Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.317/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
1C_317/2012

Urteil vom 2. Juli 2012
I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Aemisegger, Eusebio,
Gerichtsschreiber Härri.

Verfahrensbeteiligte
X.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Titus Bossart,

gegen

Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen, Wirtschaftsdelikte, Klosterhof 8a,
9001 St. Gallen.

Gegenstand
Internationale Rechthilfe in Strafsachen an Deutschland; Herausgabe von
Beweismitteln,

Beschwerde gegen den Entscheid vom 11. Juni 2012
des Bundesstrafgerichts, Beschwerdekammer.

Sachverhalt:

A.
Die Staatsanwaltschaft Hamburg führt gegen X.________ und weitere Personen ein
Strafverfahren wegen des Verdachts der bandenmässigen Umsatzsteuerhinterziehung
in einer Vielzahl von Fällen bzw. der Beihilfe dazu.

Am 9. März 2009 ersuchte sie die Schweiz um Rechtshilfe.

Mit Schlussverfügung vom 11. Oktober 2010 entsprach die Staatsanwaltschaft des
Kantons St. Gallen dem Rechtshilfeersuchen mitsamt dessen Ergänzungen und
ordnete die Herausgabe von Beweismitteln an die ersuchende Behörde an.

Die von X.________ dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesstrafgericht
(Beschwerdekammer) am 11. Juni 2012 überwiegend ab.

B.
X.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem
Hauptantrag, der Entscheid des Bundesstrafgerichts sowie die Schlussverfügung
seien aufzuheben und dem Rechtshilfeersuchen sei nicht zu entsprechen. Überdies
stellt er einen Eventualantrag.

C.
Es wurde kein Schriftenwechsel durchgeführt.

Erwägungen:

1.
Gemäss Art. 84 BGG ist gegen einen Entscheid auf dem Gebiet der internationalen
Rechtshilfe in Strafsachen die Beschwerde nur zulässig, wenn er unter anderem
eine Herausgabe von Gegenständen oder eine Übermittlung von Informationen aus
dem Geheimbereich betrifft und es sich um einen besonders bedeutenden Fall
handelt (Abs. 1). Ein besonders bedeutender Fall liegt insbesondere vor, wenn
Gründe für die Annahme bestehen, dass elementare Verfahrensgrundsätze verletzt
worden sind oder das Verfahren im Ausland schwere Mängel aufweist (Abs. 2).
Art. 84 BGG bezweckt die wirksame Begrenzung des Zugangs zum Bundesgericht im
Bereich der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen (BGE 134 IV 156 E. 1.3.1
S. 160 mit Hinweisen). Ein besonders bedeutender Fall ist mit Zurückhaltung
anzunehmen (BGE 136 IV 139 E. 2.4 S. 144 mit Hinweis).
Bei der Beantwortung der Frage, ob ein besonders bedeutender Fall gegeben ist,
steht dem Bundesgericht ein weiter Ermessensspielraum zu (BGE 134 IV 156 E.
1.3.1 S. 160 mit Hinweis).

Gemäss Art. 42 Abs. 2 BGG ist in der Begründung der Rechtsschrift in gedrängter
Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt. Ist eine
Beschwerde nur unter der Voraussetzung zulässig, dass ein besonders bedeutender
Fall nach Artikel 84 vorliegt, so ist auszuführen, warum diese Voraussetzung
erfüllt ist.

Erachtet das Bundesgericht eine Beschwerde auf dem Gebiet der internationalen
Rechtshilfe in Strafsachen als unzulässig, so fällt es gemäss Art. 107 Abs. 3
BGG - abgesehen von einem hier nicht gegebenen Ausnahmefall - den
Nichteintretensentscheid innert 15 Tagen seit Abschluss eines allfälligen
Schriftenwechsels.

Nach Art. 109 BGG entscheidet die Abteilung in Dreierbesetzung über
Nichteintreten auf Beschwerden, bei denen kein besonders bedeutender Fall
vorliegt (Abs. 1). Der Entscheid wird summarisch begründet. Es kann ganz oder
teilweise auf den angefochtenen Entscheid verwiesen werden (Abs. 3).

2.
2.1 Zwar geht es hier um die Herausgabe von Gegenständen sowie die Übermittlung
von Informationen aus dem Geheimbereich und damit um Sachgebiete, bei denen die
Beschwerde nach Art. 84 Abs. 1 BGG insoweit möglich ist. Entgegen der
Auffassung des Beschwerdeführers handelt es sich jedoch um keinen besonders
bedeutenden Fall.

2.2 Was er vorbringt, ist nicht geeignet, einen solchen Fall darzutun.
2.2.1 Er führt aus, es sei die Herausgabe von Unterlagen zu Konten von drei
Firmen an die ersuchende Behörde angeordnet worden (Schlussverfügung Ziff.
2.5). Diese Firmen seien dazu nie angehört worden, womit ein elementarer
Verfahrensgrundsatz verletzt worden sei.

Insoweit führt der Beschwerdeführer Beschwerde im Interesse Dritter. Dazu ist
er nicht befugt (BGE 137 IV 134 E. 5.2.2 S. 138 mit Hinweisen).
2.2.2 Der Beschwerdeführer macht geltend, das ausländische Verfahren leide an
einem schweren Mangel. Die deutschen Strafbehörden hätten das
Ermittlungsverfahren gegen zwei Haupttäter eingestellt. Wenn sie unter diesen
Umständen am Rechtshilfeersuchen festhielten, sei das rechtsmissbräuchlich.

Der Einwand ist unbehelflich. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung haben
die schweizerischen Behörden inzwischen im ersuchenden Staat ergangene
Entscheide nicht zu interpretieren. Solange das Rechtshilfeersuchen nicht
zurückgezogen worden ist, ist es zu vollziehen (Urteil 1C_284/2011 vom 18. Juli
2011 E. 1 mit Hinweisen). Die Vorinstanz legt das (angefochtener Entscheid S.
14 E. 4.2) zutreffend dar.

Der Beschwerdeführer hätte die Möglichkeit gehabt, die deutschen Behörden unter
Hinweis auf die von ihm angerufenen Einstellungsentscheide zum Rückzug des
Rechtshilfeersuchens zu veranlassen. Die deutschen Behörden haben das Ersuchen
nicht zurückgezogen. Damit ist es nach der dargelegten Rechtsprechung zu
vollziehen.
2.2.3 Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung stellen sich im vorliegenden
Fall nicht. Auch sonst wie ist dieser nicht von aussergewöhnlicher Tragweite.
Für das Bundesgericht besteht deshalb kein Anlass, die Sache an die Hand zu
nehmen.

2.3 Die Beschwerde ist danach unzulässig.

Die beantragte Einräumung einer Nachfrist zur Ergänzung der
Beschwerdebegründung fällt damit gemäss Art. 43 lit. a BGG ausser Betracht.

3.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt der Beschwerdeführer die Kosten (Art.
66 Abs. 1 Satz 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft des Kantons St.
Gallen, dem Bundesstrafgericht, Beschwerdekammer, und dem Bundesamt für Justiz
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 2. Juli 2012
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Fonjallaz

Der Gerichtsschreiber: Härri