Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.434/2012
Zurück zum Index I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2012
Retour à l'indice I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2012



Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
1C_434/2012

Urteil vom 28. März 2013
I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Aemisegger, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichter Merkli, Karlen,
Gerichtsschreiber Stohner.

Verfahrensbeteiligte
X.________ AG,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Hermann Just,

gegen

Gemeinde Untervaz, Ulmgasse 1, 7204 Untervaz, vertreten durch Rechtsanwalt Dr.
Otmar Bänziger.

Gegenstand
Baueinsprache,

Beschwerde gegen das Urteil vom 3. Juli 2012 des Verwaltungsgerichts des
Kantons Graubünden, 5. Kammer.

Sachverhalt:

A.
Am 10. März 2011 stellte die X.________ AG bei der Gemeinde Untervaz ein Gesuch
um Erstellung eines Mehrfamilienhauses auf der Parzelle Nr. 178 (Fläche: 2'148
m2) in der Dorfkernzone. Gemäss dem Baugesuch sollen 24 Wohnungen (acht
2-Zimmerwohnungen, dreizehn 3-Zimmerwohnungen und drei 4-Zimmerwohnungen)
entstehen. Das geplante würfelförmige Gebäude weist Seitenlängen von 23 m und
fünf Geschosse sowie ein Untergeschoss auf; vorgesehen sind 38
Autoabstellplätze.
Gegen dieses Projekt erhoben verschiedene Anstösser Einsprache bei der
Baukommission der Gemeinde Untervaz. Sie rügten insbesondere die fehlende
Einpassung des Baukörpers ins Orts- und Landschaftsbild. Mit Beschluss vom 26.
April 2011 wies die Baukommission die Einsprachen ab und erteilte der
X.________ AG die Baubewilligung.
Gegen diesen Bau- und Einspracheentscheid führten mehrere Einsprecher mit
Eingabe vom 23. Mai 2011 Beschwerde beim Gemeindevorstand Untervaz. Der
Gemeindevorstand ersuchte die Bauberaterin der Gemeinde, die Stauffer & Studach
AG, um eine Beurteilung des Projekts aus ortsbaulicher Sicht. In ihrem Bericht
vom 5. September 2011 hielt die Stauffer & Studach AG fest, das Projekt erfülle
die allgemeingültigen Anforderungen an die Gestaltung gemäss Art. 73 Abs. 1 des
Raumplanungsgesetzes für den Kanton Graubünden (KRG/GR; BR 801.100) nicht. Sie
empfahl verschiedene Projektanpassungen, insbesondere die Reduktion der
Gebäudehöhe auf maximal drei Vollgeschosse, ein ins Hauptgebäude integriertes
Sockelgeschoss auf der Talseite und die Anpassung der Dachform an die Umgebung.
Die Parteien konnten sich zu diesem Bericht äussern. Die Bauherrschaft reichte
ihrerseits eine Stellungnahme der STW AG für Raumplanung vom 14. Oktober 2011
ein. Diese betonte, die Anwendung der ästhetischen Generalklausel von Art. 73
Abs. 1 KRG/GR dürfe nur ausnahmsweise dazu führen, dass eine zulässige
Ausnützung nicht bewilligt werde. Im Ergebnis genüge das Bauprojekt in
gestalterischen Belangen den Vorgaben von Art. 73 Abs. 1 KRG/GR. Ferner empfahl
auch die STW AG gewisse Projektanpassungen, namentlich die Anschüttung des
Sockelgeschosses und den Verzicht auf die Erstellung der Parkplätze entlang der
Strasse.
Mit Bau- und Beschwerdeentscheid vom 15. Dezember 2011 hiess der
Gemeindevorstand die Beschwerde vom 23. Mai 2011 gut und hob die von der
Baukommission erteilte Baubewilligung auf. Der Gemeindevorstand erwog
zusammenfassend, der projektierte Neubau erdrücke mit seiner Massigkeit und
Unstrukturiertheit die bestehende feingliedrige Siedlungsstruktur des Dorfkerns
von Untervaz, weshalb keine gute Gesamtwirkung im Sinne von Art. 73 Abs. 1 KRG/
GR erreicht werde.
Gegen diesen Entscheid erhob die X.________ AG am 31. Januar 2012 Beschwerde an
das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden. Dieses führte am 29. Juni 2012
einen Augenschein durch. Mit Urteil vom 3. Juli 2012 wies es die Beschwerde ab.

B.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht
vom 10. September 2012 beantragt die X.________ AG, das Urteil des
Verwaltungsgerichts vom 3. Juli 2012 sei aufzuheben, und der Bau- und
Einspracheentscheid der Baukommission der Gemeinde Untervaz vom 26. April 2011
sei zu bestätigen. Eventualiter sei die Sache zur neuen Beurteilung an die
Vorinstanz zurückzuweisen.
Das Verwaltungsgericht und die Gemeinde Untervaz beantragen, die Beschwerde sei
abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden könne. Die Beschwerdeführerin hält
in ihrer Replik an ihrem Standpunkt und an ihren Anträgen fest.

Erwägungen:

1.
1.1 Dem angefochtenen Entscheid liegt ein Beschwerdeverfahren über eine
baurechtliche Bewilligung zugrunde. Nach Art. 34 Abs. 1 RPG (SR 700) gelten für
die Rechtsmittel an die Bundesbehörden die allgemeinen Bestimmungen über die
Bundesrechtspflege. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten
nach Art. 82 lit. a BGG steht auf dem Gebiet des Raumplanungs- und Baurechts
zur Verfügung. Das Bundesgerichtsgesetz enthält keinen Ausschlussgrund (Art. 83
BGG). Angefochten ist ein Entscheid einer letzten kantonalen Instanz (Art. 86
Abs. 1 lit. d BGG). Die Beschwerdeführerin hat am vorinstanzlichen Verfahren
teilgenommen, ist als Baugesuchstellerin durch den angefochtenen Entscheid
besonders berührt und hat ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder
Änderung (Art. 89 Abs. 1 BGG). Auf die Beschwerde ist einzutreten.

1.2 Die Verletzung von Grundrechten - einschliesslich der willkürlichen
Anwendung von kantonalem Recht und Willkür bei der Sachverhaltsfeststellung -
prüft das Bundesgericht nicht von Amtes wegen, sondern nur insoweit, als eine
solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106
Abs. 2 BGG). Die Beschwerdeschrift muss die wesentlichen Tatsachen und eine
kurz gefasste Darlegung darüber enthalten, welche verfassungsmässigen Rechte
bzw. welche Rechtssätze inwiefern durch den angefochtenen Erlass oder Entscheid
verletzt worden sind. Das Bundesgericht prüft nur klar und detailliert erhobene
und, soweit möglich, belegte Rügen. Wird eine Verletzung des Willkürverbots
geltend gemacht, muss anhand der angefochtenen Subsumtion im Einzelnen
dargelegt werden, inwiefern der Entscheid an einem qualifizierten und
offensichtlichen Mangel leidet (BGE 135 III 127 E. 1.6 S. 130; 134 II 244 E.
2.1 und 2.2 S. 245 f.; je mit Hinweisen).
Willkür liegt nach der bundesgerichtlichen Praxis vor, wenn der angefochtene
Entscheid offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in
klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz
krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken
zuwiderläuft. Das Bundesgericht hebt einen Entscheid jedoch nur auf, wenn nicht
bloss die Begründung, sondern auch das Ergebnis unhaltbar ist; dass eine andere
Lösung ebenfalls als vertretbar oder gar zutreffender erscheint, genügt nicht
(vgl. BGE 134 I 140 E. 5.4 S. 148).

2.
2.1 Die Vorinstanz hat festgehalten, das geplante Mehrfamilienhaus weise
Seitenlängen von je 23 m auf, die Geschossfläche betrage 529 m2 und das gesamte
Volumen belaufe sich auf 7'000 m3. Talseitig seien eine massige Sockelpartie
und fünf Vollgeschosse vorgesehen; geplant seien auskragende Balkone (2,6 m),
grossformatige Fensteröffnungen mit Raffstoren und ein Kreuzgiebeldach. In der
Umgebung hingegen fänden sich ausgesprochen feingliederige und kleinteilige
Häuser mit stark verwinkelten Grund- und Aufrissen, mit Frontbreiten von meist
lediglich 14 m, mit Talfassaden mit in der Regel drei Vollgeschossen, mit
kleinformatigen Lochfenstern mit Klappläden, mit einer Mischbauweise mit
Mauerwerk und Holzteilen sowie mit einfachen Giebel- und Satteldächern.
Kreuzgiebeldächer seien in Untervaz nicht üblich.

2.2 Diese Sachverhaltsfeststellungen werden von der Beschwerdeführerin nicht
substanziiert bestritten. Mit ihrem pauschalen Vorbringen, die Dachgestaltung
in der Umgebung des Bauprojekts sei äusserst heterogen, vermag die
Beschwerdeführerin die Feststellung der Vorinstanz, in Untervaz seien ausser in
einem Einzelfall keine Kreuzgiebeldächer erstellt worden, nicht als willkürlich
erscheinen zu lassen. Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus der anlässlich
des Augenscheins vom 29. Juni 2012 von der Vorinstanz erstellten
Fotodokumentation.
Im Übrigen bezieht sich die Beschwerdeführerin mit ihrer Kritik an der
Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz auf deren rechtliche Würdigung vor dem
Hintergrund von Art. 73 Abs. 1 KRG/GR, Art. 20 Abs. 2 und Art. 50 Abs. 1 und 2
des Baugesetzes der Gemeinde Untervaz vom 15. Dezember 2010 (Baugesetz/
Untervaz). Darauf ist nachfolgend einzugehen.

3.
Gemäss Art. 73 Abs. 1 KRG/GR sind Siedlungen, Bauten und Anlagen nach den
Regeln der Baukunst so zu gestalten und einzuordnen, dass mit der Umgebung und
der Landschaft eine gute Gesamtwirkung entsteht.
Art. 20 Abs. 2 Baugesetz/Untervaz bestimmt insbesondere, dass in der
Dorfkernzone die Siedlungsstruktur und die Bauweise erhalten und ergänzt werden
sollen.
Nach Art. 50 Baugesetz/Untervaz, welcher die Gestaltung der Dächer regelt, sind
Dächer als gestalterische Einheit mit Bezug zur umgebenden Bausubstanz
(Dachformen, Materialien) und Siedlungsstruktur zu gestalten (Abs. 1). In der
Dorfkernzone sind ausschliesslich Giebeldächer mit einer Dachneigung nicht
kleiner als 3° (~5,2 %) zulässig; Pult- und Flachdächer sind nur für Anbauten
und Kleinbauten erlaubt (Abs. 2).

3.1 Die Vorinstanz hat erwogen, aus der Verankerung einer positiven
Ästhetikklausel in Art. 73 Abs. 1 KRG/GR folge, dass es nicht genüge, wenn ein
Bauvorhaben als solches nicht störend wirke. Allerdings dürften die
Anforderungen nicht derart hoch angesetzt werden, wie dies etwa der Fall wäre,
wenn statt einer guten eine optimale Gesamtwirkung verlangt würde. Ergänzend
zur kantonalen Ästhetikvorschrift nach Art. 73 Abs. 1 KRG/GR seien vorliegend
auch die kommunalen Gestaltungsvorschriften gemäss Art. 20 Abs. 2 und Art. 50
Abs. 1 und 2 Baugesetz/Untervaz zu beachten. Letztere Bestimmung schliesse
Kreuzgiebeldächer zwar nicht von vornherein aus; solche seien aber in Untervaz,
wie dargelegt, nicht üblich.
Die Vorinstanz hat gefolgert, mit dem geplanten Mehrfamilienhaus würde sowohl
ortsbaulich als auch raumgestalterisch ein markanter Gegenpol zu der bisher
üblichen Bauweise gesetzt. Insbesondere aufgrund der ausserordentlichen
Massigkeit und der untypischen Dachkonstruktion, welche eine viel intensivere
und höhere Nutzung des Dachgeschosses als üblich erlauben würde, passe das
Neubauprojekt nicht gut in die bestehende Siedlungsstruktur der Gemeinde. Der
Schluss des Gemeindevorstands, das Projekt sei mit den Gestaltungsvorschriften
nicht vereinbar, sei nicht zu beanstanden. Einen Anspruch auf vollständige
Ausnützung der Bauparzelle habe die Beschwerdeführerin nicht. Der
Vollständigkeit halber sei zu erwähnen, dass bereits im Bericht der Stauffer &
Studach AG vom 5. September 2011 auf konstruktive Art und Weise aufgezeigt
worden sei, inwiefern und unter welchen Prämissen die nachgesuchte
Baubewilligung erteilt werden könnte.

3.2 Die Beschwerdeführerin macht geltend, der Gemeindevorstand habe seinen
Ermessensspielraum missbraucht respektive überschritten. Mit dem in Art. 73
Abs. 1 KRG/GR umschriebenen positiven Gestaltungsziel solle die Basis für die
Erhaltung und Förderung einer guten Architektur geschaffen werden, was auch
neue Formen in alten Strukturen möglich mache. Die Beurteilungen der Gemeinde
und der Vorinstanz beschränkten sich auf die Würdigung des Bauprojekts als
solches. Hingegen fehle eine differenzierte Auseinandersetzung mit der
baulichen und landschaftlichen Umgebung. Im Ergebnis könne dem geplanten
Bauprojekt die gute Gesamtwirkung im Sinne von Art. 73 Abs. 1 KRG/GR nicht
abgesprochen werden. Art. 20 Abs. 2 und Art. 50 Abs. 1 und 2 Baugesetz/Untervaz
gingen in ihrem Gehalt nicht über Art. 73 Abs. 1 KRG/GR hinaus.
Die Beschwerdeführerin führt weiter aus, die Stauffer & Studach AG habe in
ihrem Bericht vom 5. September 2011 namentlich empfohlen, die Gebäudehöhe auf
maximal drei Vollgeschosse zu reduzieren. Damit werde in Anwendung der
Ästhetikvorschriften eine Beschränkung der nach dem kommunalen Baugesetz in der
Dorfkernzone zulässigen Nutzung angestrebt, was nicht Sinn und Zweck von Art.
73 Abs. 1 KRG/GR sein könne. Zugleich bedeute eine solche massive
Nutzungsbeschränkung einen schweren Eingriff in die Eigentumsgarantie. Dieser
Eingriff stütze sich nicht auf eine hinreichende gesetzliche Grundlage, liege
nicht im öffentlichen Interesse und sei unverhältnismässig.

3.3 Die angefochtene Verweigerung der Baubewilligung stellt eine Einschränkung
der Eigentumsgarantie (Art. 26 BV) dar, die nur zulässig ist, wenn die
Voraussetzungen von Art. 36 BV erfüllt sind. Die Pflicht zur Einhaltung von
Ästhetikvorschriften belastet den Eigentümer in der Regel nicht besonders
schwer, weil dadurch seine baulichen Möglichkeiten lediglich in einzelnen
Punkten, aber nicht grundsätzlich in Frage gestellt werden (BGE 115 Ia 363 E.
2a S. 365). So verhält es sich bei der vorliegend zu beurteilenden
Angelegenheit (vgl. auch E. 3.4 i.f.). Entgegen der Auffassung der
Beschwerdeführerin ist daher die Auslegung und Anwendung des kantonalen Rechts
nur unter dem Gesichtspunkt der Willkür zu prüfen.
Art. 73 Abs. 1 KRG/GR stellt eine positive ästhetische Generalklausel dar. Im
Unterschied zu den entsprechenden negativen Klauseln, welche eine Verunstaltung
eines Stadt- oder Quartierbilds verbieten, verlangt Art. 73 Abs. 1 KRG/GR
positiv, dass die Baute nach den Regeln der Baukunst so zu gestalten und
einzuordnen ist, dass mit der Umgebung und der Landschaft eine gute
Gesamtwirkung entsteht.
Widerspricht eine geplante Baute den Bau- und Zonenvorschriften, indem sie
beispielsweise Vorschriften über die Ausnützungsziffer, die Gebäudehöhe oder
-länge oder die Geschosszahl missachtet, so stellt sich die Frage der
Einordnung bzw. der Ästhetik nicht, da die Bewilligung ohnehin zu verweigern
ist. Bauten haben indes nicht nur die geltende Bau- und Zonenordnung
einzuhalten, sondern auch allfällige strengere ästhetische Schutzbestimmungen -
wie vorliegend Art. 73 Abs. 1 KRG/GR - zu erfüllen. Ästhetikvorschriften haben
eine eigenständige Bedeutung. Sie sind nicht von vornherein eingehalten, wenn
die Bauvorschriften respektiert werden, denn die Schutzbereiche der Normen
decken sich nicht zwingend (Urteil 1P.709/2004 vom 15. April 2005 E. 2.3, in:
ZBl 107/2006 S. 422). Indes darf die Anwendung einer positiven Ästhetikklausel
nicht dazu führen, dass generell - etwa für die ganze Dorfkernzone - die
Zonenordnung ausser Kraft gesetzt würde. Hat der Gesetzgeber z.B. eine
bestimmte Geschosszahl zugelassen, ginge es nicht an, generell nur ein Geschoss
weniger zu bewilligen mit der Begründung, nur dadurch würde eine gute
Gesamtwirkung erreicht (vgl. BGE 114 Ia 343 E. 4b S. 345 f.; 115 Ia 370 E. 5 S.
376 f.). Die Ästhetikklausel darf auch nicht die Funktion einer Planungszone
übernehmen und dazu verwendet werden, die bestehenden Bauvorschriften ausser
Kraft zu setzen und eine künftige Nutzungsordnung zu sichern (PETER HÄNNI,
Planungs-, Bau- und besonderes Umweltschutzrecht, 5. Aufl. 2008, S. 318 f.).
Die Frage, ob eine gute Gesamtwirkung im Sinne von Art. 73 Abs. 1 KRG/GR
erzielt wird, ist im Einzelfall anhand der konkreten Verhältnisse zu prüfen
(vgl. Urteile 1C_115/2011 vom 17. Mai 2011 E. 3.3 und 1P.23/2007 vom 16. Mai
2007 E. 4.5). Den kommunalen Behörden steht bei der Anwendung der Bestimmung
ein Ermessensspielraum zu, der im Rechtsmittelverfahren zu beachten ist. Ist
der Einordnungsentscheid einer kommunalen Behörde nachvollziehbar, beruht er
mithin auf einer vertretbaren Würdigung der massgebenden Sachumstände, so haben
die Rechtsmittelinstanzen diesen zu respektieren und dürfen das Ermessen der
kommunalen Behörde nicht durch ihr eigenes ersetzen (Urteile 1C_39/2012 vom 2.
Mai 2012 E. 2.3.2 und 1C_414/2010 vom 23. Dezember 2010 E. 2.3.2).

3.4 Die geplante Baute hält die in der Dorfkernzone geltenden Bestimmungen zur
Gesamt- und Fassadenhöhe, zur Gebäudelänge und zum Grenzabstand ein; eine
bestimmte Ausnützungsziffer wird nicht verlangt (vgl. Art. 13 Baugesetz/
Untervaz). Auch ein zonenkonformes Bauprojekt kann jedoch nach dem Gesagten
gestützt auf Art. 73 Abs. 1 KRG/GR abgelehnt werden, wenn es zufolge der
baulich vorgegebenen Verhältnisse zu keiner guten Gesamtwirkung zu führen
vermag.
Die Vorbringen der Beschwerdeführerin sind nicht geeignet, die den
Einordnungsentscheid des Gemeindevorstands bestätigende Würdigung der
Vorinstanz als willkürlich erscheinen zu lassen. Aus den in den Akten
befindlichen Plänen, der Fotodokumentation und der Modellfotografie ergibt
sich, dass die Einschätzung der Vorinstanz, das geplante Gebäude hebe sich
ästhetisch stark von seiner Umgebung ab, nicht zu beanstanden ist. So finden
sich in Untervaz vor allem 3-geschossige, kleinteilige Häuser mit Frontbreiten
von rund 14 m, kleinformatigen Fenstern und kleinen Balkonen sowie einfachen
Giebel- und Satteldächern. Von diesen Häusern unterscheidet sich das geplante
Gebäude durch eine höhere Geschosszahl, längere Seiten (23 m verglichen mit
rund 14 m) und ein deutlich höheres Gebäudevolumen sowie in Bezug auf die
Fenster-, Balkon- und Dachgestaltung.
Der Verweis der Vorinstanz auf die (unverbindlichen) Empfehlungen der Stauffer
& Studach AG in deren Bericht vom 5. September 2011 kann nicht dahingehend
verstanden werden, dass die Erstellung von mehr als 3-geschossigen Gebäuden und
die Errichtung von Kreuzgiebeldächern generell als unzulässig angesehen werden,
stünde dies doch in Widerspruch zu den geltenden Bau- und Zonenvorschriften.
Aus der Urteilsbegründung geht hervor, dass nicht einzelne Komponenten der
Baute wie die Geschosszahl und die Dachform als solche für die Beurteilung
entscheidend gewesen sind. Vielmehr hat die Vorinstanz eine Gesamtwürdigung
vorgenommen und dargelegt, dass die geplante Baute in derart vielen Punkten von
den bestehenden Gebäuden abweicht, dass bei einer Gesamtbetrachtung nicht mehr
von einer guten Gesamtwirkung mit der Umgebung gesprochen werden kann.
Es bleibt der Beschwerdeführerin überlassen, auf welche Weise sie die vom
Gesetz verlangte gute Einordnung ihres Projekts erzielen will. Sie wird dabei
wohl gewisse Abstriche bei der Ausnützung ihres Grundstücks vornehmen müssen.
Doch muss dies nicht zwingend durch Reduktion der Geschosszahl geschehen,
weshalb auch nicht von einer schweren Eigentumsbeschränkung gesprochen werden
kann, wie die Beschwerdeführerin behauptet.

3.5 Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Beurteilung der Vorinstanz, die
geplante Baute sei nicht so gestaltet und ordne sich nicht so ein, dass mit der
Umgebung eine gute Gesamtwirkung entstehe, ohne Weiteres vertretbar ist. Eine
willkürliche Anwendung von Art. 73 Abs. 1 KRG/GR ist zu verneinen. Dass Art. 20
Abs. 2 und Art. 50 Abs. 1 und 2 Baugesetz/Untervaz willkürlich angewendet
worden wären, wird von der Beschwerdeführerin nicht gerügt und ist auch nicht
ersichtlich.
Die geltend gemachte Eigentumsbeschränkung lässt sich damit auf eine genügende
gesetzliche Grundlage stützen.

3.6 Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts liegen Massnahmen zum Schutz von
Baudenkmälern, des Ortsbilds und von ästhetischen Anliegen im öffentlichen
Interesse. Dabei verdienen nicht nur einzelne Objekte Schutz , sondern auch
ganze Ensembles von Bauten und deren nähere Umgebung (BGE 115 Ia 370 E. 3a S.
373).
Die Beschwerdeführerin stellt nicht in Frage, dass ein öffentliches Interesse
an der Erhaltung eines einheitlichen Ortsbilds von Untervaz besteht. Die
Anforderungen, welche die kantonalen Instanzen bei der Anwendung von Art. 73
Abs. 1 KRG/GR sowie von Art. 20 und 50 des kommunalen Baugesetzes stellen,
dienen diesem Zweck. Der Überbaubarkeit der Parzelle der Beschwerdeführerin
werden dadurch zwar gewisse Grenzen gesetzt. Doch kann aus der Ablehnung des
eingereichten Baugesuchs nicht geschlossen werden, dass die Überbauung des
fraglichen Landstücks übermässig erschwert würde. Eine Verletzung der
Eigentumsgarantie ist daher zu verneinen.

4.
Die Beschwerde ist aus diesen Gründen abzuweisen. Bei diesem Ausgang des
Verfahrens hat die Beschwerdeführerin die Kosten des bundesgerichtlichen
Verfahrens zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Sie hat keinen Anspruch auf eine
Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, der Gemeinde Untervaz und dem
Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden, 5. Kammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 28. März 2013
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Das präsidierende Mitglied: Aemisegger

Der Gerichtsschreiber: Stohner