Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.394/2012
Zurück zum Index I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2012
Retour à l'indice I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2012



Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
1C_394/2012

Urteil vom 31. Januar 2013
I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Merkli, Karlen,
Gerichtsschreiberin Gerber.

1. Verfahrensbeteiligte
A.________,
2. B.________,
3. C.________,
4. D.________,
5. E.________,
6. F.________,
7. G.________,
Beschwerdeführer, alle vertreten durch Rechtsanwalt Erich Vogel,

gegen

H.________,
Beschwerdegegner, vertreten durch Fürsprecherin Annemarie Lehmann-Schoop,

Gemeinde Flims, 7017 Flims Dorf,
vertreten durch Rechtsanwalt Gion J. Schäfer.

Gegenstand
Baueinsprache,

Beschwerde gegen das Urteil vom 26. April 2012
des Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden, 5. Kammer.

Sachverhalt:

A.
Am 29. Juni 2009 ersuchte H.________ um die Baubewilligungen für den Neubau der
Häuser A mit Tiefgarage (Baugesuch Nr. 2009-0061) und B (Baugesuch Nr.
2009-0062; Einfamilienhaus) auf den Parzellen 3775 und 4111 in Flims Dorf. Am
6. August 2009 reichte er eine Projektänderung ein.
Gegen die Baugesuche samt Projektänderung erhoben A.________ und weitere
Stockwerk- bzw. Miteigentümer der Nachbarparzellen 1589 und 3982 Einsprache.
Die Gemeinde Flims hiess die Einsprachen am 1. Dezember 2009 teilweise gut und
bewilligte die zwei Baugesuche unter Bedingungen und Auflagen. Die Beschwerde
der Einsprecher wurde am 20. August 2010 vom Verwaltungsgericht des Kantons
Graubünden abgewiesen, soweit es darauf eintrat.
Die dagegen erhobene Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten hiess
das Bundesgericht am 23. März 2011 gut und wies die Sache zu weiterer
Behandlung im Sinne der Erwägungen an die Gemeinde zurück (Urteil 1C_492/2010).

B.
Am 23. Juni 2011 reichte H.________ Projektänderungsgesuche zu den Gesuchen Nr.
2009-0061 (Haus A, Einfamilienhaus mit Einliegerwohnung) auf Parzelle 4111
sowie Nr. 2009-0062 (Haus B, Einfamilienhaus) auf der neu geschaffenen Parzelle
4409 ein, inklusive einer Tiefgarage auf den Parzellen 4111 und 4409 (formell
zum Gesuch Nr. 2009-0061 gehörend). Dagegen erhoben A.________ und
Mitbeteiligte wiederum Einsprache.
Am 8. November 2011 erteilte der Gemeindevorstand Flims die Baubewilligung für
den Neubau A auf Parzelle 4111 unter Bedingungen und Auflagen. Betreffend
Lenkung des Zweitwohnungsbaus verfügte er, die 5-Zimmerwohnung im EG/OG dürfe
für 15 Jahre nur als Erstwohnung genutzt werden; für eine eventuelle Umnutzung
in eine Zweitwohnung bedürfe es eines Baugesuchs und eines entsprechenden
Kontingents. Die 3-Zimmerwohnung im UG dürfe für 20 Jahre nur als touristisch
bewirtschaftete Zweitwohnung genutzt werden; für deren allfällige Umnutzung
bedürfe es eines Baugesuchs und eines entsprechenden Kontingents.
Gleichentags erteilte der Gemeindevorstand Flims die Bewilligung für den Neubau
Haus B, Parzelle 4409, unter Bedingungen und Auflagen. Die geplante
Zweitwohnung mit 159 m2 Bruttogeschossfläche (BGF) wurde dem Kontingent
unterstellt; mit dem Neubau dürfe 2011 begonnen werden. In teilweiser
Gutheissung der Einsprache wurde entschieden, dass der Nebenbau bzw. der Balkon
auf der Ostseite des Gebäudes nicht bewilligt werde und angepasst werden müsse;
die entsprechenden geänderten Pläne seien vor Baubeginn einzureichen. Im
Übrigen wurden die Einsprachen abgewiesen.

C.
Gegen den Einspracheentscheid und die Baubewilligungen erhoben A.________ und
Mitbeteiligte Beschwerde ans Verwaltungsgericht. Dieses hiess die Beschwerde am
26. April 2012 bezüglich der Baubewilligung 2009-0062 (Haus B) teilweise gut.
Es wies die Angelegenheit insofern an die Gemeinde zurück, damit diese nach
Berechnung der im Sinne der Erwägungen noch zu beschaffenden anrechenbaren
Geschossfläche (aGF) die Baubewilligung 2009-0062 mit der Auflage ergänze, dass
diese aGF von der Bauherrschaft noch vor Baubeginn beschafft und die daraus
resultierenden Korrekturen in der Baubewilligung 2009-0062 vorgenommen werden
müssten. Im Übrigen wies es die Beschwerde ab, soweit darauf einzutreten war.

D.
Gegen den verwaltungsgerichtlichen Entscheid haben A.________ und Mitbeteiligte
am 21. August 2012 Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten
erhoben. Sie beantragen, der angefochtene Entscheid des Verwaltungsgerichts
sowie die Einsprache- und Baubewilligungsentscheide des Gemeindevorstandes
Flims vom 30. August 2011 und vom 8. November 2011 seien aufzuheben und dem
Bauherrn sei zu verbieten, diese zu realisieren. Die ursprünglichen Baugesuche
Nrn. 2009-0061 und 2009-0062 seien aus der Kontingentsliste mit
Kontingentszuweisung für das Jahr 2010 zu entfernen und die am 1. Juli 2011
publizierten Projektänderungen am Schluss der aktuellen Kontingentsliste
aufzunehmen.

E.
Der Beschwerdegegner schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das
Verwaltungsgericht beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen, soweit darauf
einzutreten sei. Die Gemeinde Flims hat auf eine Vernehmlassung verzichtet.
In ihrer Replik halten die Beschwerdeführer an ihren Anträgen fest.

F.
Mit Verfügung vom 20. September 2012 wurde das Gesuch um Gewährung der
aufschiebenden Wirkung abgewiesen.

Erwägungen:

1.
Der angefochtene Entscheid weist die Sache bezüglich der Baubewilligung
2009-0062 (Haus B) an die Gemeinde zurück, damit diese nach Berechnung der im
Sinne der Erwägungen noch zu beschaffenden aGF die Baubewilligung mit einer
Auflage ergänze.
Wie sich aus der Formulierung des Dispositivs ergibt, steht der Gemeinde noch
ein gewisser Entscheidungsspielraum zu: Zum einen muss sie die noch zu
beschaffende aGF berechnen; zum anderen muss sie mittels einer Auflage deren
Beschaffung durch die Bauherrschaft sicherstellen. Es ist damit zu rechnen,
dass die von der Gemeinde formulierte Auflage von den Beschwerdeführern
angefochten wird: Diese vertreten nämlich die Auffassung, dass die zu
beschaffende aGF den nach Art. 38 des Baugesetzes der Gemeinde Flims vom 13.
Juni 2010 (BG) zulässigen Ausnützungstransport von maximal 15 % überschreite
und daher unzulässig sei.
Der angefochtene Entscheid schliesst das Baubewilligungsverfahren somit nicht
ab und ist daher als Zwischenentscheid zu qualifizieren.
Dagegen ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der angefochtene
Zwischenentscheid einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken könnte
oder wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen
und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges
Beweisverfahren ersparen würde (Art. 93 Abs. 1 lit. a und b BGG). Die
Beschwerdeführer legen nicht dar, inwiefern eine dieser Voraussetzungen erfüllt
ist; dies ist auch nicht offensichtlich. Insofern kann auf die Beschwerde
jedenfalls insoweit nicht eingetreten werden, als sie die Baubewilligung
2009-0062 (Haus B) betrifft.

2.
Fraglich ist, ob auf die Beschwerde gegen die Baubewilligung Nr. 2009-0061
(Haus A mit Tiefgarage) eingetreten werden kann. Dies wäre zu bejahen, wenn
insofern ein End- bzw. Teilendentscheid (Art. 90 f. BGG) vorliegen würde. Dies
setzt voraus, dass die Bewilligung für Haus A unabhängig von der (noch nicht
definitiven) Baubewilligung für Haus B beurteilt werden kann (Art. 91 lit. a
BGG), d.h. dass jede der beiden Bewilligungen auch Gegenstand eines eigenen
Verfahrens hätte bilden können (BGE 135 V 141 E. 1.4.1 S. 144 f. mit Hinweisen)
und keine Gefahr eines Widerspruchs zwischen dem Teil- und dem Schlussurteil
besteht (BGE 135 III 212 E. 1.2.3 S. 217 f. mit Hinweisen).
Für einen Endentscheid spricht die Tatsache, dass Haus A und Haus B Gegenstand
je eigener Baubewilligungen sind.
Dagegen sprechen folgende Überlegungen:
Zum einen muss für Haus B noch aGF beschafft werden; als abgebende Parzelle
kommt insbesondere die unmittelbar angrenzende Parzelle 4111 des
Beschwerdegegners in Betracht, die (nach Auffassung der Vorinstanzen) noch über
eine gewisse Ausnützungsreserve verfügt. Dies hätte allerdings zur Folge, dass
beide Grundstücke eine AZ-Einheit bilden würden (Art. 38 Abs. 2 BG); insofern
kann nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass auch Korrekturen an der
Bewilligung für Haus A nötig sein könnten.
Zum anderen sind für Haus A und Haus B gemeinsame Erschliessungs- und
Parkierungsanlagen geplant: Vorgesehen ist eine gemeinsame Tiefgarage, die im
Wesentlichen auf Parzelle 4409, unter Haus B, liegt und durch einen Tunnel (auf
Parzelle 4111) an die Via Cangina angeschlossen werden soll. Auch unter diesem
Blickwinkel bilden beide Baubewilligungen materiell eine Einheit, auch wenn die
Tiefgarage formell Bestandteil des Baugesuchs 2009-0061 (Haus A) ist.

3.
Nach dem Gesagten ist der angefochtene Entscheid insgesamt als
Zwischenentscheid zu qualifizieren.
Dies hat zur Folge, dass auf die Beschwerde insgesamt nicht eingetreten werden
kann (Art. 93 Abs. 1 BGG). Erst wenn ein kantonal letztinstanzlicher
Endentscheid vorliegt, der das Verfahren vollständig - d.h. für beide konnexen
Bauprojekte - abschliesst, kann dagegen Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten ans Bundesgericht erhoben werden. Mit der Beschwerde gegen den
Endentscheid können dann (soweit noch aktuell) alle vorangegangenen
Zwischenentscheide mitangefochten werden (Art. 93 Abs. 3 BGG).

4.
Nach dem Gesagten ist auf die Beschwerde nicht einzutreten. Bei diesem Ausgang
des Verfahrens werden die Beschwerdeführer kosten- und entschädigungspflichtig
(Art. 66 und 68 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'500.-- werden den Beschwerdeführern auferlegt.

3.
Die Beschwerdeführer haben den Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 3'000.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, der Gemeinde Flims und dem Verwaltungsgericht
des Kantons Graubünden, 5. Kammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 31. Januar 2013
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Fonjallaz

Die Gerichtsschreiberin: Gerber