Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.195/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
1C_195/2012

Urteil vom 15. Oktober 2012
I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Aemisegger, Merkli, Karlen, Eusebio,
Gerichtsschreiber Härri.

1. Verfahrensbeteiligte
A.________,
2. B.________,
3. C.________,
4. D.________,
5. E.________,
Beschwerdeführer, alle vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Peter Kreis und
lic.oec. Niklaus Rüst,

gegen

Bundesamt für Migration, Quellenweg 6, 3003 Bern.

Gegenstand
Asyl und Wegweisung,

Beschwerde gegen das Urteil vom 19. März 2012
des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung V.

Sachverhalt:

A.
A.________, seine Lebenspartnerin B.________ sowie ihre gemeinsamen
minderjährigen Kinder C.________, D.________ und E.________ sind mazedonische
Staatsangehörige. Sie lebten in X.________ und gehören der Volksgruppe der Roma
an. Nach ihren Angaben verliessen sie am 22. März 2010 ihren Heimatstaat und
gelangten am 24. März 2010 in die Schweiz, wo sie gleichentags um Asyl
ersuchten.

B.
Mit Verfügung vom 19. Mai 2010 stellte das Bundesamt für Migration (BFM) fest,
die Gesuchsteller erfüllten die Flüchtlingseigenschaft nicht. Es lehnte die
Asylgesuche ab und ordnete die Wegweisung aus der Schweiz sowie deren Vollzug
an.

C.
Die von den Gesuchstellern dagegen erhobene Beschwerde wies das
Bundesverwaltungsgericht (Abteilung V) am 19. März 2012 ab.

D.
A.________, B.________ sowie C.________, D.________ und E.________ führen
Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Hauptantrag, das
Urteil des Bundesverwaltungsgerichts sei aufzuheben; es sei bezüglich aller
Beschwerdeführer die Flüchtlingseigenschaft festzustellen und ihnen Asyl zu
gewähren; eventualiter seien sie zufolge Unzulässigkeit, Unzumutbarkeit und
Unmöglichkeit des Wegweisungsvollzugs in der Schweiz vorläufig aufzunehmen.
Zudem stellen sie den Eventualantrag, die Angelegenheit sei zur Ergänzung der
Untersuchung und neuen Entscheidung an die Vorinstanzen zurückzuweisen.

E.
Das Bundesverwaltungsgericht hat sich vernehmen lassen mit dem Antrag, die
Beschwerde abzuweisen.
Das BFM beantragt unter Hinweis auf seine Verfügung ebenfalls die Abweisung der
Beschwerde.
Die Beschwerdeführer haben eine Replik eingereicht.

F.
Mit Verfügung vom 10. Mai 2012 hat der bundesgerichtliche Instruktionsrichter
der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuerkannt.

Erwägungen:

1.
1.1 Gegen den angefochtenen Entscheid ist gemäss Art. 82 lit. a BGG die
Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegeben.
1.2
1.2.1 Nach Art. 83 Bst. d Ziff. 1 BGG ist die Beschwerde unzulässig gegen
Entscheide auf dem Gebiet des Asyls, die vom Bundesverwaltungsgericht getroffen
worden sind, ausser sie betreffen Personen, gegen die ein Auslieferungsersuchen
des Staates vorliegt, vor welchem sie Schutz suchen.
Diese Gegenausnahme wurde mit Bundesgesetz vom 1. Oktober 2010 über die
Koordination des Asyl- und des Auslieferungsverfahrens, in Kraft seit 1. April
2011 (Koordinationsgesetz; AS 2011 925 ff.), neu in das Bundesgerichtsgesetz
eingefügt. Das Koordinationsgesetz stellt einen Mantelerlass dar. Damit wurden
ausschliesslich das Bundesgerichtsgesetz, das Asylgesetz (AsylG; SR 142.31) und
das Rechtshilfegesetz (IRSG; SR 351.1) geändert.
Auslöser der Revision waren Probleme, die bei parallelen Asyl- und
Auslieferungsverfahren auftraten. Diese Verfahren fallen in die Zuständigkeit
zweier verschiedener Bundesämter. Das BFM entscheidet über Asylanträge, das
Bundesamt für Justiz (BJ) über Fahndungs- und Auslieferungsersuchen. Der
Asylentscheid kann an das Bundesverwaltungsgericht weitergezogen werden, der
Auslieferungsentscheid an das Bundesstrafgericht. Gegen den Entscheid des
Letzteren ist in besonders bedeutenden Fällen die Beschwerde an das
Bundesgericht gegeben (Art. 84 BGG). Sowohl im Asyl- als auch im
Auslieferungsverfahren gilt der Grundsatz des Non-Refoulement. Danach darf
niemand in einen Staat ausgeschafft werden, in dem ihm Folter oder eine andere
Art grausamer und unmenschlicher Behandlung oder Bestrafung droht. In beiden
Verfahren muss somit die konkrete Gefährdung der betroffenen Person im
Verfolgerstaat abgeklärt werden. Da unterschiedliche Behörden zum Entscheid
zuständig sind und ein abweichender Rechtsmittelweg besteht, waren
widersprüchliche Asyl- und Auslieferungsentscheide möglich.
Mit der Revision wurden folgende Massnahmen zur Behebung der
Koordinationsprobleme umgesetzt: Das Bundesgericht ist neu in parallelen Asyl-
und Auslieferungsverfahren letzte Beschwerdeinstanz. Für die Asylverfahren wird
zudem das Beschleunigungsgebot verankert. In beiden Verfahren besteht ferner
neu die Pflicht der Behörden zum gegenseitigen Aktenbeizug.
Die Zusammenführung des Asyl- und des Auslieferungsverfahrens auf der Stufe des
Bundesgerichts erlaubt eine widerspruchsfreie Rechtsprechung unter Beachtung
des Gebots des Non-Refoulement. Eine begrenzte Zahl von Asylsuchenden kann
somit den Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts vom Bundesgericht überprüfen
lassen. Der Zugang zum Bundesgericht ist dabei im Unterschied zum
Auslieferungsverfahren nicht auf besonders bedeutende Fälle beschränkt.
Wie die Beschwerde an das Bundesgericht bezwecken auch die weiteren Massnahmen
eine bessere zeitliche und inhaltliche Koordination der Asyl- und der
Auslieferungsverfahren. Mit dem Beschleunigungsgebot soll sichergestellt
werden, dass die Asylbehörden dem Asylgesuch hohe Priorität einräumen, wenn die
betroffene Person gleichzeitig Gegenstand eines Auslieferungsverfahrens ist.
Mit der Pflicht der Behörden zum gegenseitigen Aktenbeizug soll sichergestellt
werden, dass sich sowohl der Asyl- als auch der Auslieferungsentscheid bei der
Frage der politischen Verfolgung auf die gleichen Informationen stützt
(Botschaft vom 24. Februar 2010 zum Bundesgesetz über die Koordination des
Asyl- und des Auslieferungsverfahrens, BBl 2010 1469 ff.; THOMAS HÄBERLI, in:
Bundesgerichtsgesetz, Basler Kommentar, 2. Aufl. 2011, N. 132a ff. zu Art. 83
BGG).
1.2.2 (Ersuchen des Justizministeriums der Republik Mazedonien um Auslieferung
der Beschwerdeführerin 2 zur Vollstreckung einer Freiheitsstrafe. Keine
Versetzung der Beschwerdeführerin 2 in Auslieferungshaft.)
1.2.3 Gegen die Beschwerdeführerin 2 liegt demnach ein Auslieferungsersuchen
des Staates vor, vor welchem sie Schutz sucht. Sie kann deshalb gemäss Art. 83
Bst. d Ziff. 1 BGG den vorinstanzlichen Entscheid anfechten.
Anders verhält es sich in Bezug auf die Beschwerdeführer 1 und 3-5. Soweit sich
die Vorinstanz mit diesen befasst hat, betrifft ihr Entscheid keine Person,
gegen die ein Auslieferungsersuchen vorliegt. Die Beschwerde ist daher gemäss
Art. 83 Bst. d Ziff. 1 BGG unzulässig.
Dies bestätigt Folgendes: Die Eltern des Beschwerdeführers 1 reisten zusammen
mit den Beschwerdeführern in die Schweiz ein und ersuchten ebenfalls um Asyl.
Das BFM lehnte das Gesuch der Eltern ab. Die von diesen dagegen erhobene
Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht ab. Diesen Entscheid konnten die
Eltern unstreitig nicht beim Bundesgericht anfechten, da kein
Auslieferungsersuchen gegen sie vorliegt. Für die Beschwerdeführer 1 und 3-5
kann nichts anderes gelten. Diesen kann die Beschwerde an das Bundesgericht
nicht einzig deshalb offenstehen, weil die Vorinstanz insoweit keinen separaten
Entscheid gefällt hat.
Auf die Beschwerde der Beschwerdeführer 1 und 3-5 wird demnach nicht
eingetreten.
1.2.4 Der bundesgerichtliche Entscheid kann sich in einem Fall wie hier bei
Bejahung der Flüchtlingseigenschaft auf die Angehörigen allerdings auswirken.
Diese können gegebenenfalls gemäss Art. 51 AsylG Familienasyl erhalten.

1.3 Die Beschwerdeführerin 2 hat am Verfahren vor der Vorinstanz teilgenommen.
Sie ist durch den angefochtenen Entscheid besonders berührt und hat ein
schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung. Sie ist deshalb
gemäss Art. 89 Abs. 1 BGG zur Beschwerde befugt (vgl. ebenso Botschaft zum
Koordinationsgesetz, BBl 2010 1483).

1.4 Der vorinstanzliche Entscheid stellt einen nach Art. 90 BGG anfechtbaren
Endentscheid dar.

1.5 Die weiteren Sachurteilsvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass.
Auf die Beschwerde der Beschwerdeführerin 2 ist - unter Vorbehalt der folgenden
Erwägungen - einzutreten.

2.
Liegt gegen die asylsuchende Person ein Auslieferungsersuchen im Sinne des
Rechtshilfegesetzes vor, so ziehen gemäss Art. 108a AsylG in der Fassung gemäss
Koordinationsgesetz die Rechtsmittelinstanzen für den Beschwerdeentscheid im
Asylbereich die Akten aus dem Auslieferungsverfahren bei.
Unter Hinweis auf diese Bestimmung hat das Bundesgericht das BJ eingeladen, ihm
die Akten aus dem Auslieferungsverfahren zukommen zu lassen. Dies hat das BJ
getan. Gleichzeitig hat es dem Bundesgericht mitgeteilt, betreffend das
Auslieferungsersuchen beabsichtige es, bis zum Entscheid des Bundesgerichts in
der vorliegenden Sache keine weiteren Schritte zu unternehmen.
Das Bundesgericht hat ebenso die Akten des BFM und der Vorinstanz beigezogen.
Dem Antrag der Beschwerdeführerin auf Beizug sämtlicher Akten ist damit Genüge
getan.

3.
Die Beschwerdeführerin erachtet ihre ergänzende Befragung als notwendig.
Die Vorinstanz kommt zum Schluss, es sei nicht einsehbar, inwiefern das BFM das
rechtliche Gehör der Beschwerdeführerin verletzt und den Sachverhalt
unvollständig festgestellt haben sollte (angefochtener Entscheid S. 8 f. E.
4.3). Dem ist zuzustimmen. Das BFM hat die Beschwerdeführerin zweimal
einlässlich befragt. Es ist nicht erkennbar, welche zusätzlichen Erkenntnisse
ihre nochmalige Befragung bringen könnte.
Die Beschwerde ist im vorliegenden Punkt offensichtlich unbehelflich.

4.
Das Gleiche gilt, soweit die Beschwerdeführerin eine Verletzung der
Begründungspflicht durch die Vorinstanz rügt. Die Vorinstanz hat sich zu den
wesentlichen Gesichtspunkten geäussert und ihren Entscheid hinreichend
begründet. Die Beschwerdeführerin war denn auch ohne Weiteres in der Lage,
diesen sachgerecht anzufechten.

5.
Soweit die Beschwerdeführerin die offensichtlich unrichtige Feststellung des
Sachverhalts durch die Vorinstanz rügt (Art. 97 Abs. 1 BGG), beschränkt sie
sich auf appellatorische Kritik. Darauf ist nicht einzutreten (BGE 136 II 489
E. 2.8 S. 494 mit Hinweisen).

6.
6.1 Die Beschwerdeführerin bringt vor, das Asylverfahren habe bis zum
vorinstanzlichen Entscheid zwei Jahre gedauert, was weitestgehend dem
Beschwerdeverfahren zuzuschreiben sei. Dies stelle eine übermässige
Verfahrensdauer dar und verletze Art. 29 Abs. 1 BV sowie Art. 109 AsylG.

6.2 Gemäss Art. 29 Abs. 1 BV hat jede Person im Verfahren vor Gerichts- und
Verwaltungsinstanzen Anspruch auf Beurteilung innert angemessener Frist.

6.3 Nach Art. 37 Abs. 3 AsylG trifft das BFM seinen Entscheid in der Regel
innerhalb von drei Monaten nach der Gesuchstellung, wenn - wie hier - weitere
Abklärungen erforderlich sind.
Die Beschwerdeführerin hat am 24. März 2010 um Asyl ersucht. Das BFM hat am 19.
Mai 2010 entschieden. Es hat somit die Frist von 3 Monaten gewahrt. Eine
Verletzung des Beschleunigungsgebots liegt insoweit nicht vor, was die
Beschwerdeführerin auch nicht substanziiert geltend macht.
Art. 37 Abs. 4 AsylG in der Fassung gemäss Koordinationsgesetz, wonach das
Bundesamt mit besonderer Beförderlichkeit entscheidet, wenn die asylsuchende
Person in Auslieferungshaft ist, kam nach dem (E. 1.2.2) Gesagten im
vorliegenden Fall nicht zur Anwendung.

6.4 Art. 109 AsylG nennt Behandlungsfristen für das Bundesverwaltungsgericht.
Die Frist beträgt gemäss Art. 109 Abs. 4 AsylG in Fällen wie hier in der Regel
zwei Monate.
Diese Frist hat die Vorinstanz bei Weitem nicht eingehalten. Die Beschwerde
gegen den Entscheid des BFM ging bei ihr am 23. Juni 2010 ein. Erst knapp 21
Monate später fällte sie den angefochtenen Entscheid. Vom Eingang des
Kostenvorschusses am 14. Juli 2010 bis zum Schreiben des Vertreters der
Beschwerdeführerin vom 26. April 2011, also während gut 9 Monaten, blieb die
Vorinstanz untätig. Damit hat sie das Beschleunigungsgebot verletzt.
Mit Arbeitsüberlastung kann dies nicht gerechtfertigt werden. Wenn das
Bundesverwaltungsgericht nicht über die Mittel verfügt, um die Asylfälle
zeitgerecht zu behandeln, muss es so ausgestattet werden, dass es in der Lage
ist, dies zu tun (vgl. BGE 107 I b 160 E. 3c S. 165; 103 V 190 E. 5c S. 198).

6.5 Die Verletzung des Beschleunigungsgebots kann nicht dazu führen, dass der
Beschwerdeführerin, der - wie darzulegen sein wird - die Flüchtlingseigenschaft
fehlt, in Aufhebung des angefochtenen Entscheids in der Schweiz Asyl gewährt
wird. Die Verletzung des Beschleunigungsgebots ist, wie dies der
bundesgerichtlichen Rechtsprechung in vergleichbaren Fällen entspricht, im
vorliegenden Urteil (im Dispositiv) festzustellen. Damit und in Verbindung mit
der für die Beschwerdeführerin vorteilhaften Kostenregelung (unten E. 9) wird
ihr eine hinreichende Wiedergutmachung verschafft (BGE 137 IV 118 E. 2.2 S. 121
f.; 136 I 274 E. 2.3 S. 278; 135 II 334 E. 3 S. 337; 130 I 312 E. 5.3 S. 333;
je mit Hinweisen).
Die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung durch den Kanton mit Zustimmung des
BFM gemäss Art. 14 Abs. 2 AsylG fällt schon deshalb ausser Betracht, weil sich
die Beschwerdeführerin noch nicht fünf Jahre in der Schweiz aufhält.

7.
7.1 Die Beschwerdeführerin macht geltend, sie sei als Flüchtling anzuerkennen
und es sei ihr folglich Asyl zu gewähren.

7.2 Gemäss Art. 2 Abs. 1 AsylG gewährt die Schweiz Flüchtlingen auf Gesuch hin
Asyl; massgebend ist dieses Gesetz.
Art. 3 AsylG umschreibt den Flüchtlingsbegriff. Danach sind Flüchtlinge
Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten,
wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten
sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften
Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen
ausgesetzt zu werden (Abs. 1). Als ernsthafte Nachteile gelten namentlich die
Gefährdung des Leibes, des Lebens oder der Freiheit sowie Massnahmen, die einen
unerträglichen psychischen Druck bewirken. Den frauenspezifischen Fluchtgründen
ist Rechnung zu tragen (Abs. 2).
Wer um Asyl nachsucht, muss gemäss Art. 7 AsylG die Flüchtlingseigenschaft
nachweisen oder zumindest glaubhaft machen (Abs. 1). Glaubhaft gemacht ist die
Flüchtlingseigenschaft, wenn die Behörde ihr Vorhandensein mit überwiegender
Wahrscheinlichkeit für gegeben hält (Abs. 2). Unglaubhaft sind insbesondere
Vorbringen, die in wesentlichen Punkten zu wenig begründet oder in sich
widersprüchlich sind, den Tatsachen nicht entsprechen oder massgeblich auf
gefälschte oder verfälschte Beweismittel abgestützt werden (Abs. 3).

7.3 Die Beschwerdeführerin macht geltend, sie und der Beschwerdeführer 1 seien
in X.________ von der privaten albanischen Polizei ANA - einer Art Mafia -
heimgesucht, bedroht und geschlagen worden.
Die Beschwerdeführer haben widersprüchliche Aussagen zur Zahl der behaupteten
Heimsuchungen durch die ANA und zur Kleidung der Täter gemacht. Angesichts
dessen bestehen ernsthafte Zweifel an der Glaubhaftigkeit ihrer Aussagen. Wie
es sich damit verhält, kann nach der zutreffenden Auffassung der Vorinstanz
jedoch dahingestellt bleiben, da sich am Ergebnis auch dann nichts änderte,
wenn ihre Angaben wahr sein sollten.
Die geltend gemachten Verfolgungsmassnahmen sind nichtstaatlicher Natur.
Insoweit gilt nach der Rechtsprechung der Vorinstanz, die in Frage zu stellen
für das Bundesgericht kein Anlass besteht, die sog. Schutztheorie. Danach hängt
die flüchtlingsrechtliche Relevanz einer nichtstaatlichen Verfolgung vom
Vorhandensein eines adäquaten Schutzes durch den Heimatstaat ab. Der Schutz vor
nichtstaatlicher Verfolgung im Heimatstaat ist als ausreichend zu betrachten,
wenn die betroffene Person effektiven Zugang zu einer funktionierenden und
effizienten Infrastruktur hat und ihr die Inanspruchnahme eines solchen
innerstaatlichen Schutzsystems individuell zumutbar ist. Dabei obliegt es der
entscheidenden Behörde, die Effektivität des Schutzes im Heimatland abzuklären
und zu begründen.
Der Bundesrat hat mit Beschluss vom 25. Juni 2003 Mazedonien gemäss Art. 6a
Abs. 2 Bst. a AsylG als verfolgungssicheren Staat ("Safe Country") bezeichnet.
Im Rahmen der periodischen Prüfung nach Art. 6a Abs. 3 AsylG ist er darauf
nicht zurückgekommen. Die Bezeichnung eines Landes als "Safe Country" begründet
die Regelvermutung, dass asylrelevante staatliche Verfolgung nicht stattfindet
und Schutz vor nichtstaatlicher Verfolgung gewährleistet ist.
Der Beschwerdeführerin gelingt es - wie die Vorinstanz zu Recht annimmt -
nicht, diese Regelvermutung umzustossen. Damit sind die Voraussetzungen für die
Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nicht erfüllt und ist die Ablehnung des
Asylgesuchs nicht zu beanstanden. Wie die Vorinstanz zutreffend erwägt, sind in
Anbetracht der politischen Machtverhältnisse in Mazedonien die dortigen
staatlichen Behörden fraglos gewillt, ihren Staatsangehörigen Schutz vor
Behelligungen seitens der ANA zu gewähren, zumal es sich bei dieser um eine
bewaffnete, aus dem radikalen Flügel der UÇK hervorgegangene
Rebellenorganisation handelt und die mazedonischen Sicherheitskräfte mit
Letzterer jahrelang in bewaffnete Konflikte verwickelt waren. Der
Beschwerdeführerin wäre es damit offen gestanden, den rechtsstaatlich
eingerichteten Instanzenzug zu beschreiten; dies allenfalls unter Umgehung der
lokalen Polizeibehörden von X.________, bei denen mit der ANA möglicherweise
gewisse Vernetzungen bestehen. Die geltend gemachte Bedrohung ist zudem lokal
beschränkt, weshalb es der Beschwerdeführerin zuzumuten gewesen wäre, sich an
einem anderen Ort in Mazedonien niederzulassen.
Beim der Beschwerdeführerin vorgeworfenen (...) handelt es sich um ein
gemeinrechtliches Delikt. Es bestehen keine ernsthaften Anhaltspunkte dafür,
dass dieses lediglich vorgeschoben wäre, um die Beschwerdeführerin 2 politisch
zu verfolgen. Der Deliktsbetrag beläuft sich auf (...) Denar und ist daher
unter Berücksichtigung der in Mazedonien gegebenen wirtschaftlichen
Verhältnisse beträchtlich. Das Strafmass von (...) erscheint damit nicht als
derart hoch, dass eine politisch motivierte übermässige Bestrafung
("Polit-Malus") angenommen werden müsste.
Wenn die Vorinstanz die Flüchtlingseigenschaft verneint und die Gewährung von
Asyl abgelehnt hat, verletzt das demnach kein Bundesrecht. Auf die zutreffenden
Erwägungen im angefochtenen Entscheid kann, was die Einzelheiten betrifft,
verwiesen werden (vgl. Art. 109 Abs. 3 Satz 2 BGG).

8.
8.1 Die Beschwerdeführerin macht geltend, es bestünden jedenfalls
Wegweisungshindernisse, weshalb die vorläufige Aufnahme zu verfügen sei.

8.2 Die Vorinstanz bemerkt in der Vernehmlassung, der Beschwerdegegenstand im
bundesgerichtlichen Verfahren sei auf ihren Entscheid über die Anerkennung oder
Nichtanerkennung der Flüchtlingseigenschaft bzw. die Asylerteilung oder
Asylverweigerung beschränkt. Dies ergebe sich aus Ziffer 2.2 der Botschaft zum
Koordinationsgesetz. Der Antrag auf Gewährung der vorläufigen Aufnahme "gehe
daher ins Leere".
In der Botschaft wird an der von der Vorinstanz angegebenen Stelle zu Art. 83
Bst. d Ziff. 1 BGG ausgeführt, Beschwerdegegenstand sei der Entscheid des
Bundesverwaltungsgerichts über die Anerkennung oder Nichtanerkennung der
Flüchtlingseigenschaft bzw. die Asylerteilung oder Asylverweigerung. Weiter
wird - was die Vorinstanz ausser Acht lässt - gesagt, die
Beschwerdeberechtigung werde angesichts der geringen Zahl der möglichen
Beschwerdefälle nicht weiter eingeschränkt, um beispielsweise die Anfechtung
eines Nichteintretens- oder eines Kostenentscheids oder die Beschwerde in einem
unbedeutenden Fall explizit auszuschliessen (BBl 2010 1482).
Die Darlegungen in der Botschaft stützen die Auffassung der Vorinstanz somit
nicht. Wenn selbst der bundesverwaltungsgerichtliche Entscheid über die Kosten
in einem Asylfall beim Bundesgericht anfechtbar sein soll, muss das erst recht
gelten für die Frage, ob Wegweisungshindernisse bestehen und bejahendenfalls
die vorläufige Aufnahme zu verfügen sei (in der Sache ebenso HÄBERLI, a.a.O., N
132a zu Art. 83 BGG). Hätte der Gesetzgeber die Beschränkung der Anfechtbarkeit
der Entscheide der Vorinstanz in deren Sinne vornehmen wollen, hätte er dies im
Bundesgerichtsgesetz zum Ausdruck gebracht. Das hat er nicht getan.
Die Beschwerde ist daher auch im vorliegenden Punkt zulässig.

8.3 Lehnt das Bundesamt das Asylgesuch ab, so verfügt es gemäss Art. 44 AsylG
in der Regel die Wegweisung aus der Schweiz und ordnet den Vollzug an; es
berücksichtigt dabei den Grundsatz der Einheit der Familie (Abs. 1). Ist der
Vollzug der Wegweisung nicht zulässig, nicht zumutbar oder nicht möglich, so
regelt es das Anwesenheitsverhältnis nach den gesetzlichen Bestimmungen über
die vorläufige Aufnahme nach dem AuG (SR 142.20; Abs. 2).
Gemäss Art. 83 AuG verfügt das BFM die vorläufige Aufnahme, wenn der Vollzug
der Wegweisung nicht möglich, nicht zulässig oder nicht zumutbar ist (Abs. 1).
Der Vollzug ist nicht möglich, wenn die Ausländerin oder der Ausländer weder in
den Heimat- oder in den Herkunftsstaat noch in einen Drittstaat ausreisen oder
dorthin gebracht werden kann (Abs. 2). Der Vollzug ist nicht zulässig, wenn
völkerrechtliche Verpflichtungen der Schweiz einer Weiterreise der Ausländerin
oder des Ausländers in den Heimat-, Herkunfts- oder in einen Drittstaat
entgegenstehen (Abs. 3). Der Vollzug kann für Ausländerinnen oder Ausländer
unzumutbar sein, wenn sie in Situationen wie Krieg, Bürgerkrieg, allgemeiner
Gewalt und medizinsicher Notlage im Heimat- oder Herkunftsstaat konkret
gefährdet sind (Abs. 4).

8.4 Die Beschwerdeführerin verfügt über die für die Rückkehr notwendigen
Reisedokumente. Der Vollzug der Wegweisung ist daher möglich.
Dieser ist nach der zutreffenden Auffassung der Vorinstanz auch zulässig. Weder
aus den Aussagen der Beschwerdeführerin noch den Akten ergeben sich
Anhaltspunkte dafür, dass sie bei einer Ausschaffung in den Heimatstaat dort
mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit einer völkerrechtlich verbotenen
unmenschlichen Behandlung ausgesetzt wäre. Auch die allgemeine
Menschenrechtslage in Mazedonien lässt den Vollzug der Wegweisung nicht als
unzulässig erscheinen, da dieser Staat als "Safe Country" gilt.
Nicht zu beanstanden ist der angefochtene Entscheid ebenso, soweit die
Vorinstanz zum Schluss kommt, der Vollzug der Wegweisung sei zumutbar. Das
Vorbringen der Beschwerdeführerin, wonach sie bei einer Rückkehr eine klägliche
Existenz in Not und Armut fristen müsste, überzeugt nicht, konnten die
Beschwerdeführer doch in ihrem Heimatstaat innert 24 Sunden die Summe von 5'000
Euro für die Ausstellung von Pässen erhältlich machen. Zu den geltend gemachten
psychischen Problemen der Beschwerdeführerin ist Folgendes zu bemerken: In
Mazedonien besteht eine obligatorische Krankenversicherung, die auf dem Prinzip
der Universalität (Deckung aller Bürger) beruht. Damit ist davon auszugehen,
dass eine medizinische Versorgung - unabhängig von den finanziellen
Verhältnissen des Erkrankten - in ganz Mazedonien flächendeckend zugänglich
ist. In der von X.________ etwa (...) km entfernten Hauptstadt Skopje steht
zudem die Infrastruktur für die Behandlung einer psychischen Beeinträchtigung,
wie sie bei der Beschwerdeführerin diagnostiziert worden ist, zur Verfügung.
Eine medizinische Notlage im Sinne von Art. 83 Abs. 4 AuG kann daher nicht
angenommen werden.
Ist der Vollzug der Wegweisung demnach möglich, zulässig und zumutbar, ist er
zu bestätigen. Die vorläufige Aufnahme fällt ausser Betracht. Auf die
ausführlichen Erwägungen im angefochtenen Entscheid kann auch insoweit
verwiesen werden.

9.
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde, soweit darauf eingetreten werden kann,
teilweise gutzuheissen und festzustellen, dass die Vorinstanz das
Beschleunigungsgebot verletzt hat. Im Übrigen ist die Beschwerde abzuweisen.
Die Beschwerdeführer unterliegen zur Hauptsache. Unter den gegebenen Umständen
(oben E. 6.5) werden jedoch keine Kosten erhoben (Art. 66 Abs. 1 Satz 2 BGG).
Die Eidgenossenschaft hat den Vertretern der Beschwerdeführer wegen ihres
teilweisen Obsiegens eine Entschädigung zu bezahlen (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG).
Diese wird auf insgesamt Fr. 3'000.-- (inkl. Mehrwertsteuer) festgesetzt und
den Vertretern je zur Hälfte zugesprochen. Dass es sich bei Niklaus Rüst
offenbar um keinen Rechtsanwalt handelt, steht dem nicht entgegen (Art. 9 des
Regelements vom 31. März 2006 über die Parteientschädigung und die
Entschädigung für die amtliche Vertretung im Verfahren vor dem Bundesgericht;
SR 173.110.210.3). Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung
ist damit hinfällig.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird, soweit darauf eingetreten werden kann, teilweise
gutgeheissen und es wird festgestellt, dass das Bundesverwaltungsgericht das
Beschleunigungsgebot verletzt hat. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Die Eidgenossenschaft (Bundesamt für Migration) hat den Vertretern der
Beschwerdeführer, Rechtsanwalt Peter Kreis und Niklaus Rüst, eine Entschädigung
von je Fr. 1'500.-- zu bezahlen.

4.
Dieses Urteil wird den Beschwerdeführern, dem Bundesamt für Migration, dem
Bundesverwaltungsgericht, Abteilung V, und dem Bundesamt für Justiz,
Fachbereich Auslieferung, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 15. Oktober 2012
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Fonjallaz

Der Gerichtsschreiber: Härri