Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.413/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
1C_413/2012

Urteil vom 14. Juni 2013

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Merkli, Chaix,
Gerichtsschreiber Uebersax.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Fürsprecher und Notar Dieter Haas,

gegen

A.________ AG,
Beschwerdegegnerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Philippe Rosat,

Einwohnergemeinde Muri b. Bern, Gemeindeverwaltung, Thunstrasse 74, 3074 Muri
b. Bern,
handelnd durch die Baubewilligungsbehörde der Einwohnergemeinde Muri bei Bern,
Gemeindeverwaltung, Thunstrasse 74, 3074 Muri b. Bern,
Bau-, Verkehrs- und Energiedirektion des Kantons Bern, Rechtsamt, Reiterstrasse
11, 3011 Bern.

Gegenstand
Ausbau Eichholzweg,

Beschwerde gegen das Urteil vom 25. Juni 2012 des Verwaltungsgerichts des
Kantons Bern.

Sachverhalt:

A.

A.a. Am 20. Mai 2008 genehmigte das Amt für Gemeinden und Raumordnung des
Kantons Bern eine Nutzungsplanänderung im Bereich des Eichholzweges auf dem
Gebiet der Einwohnergemeinde Muri/BE und erteilte im Zusammenhang damit eine
bis zum 31. Dezember 2012 befristete Rodungsbewilligung. Diese Verfügung wurde
rechtskräftig.

A.b. Am 25. September 2008 ging bei der Einwohnergemeinde Muri ein Baugesuch
der A.________ AG ein für die Sanierung und Verbreiterung des Eichholzwegs
entlang der Waldparzellen Muri Gbbl. Nrn. xxx und yyy auf der einen und der in
der Landhauszone (WL) gelegenen Parzellen Muri Gbbl. Nrn. zzz, uuu und vvv auf
der anderen Seite sowie für die Verschiebung des bestehenden Wendehammers auf
Parzelle Nr. yyy. Das Projekt steht unter anderem im Zusammenhang mit einem
Bauvorhaben auf der Parzelle Muri Gbbl. Nr. www und gewährleistet dazu die
Erschliessung. Gegen das Wegprojekt erhob insbesondere X.________ als
Eigentümerin der am Eichholzweg liegenden und unmittelbar an das betroffene
Strassenstück angrenzenden und durch dieses erschlossenen Parzelle Muri Gbbl.
Nr. qqq Einsprache. Am 19. Dezember 2008 erteilte die Einwohnergemeinde Muri
durch ihre Baukommission die Baubewilligung für das Wegprojekt.

A.c. Mit Entscheid vom 19. Oktober 2009 wies die Bau-, Verkehrs- und
Energiedirektion des Kantons Bern eine dagegen unter anderem von X.________
eingereichte Beschwerde ab, soweit sie darauf eintrat. Das Nichteintreten bezog
sich insbesondere darauf, dass nicht, wie beantragt, aktuelle Pläne für die
Überbauung der Parzelle Muri Gbbl. Nr. www beigezogen wurden, da dieses Projekt
nicht Streitgegenstand bildete.

A.d. Am 21. Juni 2010 hiess das Verwaltungsgericht des Kantons Bern eine
dagegen erhobene Beschwerde wegen Verletzung der Ausstandsregeln gut und wies
die Akten zu neuem Entscheid an die Einwohnergemeinde Muri zurück. Das
Verwaltungsgericht führte aus, dass jedenfalls in der Person von B.________
(als Mitglied der Baukommission) und C.________ (als Präsident der
Baukommission) die Ausstandspflicht verletzt worden sei, da sie als Unternehmer
am Bauvorhaben beteiligt oder zumindest damals noch beteiligt gewesen seien und
deshalb unmittelbar persönliche Interessen am fraglichen Geschäft hätten. Offen
liess das Verwaltungsgericht, ob bei D.________ (Vizepräsident der
Baukommission), der in der Seitenlinie mit B.________ verschwägert ist,
ebenfalls eine Ausstandspflicht bestand.

A.e. Mit Gesamtentscheid vom 16. September 2010 erteilte die Baukommission der
Einwohnergemeinde Muri in teilweise neuer Besetzung und insbesondere ohne
Mitwirkung von B.________, C.________ und D.________ erneut die Baubewilligung
für das Wegprojekt.

B.
Am 20. Mai 2011 wies die Bau-, Verkehrs- und Energiedirektion des Kantons Bern
eine dagegen von X.________ erhobene Beschwerde ab, soweit sie darauf eintrat.

C.
Dagegen reichte X.________ Beschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons Bern
ein, wobei sie einerseits erneut die Verletzung von Ausstandsregeln rügte,
andererseits in der Sache die Vereinbarkeit des Wegausbaus mit dem kantonalen
Recht bestritt. Mit Urteil vom 25. Juni 2012 wies das Verwaltungsgericht des
Kantons Bern die Beschwerde ab, soweit es darauf eintrat.

D.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht
beantragt X.________, das Urteil des Verwaltungsgerichts aufzuheben und das
Baugesuch abzuweisen. In der Begründung wird hauptsächlich erneut die
Verletzung von Ausstandsregeln geltend gemacht. Ergänzend ersuchte X.________
um Erteilung der aufschiebenden Wirkung und Anordnung vorsorglicher Massnahmen.

E.
Die A.________ AG sowie das Verwaltungsgericht schliessen auf Abweisung der
Beschwerde. Die Bau-, Verkehrs- und Energiedirektion hat auf eine Stellungnahme
verzichtet. Die Einwohnergemeinde Muri liess sich lediglich im Zusammenhang mit
dem Gesuch um vorsorgliche Massnahmen vernehmen.

F.
Mit Verfügung vom 11. Oktober 2012 erteilte der Präsident der I.
öffentlich-rechtlichen Abteilung des Bundesgerichts der Beschwerde
antragsgemäss die aufschiebende Wirkung. Mit weiterer Verfügung vom 21.
November 2012 wies er hingegen das Gesuch um vorsorgliche Massnahmen ab, das im
Zusammenhang mit den geplanten Rodungsarbeiten im fraglichen Waldbereich stand.

G.
Mit Replik und Duplik halten X.________ einerseits und die A.________ AG
andererseits an ihren Anträgen und Standpunkten fest. Die Bau-, Verkehrs- und
Energiedirektion hat erneut auf eine Stellungnahme verzichtet, reichte
ergänzend aber eine inzwischen neu ergangene Verfügung ein, mit der die Fristen
für die bewilligten Rodungsarbeiten und Ersatzaufforstungen verlängert wurden.
Das Verwaltungsgericht und die Einwohnergemeinde Muri liessen sich innert Frist
nicht mehr vernehmen.

H.
Am 11. Februar 2013 äusserte sich X.________ nochmals zur Sache und teilte
dabei insbesondere mit, die Fristverlängerungen im Zusammenhang mit den
bewilligten Rodungsarbeiten angefochten zu haben.

Erwägungen:

1.

1.1. Gemäss Art. 82 lit. a BGG beurteilt das Bundesgericht Beschwerden in
Angelegenheiten des öffentlichen Rechts. Dieses Rechtsmittel steht auch auf dem
Gebiet des Raumplanungs- und Baurechts zur Verfügung. Das Bundesgerichtsgesetz
enthält dazu keinen Ausschlussgrund. Nach Art. 34 Abs. 1 RPG gelten für die
Rechtsmittel an die Bundesbehörden die allgemeinen Bestimmungen über die
Bundesrechtspflege (BGE 133 II 249 E. 1.2 S. 251; 133 II 409 E. 1.1 S. 411).
Beim angefochtenen Entscheid handelt es sich um einen anfechtbaren kantonal
letztinstanzlichen Endentscheid (vgl. Art. 86 Abs. 1 lit. d und Art. 90 BGG).
Die Beschwerdeführerin, die schon vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen
hat, ist als Eigentümerin eines direkten Nachbargrundstückes, das über die hier
strittige Wegparzelle erschlossen wird, und direkte Adressatin des
angefochtenen Entscheids gemäss Art. 89 Abs. 1 BGG zur Beschwerde legitimiert.

1.2. Streitgegenstand ist einzig der Entscheid über die Bewilligung der
Sanierung und Verbreiterung des Eichholzwegs und der Verschiebung des
bestehenden Wendehammers. Nicht Streitobjekt bilden das eigentliche
Überbauungsprojekt sowie insbesondere die rechtskräftig erteilte
Rodungsbewilligung und auch nicht die von der Beschwerdeführerin in einem
separaten Verfahren angefochtene Verfügung über die Verlängerung der
entsprechenden Fristen.

2.

2.1. Mit der Beschwerde an das Bundesgericht kann, von hier nicht
interessierenden Ausnahmen abgesehen, nur die Verletzung von Bundesrecht,
Völkerrecht und kantonalen verfassungsmässigen Rechten (vgl. Art. 95 lit. a-c
BGG) sowie die offensichtlich unrichtige Feststellung des Sachverhaltes (vgl.
Art. 97 Abs. 1 BGG) gerügt werden.

2.2. Gemäss Art. 42 Abs. 2 BGG ist in der Begründung in gedrängter Form
darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt. Der Beschwerdeführer
muss sich wenigstens kurz mit den Erwägungen des angefochtenen Entscheids
auseinandersetzen. Rein appellatorische Kritik ohne Bezug zum angefochtenen
Entscheid genügt nicht. Zwar wendet das Bundesgericht das Recht grundsätzlich
von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Das setzt aber voraus, dass auf die
Beschwerde überhaupt eingetreten werden kann, diese also wenigstens die
Begründungsanforderungen von Art. 42 Abs. 2 BGG erfüllt. Strengere
Anforderungen gelten, wenn die Verletzung von Grundrechten (einschliesslich der
willkürlichen Anwendung von kantonalem Recht und Willkür bei der
Sachverhaltsfeststellung) geltend gemacht wird. Dies prüft das Bundesgericht
grundsätzlich nur insoweit, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht
und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG). Das Bundesgericht prüft nur
klar und detailliert erhobene und, soweit möglich, belegte Rügen (BGE 133 II
249 E. 1.4 S. 254 f.).

2.3. Die Beschwerdebegründung äussert sich nur noch zur Ausstandsfrage sowie
zur Tragweite des ersten Urteils des Verwaltungsgerichts, enthält jedoch keine
davon unabhängigen Ausführungen zur Sache. Abgesehen davon begründet die
Beschwerdeführerin den Antrag auf Abweisung des Baugesuchs nicht. Die
umfangreiche Beschwerdebegründung ist zu einem grossen Teil appellatorischer
Natur. Auf die Beschwerde ist mithin nur soweit einzutreten, als sich die
Beschwerdeführerin konkret zur Verletzung von Bundesrecht durch den
angefochtenen Entscheid selbst äussert und sich nicht in weitschweifigen
Wiederholungen zu bereits der Vorinstanz unterbreiteten Argumenten ergeht.

2.4. Sodann legt die Beschwerdeführerin nicht dar, inwieweit das von ihr
angerufene kommunale Recht, namentlich das Personalreglement der
Einwohnergemeinde Muri, in einer gegen Bundesrecht verstossenden Weise
angewendet worden sein sollte. Auch darauf kann daher nicht eingetreten werden.

2.5. Die Beschwerdegründe müssen innerhalb der 30-tägigen Frist nach Art. 100
Abs. 1 BGG genannt werden. Neue Argumente in späteren Rechtsschriften sind nur
dann zulässig, wenn erst die Vernehmlassungen dazu Anlass geben. Soweit die
Beschwerdeführerin erst in ihrer Duplik Argumente vorträgt, die sie schon
vorher hätte geltend machen können, kann darauf nicht eingetreten werden, da
dazu nicht erst die Stellungnahme der Beschwerdegegnerin Anlass gegeben hat.
Das gilt insbesondere für die im Zusammenhang mit dem Bauentscheid der
Baukommission vom 31. Dezember 2008 über das Bauprojekt auf der Parzelle Muri
Gbbl. Nr. www stehenden Umstände.

2.6. Soweit die Beschwerdeführerin schliesslich geltend macht, die
vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen seien falsch, legt sie nicht in
genügendem Masse dar, dass diese offensichtlich unrichtig, d.h. willkürlich
erhoben worden sein sollten. Die Offensichtlichkeit der Sachverhaltsfehler
wird, wie das notwendig wäre, weder dargelegt noch ist sie ersichtlich. Es ist
auch nicht nachvollziehbar, weshalb die Sachverhaltsfeststellungen
unvollständig sein sollten, wie die Beschwerdeführerin ebenfalls behauptet. Die
tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz sind damit nicht zu beanstanden und
erweisen sich als für das Bundesgericht verbindlich (vgl. Art. 97 Abs. 1 und
Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG).

3.
Nach Art. 99 BGG dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nur so weit vorgebracht
werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt. Diese
Voraussetzung ist bei den nachträglich eingereichten Unterlagen zur
Rodungsbewilligung nicht erfüllt, weshalb diese unbeachtlich sind. Im
Wesentlichen beziehen sie sich ohnehin auf Vorgänge ausserhalb des
Streitgegenstandes. Soweit daraus indirekt Folgerungen zur Ausstandspflicht
abgeleitet werden, sind sie verspätet. Zwar können spätere Ereignisse eine
bereits früher eingetretene Ausstandspflicht bestätigen, doch muss diese
bereits im fraglichen Zeitpunkt bestanden haben und ersichtlich gewesen sein,
um Rechtswirkungen zu entfalten. Die Nachreichung entsprechender Unterlagen im
bundesgerichtlichen Verfahren, d.h. nach dem Zeitpunkt, in dem der kantonal
letztinstanzliche Entscheid ergangen ist, ist aber ausgeschlossen.

4.

4.1. Bei einer kommunalen Baukommission handelt es sich nicht um ein Gericht im
Sinne von Art. 30 BV, sondern um eine Verwaltungsbehörde, bei der die aus Art.
6 EMRK bzw. Art. 30 Abs. 1 BV ableitbaren Ansprüche auf ein unparteiliches
Gericht nicht anwendbar sind. Wann Mitglieder einer Verwaltungsbehörde in den
Ausstand zu treten haben, ergibt sich einerseits aus dem anwendbaren kantonalen
Verfahrensrecht und andererseits aus den aus Art. 29 Abs. 1 BV herleitbaren
Grundsätzen (vgl. BGE 125 I 119 E. 3 S. 123 ff., 209 E. 8 S. 217 ff.; Urteile
2D_29/2009 vom 12. April 2011 E. 3.2 und 1C_100/2012 vom 16. Oktober 2012 E.
2.2). Die Beschwerdeführerin beruft sich zur Begründung ihres Standpunktes
nicht auf das kantonale Recht und dessen Bestimmungen über den Ausstand,
sondern rügt ausschliesslich die Verletzung von Bundesverfassungsrecht.

4.2. In Analogie zu Art. 30 Abs. 1 BV verpflichtet Art. 29 Abs. 1 BV eine
Amtsperson zum Ausstand, wenn Umstände vorliegen, die nach objektiven
Gesichtspunkten geeignet sind, den Anschein der Befangenheit zu erwecken (BGE
127 I 196 E. 2b S. 198 f.). Bei Ausstandsbegehren gegen Verwaltungsbehörden ist
freilich den jeweiligen konkreten Verhältnissen in besonderem Masse Rechnung zu
tragen (BGE 125 I 209 E. 8a S. 218; Urteil 2D_29/2009 vom 12.April 2011 E.
3.3). So wirkt sich etwa die Art der Funktion, die das abgelehnte
Behördenmitglied erfüllt, auf die Beurteilung des gegen ihn gerichteten
Ausstandsbegehrens aus (BGE 125 I 119 E. 3f S. 124 f., 209 E. 8a S. 218; Urteil
2D_29/2009 vom 12. April 2011 E. 3.3). Nach der Rechtsprechung haben
nichtrichterliche Amtspersonen im Wesentlichen nur dann in den Ausstand zu
treten, wenn sie an der zu behandelnden Sache ein persönliches Interesse haben,
zu einem früheren Zeitpunkt gegenüber der Partei ihre persönliche
Geringschätzung oder Abneigung zum Ausdruck gebracht haben oder wenn ihnen
Verfahrens- oder Ermessensfehler unterlaufen sind, die nach ihrer Natur oder
wegen ihrer aussergewöhnlichen Häufung besonders schwer wiegen und auf eine
gravierende Verletzung ihrer Amtspflichten gegenüber dem Betroffenen
hinauslaufen (vgl. BGE 125 I 119 E. 3e S. 124; Urteil 2D_29/2009 vom 12. April
2011 E. 3.3).

5.

5.1. Das Verwaltungsgericht begründete in seinem ersten Urteil vom 21. Juni
2010 eine Verletzung der Ausstandsregeln in zwei Fällen bzw. einen möglichen
Verstoss dagegen in einem dritten Fall wegen der bestehenden persönlichen
Interessen am Baugesuch bzw. wegen massgeblicher enger Beziehungen zu einer
daran interessierten Person. Die drei betroffenen Personen waren am zweiten
Entscheid nicht mehr beteiligt.

5.2. Ein persönliches Interesse am Bauvorhaben ist weder bei den verbleibenden
Mitgliedern der Baukommission noch beim Bauverwalter der Gemeinde nachgewiesen.

5.3. Die Beschwerdeführerin sieht eine Ausstandspflicht derjenigen vier
Mitglieder der Baukommission, die bereits am ersten Entscheid der Baukommission
beteiligt waren, und des Bauverwalters darin, dass diese damals nicht den
Ausstand der drei ausstandspflichtigen Personen verlangt hätten.

5.3.1. Es erscheint fraglich, ob die Beschwerdeführerin mit ihrer Argumentation
nicht bereits im ersten Verfahren den Ausstand der gesamten Baukommission und
des Bauverwalters hätte verlangen müssen und diese Rüge daher heute verspätet
ist. Ein Ausstand ist so rasch als möglich geltend zu machen, und der von der
Beschwerdeführerin nunmehr angerufene Zusammenhang war an sich schon im ersten
verwaltungsgerichtlichen Verfahren bekannt. Wie es sich damit verhält, kann
jedoch offen bleiben.

5.3.2. Eine Reflexwirkung der Ausstandspflicht, wie sie die Beschwerdeführerin
annimmt, fiele höchstens dann in Betracht, wenn die übrigen am ersten Entscheid
über die Baubewilligung beteiligten Personen über eine offensichtliche
Ausstandspflicht im Entscheidgremium hinweggesehen hätten. Das trifft nicht zu.
Das Verhalten der übrigen Mitglieder der Baukommission und des Bauverwalters
steht im Zusammenhang mit dem Gemeinderecht des Kantons Bern. Das bernische
Gemeindegesetz vom 16. März 1998 (GG) enthält eine ausdrückliche Regelung des
Ausstandes. Art. 47 GG (in der hier anwendbaren Fassung vom 10. April 2008)
nennt die für die Gemeindebehörden geltenden Ausstandsgründe, wozu insbesondere
die persönliche Interessenbindung, nicht aber Befangenheit zählt. Nach Art. 48
GG dürfen sich sodann Ausstandspflichtige vor Verlassen des Raumes zur Sache
äussern. Mit Blick auf Art. 29 Abs. 1 BV erscheinen vom Wortlaut her sowohl
Art. 47 GG als zu eng als auch Art. 48 als zu weitgehend und sind daher
verfassungskonform anzuwenden. Das Verwaltungsgericht hielt denn auch in seinem
ersten Urteil vom 21. Juni 2010 imWesentlichen fest, wer der Ausstandspflicht
unterliege, dürfe nicht noch an der Beratung eines Geschäftes teilnehmen.
Solches war aber offenbar in den bernischen Gemeinden aufgrund der kantonalen
Gemeindegesetzgebung verbreitet (vgl. Daniel Arn, in: Arn et al., Kommentar zum
Gemeindegesetz des Kantons Bern, 1999, S. 326 N. 3 zu Art. 48 GG). Die
Ausstandspflicht der drei betroffenen Mitglieder der Baukommission war demnach
nicht derart offensichtlich, dass den übrigen Mitgliedern und dem Bauverwalter
deshalb Befangenheit vorzuwerfen wäre, weil sie deren Ausstand nicht erzwungen
haben.

5.4. Die Beschwerdeführerin sieht sodann eine Ausstandspflicht in behaupteten
krassen und wiederholten Irrtümern bei der Baukommission und beim Bauverwalter.
Sie erwähnt dazu vereinzelte Vorgänge, doch kommt keinem derselben eine solche
Bedeutung zu, dass von einer massgeblichen gravierenden Verletzung der
Amtspflichten auszugehen wäre. Vielmehr handelt es sich um übliche behördliche
Abläufe, die sich im Bedarfsfall auf dem Rechtsmittelweg korrigieren lassen,
wie dies bei der missachteten Ausstandspflicht im ersten Umgang vor der
Baukommission durch das entsprechende Urteil des Verwaltungsgerichts auch
geschehen ist. Andere verbindlich festgestellte oder auch nur klar erkennbare
Verfahrens- oder Ermessensfehler, die nach ihrer Natur oder wegen ihrer
aussergewöhnlichen Häufung besonders schwer wiegen und eine Ausstandspflicht
weiterer Beteiligter begründen könnten, vermag die Beschwerdeführerin nicht
darzutun. Das gilt insbesondere für die nach Ansicht der Beschwerdeführerin
unzulässigerweise gewährte Einsicht in aufliegende Akten durch den Bauverwalter
an Dritte. Soweit die Beschwerdeführerin sich darüber hinaus inhaltlich mit
verschiedenen im Zusammenhang mit den diversen Baugesuchen ergangenen
Entscheiden auseinandersetzt, bildet das hier nicht Streitgegenstand, weshalb
darauf nicht weiter einzugehen ist.

5.5. Die Beschwerdeführerin begründet schliesslich eine Ausstandspflicht des
Bauverwalters damit, dass dieser ihr Querulanz vorgeworfen habe, was seine
Voreingenommenheit belege und womit er ihr gegenüber seine persönliche
Geringschätzung zum Ausdruck gebracht habe.

5.5.1. Art. 47 GG kennt den Ausstandsgrund der Voreingenommenheit, im
Unterschied zum auf kantonale Behörden anwendbaren Art. 9 des bernischen
Gesetzes vom 23. Mai 1989 über die Verwaltungsrechtspflege (VRPG), nicht. Aus
der Garantie eines gerechten Verfahrens gemäss Art. 29 Abs. 1 BV ergibt sich
immerhin ein Anspruch auf ein bestimmtes Mass an Unvoreingenommenheit von
Verwaltungsbehörden, ohne dass der gleich strenge Massstab wie für unabhängige
richterliche Behörden (gemäss Art. 30 Abs. 1 BV) gilt. Die eigentliche Frage
der Vorbefassung (dazu das Urteil des Bundesgerichts 1C_100/2012 vom 16.
Oktober 2012 E. 2.2) stellt sich hier nicht. Vielmehr geht es darum, ob der
Bauverwalter allenfalls dadurch, dass er der Beschwerdeführerin vor der
Entscheidfällung Querulanz vorwarf, mangelnde Neutralität offenbarte. Wie
bereits dargelegt (E. 4.2), ist für einen auf Verfassungsrecht gestützten
Ausstandsgrund von Verwaltungsbehörden insofern jedoch erforderlich, dass diese
durch ihr Verhalten oder durch Äusserungen Geringschätzung oder Abneigung zum
Ausdruck bringen.

5.5.2. Es erscheint zumindest ungeschickt und ist in der Tat nicht
unproblematisch, wenn eine Person, die an einem später zu fällenden Entscheid
in wesentlicher Funktion teilnimmt, bereits vorher einem Verfahrensbeteiligten
Querulanz vorwirft. Allerdings braucht damit noch nicht unbedingt eine
persönliche Geringschätzung verbunden zu sein. Querulanz ist ein in der
Verfahrenspraxis gängiger Begriff, der sogar seinen Niederschlag in die
Gesetzgebung gefunden hat (vgl. etwa Art. 42 Abs. 7 BGG) und sich durchaus
objektiv verwenden lässt. Damit von einer im Sinne von Art. 29 Abs. 1 BV
massgeblichen Geringschätzung auszugehen ist, müssen zusätzliche Umstände
hinzutreten. Solche können etwa darin liegen, dass der Vorwurf der Querulanz
bereits bei einer allerersten und objektiv nicht völlig grundlosen Opposition
gegen ein behördliches Vorgehen oder Projekt erhoben wird oder dass der Vorwurf
nicht allein auf Querulanz beschränkt, sondern mit herabwürdigenden weiteren
Begriffen, Kommentaren oder nonverbalem Verhalten verbunden wird.

5.5.3. Das trifft hier nicht zu. Die Beschwerdeführerin befindet sich schon
seit geraumer Zeit im Konflikt mit den Gemeindebehörden und hat sich selbst
nicht immer völlig widerspruchsfrei verhalten. Andere herabwürdigende
Bemerkungen von Seiten des Bauverwalters werden nicht geltend gemacht. Im
Gegenteil hat sich dieser bei der Beschwerdeführerin ausdrücklich entschuldigt.
Eine persönliche Geringschätzung oder Abneigung ist nicht belegt.

5.6. Was die Beschwerdeführerin im Übrigen im Zusammenhang mit der behaupteten
Ausstandspflicht von Mitgliedern der Baukommission und des Bauverwalters
vorbringt, ist appellatorischer Natur und nicht geeignet, eine
Verfassungsverletzung darzutun. Der angefochtene Entscheid ist demnach mit
Bundesrecht vereinbar, soweit er einen Verstoss gegen die Ausstandsregeln
verneinte.

6.
Schliesslich rügt die Beschwerdeführerin, die Gemeinde hätte alle
Verfahrenshandlungen von Beginn des Verfahrens an und nicht bloss diejenigen
von der als fehlerhaft erkannten Beschlussfassung über das Wegprojekt an
wiederholen müssen. Dies träfe jedoch nur dann zu, wenn das Verwaltungsgericht
das in seinem Urteil vom 21. Juni 2010 so angeordnet hätte. Solches lässt sich
dem damaligen Urteil indessen nicht entnehmen und lag auch nicht in der Absicht
des Verwaltungsgerichts, wie sich aus der Urteilsbegründung schliessen lässt
und sich aus dessen Stellungnahme an das Bundesgericht ausdrücklich ergibt. Die
Beschwerdeführerin hätte damals gegen das erste Urteil des Verwaltungsgerichts
Beschwerde beim Bundesgericht führen müssen, um allenfalls die von ihr nunmehr
behauptete weitergehende Folge zu erreichen. Darauf ist daher an sich nicht
zurückzukommen. Nur der Ergänzung halber rechtfertigt sich der Hinweis, dass es
besonderer Umstände bedarf bzw. dass der eigentliche Ausstandsgrund bereits von
Beginn an vorgelegen haben müsste, um von einer derart weit reichenden Wirkung
des Verstosses gegen Ausstandspflichten auszugehen, wie dies die
Beschwerdeführerin behauptet. Solche Zusammenhänge sind hier, wo der fragliche
Ausstandsgrund auf die Teilnahme an der Beratung der Baukommission über das
Baugesuch zurückzuführen ist, nicht ersichtlich.
7.

 Damit ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann.

 Bei diesem Verfahrensausgang wird die unterliegende Beschwerdeführerin
kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1, Art. 65 BGG). Überdies hat sie die
Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche Verfahren angemessen zu
entschädigen (Art. 68 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Die Beschwerdeführerin hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 5'000.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, der Einwohnergemeinde Muri b. Bern, der Bau-,
Verkehrs- und Energiedirektion des Kantons Bern, und dem Verwaltungsgericht des
Kantons Bern schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 14. Juni 2013
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Fonjallaz

Der Gerichtsschreiber: Uebersax

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