Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.34/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
1C_34/2012

Urteil vom 3. April 2012
I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Raselli, Merkli,
Gerichtsschreiber Dold.

Verfahrensbeteiligte
X.________, Beschwerdeführer,

gegen

Y.________AG, Beschwerdegegnerin, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Beat
Schelbert,

Gemeinderat Freienbach, Unterdorfstrasse 9,
Postfach 140, 8808 Pfäffikon, vertreten durch Rechtsanwalt Hans Rudolf Ziegler,
Amt für Raumentwicklung des Kantons Schwyz, Bahnhofstrasse 14, Postfach 1186,
6431 Schwyz,
Regierungsrat des Kantons Schwyz,
Bahnhofstrasse 9, Postfach 1260, 6431 Schwyz.

Gegenstand
Baubewilligung,

Beschwerde gegen den Entscheid vom 23. November 2011 des Verwaltungsgerichts
des Kantons Schwyz, Kammer III.

Sachverhalt:

A.
Die Y.________AG ist Eigentümerin der Parzellen Nr. 179, Nr. 194 und Nr. 3332
in Wilen (Gemeinde Freienbach), auf welchen das Gasthaus Wylen mit
Nebengebäuden steht. Die Parzellen liegen in der Kernzone. Für die Parzellen
Nr. 179 und Nr. 3332 gilt eine Gestaltungsplanpflicht.
Die Y.________AG stellte am 13. Februar 2009 zum einen ein Gesuch um Erlass
eines Gestaltungsplans und zum anderen ein Gesuch um Bewilligung des Abbruchs
des bestehenden Gasthauses Wylen mit Nebengebäuden und Neuerstellung eines
Mehrfamilienhauses mit elf Wohnungen, Büroräumen, Tiefgarage und
Aussenparkplätzen.
Am 10. Juni 2009 erliess der Gemeinderat Freienbach den Gestaltungsplan
"Konradshalde Kernzone". Dieser Gestaltungsplan ist in Rechtskraft erwachsen.
Am 4. November 2010 bewilligte er das Bauprojekt der Y.________AG unter
verschiedenen Bedingungen und Auflagen und wies die dagegen erhobenen
Einsprachen ab. Gegen die Baubewilligung legte X.________ beim Regierungsrat
des Kantons Schwyz Beschwerde ein. Mit Entscheid vom 17. Mai 2011 wies dieser
das Rechtsmittel ab. Eine dagegen von X.________ erhobene
Verwaltungsgerichtsbeschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz
mit Entscheid vom 23. November 2011 ab.

B.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht
vom 18. Januar 2012 beantragt X.________, der Entscheid des Verwaltungsgerichts
sei aufzuheben.
Das Amt für Raumentwicklung und das Verwaltungsgericht haben auf eine
Vernehmlassung verzichtet. Der Gemeinderat Freienbach und die
Beschwerdegegnerin beantragen die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf
einzutreten sei. Der Regierungsrat beantragt, auf die Beschwerde sei nicht
einzutreten, eventuell sei sie abzuweisen.

Erwägungen:

1.
Dem angefochtenen Entscheid liegt ein Beschwerdeverfahren über eine
baurechtliche Bewilligung zugrunde. Nach Art. 34 Abs. 1 RPG (SR 700) gelten für
die Rechtsmittel an die Bundesbehörden die allgemeinen Bestimmungen über die
Bundesrechtspflege. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten
nach Art. 82 lit. a BGG steht auf dem Gebiet des Raumplanungs- und Baurechts
zur Verfügung. Das Bundesgerichtsgesetz enthält keinen Ausschlussgrund (Art. 83
BGG). Angefochten ist ein Entscheid einer letzten kantonalen Instanz (Art. 86
Abs. 1 lit. d BGG). Der Beschwerdeführer hat am vorinstanzlichen Verfahren
teilgenommen, ist als Nachbar durch den angefochtenen Entscheid besonders
berührt und hat ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung
(Art. 89 Abs. 1 BGG). Auf seine Beschwerde ist im Grundsatz einzutreten.

2.
2.1 Der Beschwerdeführer beanstandet aus Gründen der Verkehrssicherheit die
Lage der mit dem Bauprojekt bewilligten Aussenparkplätze. Er wohne im Gebäude
an der Konradshalde 2, deren Tiefgaragenausfahrt genau gegenüber den geplanten
Parkplätzen liege. Die Konradshalde mit ihrem gebogenen Verlauf und der Nutzung
auch durch Fussgänger beurteile er als unübersichtlich. Obwohl er dies auch vor
der Vorinstanz geltend gemacht habe, habe diese seinen Antrag auf Durchführung
eines Augenscheins abgelehnt. Dies sei willkürlich.

2.2 Das Verwaltungsgericht führt aus, das Bauprojekt weise insgesamt 44
Autoabstellplätze aus, 28 in einer Tiefgarage und 16 im Freien. Von den
Aussenparkplätzen lägen 12 senkrecht zur Konradshalde und direkt gegenüber der
Tiefgaragenausfahrt der Überbauung Konradshalde 2/4/6.
Bezüglich der Verkehrssicherheit verweist das Verwaltungsgericht im
Wesentlichen auf den Entscheid des Regierungsrats. Dieser erwog, bei der
Konradshalde handle es sich um eine siedlungsorientierte Strasse ohne
Durchgangsfunktion. Daran ändere der Umstand nichts, dass sie nach Angaben des
Beschwerdeführers der Erschliessung von gegen 300 Parkplätzen der verschiedenen
Überbauungen diene. Solche Parkplätze generierten lediglich einen relativ
bescheidenen Verkehr. Zudem seien die Verhältnisse schon heute recht
übersichtlich und würden mit der geplanten Überbauung weiter verbessert werden,
unter anderem weil die Konradshalde an ihrer östlichen Seite mit einem Trottoir
versehen werde. Dass ein Teil der zwölf Parkplätze, welche senkrecht hinter dem
Trottoir geplant seien, direkt gegenüber der Tiefgaragenausfahrt der Überbauung
Konradshalde 2/4/6 lägen, sei zwar nicht ideal, sondern könne zu kurzzeitigen
Behinderungen des Verkehrsflusses führen. Eine Gefährdung der
Verkehrssicherheit sei damit jedoch nicht verbunden, wenn die
Verkehrsteilnehmer die Sorgfalt beachteten, die von ihnen erwartet werden dürfe
und müsse. Zu brenzligen Situationen solle es heute nach Darstellung des
Beschwerdeführers kommen, weil bei der Ausfahrt aus der Tiefgarage von rechts
kommende Fahrzeuge erst spät sichtbar werden. Daran würden jedoch die geplanten
Parkplätze nichts ändern. Von diesen aus seien aus dem hinteren Teil der
Konradshalde herannahende Fahrzeuge rechtzeitig erkennbar.
Die Durchführung eines Augenscheins lehnte das Verwaltungsgericht mit der
Begründung ab, dass die Frage der Verkehrssicherheit und die weiteren vom
Beschwerdeführer aufgeworfenen Fragen ohne Weiteres aufgrund der Akten
beantwortet werden können. Überdies sei der Sachverhalt grundsätzlich
unbestritten. Ein Augenschein hätte unter diesen Umständen zu keinem
Erkenntnisgewinn geführt.

2.3 Die Frage der möglichen Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit durch die
beanstandeten Parkplätze steht in Zusammenhang mit der Voraussetzung der
hinreichenden Erschliessung gemäss Art. 19 Abs. 1 RPG und Art. 4 des Wohnbau-
und Eigentumsförderungsgesetzes vom 4. Oktober 1974 (WEG; SR 843). Die
einzelnen Anforderungen an eine hinreichende Erschliessung ergeben sich
hingegen vor allem aus dem kantonalen Recht und der kantonalen Gerichts- und
Verwaltungspraxis. Diese haben sich an den bundesrechtlichen Rahmen zu halten.
Das entsprechende kantonale Recht kann insbesondere das Ausmass der
Erschliessungsanlagen und die Anforderungen an die genügende Zugänglichkeit in
abstrakter Weise festlegen (vgl. im Einzelnen Urteil 1C_376/2007 vom 31. März
2008 E. 4.1 mit Hinweis). Bei der Beurteilung der Erschliessung steht den
kantonalen und kommunalen Behörden ein erhebliches Ermessen zu. Das
Bundesgericht überprüft die Auslegung und Anwendung des kantonalen Rechts auf
Willkür hin (a.a.O., E. 4.2; BGE 121 I 65 E. 3a S. 68 mit Hinweisen).
Hinter dem Erschliessungserfordernis der Zufahrt gemäss Art. 19 Abs. 1 RPG
stehen vorab verkehrs-, gesundheits- und feuerpolizeiliche Überlegungen.
Vorliegend ist die Frage der Verkehrssicherheit umstritten. Fährt ein Fahrzeug
rückwärts auf einen der vis-à-vis der Tiefgaragenausfahrt liegenden Parkplätze
oder fährt es rückwärts aus einem solchen hinaus, so kann es zu kurzzeitigen
Verkehrsbehinderungen kommen, sei es in Bezug auf andere die Konradshalde
befahrende oder aus der Tiefgarage kommende Fahrzeuge. Ein derartiges
Parkiermanöver mag ungeduldige Fahrzeuglenker irritieren, bedeutet jedoch keine
besondere Verkehrsgefahr. Zudem bestätigen die Pläne die Feststellung der
Vorinstanz, dass die Parkplätze auf jener Seite der gebogenen Strasse liegen,
von welcher der von Süden herannahende Verkehr besser sichtbar ist als auf der
Seite der Tiefgaragenausfahrt. Der Umstand, dass die sich in den Verkehr
einfügenden Fahrzeuglenker zunächst über das Trottoir (und nicht unmittelbar
auf die Strasse) fahren, verbessert die Sicht auf die Strasse zusätzlich. Zu
berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang auch, dass es sich bei der
Konradshalde nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz um eine
relativ schwach frequentierte, siedlungsorientierte Strasse ohne
Durchgangsfunktion handelt. Dass im Fall, wo gleichzeitig ein Fahrzeuglenker
aus der Tiefgarage und ein anderer von den gegenüber liegenden Parkplätzen auf
die Konradstrasse fahren will, der eine Lenker kurz warten muss, ist in Bezug
auf die Verkehrssicherheit nicht erheblich. Insgesamt ist der Vorinstanz keine
Bundesrechtsverletzung vorzuwerfen, wenn sie die Verkehrssicherheit als
gewährleistet ansieht. Die Rüge des Beschwerdeführers ist unbegründet.
Unbegründet ist auch die Kritik des Beschwerdeführers an der Nichtdurchführung
eines Augenscheins. Der Richter kann Beweisanträge ablehnen, wenn er aufgrund
bereits abgenommener Beweise seine Überzeugung gebildet hat und ohne Willkür in
vorweggenommener antizipierter Beweiswürdigung annehmen kann, dass seine
Überzeugung durch weitere Beweiserhebungen nicht geändert würde (BGE 136 I 229
E. 5.3 S. 236 f.; 127 I 54 E. 2b S. 56; je mit Hinweisen). Die
Verkehrssicherheit lässt sich nach dem Gesagten aufgrund der Akten hinreichend
beurteilen. Das Verwaltungsgericht ist deshalb nicht in Willkür verfallen, wenn
es die Durchführung eines Augenscheins abgelehnt hat.

3.
3.1 Der Beschwerdeführer macht geltend, offen sei die Frage, inwiefern in einer
Kernzone ohne sachlich zwingenden Grund eine grössere Anzahl Aussenparkplätze
erstellt werden dürfe. Zwar fehle im Planungs- und Baugesetz des Kantons Schwyz
vom 14. Mai 1987 (SRSZ 400.100; im Folgenden: PBG) und im Baureglement der
Gemeinde Freienbach (im Folgenden: BauR) eine derart explizite Regelung.
Trotzdem dürfte die Erstellung von 16 Aussenparkplätzen ohne spezifischen Grund
(z.B. kein Laden mit hohem Bedarf an Besucherparkplätzen) den allgemein
gehaltenen Gestaltungsgeboten von § 56 PBG und Art. 34 BauR klar widersprechen.

3.2 Sinngemäss ist die Kritik des Beschwerdeführers als Rüge der willkürlichen
Anwendung der erwähnten Bestimmungen zu verstehen. Nach der ständigen Praxis
des Bundesgerichts liegt Willkür in der Rechtsanwendung vor, wenn der
angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen
Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen
Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem
Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft. Das Bundesgericht hebt einen Entscheid
jedoch nur auf, wenn nicht bloss die Begründung, sondern auch das Ergebnis
unhaltbar ist. Dass eine andere Lösung ebenfalls als vertretbar oder gar
zutreffender erscheint, genügt nicht (BGE 137 I 1 E. 2.4 S. 5 mit Hinweisen).
§ 56 Abs. 1 PBG fordert, dass sich Bauten und Anlagen so in die Umgebung
eingliedern, dass sie das Landschafts-, Orts-, Quartier- und Strassenbild nicht
stören. Gemäss Art. 34 BauR bezweckt die Kernzone die Erhaltung des
historischen Dorfkerns, die Erhaltung wichtiger Bauten und die gute
gestalterische Einordnung von Neubauten und baulichen Veränderungen ins Orts-
und Strassenbild (Abs. 1). Bauten sind so zu gestalten, dass sie sich
harmonisch ins Ortsbild einordnen, insbesondere bezüglich Massstäblichkeit,
Fassadengestaltung, Materialwahl und Farbgebung. Grössere Bauvolumen sind zu
gliedern (Abs. 6). Der Umgebungsgestaltung (Fussgängerbereiche, Plätze,
Bepflanzung) wird bei der Beurteilung der Bauprojekte besondere Bedeutung
beigemessen (Abs. 7).
Es ist nicht ersichtlich, weshalb die zwölf Parkplätze optisch besonders
störend sein sollten. Der Beschwerdeführer begründet diese Behauptung denn auch
nicht weiter. Ebenfalls nicht ersichtlich ist, weshalb für die Erstellung von
Parkplätzen nach den genannten Vorschriften ein sachlich zwingender Grund
vorausgesetzt sein sollte. Der Beschwerdeführer begründet auch in dieser
Hinsicht seine Beschwerde nur unzureichend (Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2
BGG). Auf die Rüge ist deshalb nicht einzutreten.

4.
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem
Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer
aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Der Beschwerdeführer hat der anwaltlich
vertretenen Beschwerdegegnerin eine angemessene Parteientschädigung
auszurichten (Art. 68 Abs. 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'500.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Der Beschwerdeführer hat der Beschwerdegegnerin eine Parteientschädigung von
Fr. 1'500.-- auszurichten.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Gemeinderat Freienbach, dem Amt für
Raumentwicklung, dem Regierungsrat und dem Verwaltungsgericht des Kantons
Schwyz, Kammer III, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 3. April 2012
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Fonjallaz

Der Gerichtsschreiber: Dold