Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.204/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
1C_204/2012

Urteil vom 25. April 2013
I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Aemisegger, Merkli, Karlen, Chaix,
Gerichtsschreiber Stohner.

1. Verfahrensbeteiligte
X. Z.________,
2. Y. Z.________,
Beschwerdeführer, beide vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Peter Kleb,

gegen

Stadt Aarau, Rathausgasse 1, 5000 Aarau,
handelnd durch den Stadtrat Aarau, Rathausgasse 1, 5000 Aarau, und dieser
vertreten durch Fürsprecher Dr. Peter Gysi, Hintere Bahnhofstrasse 6, 5001
Aarau,
Regierungsrat des Kantons Aargau, Staatskanzlei, 5000 Aarau.

Gegenstand
Nutzungs- und Gestaltungsplanung Torfeld Süd,

Beschwerde gegen das Urteil vom 20. Februar 2012 des Verwaltungsgerichts des
Kantons Aargau, 4. Kammer.

Sachverhalt:

A.
Die Stadt Aarau beabsichtigt, das Industriegebiet Torfeld Süd neuen Nutzungen
zuzuführen. Im Vordergrund steht der Bau eines Fussballstadions mit
Mantelnutzungen für Einkauf, Dienstleistungen und Freizeitangebote. Daneben
sollen industrielle und gewerbliche Nutzungen weiter bestehen; Teile des Areals
sind für das Wohnen und die Erbringung von Dienstleistungen vorgesehen.
Zur Verwirklichung dieses Vorhabens unterbreiteten die Behörden den
Stimmberechtigten eine Änderung des allgemeinen Nutzungsplans, die das Gebiet
einer "Spezialzone Torfeld Süd" zuweist. Die Vorlage wurde in der
Volksabstimmung vom 13. Juni 2010 angenommen. Ausserdem erliess der Stadtrat
Aarau am 23. August 2010 den Gestaltungsplan Torfeld Süd.

B.
X. und Y. Z.________ erhoben gegen die Änderung des allgemeinen Nutzungsplans
und gegen den Gestaltungsplan Einwendungen, auf die der Stadtrat Aarau je in
einem separaten Entscheid nicht eintrat. Diese Entscheide und die neuen
planerischen Festlegungen fochten X. und Y. Z.________ mit Beschwerde beim
Regierungsrat des Kantons Aargau an. Dieser wies ihre Rechtsmittel am 11. Mai
2011 ab und genehmigte die Nutzungsplanänderung und den Gestaltungsplan. Das
von X. und Y. Z.________ darauf angerufene Verwaltungsgericht des Kantons
Aargau vereinigte die Verfahren. Am 20. Februar 2012 trat es auf die
Beschwerden nicht ein, soweit sie sich gegen die regierungsrätliche Genehmigung
der neuen Planfestsetzungen richteten, und wies sie im Übrigen ab.

C.
X. und Y. Z.________ beantragen dem Bundesgericht mit Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten, den Entscheid des Verwaltungsgerichts
vom 20. Februar 2012 vollumfänglich aufzuheben. Eventualiter sei der genannte
Entscheid zumindest insoweit abzuändern, als er die Auslagen von Fr. 5'745.--
betrifft; diese seien von der Stadt Aarau zu übernehmen.
Die Stadt Aarau ersucht um Abweisung der Beschwerde. Das Verwaltungsgericht hat
sich zur Beschwerde geäussert, ohne einen Antrag zu stellen. Die
Beschwerdeführer halten in einer weiteren Eingabe an ihren Anträgen und
Ausführungen fest.

D.
Der Präsident der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung hat am 4. Juni 2012 ein
Gesuch der Beschwerdeführer um Gewährung der aufschiebenden Wirkung abgewiesen.

Erwägungen:

1.
Die Beschwerdeführer beantragen nur, den angefochtenen Entscheid aufzuheben.
Aus der Begründung ihrer Rechtsschrift geht jedoch hervor, dass sie zugleich um
eine Rückweisung der Sache an den Stadtrat Aarau ersuchen, damit dieser die von
ihnen erhobenen Einwendungen materiell beurteile. Das gestellte Rechtsbegehren
weist damit die nötige Klarheit auf.
Die übrigen Rechtsmittelvoraussetzungen sind erfüllt. Auf die Beschwerde ist
deshalb einzutreten.

2.
Streitgegenstand bildet allein die Legitimation der Beschwerdeführer gemäss §
24 Abs. 2 des Gesetzes über Raumentwicklung und Bauwesen des Kantons Aargau vom
19. Januar 1993 (Baugesetz, BauG/ AG; SAR 713.100), um gegen die Änderung des
allgemeinen Nutzungsplans (Erlass der Spezialzone Torfeld Süd) und die
Festsetzung des Gestaltungsplans für das Gebiet Torfeld Süd Einwendungen zu
erheben.
Die Vorinstanz spricht den Beschwerdeführern diese Befugnis ab. Das
prognostizierte zusätzliche Verkehrsaufkommen bewirke auf der Weltistrasse, an
der sie wohnten, keine wahrnehmbare Erhöhung des Lärmpegels. Der angefochtene
Entscheid stützt sich dabei insbesondere auf die Modellrechnungen des
Regierungsrats, die eine Verkehrszunahme von 6,9 % auf der Weltistrasse
voraussagen. Die Kritik, die ein von den Beschwerdeführern eingereichtes
Privatgutachten von Dr. W.________ und dipl. ing. V.________ an den
Berechnungen im regierungsrätlichen Entscheid übt, weist die Vorinstanz zurück.
Die Beschwerdeführer rügen vor Bundesgericht erneut, dass die Verkehrszunahme
auf der Weltistrasse nicht bloss 6,9 %, sondern mehr als 10 % betragen werde,
sodass nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ihre Legitimation nicht
hätte verneint werden dürfen. Zur Begründung ihres Standpunkts reichen sie ein
neues Gutachten von Dr. W.________ ein, das die von den kantonalen Behörden
vorgenommene Berechnung in verschiedenen Punkten in Frage stellt.

3.
Nach § 24 BauG/AG legt der Gemeinderat Nutzungspläne während 30 Tagen
öffentlich auf (Abs. 1). Innerhalb dieser Frist kann jedermann, der ein
schutzwürdiges eigenes Interesse besitzt, Einwendungen erheben (Abs. 2). Wie
die Vorinstanz zu Recht darlegt, ergibt sich aus Art. 33 Abs. 3 lit. a RPG und
Art. 111 Abs. 1 BGG, dass die kantonalen Rechtsmittelbehörden die Legitimation
nicht enger fassen dürfen, als dies für die Beschwerde an das Bundesgericht
vorgesehen ist. Sind die Beschwerdeführer befugt, einen Entscheid über ein
Vorhaben beim Bundesgericht anzufechten, müssen die kantonalen Instanzen auf
ihr Rechtsmittel ebenfalls eintreten, wenn die übrigen formellen
Voraussetzungen erfüllt sind (BGE 136 II 281 E. 2.1 S. 284).
Die Vorinstanz gelangt zum Schluss, dass den Beschwerdeführern im Lichte der
von der bundesgerichtlichen Rechtsprechung aufgestellten Kriterien die
Legitimation zur Anfechtung der Änderung des allgemeinen Nutzungsplans und des
Gestaltungsplans Torfeld Süd fehle. Ob dies zutrifft, prüft das Bundesgericht
mit voller Kognition.

4.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts sind Nachbarn von Bauprojekten zur
Beschwerdeführung legitimiert, wenn sie mit Sicherheit oder zumindest grosser
Wahrscheinlichkeit durch Immissionen (Lärm, Staub, Erschütterungen, Licht oder
andere Einwirkungen), die der Bau oder Betrieb der fraglichen Anlage
hervorruft, betroffen werden. Sind solche Beeinträchtigungen zu erwarten,
ändert der Umstand, dass eine grosse Zahl von Personen betroffen ist, nichts an
der Beschwerdebefugnis. Unter Umständen kann ein grosser Kreis von Personen zur
Beschwerdeführung legitimiert sein, etwa beim Betrieb eines Flughafens oder
einer Schiessanlage (BGE 136 II 281 E. 2.3.1 S. 285).
Als wichtiges Kriterium zur Beurteilung der Betroffenheit dient in der Praxis
die räumliche Distanz zum umstrittenen Bauvorhaben. Die Rechtsprechung bejaht
meistens die Legitimation von Nachbarn, deren Liegenschaften sich in einem
Umkreis von bis zu rund 100 Metern befinden (vgl. Urteil 1C_346/2011 vom 1.
Februar 2012 E. 2.3, in: URP 2012 S. 692). Bei grösseren Entfernungen bedarf
der Nachweis der Betroffenheit regelmässig einer näheren Begründung, welche die
Beeinträchtigung aufgrund der konkreten Gegebenheiten glaubhaft erscheinen
lässt. In der neueren Praxis ist die Legitimation von Personen bejaht worden,
die 800 bis 1'000 Meter von einer Schiessanlage entfernt wohnten, aber deren
Lärm noch deutlich wahrnahmen (BGE 133 II 181 E. 3.2.2 S. 188). Ebenso sind 1,2
Kilometer von einem Windpark wohnhafte Grundeigentümer zur Beschwerde
legitimiert, wenn sie dadurch deutlich wahrnehmbarem zusätzlichem Lärm
ausgesetzt werden (Urteil 1C_33/2011 vom 12. Juli 2011 E. 2.3, zusammengefasst
in: ZBl 112/2011 S. 620).
Die Betroffenheit von Anwohnern kann nach der Rechtsprechung auch aus
Immissionen herrühren, die vom Zubringerverkehr ausgehen, die ein Bauvorhaben
verursacht. Das Bundesgericht beurteilt die Legitimation anhand von
qualitativen (Art des Verkehrsgeräuschs) und quantitativen Kriterien (Erhöhung
des Lärmpegels). Es lässt sich dabei von der Erfahrungsregel leiten, dass eine
Erhöhung des Beurteilungspegels von 1 dB(A) gerade noch wahrnehmbar ist. In der
Praxis wird davon ausgegangen, dass eine Zunahme um 1 dB(A) einer Steigerung
des durchschnittlichen täglichen Verkehrsaufkommens (DTV) um rund 25 %
entspreche, bei geringen Verkehrsmengen bereits einer etwas kleineren Zunahme.
Darauf gestützt hat das Bundesgericht eine kantonale Praxis als zulässig
erachtet, welche die Legitimation von Anwohnern erst ab einer Verkehrszunahme
von mindestens 10 % bejaht (Urteil 1A.148/2005 vom 20. Dezember 2005 E. 3.5 und
3.6, in: ZBl 107/2006 S. 609). Die besondere Betroffenheit kann allerdings auch
gegeben sein, wenn die Lärmzunahme rein rechnerisch unter 1 dB(A) liegt, sich
aber wegen des fraglichen Bauvorhabens die Verkehrszusammensetzung - etwa
aufgrund der Erhöhung des Lastwagen-Anteils - erheblich verändert (BGE 136 II
281 E. 2.5.4 S. 289).
Die bundesgerichtliche Rechtsprechung misst den erwähnten quantitativen
Kriterien keine absolute Bedeutung zu. Das Bundesgericht hat vielmehr stets
betont, dass die legitimationsbegründende Betroffenheit in einer
Gesamtwürdigung anhand der im konkreten Fall vorliegenden tatsächlichen
Verhältnisse zu beurteilen ist. Es kann daher nicht in schematischer Weise auf
einzelne Kriterien abgestellt werden (BGE 136 II 281 E. 2.3.2 S. 285 f.).

5.
Nach den unbestrittenen Feststellungen der Vorinstanz liegt das Grundstück der
Beschwerdeführer rund 680 Meter vom Planungsgebiet Torfeld Süd entfernt. Es
besteht keine direkte Sichtverbindung, und die Liegenschaft der
Beschwerdeführer wird auch keinen Lärmimmissionen ausgesetzt, die vom Betrieb
des Stadions, vom Einkaufszentrum oder von anderen Nutzungen ausgehen. Die
Vorinstanz erklärt zu Recht, dass unter diesen Umständen nicht auf der Hand
liege, dass die Beschwerdeführer durch die fraglichen Planungsmassnahmen für
das Gebiet Torfeld Süd besonders betroffen würden. Ihre Legitimation bedarf
daher nach der erwähnten Rechtsprechung der besonderen Begründung.
Die Beschwerdeführer stellen das nicht in Frage, berufen sich zur Untermauerung
ihrer Legitimation jedoch auf die zu erwartende erhebliche Verkehrszunahme auf
der Weltistrasse, an der ihr Grundstück gelegen ist. Die kantonalen Instanzen
gehen zwar auch davon aus, dass das geplante Vorhaben auf dieser Strasse einen
gewissen Mehrverkehr verursachen werde. Sie gelangen aber zum Schluss, dass
dieser zu gering und zu wenig eindeutig den geplanten Nutzungen zuzurechnen
sei, um die Legitimation der Beschwerdeführer zu begründen.

6.
Eine Beurteilung der Legitimation anhand zahlenmässiger Kriterien fällt nur
dort in Betracht, wo sich zu den Auswirkungen eines Bauvorhabens einigermassen
zuverlässige quantitative Aussagen machen lassen. Das gilt insbesondere mit
Blick auf die von den Beschwerdeführern angerufene Regel, wonach
Verkehrszunahmen ab 10 % die Beschwerdebefugnis der Anwohner begründeten. Das
Bundesgericht hat in seiner bisherigen Praxis die Legitimation allein aufgrund
des zu erwartenden Mehrverkehrs in Fällen bejaht, in denen dieser zahlenmässig
relativ genau beziffert und der umstrittenen neuen Nutzung zugeordnet werden
konnte. So stand die besondere Betroffenheit von Anwohnern einer
Zubringerstrasse zu einer Kiesgrube fest, für deren Betrieb 120 Hin- und
Rückfahrten pro Tag im Wochenmittel und Tagesspitzen von 180 Fahrbewegungen für
einen Zeitraum von 40 bis 50 Jahren bewilligt wurden (BGE 113 Ib 225 E. 1c S.
229). Eine zuverlässige Beurteilung des Mehrverkehrs erscheint häufig auch
möglich auf direkten Zubringerachsen zu einer neuen Baute oder Anlage. Der
Mehrverkehr lässt sich in der Regel ohne weiteres den neuen Nutzungen zuordnen
(vgl. BGE 136 II 281 E. 2.5 S. 287 ff.).
Wenn ein Bauvorhaben demgegenüber in einem städtischen Gebiet liegt und es
zahlreiche Zufahrtswege gibt, ist eine zuverlässige Beurteilung des dadurch
ausgelösten Mehrverkehrs schwierig. Das gilt insbesondere für Strassen, die
bereits etwas entfernt liegen und nicht eine unmittelbare Zufahrtsachse zur
neuen Baute bilden. So hat das Bundesgericht festgestellt, dass sich der
Mehrverkehr, den ein im Zentrum von Zürich geplantes Spielcasino auslöse, kaum
eindeutig einzelnen Strassen oder Strassenabschnitten zuordnen lasse. Vielmehr
sei anzunehmen, dass sich die Immissionen selbst in den kritischen Nachtstunden
mit dem allgemeinen Strassenlärm in der Innenstadt vermischten und kaum mehr
als eigenständige Belastung wahrnehmbar seien (Urteil 1C_405/2008 vom 18. März
2009 E. 2.5, in: URP 2010 S. 295).

7.
Die Vorinstanz erklärt, die geplante Überbauung Torfeld Süd werde angesichts
ihrer zentralen Lage auf das gesamte Strassennetz der Stadt Aarau Auswirkungen
haben. Die Beschwerdeführer wohnen nicht an einer der grossen Zufahrtsachsen
zum Planungsgebiet, sondern an einer mehrere Hundert Meter entfernten -
verkehrsberuhigten - Quartierstrasse. Sie befürchten indessen, diese Strasse
könnte als Teil einer Ausweichroute Mehrverkehr ausgesetzt sein.
Der Regierungsrat hat eine Modellrechnung angestellt und gestützt darauf für
die Weltistrasse eine Verkehrszunahme von 6,9 % prognostiziert, welche die
neuen Nutzungen im Planungsgebiet Torfeld Süd hervorriefen. Die Vorinstanz
erachtet diese Prognose als plausibel. Auf jeden Fall vermöchten sie die
Beschwerdeführer nicht zu widerlegen oder in hinreichendem Mass in Frage zu
stellen.
Die Kritik, welche die Beschwerdeführer an den Modellrechnungen vorbringen,
bezieht sich auf mehrere Prämissen. So stellen sie namentlich in Frage, dass
von einem Verbundeffekt der Nutzungen auf dem Areal in der unterstellten Höhe
ausgegangen werden könne (Reduktion der Verkaufsfläche für die
Verkehrsberechnung um einen Drittel, d.h. von 10'000 m2 auf 6'700 m2). Weiter
rügen sie den der Berechnung zugrunde gelegten Modal-Split sowie die
Nichtberücksichtigung der Auswirkungen der neu zu erstellenden
Verbindungsspange Buchs Nord. Diese Einwände werden im eingereichten neuen
Gutachten von Dr. W.________ näher begründet.
Die Modellrechnungen im verkehrstechnischen Gutachten, auf das sich die
kantonalen Instanzen stützen, beruhen auf verschiedenen Annahmen. Ob sie der
von den Beschwerdeführern erhobenen Kritik unter verkehrswissenschaftlichen
Kriterien Stand halten, braucht an dieser Stelle nicht entschieden zu werden.
Auf jeden Fall weist die von den kantonalen Instanzen verwendete Prognose
aufgrund der getroffenen Annahmen eine erhebliche Unschärfe auf, der Rechnung
zu tragen ist. Unter diesen Umständen erscheint es nicht haltbar, bei der
Beurteilung der Beschwerdelegitimation allein auf die prognostizierte
Verkehrszunahme von 6,9 % abzustellen, die das verkehrstechnische Gutachten
errechnet. Die vorinstanzliche Argumentation greift insofern zu kurz, als sie
die Unschärfe der Prognose nicht mitberücksichtigt. Umgekehrt kann entgegen der
Auffassung der Beschwerdeführer auch nicht mit Sicherheit prognostiziert
werden, dass der Verkehr auf der Weltistrasse aufgrund der geplanten neuen
Nutzungen mehr als 10 % zunehmen wird.
Wie bereits dargelegt wurde, kommt ein Abstellen auf die erwähnte Regel, wonach
ein zu erwartender Mehrverkehr von 10 % die Beschwerdebefugnis begründe, nicht
in Betracht, wenn keine einigermassen exakte Prognose möglich ist. Die
Rechtsprechung misst quantitativen Kriterien aber auch sonst keine absolute
Bedeutung bei, sondern beurteilt die Beschwerdebefugnis immer aufgrund einer
Gesamtwürdigung. Einer solchen bedarf es somit auch, um über die Legitimation
der Beschwerdeführer zu befinden.

8.
Die Liegenschaft der Beschwerdeführer liegt in einem städtischen Quartier, das
aufgrund der dichten Überbauung und verschiedener Infrastrukturanlagen (Spital,
Schulhäuser etc.) einer gewissen Verkehrsbelastung ausgesetzt ist. Die
Weltistrasse ist eine verkehrsberuhigte Quartierstrasse (Tempo 30-Zone) und
führt nicht direkt zum neuen Planungsgebiet. Die vorgesehenen neuen Nutzungen
im Gebiet Torfeld Süd werden zwar nach den vorhandenen Studien voraussichtlich
auch auf der Weltistrasse zu etwas Mehrverkehr führen. Die Zunahme lässt sich
wie erwähnt nicht exakt bestimmen, dürfte aber bescheiden bleiben. Denn als
Quartierstrasse eignet sich die Weltistrasse nur sehr beschränkt zur Zufahrt
zum Planungsgebiet. Jedenfalls ist aufgrund der vorhandenen Prognosen - auch
jener der Beschwerdeführer - nicht davon auszugehen, dass der tägliche
durchschnittliche Verkehr (DTV) 25 % oder mehr betragen wird. Die zu erwartende
Steigerung des Verkehrs führt deshalb für die Beschwerdeführer nach den
Erfahrungswerten nicht zu einer deutlich wahrnehmbaren Erhöhung des Lärmpegels
(vgl. vorn E. 4). Weiter fällt in Betracht, dass die Zunahme keinen erhöhten
Lastwagen-Anteil, der als besonders belastend empfunden wird, umfasst. Mit
Blick auf den Lärm lassen die umstrittenen neuen Nutzungen die Beschwerdeführer
voraussichtlich zwar nicht gänzlich unberührt, doch kann nicht von einer
spezifischen Betroffenheit gesprochen werden, wie sie die Legitimation nach der
zitierten Rechtsprechung voraussetzt.
Die Beschwerdeführer leiten ihre besondere Betroffenheit allerdings auch aus
dem Suchverkehr bei Fussballspielen ab. Die Matchbesucher würden die
angrenzenden Quartiere auf der Suche nach einem Parkplatz "durchkämmen".
Entgegen der vorinstanzlichen Auffassung sind solche Sekundärimmissionen zwar
an sich durchaus geeignet, die Legitimation von Anwohnern zu begründen. Mit
Blick auf das geplante Fussballstadion sind jedoch Massnahmen vorgesehen, um
den Suchverkehr wirksam zu unterbinden. § 22 Abs. 6 der
Gestaltungsplanvorschriften schreibt vor, dass mit dem Baugesuch ein Konzept
vorzulegen ist, welches die weiträumige Einweisung der motorisierten
Stadionbesucher zu den vorgesehenen Parkplätzen sicherstellt. Es ist nicht
ersichtlich, dass eine solche Einweisung nicht funktionieren sollte, wie dies
die Beschwerdeführer befürchten, zumal eine genügende Anzahl Parkplätze in der
unmittelbaren Umgebung bereitgestellt werden muss. Nötigenfalls wären die
getroffenen Massnahmen später zu verbessern.
Bei gesamthafter Betrachtung kann nicht von einer besonderen Betroffenheit der
Beschwerdeführer gesprochen werden. Die Verneinung ihrer Beschwerdelegitimation
durch die kantonalen Instanzen verletzt daher kein Bundesrecht.

9.
Die Vorinstanz hat den Beschwerdeführern als Teil der Verfahrenskosten auch die
Auslagen für eine Stellungnahme der U.________ AG in der Höhe von Fr. 5'140.80
auferlegt. Die Beschwerdeführer bestreiten, dass es sich dabei um Auslagen
handle und kritisieren die vorinstanzliche Anwendung von § 29 des Gesetzes über
die Verwaltungsrechtspflege des Kantons Aargau vom 4. Dezember 2007
(Verwaltungsrechtspflegegesetz, VRPG/AG; SAR 271.200) sinngemäss als
willkürlich.
Die von der U.________ AG erteilte Auskunft erfolgte auf richterliche Anordnung
hin. Es handelt sich dabei nicht um ein Parteigutachten, auch wenn diese Firma
bereits das verkehrstechnische Gutachten und den Umweltverträglichkeitsbericht
erstellt hat, auf welche sich die kantonalen Instanzen stützen. Bei der
Würdigung der Auskunft war dieser Umstand durch die Vorinstanz entsprechend zu
berücksichtigen. Das ändert aber nichts daran, dass es jedenfalls nicht
willkürlich ist, den für die Stellungnahme in Rechnung gestellten Aufwand als
Auslage im Sinne von § 29 VRPG/AG zu betrachten. Der angefochtene Entscheid ist
daher auch im Kostenpunkt nicht zu beanstanden.

10.
Die Beschwerde erweist sich demnach als unbegründet und ist abzuweisen.
Bei diesem Ausgang sind die Gerichtskosten den Beschwerdeführern aufzuerlegen
(Art. 66 Abs. 1 BGG). Die Stadt Aarau hat keinen Anspruch auf eine
Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 3 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 4'000.-- wird den Beschwerdeführern auferlegt.

3.
Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.

4.
Dieses Urteil wird den Beschwerdeführern, der Stadt Aarau, dem Regierungsrat
des Kantons Aargau und dem Verwaltungsgericht des Kantons Aargau, 4. Kammer,
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 25. April 2013
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Fonjallaz

Der Gerichtsschreiber: Stohner

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