicht gefolgt werden. Es trifft zwar zu, dass die
Neubeurteilung der Sache nach Vorliegen eines ENHK-Gutachtens eine gewisse Zeit
in Anspruch nehmen wird, doch wird damit nicht ein wirksamer Rechtsschutz
innert angemessener Frist behindert. Die von den Beschwerdeführern zudem
angeführte Dauer des Verfahrens zum Erlass des Sachplans Infrastruktur der
Zivilluftfahrt (SIL) kann hier nicht berücksichtigt werden, da es sich dabei um
ein Planungsverfahren zur Schaffung rechtlicher Grundlagen handelte, das dem
vorliegenden Festsetzungsverfahren voranging. Die in BGE 136 II 165 genannte
Ausnahme greift somit im vorliegenden Fall nicht.

2.3 Die Beschwerdeführer machen zudem geltend, dass auf die Beschwerde gestützt
auf Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG einzutreten sei (s. vorne E. 2.1). Dies trifft
schon deshalb nicht zu, weil die Gutheissung der Beschwerde nicht sofort einen
Endentscheid herbeiführen würde. Aus den Erwägungen des Urteils ergibt sich,
dass die Entscheidgrundlagen der Vorinstanz und die darauf beruhende
Interessenabwägung unvollständig seien, weil kein Gutachten der Eidgenössischen
Natur- und Heimatschutzkommission (ENHK) eingeholt wurde. Zudem blieben im
vorinstanzlichen Verfahren verschiedene Rechtsfragen und Beweisanträge noch
unbeurteilt, und die Abwägung der verschiedenen Interessen soll nicht
nachvollziehbar gewesen sein, was bei der erneuten Festlegung der
Gebirgslandeplätze zu verbessern sei. Auch wenn in Gutheissung der Beschwerde
auf den Beizug des ENHK-Gutachtens in Bezug auf einige Landeplätze verzichtet
werden könnte, würde dies nicht zu einem Endentscheid führen, da sich die
übrigen vom Bundesverwaltungsgericht verlangten Verbesserungen auch auf weitere
Landeplätze beziehen. Mit dem angefochtenen Entscheid wird die ganze Verfügung
des UVEK aufgehoben, und es wird im weiteren Verfahren eine umfassende
Interessenabwägung vorzunehmen sein. Insoweit liegt auch in Bezug auf die
Landeplätze, die sich nicht innerhalb des BLN-Objekts, sondern in dessen Nähe
befinden, noch keine vorinstanzliche Beurteilung vor, welche vom Bundesgericht
abschliessend überprüft werden könnte.

3.
Auf die vorliegenden Beschwerden kann somit nicht eingetreten werden. Der
Gemeinde Zermatt sind keine Gerichtskosten aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 4 BGG).
Den übrigen Beschwerdeführern sind die auf sie entfallenden Gerichtskosten zu
gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1
und 5 BGG). Dem weiteren Beteiligten sind keine Kosten entstanden, weshalb ihm
auch keine Parteientschädigung zusteht (Art. 68 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die Beschwerden wird nicht eingetreten.

2.
Die Gerichtskosten von insgesamt Fr. 1'500.-- werden der Swiss Helicopter
Association, der Air Zermatt AG und der Schweizerischen
Gletscherpiloten-Vereinigung zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung
auferlegt.

3.
Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.

4.
Dieses Urteil wird den Beschwerdeführerinnen, dem Eidgenössischen Departement
für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation, dem weiteren Beteiligten sowie
dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung I, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 1. Februar 2012
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Fonjallaz

Der Gerichtsschreiber: Haag