Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.390/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
1C_390/2012

Urteil vom 26. März 2013
I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Aemisegger, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichter Merkli, Karlen, Eusebio, Chaix,
Gerichtsschreiber Steinmann.

Verfahrensbeteiligte
A.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Advokat Martin Wagner,

gegen

Bundesverwaltungsgericht Generalsekretariat, Postfach, 9023 St. Gallen.

Gegenstand
Einsicht in Archivgut,

Beschwerde gegen die Verfügung vom 18. Juli 2012 des Bundesverwaltungsgerichts
Generalsekretariat.

Sachverhalt:

A.
A.________ publizierte im "Beobachter" vom 17. Februar 2012 einen Artikel unter
dem Titel "Die Integration ist schwierig". Darin wird die Schweizer
Flüchtlingspolitik in Bezug auf Menschen aus Eritrea thematisiert, die als
Fluchtgrund die Gefahr nennen, in Eritrea wegen Desertion unmenschlich bestraft
zu werden. Es wird auf die grosse Zahl von eritreischen Flüchtlingen in der
Schweiz hingewiesen. Dies sei Folge eines Grundsatzentscheides der (ehemaligen)
Asylrekurskommission (ARK) aus dem Jahre 2005. Kurz darauf wurde die Thematik
in der "Weltwoche" vom 26. April 2012 unter dem Titel "Dorfgespräch in Eritrea"
aufgegriffen. Im Zuge dieser Berichterstattungen tauchte die Frage auf, wer für
das erwähnte Urteil der ARK verantwortlich zeichne.
A.________ gelangte am 2. Mai 2012 an das Bundesverwaltungsgericht und ersuchte
ohne weitere Begründung um Zustellung des genannten Urteils der ARK. Praktisch
gleichzeitig gingen beim Bundesverwaltungsgericht zwei entsprechende Ersuchen
von Seiten der "Weltwoche" und einer Privatperson ein.
Nach einer Mitteilung des Bundesverwaltungsgerichts und einer weitern Äusserung
von A.________ wurde diesem die publizierte Fassung des ARK-Urteils vom 20.
Dezember 2005 zugestellt. In der Folge präzisierte A.________ sein Ersuchen in
dem Sinne, er sei an der Originalfassung des Entscheids und an der
Zusammensetzung des Spruchkörpers interessiert.
Der Generalsekretär des Bundesverwaltungsgerichts teilte A.________ und den
übrigen Gesuchstellern am 15. Juli 2012 mit, dem Ersuchen um vollumfängliche
Einsicht in das genannte Urteil unter Bekanntgabe des Spruchkörpers werde nicht
entsprochen. Mit förmlicher Verfügung vom 18. Juli 2012 wies der
Generalsekretär das Gesuch um Einsicht in das Archivgut ab.

B.
Gegen diesen Entscheid des Generalsekretärs hat A.________ beim Bundesgericht
am 20. August 2012 Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten
erhoben. Er ersucht um Aufhebung des angefochtenen Entscheids und um Einsicht
in das vollständige Urteil der Asylrekurskommission. Eventualiter sei ihm die
Zusammensetzung des Spruchkörpers bekanntzugeben.
Der Generalsekretär des Bundesverwaltungsgerichts beantragt mit seiner
Vernehmlassung die Abweisung der Beschwerde. In seiner Replik hält der
Beschwerdeführer an seinen Anträgen fest.

Erwägungen:

1.
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 lit. a
BGG) können u.a. Entscheide des Bundesverwaltungsgerichts (Art. 86 Abs. 1 lit.
a BGG) beim Bundesgericht angefochten werden. Dazu zählen nicht nur Urteile,
die das Bundesverwaltungsgericht auf Beschwerde oder Klage hin trifft, sondern
auch Verwaltungsentscheidungen des Generalsekretärs über die Verweigerung der
ersuchten Einsicht (vgl. Art. 12 des Reglements über die Archivierung beim
Bundesverwaltungsgericht [Archivierungsreglement, ArchivRegl; SR 152.13]).
Dagegen steht die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten offen
(vgl. Art. 14 ArchivRegl). Im Übrigen geben die Eintretensvoraussetzungen zu
keinen Bemerkungen Anlass (Art. 45 Abs. 1, Art. 89 Abs. 1, Art. 90, Art. 95
lit. a und Art. 100 Abs. 1 BGG). Auf die Beschwerde kann demnach eingetreten
werden.

2.
Der Beschwerdeführer ist im Besitze eines Auszugs aus dem Urteil der
Asylrekurskommission (ARK) vom 20. Dezember 2005 i.S. L.H., Eritrea. Dieser ist
ihm vom Bundesverwaltungsgericht ausgehändigt worden. Er ist amtlich publiziert
(EMARK 2006/03) und kann auf dem Internet eingesehen werden. Der Auszug enthält
eine Regeste, die Zusammenfassung des Sachverhalts und die massgebliche Erw. 4.
Die ARK kam in diesem Entscheid zu folgendem Schluss (E. 4.12):
¨Der Beschwerdeführer hatte als Deserteur ohne Zweifel einen konkreten Kontakt
zum Militär. Er muss damit rechnen, dass er im Falle einer Rückkehr mit
beachtlicher Wahrscheinlichkeit dem Kommandanten seiner Einheit überlassen,
dort für eine unbeschränkte Dauer unter erbärmlichen Bedingungen festgehalten
und den beschriebenen körperlichen Strafen ausgesetzt würde. Der
Beschwerdeführer hat somit begründete Furcht, im Falle einer Rückkehr einem
ernsthaften Nachteil im Sinne von Art. 3 AsylG ausgesetzt zu werden. (...) Die
angefochtene Verfügung (...) hat in Verletzung von Bundesrecht festgestellt,
die Vorbringen des Beschwerdeführers genügten den Anforderungen an den
Flüchtlingsbegriff nicht. Sie ist vollumfänglich aufzuheben. Der
Beschwerdeführer ist als Flüchtling anzuerkennen und es ist ihm, da keine
Ausschlussgründe ersichtlich sind, Asyl zu gewähren." (...).
Der Beschwerdeführer verlangt über die Kenntnisnahme des Urteils in der
publizierten Form hinaus Einsicht in das vollständige Urteil, zumindest in die
Zusammensetzung des Spruchkörpers. Die Vorinstanz hat dieses Ersuchen mit dem
Hinweis auf das Archivierungsreglement und den Schutz von Treu und Glauben der
damaligen Richter der Asylrekurskommission abgelehnt.

3.
3.1 Das Öffentlichkeitsgesetz (BGÖ, SR 152.3) kommt, wie die Vorinstanz zu
Recht festhält, nicht zur Anwendung. Es gilt nach Art. 3 Abs. 1 lit. a für eine
Reihe von gerichtlichen Verfahren nicht, namentlich auch nicht für Verfahren
der Staats- und Verwaltungsrechtspflege.

3.2 Der Generalsekretär stützte seinen Entscheid vorab auf das
Archivierungsreglement. Dieses enthält folgende Bestimmungen:
Art. 6 - Schutzfrist
1 Grundsätzlich gilt die Schutzfrist von 30 Jahren nach Artikel 9 BGA.
2 Prozessakten unterstehen der längeren Schutzfrist von 50 Jahren nach Artikel
11 BGA.
4 Unterlagen, die bereits vor der Archivierung öffentlich zugänglich waren,
bleiben weiterhin öffentlich zugänglich.

Art. 9 - Einsichtnahme in die Prozessakten während der Schutzfrist
1 Einsicht in die Prozessakten während der Schutzfrist kann insbesondere
gewährt werden, wenn:
a. das Einverständnis der betroffenen Person vorliegt; oder
b. die betroffenen Personen seit mindestens drei Jahren verstorben sind.
2 Das Bundesverwaltungsgericht achtet die Rechte der Parteien und der
betroffenen Drittpersonen.
3 Aus Gründen des Persönlichkeits- und Geheimnisschutzes kann die Einsichtnahme
auf einen Teil der Akten beschränkt werden. Die einsehbaren Akten können
anonymisiert und Textstellen abgedeckt werden.

Art. 11 - Gesuch um Einsichtnahme
2 Gesuche um Einsichtnahme während der Schutzfrist müssen schriftlich begründet
werden.
Der Generalsekretär ging davon aus, dass für das umstrittene Gesuch die
Schutzfrist gelte. Die Bestimmung von Art. 30 Abs. 3 BV verpflichte die
Gerichte zwar zur Information über ihre Rechtsprechung. Den gleichen Grundsatz
enthalte Art. 29 Abs. 1 VGG. Diesen Verpflichtungen sei die
Asylrekurskommission mit der damaligen Publikation einer Auswahl von wichtigen
Urteilen nachgekommen. Es sei nicht Sache des Bundesverwaltungsgerichts, den
Öffentlichkeitsgrundsatz über die damalige Publikationspraxis der
Asylrekurskommission hinaus nachträglich auf diese anzuwenden. Das Vertrauen
der damaligen ARK-Richter, dass ihre Namen entsprechend ihrer damaligen Praxis
nicht bekannt würden, sei auch heute noch zu schützen. Im Übrigen müsse die
Presse ihre Einsichtsgesuche durch ein schutzwürdiges Interesse glaubhaft
machen, woran es im vorliegenden Fall fehle.

3.3 Art. 30 Abs. 3 BV verankert das auch von Art. 6 Ziff. 1 EMRK und Art. 14
UNO-Pakt II vorgesehene Prinzip der Justizöffentlichkeit. Diese erlaubt
Einblick in die Rechtspflege und sorgt für Transparenz gerichtlicher Verfahren.
Damit dient sie einerseits dem Schutze der direkt an gerichtlichen Verfahren
beteiligten Parteien im Hinblick auf deren korrekte Behandlung und
gesetzmässige Beurteilung. Andererseits ermöglicht die Justizöffentlichkeit
auch nicht verfahrensbeteiligten Dritten nachzuvollziehen, wie gerichtliche
Verfahren geführt werden, das Recht verwaltet und die Rechtspflege ausgeübt
wird. Die Justizöffentlichkeit bedeutet eine Absage an jegliche Form der
Kabinettsjustiz, will für Transparenz der Rechtsprechung sorgen und die
Grundlage für das Vertrauen in die Gerichtsbarkeit schaffen. Der Grundsatz ist
von zentraler rechtsstaatlicher und demokratischer Bedeutung. Die demokratische
Kontrolle durch die Rechtsgemeinschaft soll Spekulationen begegnen, die Justiz
benachteilige oder privilegiere einzelne Prozessparteien ungebührlich oder
Ermittlungen würden einseitig und rechtsstaatlich fragwürdig geführt (BGE 137 I
16 E. 2.2 S. 18; 134 I 286 E. 6.1 S. 289; 133 I 106 E. 8.1 S. 107; 124 IV 234
E. 3b S. 238, je mit weitern Hinweisen). Im Ausmasse der garantierten
Justizöffentlichkeit bilden Gerichtsverhandlung und Urteilsverkündung
öffentlich zugängliche Quellen im Sinne der Informationsfreiheit gemäss Art. 16
Abs. 3 BV (BGE 137 I 16 E. 2.2 S. 19; 127 I 145 E. 4c/aa S. 153; 113 Ia 309 E.
4c S. 318).
Art. 30 Abs. 3 BV sieht für die gerichtlichen Verfahren die Öffentlichkeit der
Gerichtsverhandlung und der Urteilsverkündung vor, vorbehältlich von gesetzlich
vorgesehenen Ausnahmen. Der Teilgehalt der öffentlichen Urteilsverkündung
garantiert, dass nach dem Verfahrensabschluss vom Urteil als Ergebnis des
gerichtlichen Verfahrens Kenntnis genommen werden kann. Die öffentliche
Urteilsverkündung will in spezifischer Weise Geheimjustiz ausschliessen,
Transparenz der Justiztätigkeit im demokratischen Rechtsstaat fördern und
Vertrauen in die Rechtspflege schaffen. Sie ist im Sinne der Publikums- und
Medienöffentlichkeit primär für nicht direkt am Verfahren beteiligte Dritte von
Bedeutung (BGE 137 I 16 E. 2.2 S. 19; Urteil 1B_68/2012 vom 3. Juli 2012 E.
3.1, in: EuGRZ 2012 S. 655). Dabei werden vom Grundsatz der
Justizöffentlichkeit in der Form der Urteilsverkündung nicht nur bedeutende und
medienwirksame Verfahren mit bekannten Protagonisten erfasst, sondern auch
kleine und unscheinbare Prozesse, bei denen die demokratische Kontrolle der
Justiz auf korrekte Behandlung, gesetzmässige Beurteilung und Gewährleistung
eines gerechten Verfahrens hin ebenso wichtig ist.
Öffentliche Urteilsverkündung bedeutet primär, dass am Schluss eines
gerichtlichen Verfahrens das Urteil in Anwesenheit der Parteien sowie von
Publikum und Medienvertretern verkündet wird. Darüber hinaus dienen weitere
Formen der Bekanntmachung dem Verkündungsgebot, wie etwa öffentliche Auflage,
Publikation in amtlichen Sammlungen oder Bekanntgabe über das Internet. Sie
sind im Einzelnen anhand von Sinn und Zweck des Verkündungsgebots daraufhin zu
beurteilen, ob sie die verfassungsrechtlich gebotene Kenntnisnahme
gerichtlicher Urteile erlauben.
Entsprechend der Marginale von Art. 30 BV gilt das Gebot der öffentlichen
Verkündung nach Art. 30 Abs. 3 BV für alle gerichtlichen Verfahren. Es
untersteht keinen Zweifeln, dass die ehemalige Asylrekurskommission ein
Spezialgericht war (vgl. Moser/Uebersax, Prozessieren vor eidgenössischen
Rekurskommissionen, 1998, N. 1.1 und 6.23 ff.), das von der genannten
Verfassungsbestimmung erfasst ist.

3.4 Wie dargelegt, wird im angefochtenen Entscheid der Anwendung von Art. 30
Abs. 3 BV im Wesentlichen das Archivierungsreglement entgegengehalten. Es
stellt sich daher die Frage, wie dieses auszulegen ist und in welchem
Verhältnis Archivierungsreglement und Bundesverfassung im Hinblick auf die
vorliegende Angelegenheit zueinander stehen.
Das Archivierungsreglement stützt sich auf das Bundesgesetz über die
Archivierung (BGA; SR 152.1). Dieses umschreibt die Bedeutung der Schutzfrist
und regelt die Einsichtnahme während der Schutzfrist. Danach ist die Einsicht
während der Schutzfrist grundsätzlich ausgeschlossen (Art. 9 BGA). Indes können
die abliefernden Stellen auf Antrag des Bundesarchivs die Einsichtnahme
gewähren, wenn keine gesetzlichen Grundlagen und keine öffentlichen oder
privaten Interessen entgegenstehen (Art. 13 BGA). Diese Regelung gilt
grundsätzlich auch für das Bundesverwaltungsgericht. Das Archivierungsreglement
präzisiert die Voraussetzungen der Einsichtnahme in die Prozessakten während
der Schutzfrist in dem Sinne, dass sie gewährt werden kann, wenn das
Einverständnis der betroffenen Personen vorliegt oder die betroffenen Personen
seit mindestens drei Jahren verstorben sind und soweit die Rechte der Parteien
und der betroffenen Drittpersonen dies erlauben (Art. 9 Abs. 1 und 2
ArchivRegl).
Im vorliegenden Fall ist nicht bekannt und im Übrigen auch nicht abgeklärt, ob
der Beschwerdeführer des umstrittenen ARK-Urteils im Sinne von Art. 9
ArchivRegl sein Einverständnis für eine Einsicht in die Prozessakten gegeben
bzw. verweigert hat oder ob er seit drei Jahren verstorben ist. Ebenso wenig
ist im angefochtenen Entscheid von den Rechten der Parteien oder betroffenen
Drittpersonen die Rede. Schliesslich wird nicht dargelegt, dass die Gründe des
Persönlichkeits- und Geheimnisschutzes gemäss Art. 9 Abs. 3 ArchivRegl - über
die Parteien und die betroffenen Personen hinaus - auch auf die an
gerichtlichen Verfahren beteiligten Richter Anwendung finden würden. Wie es
sich mit diesen Fragen der Auslegung des Archivierungsreglements verhält, kann
im vorliegenden Fall offen bleiben.

3.5 Gemäss Art. 1 Abs. 1 regelt das Archivierungsreglement die Archivierung der
Unterlagen des Bundesverwaltungsgerichts und die Einsichtname in die Unterlagen
durch Dritte. Art. 9 ArchivRegl handelt von der Einsicht in Prozessakten
während der Schutzfrist. Eine solche Einsicht in Prozessakten - etwa zur
Erforschung der Hintergründe der konkreten Angelegenheit - steht im
vorliegenden Fall nicht in Frage. Es geht dem Beschwerdeführer vielmehr um die
(vollständige) Kenntnis des Urteils der damaligen Asylrekurskommission. Die
Kenntnisnahme von Urteilen beschlägt eine andere Ebene als die Einsicht in
Prozessakten und den vom Archivierungsreglement erfassten Bereich. Die
Justizöffentlichkeit ist für den spezifischen Bereich der Justiz ein spezielles
Mittel zur Gewährleistung von Transparenz in der Rechtsprechung und betrifft
insoweit nicht das Archivierungsrecht. Von Urteilen kann Kenntnis gegeben
werden, ohne gleichzeitig auch Einsicht in die Prozessakten zu gewähren. Die
Möglichkeit der Kenntnisnahme von Urteilen wird verfassungsrechtlich mit Umfang
und Grenzen von Art. 30 Abs. 3 BV bestimmt. Somit ist die Einsicht in die
Prozessakten von der Kenntnisnahme von Urteilen zu trennen. Es folgt daraus,
dass die vorliegende Angelegenheit ausschliesslich unter dem Gesichtswinkel der
genannten Verfassungsbestimmung zu beurteilen ist.

3.6 Der verfassungsrechtliche Anspruch auf Kenntnisnahme von Urteilen ist nicht
absolut. Er wird begrenzt durch den ebenfalls verfassungsrechtlich verankerten
Schutz von persönlichen und öffentlichen Interessen. Sein Umfang ist im
Einzelfall unter Abwägung der entgegenstehenden Interessen zu bestimmen.
Das umstrittene ARK-Urteil fällt in den Anwendungsbereich von Art. 30 Abs. 3
BV. Es ist daher von einem grundsätzlichen Anspruch auf Kenntnisnahme des
umstrittenen ARK-Urteils auszugehen. Dies trifft umso mehr zu, als das Urteil
nie öffentlich verkündet oder vollständig publiziert worden ist.
Die Kenntnisnahme erstreckt sich grundsätzlich auf das ganze Urteil mit
Sachverhalt, rechtlichen Erwägungen und Dispositiv. Eingeschlossen ist auch der
Spruchkörper. Die mit dem Öffentlichkeitsgrundsatz verbundene Kontrollfunktion
durch die Rechtsgemeinschaft wäre massgeblich beeinträchtigt oder gar
illusorisch, wenn die beteiligten Gerichtspersonen unbekannt bleiben könnten.
Richter und Richterinnen üben ein öffentliches Amt aus, haben für die von ihnen
getragenen Urteile einzustehen und sich allfälliger Kritik - im Rahmen der
Wahrung der Unabhängigkeit der Justiz gemäss Art. 191c BV - zu stellen. Zudem
kann die rechtmässige Zusammensetzung des Spruchkörpers im Sinne von Art. 30
Abs. 1 BV nur mit dessen Namensnennung nachvollzogen werden. In diesem Sinne
werden vom Bundesgericht gemäss seinen internen Weisungen Urteile, die weder
amtlich publiziert noch auf Internet aufgeschaltet sind, unter Bekanntgabe des
Spruchkörpers jeder Drittperson mitgeteilt. Daraus ergibt sich, dass
grundsätzlich auch im vorliegenden Fall ein Anspruch auf Kenntnisnahme besteht.
Der Persönlichkeitsschutz der Prozessparteien des damaligen Verfahrens ist zu
wahren. Es steht ausser Zweifel, dass der Beschwerdeführer des damaligen
ARK-Verfahrens als eritreischer Deserteur und nunmehr anerkannter Flüchtling
diesen Persönlichkeitsschutz in Anspruch nehmen kann. Entsprechend weit
verbreiteter Praxis werden die Urteile anlässlich ihrer Bekanntgabe
anonymisiert und in Teilen abgedeckt. Diese Praxis ist unter dem Gesichtswinkel
von Art. 30 Abs. 3 BV anerkannt (BGE 133 I 106 E. 8.3 S. 109; Urteil 2P.231/
2006 vom 10. Januar 2007; vgl. auch EGMR-Entscheid i.S. Bacchini gegen Schweiz
vom 21. Juni 2005, in VPB 2005 Nr. 133). Daraus folgt, dass die Kenntnisgabe
des Urteils im vorliegenden Fall von vornherein unter dem Vorbehalt der
Anonymisierung steht. Soweit der Beschwerdeführer eine vollständige (nicht
anonymisierte) Einsicht verlangt, erweist sich seine Beschwerde als
unbegründet. Er macht nicht geltend, dass das ARK-Urteil mit der ihm bekannten
Anonymisierung aus sich selbst nicht verständlich sei und dem Anspruch nach
Art. 30 Abs. 3 BV aus diesem Grunde nicht genüge (vgl. BGE 133 I 106 E. 8.3 S.
109).
Im angefochtenen Entscheid wird auf das Vertrauen der ehemaligen ARK-Richter
abgestellt, dass ihre Namen entsprechend der damaligen Praxis auch heute nicht
bekannt gegeben werden. Dieses Vertrauen ist im vorliegenden Fall nicht
massgeblich. Zum einen war die Verfassungsbestimmung von Art. 30 Abs. 3 BV im
Jahre 2005, als das umstrittene Urteil erging, längst in Kraft. Zum andern wird
im angefochtenen Entscheid nicht begründet, worin der Vertrauensschutz im
Einzelnen denn bestehen soll. Das Urteil aus dem Jahre 2005 anerkannte für
eritreische Deserteure einen Asylgrund und stellte damals einen
Grundsatzentscheid dar. Es ist nicht ersichtlich, aus welchen Gründen die
ARK-Richter nicht mehr zu diesem Urteil stehen sollten und inwiefern sie in
ihrem angeblichen Vertrauen auf Anonymität zu schützen wären. Es bestehen somit
keine schutzwürdigen Vertrauenspositionen. Der Anspruch auf Urteilsbekanntgabe
erstreckt sich damit auch auf die Besetzung des Spruchkörpers der
Asylrekurskommission.
Schliesslich hält der Generalsekretär im angefochtenen Entscheid fest, der
Beschwerdeführer habe kein besonderes schutzwürdiges Informationsinteresse
geltend gemacht und könne schon aus diesem Grunde keinen Anspruch auf
Kenntnisnahme erheben. Dabei wird übersehen, dass sich das schutzwürdige
Informationsinteresse ohne Weiteres aus der Kontrollfunktion der Medien ergibt
(BGE 137 I 16 E. 2.4 S. 21). Allein schon die mit der Justizöffentlichkeit
verbundene Möglichkeit der Kontrolle der Justiz vermag auch ohne weitere
Begründung ein hinreichendes Einsichtsinteresse zu begründen. Dies trifft im
vorliegenden Fall umso mehr zu, als es dem Beschwerdeführer offenbar darum
geht, Kenntnis von den am Grundsatzentscheid beteiligten Richter zu erhalten.
Dem Beschwerdeführer kann die Einsicht nicht wegen eines mangelnden Interesses
verweigert werden.
Damit erweist sich die vorliegende Beschwerde im Grundsatz als begründet. Der
Beschwerdeführer hat gestützt auf Art. 30 Abs. 3 BV Anspruch darauf, vom
umstrittenen ARK-Urteil unter Einbezug des Spruchkörpers in anonymisierter Form
Kenntnis zu erhalten.

4.
Demnach ist die Beschwerde teilweise gutzuheissen und der angefochtene
Entscheid aufzuheben. Die Sache ist an das Bundesverwaltungsgericht zur
Bekanntgabe des Urteils der Asylrekurskommission vom 20. Dezember 2005 an den
Beschwerdeführer zurückzuweisen. Das Bundesverwaltungsgericht achtet dabei die
Persönlichkeitsrechte der damaligen Prozessbeteiligten und nimmt die
entsprechenden Anonymisierungen oder Abdeckungen vor.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind keine Kosten zu erheben (Art. 66 Abs. 1
BGG). Das Bundesverwaltungsgericht hat den Beschwerdeführer für das
bundesgerichtliche Verfahren zu entschädigen (Art. 68 Abs. 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen und der Entscheid des
Generalsekretärs des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Juli 2012 aufgehoben.
Die Sache wird dem Bundesverwaltungsgericht zur Kenntnisgabe des Urteils der
Asylrekurskommission vom 20. Dezember 2005 an den Beschwerdeführer im Sinne der
Erwägungen zurückgewiesen.

2.
Es werden keine Kosten erhoben.

3.
Das Bundesverwaltungsgericht hat den Beschwerdeführer für das
bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'000.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer und dem Bundesverwaltungsgericht,
Generalsekretariat schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 26. März 2013
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Das präsidierende Mitglied: Aemisegger

Der Gerichtsschreiber: Steinmann