Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.363/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
1C_363/2012

Urteil vom 1. Februar 2013
I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Aemisegger, Merkli,
Gerichtsschreiber Mattle.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
Beschwerdeführer,

gegen

Y.________,
Beschwerdegegnerin,

Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich.

Gegenstand
Ermächtigungsgesuch,

Beschwerde gegen den Beschluss der Geschäftsleitung des Kantonsrates des
Eidgenössischen Standes Zürich vom 14. Juni 2012.

Sachverhalt:
X.________ erhob am 11. Januar 2012 unter anderem gegen Y.________,
Regierungsrätin des Kantons Zürich, Strafanzeige wegen Amtsmissbrauchs und
weiterer Straftatbestände. Die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich
überwies die Sache an die Geschäftsleitung des Kantonsrats Zürich zum Entscheid
über die Erteilung bzw. Nichterteilung zur Durchführung einer Strafuntersuchung
gegen Y.________. Mit Beschluss vom 14. Juni 2012 erteilte die Geschäftsleitung
des Kantonsrats der Staatsanwaltschaft die Ermächtigung zur Strafuntersuchung
gegen Y.________ nicht. Gegen den Beschluss der Geschäftsleitung des
Kantonsrats hat X.________ Beschwerde ans Bundesgericht erhoben (Postaufgabe am
23. Juli 2012). Er beantragt die Aufhebung des angefochtenen Entscheids und
sinngemäss, der Staatsanwaltschaft sei die Ermächtigung zur Durchführung einer
Strafuntersuchung zu erteilen. Die Beschwerdegegnerin, die Vorinstanz und die
Oberstaatsanwaltschaft haben auf eine Vernehmlassung verzichtet.

Erwägungen:

1.
Der Beschwerdeführer stellt ein Ausstandsbegehren gegen mehrere Bundesrichter
sowie einen Gerichtsschreiber des Bundesgerichts. Er begründet das
Ausstandsbegehren allein mit dem Hinweis auf die Mitwirkung dieser Personen an
ihn betreffenden früheren Entscheiden. Richtern und Gerichtsschreibern kann
indessen die Unabhängigkeit nicht abgesprochen werden, nur weil sie in früheren
Verfahren mitgewirkt haben, an denen der Beschwerdeführer beteiligt war (vgl.
Art. 34 Abs. 2 BGG). Das Vorbringen des Beschwerdeführers vermag den Ausstand
von vornherein nicht zu begründen, weshalb kein Ausstandsverfahren nach Art. 37
BGG durchgeführt zu werden braucht. Auf das gestellte Ausstandsbegehren ist
vielmehr nicht einzutreten (BGE 129 III 445 E. 4.2.2 S. 464; 114 Ia 278 E. 1 S.
279).

2.
2.1 Beim angefochtenen Entscheid, mit dem die Ermächtigung zur
Strafuntersuchung gegen die Beschwerdegegnerin nicht erteilt worden ist,
handelt es sich um einen letztinstanzlichen kantonalen Endentscheid in einer
öffentlich-rechtlichen Angelegenheit (vgl. BGE 137 IV 269 E. 1.3.1 S. 272). Da
die Beschwerdegegnerin als Regierungsrätin der obersten kantonalen
Vollziehungsbehörde angehört, ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten ausgeschlossen (vgl. Art. 83 lit. e BGG sowie BGE 137 IV 269 E.
1.3.2 S. 272 f.). Gegen den angefochtenen Entscheid steht indessen
grundsätzlich die subsidiäre Verfassungsbeschwerde (Art. 113 ff. BGG) offen
(vgl. BGE 135 I 113 E. 1 S. 115 ff.).

2.2 Mit der Verfassungsbeschwerde kann die Verletzung verfassungsmässiger
Rechte gerügt werden (Art. 116 BGG). Nach Art. 117 i.V.m. Art. 106 Abs. 2 BGG
prüft das Bundesgericht die Verletzung von Grundrechten nur insofern, als eine
solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist. Insoweit
besteht eine qualifizierte Begründungspflicht. Die Beschwerdeschrift muss die
wesentlichen Tatsachen und eine kurz gefasste Darlegung darüber enthalten,
welche verfassungsmässigen Rechte inwiefern durch den angefochtenen Entscheid
verletzt worden sein sollen. Das Bundesgericht prüft nur klar und detailliert
erhobene und - soweit möglich - belegte Rügen. Auf appellatorische Kritik tritt
es nicht ein.

2.3 Der Beschwerdeführer macht geltend, die Vorinstanz habe ihm die
Akteneinsicht verweigert. Damit rügt er eine Verletzung von Art. 29 Abs. 2 BV.
Zu dieser Rüge ist er berechtigt (vgl. Art. 115 BGG; BGE 133 I 185 E. 6.2 S.
198 f.), sodass insoweit auf die Beschwerde einzutreten ist. Darüber hinaus
rügt und begründet der Beschwerdeführer indessen nicht in genügender Weise,
inwiefern die Vorinstanz mit dem angefochtenen Entscheid verfassungsmässige
Rechte verletzt haben soll. Soweit seine weiteren Ausführungen überhaupt den
angefochtenen Entscheid betreffen, ist darauf mangels genügend begründeter
Rügen nicht einzutreten.

3.
3.1 Das Akteneinsichtsrecht bildet Bestandteil des Anspruchs auf rechtliches
Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV). Damit die von einem Entscheid betroffene Person zu
den wesentlichen Punkten Stellung nehmen kann, bevor der Entscheid gefällt
wird, muss sie vorweg auch in die massgeblichen Akten Einsicht nehmen können (
BGE 132 II 485 E. 3.2 S. 494). Das Akteneinsichtsrecht bezieht sich
grundsätzlich auf sämtliche verfahrensbezogenen Akten (BGE 125 II 473 E. 4a S.
474 f. mit Hinweisen). Damit die Beteiligten die Möglichkeit haben, ein
Akteneinsichtsgesuch zu stellen, müssen sie über den Beizug neuer
entscheidwesentlicher Akten informiert werden. Dies gilt jedenfalls für Akten,
welche sie nicht kennen und auch nicht kennen können (Urteil 1C_88/2011 vom 15.
Juni 2011 E. 3.4; BGE 132 V 387 E. 6.2 S. 391 mit Hinweisen).

3.2 Den von der Vorinstanz eingereichten Akten ist zu entnehmen, dass der
Beschwerdeführer am 2. April 2012 bei der Vorinstanz ein Gesuch um Einsicht in
die Akten des bei der Vorinstanz hängigen Verfahrens gestellt hat. Der Leiter
der Parlamentsdienste des Kantonsrats bot dem Beschwerdeführer mit Schreiben
vom 3. April 2012 an, die Akten gegen telefonische Voranmeldung persönlich vor
Ort einzusehen. Nachdem der Beschwerdeführer mit einem Mitarbeiter der
Parlamentsdienste als Termin für die Akteneinsicht den Vormittag des 23. April
2012 vereinbart hatte, teilte ihm der Leiter der Parlamentsdienste mit
Schreiben vom 18. April 2012 mit, dass am Vormittag des 23. April 2012 infolge
Abwesenheit seiner Person keine Akteneinsicht gewährt werden könne. Der
Beschwerdeführer werde gebeten, sich stattdessen am 23. April 2012 um 14.30 Uhr
vor Ort zu melden oder mit dem Leiter der Parlamentsdienste telefonisch einen
anderen Termin zu vereinbaren.
Der Beschwerdeführer macht nicht geltend, er sei von der Vorinstanz über den
Beizug massgeblicher Akten nicht informiert worden. Er bringt aber vor, als er
am 23. April 2012 am Vormittag zur telefonisch vereinbarten Akteneinsicht vor
Ort erschienen sei, sei ihm mitgeteilt worden, diese könne erst um 14.30 Uhr
gewährt werden. Ihm sei anlässlich seines Erscheinens vor Ort von einer
Mitarbeiterin das Schreiben vom 18. April 2012 gezeigt worden, das er vorher
allerdings nicht erhalten habe.

3.3 Dem Beschwerdeführer wurde von der Vorinstanz nach dem Gesagten die
Gelegenheit gegeben, am 23. April 2012 um 14.30 Uhr persönlich vor Ort Einsicht
in die Verfahrensakten zu nehmen, wovon er aber offenbar nicht Gebrauch gemacht
hat. Dass ihm das Schreiben des Leiters der Parlamentsdienste vom 18. April
2012 betreffend Terminverschiebung vom Vormittag auf den Nachmittag zugestellt
worden ist und er dieses vor dem 23. April 2012 erhalten hat, kann zwar nicht
nachgewiesen werden. Wie der Beschwerdeführer aber selber erklärt, wurde ihm
das betreffende Schreiben am Vormittag des 23. Aprils 2012 vor Ort zur Kenntnis
gebracht. Für den Fall, dass ihm die Einsichtnahme in die Verfahrensakten vor
Ort um 14.30 Uhr des gleichen Tags nicht möglich gewesen sein sollte, wusste er
jedenfalls vom Angebot, mit dem Leiter der Parlamentsdienste telefonisch einen
anderen Termin vereinbaren zu können.
Im Umstand, dass die Vorinstanz einmalig den für die Akteneinsicht vor Ort
telefonisch vereinbarten Termin vom Vormittag auf den Nachmittag verschoben
hat, und zwar verbunden mit dem Angebot, telefonisch einen anderen Termin
vereinbaren zu können, kann offensichtlich keine Verletzung des Anspruchs des
Beschwerdeführers auf Akteneinsicht im Sinne von Art. 29 Abs. 2 BV erblickt
werden. Sollte dem Beschwerdeführer die Einsichtnahme in die Verfahrensakten
vor Ort am 23. April 2012 um 14.30 Uhr nicht möglich gewesen sein, wäre es an
ihm gelegen, sich zwecks Vereinbarung eines neuen Termins erneut an die
Vorinstanz zu wenden.

4.
Die Beschwerde erweist sich als offensichtlich unbegründet. Sie ist im
Verfahren nach Art. 109 BGG abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Der
Beschwerdeführer hat um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege inklusive
unentgeltlicher Verbeiständung ersucht. Darüber kann unter den gegebenen
Umständen mit dem vorliegenden Urteil entschieden werden (vgl. Urteil 4A_20/
2011 vom 11. April 2011 E. 7.2.2). Die unentgeltliche Rechtspflege kann gewährt
werden, wenn der Beschwerdeführer nicht über die erforderlichen Mittel verfügt
und die Beschwerdesache nicht aussichtslos ist (Art. 64 Abs. 1 BGG). Die
Gewährung der unentgeltlichen Verbeiständung setzt überdies voraus, dass der
Beschwerdeführer auf einen Rechtsbeistand angewiesen ist (Art. 64 Abs. 2 BGG).
Die vorstehenden Erwägungen zeigen, dass die Beschwerde aussichtslos war.
Demnach ist das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege abzuweisen. Es
rechtfertigt sich indes, auf die Erhebung von Gerichtskosten zu verzichten
(vgl. Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, der Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich
und der Geschäftsleitung des Kantonsrates des Eidgenössischen Standes Zürich
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 1. Februar 2013

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Fonjallaz

Der Gerichtsschreiber: Mattle