Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.410/2012
Zurück zum Index I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2012
Retour à l'indice I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2012


Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente
dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet.
Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem
Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
                                                               Grössere Schrift

Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
1C_410/2012

Urteil vom 11. Juni 2013

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Merkli, Karlen,
Gerichtsschreiber Stohner.

Verfahrensbeteiligte
1.  Wasserversorgungsgenossenschaft Auw,
2.  Gemeinde Auw, 5644 Auw,
Beschwerdeführerinnen,
beide vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Beat Badertscher,

gegen

Regierungsrat des Kantons Aargau, Staatskanzlei, Postfach 2254, 5001 Aarau.

Gegenstand
Moderne Melioration Sins-Reussegg (Wasserbauprojekt),

Beschwerde gegen das Urteil vom 18. Juni 2012 des Verwaltungsgerichts des
Kantons Aargau, 3. Kammer.

Sachverhalt:

A.
Am 4. Oktober 1994 trat § 42 Abs. 5 KV/AG (SR 131.227) in Kraft. Demnach hat
der Kanton Aargau innert zwanzig Jahren nach Inkrafttreten dieser Bestimmung
zum Schutz des bedrohten Lebensraums der Flussauen und zur Erhaltung der
landschaftlich und biologisch einzigartigen, national bedeutsamen Reste der
ehemaligen Auengebiete einen Auen-Schutzpark zu schaffen. Dieser setzt sich,
ausgehend vom Wassertor der Schweiz, aus Teilflächen längs der Flüsse Aare und
Reuss und ihrer Zuflüsse zusammen. Er weist eine Gesamtfläche von mindestens
einem Prozent der Kantonsfläche auf.

 Im Jahr 2001 wurde das Gebiet "Reussegger Schachen" bei Sins per
Richtplan-Beschluss in den Auen-Schutzpark Aargau aufgenommen. In der Folge
wurde die Bodenverbesserungsgenossenschaft Sins-Reussegg gegründet zwecks
Durchführung einer Güterzusammenlegung (Moderne Melioration) nach
Landwirtschaftsrecht (§ 9 ff. des Gesetzes des Kantons Aargau vom 11. November
1980 über die Erhaltung und Förderung der Landwirtschaft [aLwG/AG; SAR 910.100;
in Kraft bis am 31. Juli 2012]).

 Vom 10. August bis zum 8. September 2009 legte die Gemeinde Sins das generelle
Projekt der Modernen Melioration Sins-Reussegg öffentlich auf. Im Perimeter der
gemäss generellem Projekt geplanten Auenlandschaft befinden sich zwei
Grundwasserpumpwerke, nämlich Reussegg I und Reussegg II, welche beide im
Eigentum der Wasserversorgungsgenossenschaft Auw stehen. Deren
Grundwassernutzungskonzession für die beiden Pumpwerke läuft noch bis Ende
2013. Das generelle Projekt sieht vor, in einer ersten Etappe das Pumpwerk
Reussegg II aufzuheben. Um die Trinkwasserversorgung sicherzustellen, ist die
Errichtung eines Ersatzpumpwerks Reussegg Süd ausserhalb des Auenschutzgebiets
geplant. Mittelfristig soll alsdann auch das Pumpwerk Reussegg I stillgelegt
werden.

 Gegen dieses generelle Projekt erhoben die Wasserversorgungsgenossenschaft Auw
und die Gemeinde Auw Einsprache an den Regierungsrat des Kantons Aargau. Sie
beantragten in der Hauptsache, die Pumpwerke Reussegg I und II seien
unverändert beizubehalten und mit einem genügenden Hochwasserschutz gegen die
geplante Auenlandschaft abzugrenzen. Mit Beschluss vom 11. Januar 2011 hiess
der Regierungsrat die Einsprache teilweise gut und verpflichtete den Kanton
Aargau, als Ersatz für die Pumpwerke Reussegg I und II ausserhalb des neu zu
gestaltenden Auenregenerationsgebiets für die Wasserversorgungsgenossenschaft
Auw ohne deren Kostenbeteiligung ein neues Pumpwerk zu erstellen und den
Fassungsbereich des Pumpwerks Reussegg I mit einem temporären Wall so lange vor
oberirdischen Überflutungen bei Hochwasser zu schützen, bis auf dieses Pumpwerk
verzichtet werden könne. Die entsprechende Übergangsfrist sei in der neuen
Konzession festzuhalten. Im Übrigen wies der Regierungsrat die Einsprache ab.

 Die von der Wasserversorgungsgenossenschaft Auw und der Gemeinde Auw gegen
diesen Beschluss geführte Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons
Aargau mit Urteil vom 18. Juni 2012 ab.

B.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ans Bundesgericht vom
29. August 2012 beantragen die Wasserversorgungsgenossenschaft Auw und die
Gemeinde Auw, das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 18. Juni 2012 sei
aufzuheben, und die Sache sei an den Regierungsrat zurückzuweisen, um für die
Pumpwerke Reussegg I und II definitive Hochwasserschutzmassnahmen festzulegen.
Eventualiter sei die Angelegenheit zur weiteren Sachverhaltsabklärung an die
Vorinstanzen zurückzuweisen.

 Mit Verfügung vom 18. September 2012 erkannte der Präsident der I.
öffentlich-rechtlichen Abteilung der Beschwerde aufschiebende Wirkung zu.

 Der Regierungsrat beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen, soweit darauf
eingetreten werden könne. Die Vorinstanz verzichtet auf eine Vernehmlassung.
Das Bundesamt für Umwelt (BAFU) hat eine Stellungnahme zur Beschwerde
eingereicht, ohne ausdrücklich Anträge zu stellen. In ihrer Replik vom 25.
Januar 2013 halten die Beschwerdeführerinnen an ihren Anträgen fest.

Erwägungen:

1.

1.1. Das angefochtene Urteil der Vorinstanz ist ein Entscheid einer letzten
kantonalen Instanz (Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG). Ihm liegt eine gewässerschutz-
und landwirtschaftsrechtliche Streitigkeit und damit eine öffentlich-rechtliche
Angelegenheit zu Grunde (Art. 82 lit. a BGG). Das Bundesgerichtsgesetz enthält
dazu keinen Ausschlussgrund (Art. 83 BGG).

 Zwar schliesst der Entscheid über das generelle Projekt das Verfahren nicht
ab. Es handelt sich somit um einen Zwischenentscheid, der nur unter bestimmten
Voraussetzungen angefochten werden kann (Art. 93 BGG). Indessen sind diese
Voraussetzungen hier erfüllt, da im Rahmen der ersten Etappe bereits Arbeiten
ausgeführt werden müssen, die für die Beschwerdeführerinnen einen nicht wieder
gutzumachenden Nachteil zur Folge haben (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG; dazu
nachfolgend E. 3.1), und zusätzlich auch, weil die Gutheissung der Beschwerde
für die Beschwerdeführerinnen sofort einen Endentscheid bewirken und
weitläufige weitere Abklärungen ersparen würde (Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG).

1.2. Die Beschwerdeführerinnen haben am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen
(Art. 89 Abs. 1 lit. a BGG). Als Eigentümerin der Pumpwerke Reussegg I und II,
welche aufgehoben und ersetzt werden sollen, und als Trägerin der
Wasserversorgung ist die Beschwerdeführerin 1 durch den Entscheid der
Vorinstanz besonders berührt (Art. 89 Abs. 1 lit. b BGG). Gleiches gilt in
Bezug auf die Beschwerdeführerin 2, deren Trinkwasserversorgung durch die
Beschwerdeführerin 1 sichergestellt wird. Die Beschwerdeführerinnen haben ein
schutzwürdiges Interesse an der Aufhebung des angefochtenen Entscheids (Art. 89
Abs. 1 lit. c BGG), da diesfalls beide Pumpwerke weiter betrieben werden
können. Die Beschwerdeführerinnen sind damit zur Beschwerde legitimiert (vgl.
auch BGE 134 II 137 E. 1.2 S. 139).

1.3. Die Beschwerdeführerinnen rügen eine offensichtlich unrichtige
Sachverhaltsfeststellung (vgl. nachfolgend E. 2) in Sinne von Art. 97 Abs. 1
BGG sowie Verletzungen der Verfassungsgrundsätze des öffentlichen Interesses
(vgl. nachfolgend E. 3) und der Verhältnismässigkeit (vgl. nachfolgend E. 4)
gemäss Art. 5 Abs. 2 BV.

 Das angefochtene Urteil führt dazu, dass die Beschwerdeführerin 1 den Betrieb
der beiden in ihrem Eigentum stehenden Pumpwerke einstellen muss. Damit wird
die Eigentumsgarantie nach Art. 26 Abs. 1 BV tangiert. Eingriffe in dieses
Grundrecht bedürfen einer gesetzlichen Grundlage, müssen im öffentlichen
Interesse liegen und verhältnismässig sein (Art. 36 BV). Das
Verhältnismässigkeitsprinzip besagt, dass Eingriffe in die Eigentumsgarantie
für das Erreichen des im öffentlichen Interesse liegenden Ziels geeignet,
erforderlich und dem Betroffenen zumutbar sein müssen. Ob eine
Eigentumsbeschränkung im öffentlichen Interesse liegt und verhältnismässig ist,
prüft das Bundesgericht mit freier Kognition.

2.

2.1. Die Beschwerdeführerinnen bringen vor, die Vorinstanz habe den Sachverhalt
in verschiedener Hinsicht unvollständig und damit offensichtlich unrichtig
festgestellt. Sie führen aus, es seien bislang noch nicht alle für die
Festlegung des definitiven Ersatzstandorts des Pumpwerks Reussegg Süd
erforderlichen Pumpversuche durchgeführt respektive ausgewertet worden. Zudem
sei nicht hinreichend abgeklärt worden, ob von der sich in der Nähe des
geplanten Pumpwerks Reussegg Süd befindlichen ehemaligen Kiesgrube eine
Gefährdung für das Grundwasser ausgehe. Ferner sei anzunehmen, dass die
Bevölkerung und damit auch der Wasserbedarf im Gemeindegebiet in den nächsten
Jahren zunehmen werde. Die Vorinstanz habe nicht untersucht, ob das Pumpwerk
Reussegg Süd in der Lage sein werde, diesen erweiterten Wasserbedarf zu decken.

2.2. Die Vorinstanz hat erwogen, dass für die Festlegung des definitiven
Feinstandorts der Ersatzfassung Reussegg Süd noch weitere Pumpversuche
durchgeführt würden, ändere nichts an der positiven Beurteilung des generellen
Projekts. Dies gelte umso mehr, als dass der Betrieb des Pumpwerks Reussegg I
aufrechterhalten werde, bis das neue Pumpwerk Reussegg Süd während mehrerer
Jahre einwandfrei funktioniere. Gemäss den durchgeführten technischen
Untersuchungen liege der Grobstandort des geplanten Pumpwerks Reussegg Süd
ausserhalb der beiden Ablagerungsstandorte der ehemaligen Kiesgrube, weshalb
von dieser nach dem jetzigen Wissensstand keine Gefährdung für das Grundwasser
ausgehe. Der definitive Feinstandort der neuen Fassung werde aber erst
bestimmt, wenn die noch fehlenden Unbedenklichkeitsnachweise vorliegen würden.
Der Hinweis der Beschwerdeführerinnen auf eine mögliche künftige
Bevölkerungszunahme sei nicht stichhaltig, denn gestützt auf die vorgenommene
Analyse des Trinkwasserbedarfs sei davon auszugehen, dass die jetzige
Entnahmemenge langfristig genüge (Bericht der X.________ AG vom 9. Juni 2010:
Trinkwassernutzung im Reussegger Schachen, Aktuelle Situation und Skizzierung
des zukünftigen Versorgungskonzepts).

2.3. Gemäss Art. 97 Abs. 1 BGG kann die Feststellung des Sachverhalts nur
gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des
Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann. "Offensichtlich
unrichtig" bedeutet dabei "willkürlich" (BGE 135 III 127 E. 1.5 S. 129). Wird
eine Verletzung des Willkürverbots geltend gemacht, muss anhand der
angefochtenen Subsumtion im Einzelnen dargelegt werden, inwiefern der Entscheid
an einem qualifizierten und offensichtlichen Mangel leidet (vgl. BGE 134 II 244
E. 2.2 S. 246).

2.4. Gegenstand des Verfahrens bildet das generelle Projekt der Modernen
Melioration Sins-Reussegg, mit welchem insbesondere der Grobstandort des
geplanten Ersatzpumpwerks Reussegg Süd festgelegt worden ist. In diesem
Verfahrensstadium ist es nicht erforderlich, dass bereits sämtliche Abklärungen
zur Festsetzung des definitiven Feinstandorts der Ersatzfassung durchgeführt
worden sind (vgl. § 15 ff. aLwG/AG). Die Beschwerdeführerinnen legen nicht
substanziiert dar, inwiefern die noch ausstehenden Untersuchungen für die
Beurteilung des generellen Projekts von Entscheidrelevanz sein sollen. Dies ist
auch nicht ersichtlich.

 Des Weiteren hat die Vorinstanz unter Bezugnahme auf den Bericht der
X.________ AG vom 9. Juni 2010 willkürfrei festgestellt, dass die geplante
Ersatzfassung Reussegg Süd die nötige Kapazität aufweist, um den
Trinkwasserbedarf im Gemeindegebiet langfristig zu decken.

 Eine willkürliche Sachverhaltsfeststellung kann der Vorinstanz damit nicht
angelastet werden. Die Beschwerde erweist sich in diesem Punkt als unbegründet,
soweit überhaupt darauf eingetreten werden kann.

3.

3.1. Gemäss Art. 19 Abs. 1 des Gewässerschutzgesetzes (GSchG; SR 814.20) teilen
die Kantone ihr Gebiet nach der Gefährdung der ober- und der unterirdischen
Gewässer in Gewässerschutzbereiche ein. Art. 20 GSchG verpflichtet die Kantone,
Schutzzonen für die im öffentlichen Interesse liegenden Grundwasserfassungen
und -anreicherungsanlagen auszuscheiden und die notwendigen
Eigentumsbeschränkungen festzulegen (vgl. auch Art. 29 der
Gewässerschutzverordnung vom 28. Oktober 1998 [GSchV; SR 814.201]). Die
Grundwasserschutzzonen bestehen aus dem Fassungsbereich (Zone S1), der Engeren
Schutzzone (Zone S2) und der Weiteren Schutzzone (Zone S3; vgl. Anhang 4 Ziff.
121 - 124 GSchV).

 Für die Durchführung der ersten Etappe des Auenschutzprojekts sind im
Fassungsbereich (S1) des Pumpwerks Reussegg II Bodenabtragungen notwendig.
Diese Eingriffe sind unzulässig, da in der Fassungszone (S1) einzig bauliche
Eingriffe und andere Tätigkeiten erlaubt sind, welche der Trinkwasserversorgung
dienen. Bei Durchführung des Projekts kann die Fassung mithin nicht mehr
gewässerschutzrechtskonform geschützt werden. In der zweiten Etappe ist
vorgesehen, den Rückbau des Uferschutzes weiter flussaufwärts auszudehnen,
sodass sich die Schutzzonen des Pumpwerks Reussegg I im Auenregenerationsgebiet
befinden werden. Die Fassungszone (S1) des Pumpwerks Reussegg I wird teilweise
in einem Aushub für ein Seitengerinne liegen, weshalb die Trinkwasserfassung
aus Sicht des Gewässerschutzes stillgelegt werden muss, da solche Eingriffe in
der Fassungszone (S1) nicht zulässig sind (vgl. Anhang 4 Ziff. 223 GSchV; siehe
zudem Stellungnahme des BAFU vom 10. Dezember 2012).

 Das Auenschutzprojekt ist folglich in der geplanten Form nicht mit dem
Weiterbestand der beiden Grundwasserfassungen Reussegg I und II vereinbar. Die
Vorinstanz ist damit zu Recht davon ausgegangen, dass ein Konflikt zwischen
zwei öffentlichen Interessen besteht. Dies wird auch von den
Beschwerdeführerinnen anerkannt.

 Die Umweltschutzgesetzgebung enthält keine Vorgaben, wie ein solcher Konflikt
zwischen dem öffentlichen Interesse der Trinkwasserversorgung und jenem des
Auenschutzes zu lösen ist. Nach den allgemeinen Grundsätzen ist daher eine
Interessenabwägung vorzunehmen, um zu entscheiden, welches der beiden
öffentlichen Interessen im konkreten Fall überwiegt. Ein wichtiges
Beurteilungskriterium bildet dabei die Standortgebundenheit.

3.2. Die Beschwerdeführerinnen machen geltend, vorliegend sei das Interesse an
der standortgebundenen und gut funktionierenden Trinkwasserversorgung durch die
beiden Pumpwerke Reussegg I und II höher zu gewichten als jenes an der
Realisierung eines Auen-Schutzparks, der auch andernorts verwirklicht werden
könne, wo die Trinkwasserversorgung nicht beeinträchtigt werde.

3.3. Die Vorinstanz hat erwogen, die Lage der beiden Pumpwerke Reussegg I und
II verhindere ein zusammenhängendes dynamisches Auengebiet. Zur Evaluation des
Grobstandorts des geplanten Ersatzpumpwerks seien im Jahr 2008 Sondierbohrungen
und Pumpversuche in den Gebieten Reussegg Mitte und Süd durchgeführt worden. Im
Bericht der Y.________ AG habe der Gutachter die möglichen Standorte für eine
neue Grundwasserfassung mit denjenigen der heute bestehenden Fassungen
verglichen. Nach Auffassung des Gutachters erweise sich die Lage des
Versuchsbrunnens Reussegg Süd als günstiger, denn die jetzigen Fassungen seien
bei Hochwasserereignissen nicht ausreichend gegen Überflutungen geschützt. Die
Wasserqualität im Versuchsbrunnen Reussegg Süd sei nicht schlechter als jene in
den bestehenden Fassungen. Unter Berücksichtigung der massgeblichen
hydrogeologischen und grundwasserschutztechnischen Ansprüche der
Beschwerdeführerin 1 sei die Errichtung eines neuen Pumpwerks im Gebiet
Reussegg Süd die beste Lösung (Bericht der Y.________ AG zur Grundwassernutzung
von Juni 2008). Die Vorinstanz hat gefolgert, gestützt auf diese
gutachterlichen Ausführungen sei erstellt, dass mit dem geplanten
Ersatzpumpwerk Reussegg Süd eine hochwertige Trinkwasserversorgung
sichergestellt werden könne. Gewährleistet sei auch die Versorgungssicherheit,
da der Betrieb des Pumpwerks Reussegg I vorläufig beibehalten und erst nach
Vorliegen der Ergebnisse der noch durchzuführenden Untersuchungen mit der
Projektierung der neuen Fassung Reussegg Süd begonnen werde.

 Zusammenfassend hat die Vorinstanz geschlossen, das gewichtige öffentliche
Interesse an der Realisierung der standortgebundenen Auenlandschaft überwiege
jenes am Erhalt der nicht standortgebundenen Fassungen Reussegg I und II.

3.4. Das BAFU hat in seiner Stellungnahme festgehalten, die zuständigen
kantonalen Behörden hätten nachvollziehbar dargelegt, dass die Revitalisierung
auf den Standort angewiesen sei, während die durch das Projekt betroffene
Trinkwassergewinnung durch die Ersatzfassung Reussegg Süd sichergestellt werden
könne. Es sei sinnvoll, beide Pumpwerke zu entfernen, weil nur so das ganze
Potenzial des geplanten Auenschutzgebiets ausgeschöpft werden könne. Die
Stilllegung des Pumpwerks Reussegg I schaffe die Grundlage für eine
eigendynamische Entwicklung des Gewässers und für die Ausleitung und
Rückhaltung des Schwemmholzes. Demgegenüber würde sich bei einem Weiterbetrieb
des Pumpwerks Reussegg I der Pflegeaufwand klar erhöhen. Der Entscheid des
Kantons zugunsten des Revitalisierungsprojekts sei damit nachvollziehbar.

3.5. Für das Bundesgericht besteht vorliegend kein Grund, von der mit der
Einschätzung der kantonalen Behörden übereinstimmenden Fachmeinung des BAFU
abzuweichen. Die Beschwerdeführerinnen bringen nichts vor, was die Ausführungen
des BAFU in Frage stellen würde. Die kantonalen Behörden haben plausibel
dargelegt, dass kein anderes, für die Revitalisierung ebenso geeignetes Gebiet
entlang der Flüsse Aare und Reuss sowie ihrer Zuflüsse besteht. Des Weiteren
ist durch verschiedene fachtechnische Abklärungen aufgezeigt worden, dass mit
dem ausserhalb des geplanten Auen-Schutzparks gelegenen Pumpwerk Reussegg Süd
eine hochwertige Trinkwasserversorgung sichergestellt werden kann, sodass sich
die beiden bestehenden Pumpwerke Reussegg I und II ersetzen lassen. Diese sind
damit nicht absolut standortgebunden. Ausgehend hiervon hat die Vorinstanz kein
Bundesrecht verletzt, indem sie geschlossen hat, das öffentliche Interesse an
der Realisierung der Auenlandschaft überwiege jenes am Erhalt der Fassungen
Reussegg I und II.

4.
Die Beschwerdeführerinnen bringen vor, die Aufhebung des Pumpwerks Reussegg I
sei unverhältnismässig, da diese Massnahme weder erforderlich (vgl. nachfolgend
E. 4.1 ff.) noch zumutbar (vgl. nachfolgend E. 4.4 ff.) sei.

4.1. Die Beschwerdeführerinnen führen aus, die im generellen Projekt
vorgesehene Variante sei von den Gutachtern zwar als beste Lösung qualifiziert
worden. Es könne aber nicht davon ausgegangen werden, dass einzig diese
"Maximalvariante" dem öffentlichen Interesse gerecht werde. Bei einem
Weiterbetrieb des Pumpwerks Reussegg I könne das Auenregenerationspotenzial
möglicherweise nicht ausgeschöpft werden; es könne aber gut genutzt werden. Da
ein Auen-Schutzpark mithin auch ohne Aufhebung des Pumpwerks Reussegg I
realisiert werden könne, erweise sich der weitergehende Eingriff, auch wenn er
zu einem besseren Resultat führe, als nicht erforderlich und damit als
unverhältnismässig.

4.2. Die Vorinstanz hat zusammenfassend hervorgehoben, für eine optimale
Auenentwicklung und einen effektiven Hochwasserschutz sei die mittelfristige
Stilllegung des Pumpwerks Reussegg I erforderlich, denn einzig bei einem
Verzicht auf beide Fassungen könne eine zusammenhängende Aufwertung der
Flussdynamik und ein guter Schwemmholzrückhalt erreicht werden. Es sei mithin
keine gleich geeignete, aber mildere Massnahme ersichtlich, welche ausreichen
würde, um das angestrebte Ziel des Auenschutzes zu erreichen.

4.3. Eine Verwaltungsmassnahme muss im Hinblick auf das im öffentlichen
Interesse angestrebte Ziel nicht nur geeignet, sondern auch erforderlich sein.
Sie hat zu unterbleiben, wenn eine gleich geeignete, aber mildere Massnahme für
den angestrebten Erfolg ausreicht.

 Mit ihren Ausführungen bestreiten die Beschwerdeführerinnen nicht, dass die
Variante der Stilllegung (auch) des Pumpwerks Reussegg I unter dem
Gesichtspunkt des Auenschutzes besser abschneidet als die Variante, welche den
Weiterbetrieb des Pumpwerks Reussegg I erlaubt. Damit aber ist gleichzeitig
gesagt, dass die von den Beschwerdeführerinnen vorgeschlagene Massnahme zur
Zielerreichung (Revitalisierung) weniger geeignet ist als die im generellen
Projekt vorgesehene Lösung. Die Vorinstanz hat die Erforderlichkeit der
Massnahme demnach zu Recht bejaht.

4.4. Die Beschwerdeführerinnen machen geltend, die Aufhebung der Pumpwerke
Reussegg I und II sei nur zumutbar und damit verhältnismässig, falls hierfür
ein gleichwertiger Ersatz geschaffen werde. Das geplante Ersatzpumpwerk
Reussegg Süd erfülle diese Vorgabe nicht. Die beiden bestehenden Pumpwerke
Reussegg I und II würden durch zwei unterschiedliche Grundwasserströme
gespiesen, was einen erheblichen Vorteil darstelle, da im Falle einer
Verunreinigung der einen Wasserfassung die Wasserversorgung durch die andere
Wasserfassung sichergestellt werden könne. Weiter sei davon auszugehen, dass
man beim neuen Pumpwerk Reussegg Süd dem Wasser Sauerstoff zuführen müsse, was
einen grösseren Wartungs- und Energieaufwand bedinge und damit zu Mehrkosten
führe.

4.5. Die Vorinstanz hat ausgeführt, entgegen der Auffassung der
Beschwerdeführerinnen sei die Gleichwertigkeit der im generellen Projekt
vorgesehenen Lösung zu bejahen. Die Behauptung, die bestehenden Fassungen
würden durch zwei verschiedene Grundwasserströme gespiesen, sei nicht belegt.
Zudem stehe dem Vorteil von zwei unterschiedlichen Fassungsstandorten der für
die Schutzzonen erforderliche Mehrbedarf an Fläche entgegen. Hinzu komme, dass
die neue Trinkwasserfassung mehr Wasser fördern könne und besser gegen
Hochwasser geschützt sei als die aktuellen Pumpwerke. Eine allenfalls
notwendige Sauerstoffzufuhr sei mit verhältnismässigem Aufwand möglich, weshalb
dieser Aspekt nicht massgeblich ins Gewicht falle. Entscheidend sei, dass die
geplante Variante insgesamt besser abschneide und hierdurch eine quantitativ
und qualitativ gleichwertige Trinkwasserversorgung sichergestellt werden könne.

4.6. Eine Verwaltungsmassnahme ist nur gerechtfertigt, wenn sie ein
vernünftiges Verhältnis zwischen dem angestrebten Ziel und dem Eingriff, den
sie für den betroffenen Privaten bewirkt, wahrt. Ist dies nicht der Fall, ist
die Massnahme nicht zumutbar.

 Die von den Beschwerdeführerinnen geforderte und von der Vorinstanz bejahte
Gleichwertigkeit des Ersatzpumpwerks Reussegg Süd mit den beiden bestehenden
Fassungen folgt nicht unmittelbar aus dem Verhältnismässigkeitsgrundsatz,
sondern geht darüber hinaus und ergibt sich aus den kantonalen Bestimmungen zur
Güterzusammenlegung (vgl. insbesondere § 18 Abs. 1 aLwG/AG).

4.7. Beim Vergleich, ob die im generellen Projekt vorgesehene Lösung
gleichwertig ist, ist von der bestehenden Situation auszugehen. Nicht von
Entscheidrelevanz ist deshalb der Hinweis der Beschwerdeführerin 1, bei einem
Weiterbetrieb der Pumpwerke Reussegg I und II plane sie die Erstellung eines
zweiten Reservoirs, um hierdurch die Energiekosten senken zu können.

 Bei der Beurteilung der Gleichwertigkeit ist eine Gesamtwürdigung vorzunehmen,
d.h. es ist zu klären, ob unter Würdigung sämtlicher Vor- und Nachteile von
einer gleichwertigen Lösung gesprochen werden kann. Die Vorinstanz hat unter
Bezugnahme auf die Einschätzung des Gutachters (Bericht der Y.________ AG zur
Grundwassernutzung von Juni 2008) nachvollziehbar begründet, weshalb die
vorgesehene Variante insgesamt vorteilhafter ist (vgl. E. 3.3 hiervor).
Insbesondere ist die Ersatzfassung Reussegg Süd besser gegen Überflutungen
geschützt als die bestehenden Pumpwerke; des Weiteren wird sie über zwei Pumpen
verfügen, welche mehr Wasser fördern können als die jetzigen Pumpwerke. Der
Schluss der Vorinstanz, der Vorteil von zwei unabhängigen
Fassungsstandorten - selbst wenn diese durch zwei unterschiedliche
Grundwasserströme gespiesen werden sollten - vermöge diese Nachteile nicht
aufzuwiegen, ist nicht zu beanstanden. Nicht entscheidend ins Gewicht fällt
insoweit auch der Aspekt der Sauerstoffzufuhr. Nach den unbestrittenen
Feststellungen der Vorinstanz ist es problemlos möglich, das Wasser mit dem
notwendigen Sauerstoff anzureichern. Soweit die Beschwerdeführerin 1 deswegen
künftig einen betrieblichen Mehraufwand befürchtet, steht es ihr offen, diesen
zu evaluieren und ihre Forderungen bei der meliorationsrechtlichen
Kostenverlegung bzw. der Regelung des neuen Konzessionsverhältnisses geltend zu
machen.

5.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und ist abzuweisen, soweit
darauf eingetreten werden kann.

 Den Beschwerdeführerinnen, die im Interesse der öffentlichen
Trinkwasserversorgung Beschwerde führen, sind für das bundesgerichtliche
Verfahren keine Gerichtskosten aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 4 BGG). Die
kantonalen Behörden haben keinen Anspruch auf Zusprechung einer
Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 3 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben und keine Parteientschädigungen
zugesprochen.

3.
Dieses Urteil wird den Beschwerdeführerinnen, dem Regierungsrat des Kantons
Aargau, dem Verwaltungsgericht des Kantons Aargau, 3. Kammer, und dem Bundesamt
für Umwelt schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 11. Juni 2013
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Fonjallaz

Der Gerichtsschreiber: Stohner

Navigation

Neue Suche

ähnliche Leitentscheide suchen
ähnliche Urteile ab 2000 suchen

Drucken nach oben