Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.16/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
1C_16/2012

Urteil vom 25. April 2012
I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Aemisegger, Raselli, Merkli, Eusebio,
Gerichtsschreiber Uebersax.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Christoph Jäger,

gegen

Regierungsrat des Kantons Bern, Staatskanzlei, Postgasse 68, 3000 Bern 8.

Gegenstand
Änderung der Revision des Gesetzes vom 12. März 1998 über die Besteuerung der
Strassenfahrzeuge,

Beschwerde gegen den Beschluss vom 21. November 2011 betreffend Gesetz über die
Besteuerung der Strassenfahrzeuge (Änderung) des Grossen Rates
des Kantons Bern.

Sachverhalt:

A.
A.a Am 19. November 2009 beschloss der Grosse Rat des Kantons Bern eine
Änderung des Gesetzes über die Besteuerung der Strassenfahrzeuge vom 12. März
1998 (BSFG; BSG 761.611). Inhaltlich bezweckt die auch als "ECOTAX-Vorlage"
bezeichnete Gesetzesrevision, die Rahmenbedingungen für eine ökologischere
Motorfahrzeugsteuer zu schaffen. Namentlich sollen besonders verbrauchs-,
energie- und emissionseffiziente Fahrzeuge steuerlich begünstigt, ineffiziente
hingegen mit einem Zuschlag belastet werden. Sodann soll durch eine moderate,
generelle Senkung des Grundsteueransatzes dem Umstand Rechnung getragen werden,
dass der Kanton Bern im gesamtschweizerischen Vergleich die höchsten
Fahrzeugsteuern aufweist. Diese Gesetzesänderung hätte am 1. Januar 2011 in
Kraft treten sollen.
A.b Am 16. April 2010 reichte ein von X.________ organisiertes "Komitee für
eine gerechte Strassenverkehrssteuer im Kanton Bern" einen Volksvorschlag
(konstruktives Referendum) gemäss Art. 63 Abs. 3 der Verfassung des Kantons
Bern vom 6. Juni 1993 (KV/BE; SR 131.212) ein, der unter Übernahme der
Grundsätze der parlamentarischen Vorlage abweichende Vorschläge zu einzelnen
Punkten vorsieht wie insbesondere eine stärkere generelle Steuersenkung, eine
Halbierung der Gebühren für Garagenschilder, den Wegfall des Malus sowie eine
modifizierte Regelung des Bonus.
A.c Der Grosse Rat erklärte den Volksvorschlag für gültig und unterbreitete ihn
zusammen mit seiner eigenen Gesetzesvorlage am 13. Februar 2011 der
Volksabstimmung. In dieser wurden, gemäss den entsprechenden Feststellungen des
Regierungsrates vom 23. Februar 2011, sowohl die Vorlage des Grossen Rates (mit
172'427 Ja-Stimmen gegen 154'792 Nein-Stimmen) als auch der Volksvorschlag (mit
166'860 Ja-Stimmen gegen 164'325 Nein-Stimmen) angenommen. In der Stichfrage
(vgl. Art. 63 Abs. 4 i.V.m. Art. 60 Abs. 2 KV/BE) erzielte der Volksvorschlag
165'977 Stimmen und die Vorlage des Grossen Rates 165'614 Stimmen; der
Volksvorschlag obsiegte demnach mit einem Vorsprung von 363 Stimmen bzw. von
0,1 % (oder von einem Promille) aller Stimmen.

B.
B.a Gegen die Abstimmung gingen beim Verwaltungsgericht des Kantons Bern zwei
Beschwerden ein. Im Wesentlichen wurde dabei beantragt, aufgrund des äusserst
knappen Abstimmungsresultats seien die abgegebenen Stimmzettel nachzuzählen.
Mit Urteil vom 22. Juni 2011 hiess das Verwaltungsgericht die Beschwerden gut
und ordnete die Nachzählung der kantonalen Volksabstimmung an. Dieses Urteil
blieb unangefochten und wurde rechtskräftig.
B.b In der Folge beauftragte der Regierungsrat des Kantons Bern am 6. Juli 2011
die Staatskanzlei, die Stimmzettel der kantonalen Volksabstimmung vom 13.
Februar 2011 am 26. und 27. August 2011 nachzuzählen. Daraufhin wurden der
Staatskanzlei bis zum 10. August 2011 30 Gemeinden gemeldet, die ihre
Stimmzettel in der Zwischenzeit vernichtet hatten. Diese Handlungen hatten
stattgefunden, obwohl Art. 42 Abs. 3 der Verordnung über die politischen Rechte
vom 10. Dezember 1980 des Kantons Bern (VPR; BGS 141.112) die Gemeinden
verpflichtet, Stimmzettel für jede Kategorie gesondert verpackt und versiegelt
an einem sicheren Ort bei der Gemeindeverwaltung aufzubewahren und sie erst
nach der rechtskräftigen Erledigung allfälliger Beschwerden zu vernichten.
B.c Am 17. August 2011 stellte der Regierungsrat gestützt auf einen
entsprechenden Vortrag der Staatskanzlei fest, dass insgesamt 18'095
Stimmzettel fehlten, was 5,46 % aller Stimmzettel entspricht. Eine Gemeinde
fand ihre Stimmzettel offenbar später wieder, womit sich die Zahl der fehlbaren
Gemeinden auf 29 bzw. das Manko auf 5,37 % aller Stimmzettel reduzierte.
B.d Im gleichen Beschluss vom 17. August 2011 stellte der Regierungsrat fest,
dass eine ordnungsgemässe Nachzählung der Stimmzettel, wie das
Verwaltungsgericht dies in seinem Urteil vom 22. Juni 2011 gefordert hatte,
wegen der beachtlichen Anzahl vernichteter Stimmzettel nicht mehr möglich sei.
Der Regierungsrat hob daher in Ziffer 5 seines Beschlusses die Anweisung an die
Staatskanzlei zur Nachzählung der Stimmen auf und verfügte stattdessen in
Ziffer 6 seines Beschlusses, dass die Volksabstimmung über die Teilrevision des
Gesetzes über die Besteuerung der Strassenfahrzeuge zu wiederholen sei, setzte
in Ziffer 7 seines Beschlusses die Abstimmung über den Gesetzesentwurf mit
Volksvorschlag auf den 11. März 2012 an und beauftragte die Staatskanzlei, die
notwendigen Massnahmen zu ergreifen.
B.e Gegen diesen Beschluss des Regierungsrates sind beim Bundesgericht zwei
Stimmrechtsbeschwerden hängig (Verfahren 1C_418/2011 und 1C_420/2011). Im
Wesentlichen wird damit die Aufhebung der Ziffern 6 und 7 des angefochtenen
Entscheids und die Rückweisung der Sache an den Regierungsrat zwecks Erwahrung
des Ergebnisses der Abstimmung vom 13. Februar 2011 gemäss den entsprechenden
Feststellungen des Regierungsrates vom 23. Februar 2011 beantragt. Über diese
beiden Beschwerden wird separat entschieden.

C.
C.a Mit Urteil vom 1. Dezember 2011 trat das Verwaltungsgericht auf ein bei ihm
eingereichtes Gesuch um Revision des Urteils vom 22. Juni 2011 nicht ein. Darin
war im Wesentlichen beantragt worden, aufgrund der nicht mehr vollständigen
Stimmzettel sei auf eine Nachzählung zu verzichten und die Ergebnisse der
Volksabstimmung vom 13. Februar 2011 seien zu bestätigen.
C.b Gegen dieses Urteil wurde ebenfalls beim Bundesgericht Beschwerde erhoben,
über die separat entschieden wird (Verfahren 1C_42/2012).

D.
D.a Mit Beschluss vom 9. September 2010 revidierte der Grosse Rat des Kantons
Bern das Datum des Inkrafttretens der Novelle des Gesetzes über die Besteuerung
der Strassenfahrzeuge ein erstes Mal und passte die in den Vorlagen enthaltenen
Einführungsdaten wegen der erfolgten Zeitverzögerung so an, dass die
Gesetzesänderung am 1. Januar 2012 hätte in Kraft treten können. Am 21.
November 2011 setzte er das Inkrafttreten in einem weiteren entsprechenden
Beschluss auf den 1. Januar 2013 an. Dieser zweite Beschluss wurde im Amtsblatt
des Kantons Bern vom 30. November 2011 publiziert.
D.b X.________ führt mit Eingabe vom 6. Januar 2012 an das Bundesgericht
ausdrücklich Stimmrechtsbeschwerde gegen die Gesetzesnovelle vom 21. November
2011, mit der das Inkrafttreten der BSFG-Revision zum zweiten Mal, diesmal auf
den 1. Januar 2013, verschoben wurde. Die erste Verschiebung auf den 1. Januar
2012 wurde nicht angefochten, und sie wird auch ausdrücklich nicht in Frage
gestellt. Unabhängig davon wird aber sinngemäss geltend gemacht, der Grosse Rat
sei an den Text des Volksvorschlags gebunden und dürfe diesen inhaltlich nicht
abändern, da der Volksvorschlag gemäss der gesetzlichen Regelung als Ganzes in
der Form des ausgearbeiteten Entwurfs dem Entwurf der Grossratsvorlage
gegenüberzustellen sei. Der Volksvorschlag sei von einer Einführung auf den 1.
Januar 2011 ausgegangen und enthalte entsprechende Bestimmungen. Auch wenn die
Verschiebung auf den 1. Januar 2012 von den Urhebern akzeptiert worden sei,
wozu sie nicht verpflichtet gewesen wären, könnten sie sich nunmehr gegen eine
erneute Änderung wehren. Der Beschwerdeführer zieht daraus die Folgerung, bei
definitivem Obsiegen des Volksvorschlages sei die BSFG-Novelle
(ECOTAX-Revision) rückwirkend eigentlich auf den 1. Januar 2011, jedenfalls
aber auf den 1. Januar 2012 in Kraft zu setzen, was unproblematisch sei, da sie
in jeder Hinsicht für die Steuerpflichtigen nur Erleichterungen bringe.

E.
Am 8. Februar 2012 liess sich der Regierungsrat für den Grossen Rat zur Sache
vernehmen. Er schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Im Wesentlichen macht er
geltend, der Volksvorschlag sei nicht inhaltlich geändert worden, sondern habe
nicht anders als die parlamentarische Vorlage im Hinblick auf die letztlich wie
auch immer ausgestaltete Neuregelung und angesichts der Annuität der
Motorfahrzeugsteuern technisch-rechtlich angepasst werden müssen. Das verletze
die politischen Rechte der Urheber des Volksvorschlags nicht.

F.
Am 24. Februar 2012 äusserte sich der Beschwerdeführer nochmals zur Sache.

G.
Mit verfahrensleitender Verfügung vom 31. Januar 2012 erteilte der Präsident
der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung der Beschwerde die aufschiebende
Wirkung. Damit konnte die Gesetzesrevision in der einen oder anderen Fassung
vorläufig und längstens bis zum hier vorliegenden definitiven Entscheid des
Bundesgerichts in der Sache nicht in Kraft treten.

H.
Am 11. Januar 2012 beschloss der Regierungsrat des Kantons Bern mit Blick auf
die hängigen Beschwerden, die Abstimmung vom 11. März 2012 abzusetzen, worüber
die Öffentlichkeit entsprechend informiert wurde.

Erwägungen:

1.
1.1 Der Beschwerdeführer erhebt ausdrücklich Stimmrechtsbeschwerde im Sinne von
Art. 82 lit. c BGG und nicht eine Erlassbeschwerde im Sinne der abstrakten
Normenkontrolle gemäss Art. 82 lit. b BGG. Darauf ist er zu behaften. Im
Übrigen enthielte die Beschwerdeschrift auch gar nicht die für eine
Erlassbeschwerde rechtsgenügliche Begründung, welche die dafür erforderlichen
Voraussetzungen gemäss Art. 42 Abs. 2 bzw. Art. 106 Abs. 2 BGG erfüllen würde
(vgl. E. 1.5).

1.2 Mit der Beschwerde nach Art. 82 lit. c BGG kann die Verletzung von
politischen Rechten beim Bundesgericht geltend gemacht werden. Von der
Beschwerde werden sowohl eidgenössische als auch kantonale und kommunale
Stimmrechtssachen erfasst (Art. 88 Abs. 1 BGG).

1.3 In kantonalen Angelegenheiten ist die Stimmrechtsbeschwerde gegen Akte
letzter kantonaler Instanzen zulässig (Art. 88 Abs. 1 lit. a BGG). Die Pflicht
der Kantone, gegen behördliche Entscheide, welche die politischen Rechte der
Stimmberechtigten in kantonalen Angelegenheiten verletzen können, ein
Rechtsmittel vorzusehen, erstreckt sich nicht auf Akte des Parlaments und der
Regierung (Art. 88 Abs. 2 BGG). Da gemäss Art. 93 Abs. 2 des bernischen
Gesetzes vom 5. Mai 1980 über die politischen Rechte (GPR; BSG 141.1) in
kantonalen Angelegenheiten die Abstimmungsbeschwerde an das kantonale
Verwaltungsgericht unzulässig ist gegen Akte (Handlungen und Beschlüsse) des
Grossen Rates und des Regierungsrates, steht gegen den angefochtenen Beschluss
des Grossen Rates des Kantons Bern vom 21. November 2011 kein kantonales
Rechtsmittel, sondern nur direkt die Stimmrechtsbeschwerde an das Bundesgericht
offen.

1.4 Das Beschwerderecht steht gemäss Art. 89 Abs. 3 BGG jeder Person zu, die in
der betreffenden Angelegenheit stimmberechtigt ist. Ein besonderes
(rechtliches) Interesse in der Sache selbst ist grundsätzlich nicht
erforderlich (vgl. BGE 134 I 172 E. 1.3.3 S. 176). Es kann sich allerdings
fragen, ob nicht doch ein engerer Zusammenhang zum Volksrecht zu verlangen ist,
wenn wie hier die behauptete Verletzung der Garantie der politischen Rechte
gerade in der inhaltlichen Ausgestaltung eines Volksrechts bzw. in dessen
Wahrnehmung liegen soll. Ob der Beschwerdeführer bereits lediglich wegen seiner
Stimmberechtigung im Kanton Bern zur Beschwerde legitimiert wäre, erscheint
daher fraglich, kann aber offen bleiben, da ihm die Beschwerdeberechtigung
jedenfalls als Miturheber des Volksvorschlages zusteht. Nach der Rechtsprechung
gelten in Stimmrechtssachen nämlich ebenfalls als legitimiert die politischen
Parteien, die im Gebiet des betreffenden Gemeinwesens tätig sind, sowie
politische Vereinigungen, namentlich ad hoc gebildete, mit juristischer
Persönlichkeit ausgestattete Initiativ- und Referendumskomitees (BGE 134 I 172
E. 1.3.1 S. 175; Urteil 1C_247/2008 vom 21. Januar 2009 E. 1.1, in: Pra 2009
Nr. 83 S. 564; je mit Hinweisen). Soweit es sich beim Referendumskomitee nicht
um eine juristische Person mit eigener Rechtspersönlichkeit handelt, sind die
Mitglieder des Komitees als im fraglichen Gemeinwesen Stimmberechtigte je
einzeln zur Beschwerde berechtigt. Damit ist der Beschwerdeführer als
Mitinitiator des Volksvorschlages zur Beschwerde grundsätzlich legitimiert
(vgl. Urteil 1C_174/2010 vom 14. Dezember 2010 E. 1.2, nicht publ. in: BGE 136
I 389; Urteil 1C_395/2010 vom 7. Februar 2011 E. 1.1). Fraglich kann einzig
erscheinen, wieweit er im jetzigen Zeitpunkt über das erforderliche aktuelle
praktische Interesse verfügt. Darauf wird unter materiellen Gesichtspunkten
zurückzukommen sein (vgl. E. 3.2).

1.5 Nach Art. 42 Abs. 2 BGG ist in der Begründung in gedrängter Form
darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt. Der Beschwerdeführer
muss sich wenigstens kurz mit den Erwägungen des angefochtenen Entscheids
auseinandersetzen. Zwar wendet das Bundesgericht das Recht grundsätzlich von
Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Das setzt aber voraus, dass auf die
Beschwerde überhaupt eingetreten werden kann, diese also wenigstens die
Begründungsanforderungen von Art. 42 Abs. 2 BGG erfüllt. Strengere
Anforderungen gelten, wenn die Verletzung von Grundrechten (einschliesslich der
willkürlichen Anwendung von kantonalem Recht und Willkür bei der
Sachverhaltsfeststellung) geltend gemacht wird. Dies prüft das Bundesgericht
nicht von Amtes wegen, sondern nur insoweit, als eine solche Rüge in der
Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG). Das
Bundesgericht prüft nur klar und detailliert erhobene und, soweit möglich,
belegte Rügen (BGE 135 III 127 E. 1.6 S. 130; 134 II 244 E. 2.1 und 2.2 S. 245
f.; je mit Hinweisen).

1.6 Gemäss Art. 95 lit. a, c und d BGG kann in Stimmrechtssachen die Verletzung
von Bundesrecht, der kantonalen verfassungsmässigen Rechte sowie der kantonalen
Bestimmungen über die politische Stimmberechtigung der Bürger und Bürgerinnen
und derjenigen über Volkswahlen und -abstimmungen gerügt werden. Diese Rügen
prüft das Bundesgericht frei (vgl. BGE 129 I 185 E. 2 S. 190; 123 I 175 E. 2d/
aa S. 178; je mit Hinweisen).

2.
2.1 Art. 34 Abs. 1 BV gewährleistet in allgemeiner Weise die politischen Rechte
auf Ebene des Bundes, der Kantone und der Gemeinden. Die Bestimmung bedarf der
gesetzlichen Konkretisierung und ist damit der kantonalen Differenzierung
zugänglich (BGE 116 Ia 242 E. 3c S. 251 mit Hinweisen; Urteil 1C_103/2010 vom
26. August 2010 E. 2.2 und 1C_11/2009 vom 3. Juni 2009 E. 3.1).

2.2 Stellt im Kanton Bern der Grosse Rat zu einer Abstimmungsvorlage keinen
Eventualantrag, können gemäss Art. 63 Abs. 3 KV/BE 10'000 Stimmberechtigte
innert drei Monaten seit Publikation eines Gesetzes oder eines
Grundsatzbeschlusses einen Volksvorschlag einreichen; dieser gilt als
Referendum (vgl. URS BOLZ, Teil I/Volksrechte, in: Kälin/Bolz [Hrsg.], Handbuch
des bernischen Verfassungsrechts, 1995, 115 f.). Prozessual findet nach Art. 63
Abs. 4 KV/BE das gleiche Abstimmungsverfahren wie bei einem Gegenvorschlag zu
einer Initiative Anwendung. Damit wird auf Art. 60 KV/BE verwiesen. In analoger
Anwendung der Regeln für Initiative und Gegenvorschlag findet die Abstimmung
über die Hauptvorlage und den Volksvorschlag gleichzeitig statt, wobei die
Stimmberechtigten gültig beiden Vorlagen zustimmen und darüber befinden können,
welcher sie im Falle der Annahme beider Vorlagen den Vorzug geben würden.

2.3 Der Volksvorschlag ist ein Volksrecht, das auch als konstruktives
Referendum bezeichnet wird, und stellt das "direktdemokratische Spiegelbild des
parlamentarischen Gegenvorschlags zu einer Volksinitiative" dar (so YVO
HANGARTER/ANDREAS KLEY, Die demokratischen Rechte in Bund und Kantonen der
Schweizerischen Eidgenossenschaft, 2000, Rz. 2181 f.). Er folgt im Wesentlichen
denselben Rechtsregeln wie ein parlamentarischer Gegenvorschlag (vgl. Urteil
1C_103/2010 vom 26. August 2010, in: ZBl 112/2011 S. 279).

2.4 Art. 59a ff. GPR konkretisieren die verfassungsrechtliche Regelung des
Volksvorschlages. Namentlich sieht Art. 59a GPR vor, dass der Volksvorschlag
als Ganzes in der Form des ausgearbeiteten Entwurfs der Grossratsvorlage
gegenübergestellt wird. Gibt es wie hier nur einen Volksvorschlag, gelangt nach
Art. 59d GPR uneingeschränkt dasselbe Verfahren gemäss Art. 20 GPR wie bei
einer Initiative mit Gegenvorschlag zur Anwendung.

2.5 Da der Volksvorschlag in der Form des ausgearbeiteten Entwurfs zu ergehen
hat und dergestalt der Grossratsvorlage gegenübergestellt wird (vgl. Art. 59a
Abs. 2 GPR), sind inhaltliche Änderungen durch den Grossen Rat grundsätzlich
ausgeschlossen (THOMAS SÄGESSER, Das konstruktive Referendum, 2000, 80 und
112). Hingegen legt der Gesetzgeber, hier der Grosse Rat des Kantons Bern (vgl.
Art. 74 KV/BE), das Inkrafttreten eines neuen Gesetzes fest. Diese Befugnis
kann grundsätzlich unter Beachtung der entsprechenden verfassungsrechtlichen
Voraussetzungen (vgl. Art. 69 KV/BE) an die Exekutive, hier den Regierungsrat
des Kantons Bern, delegiert werden. Dafür braucht es insbesondere eine
gesetzliche Grundlage.

3.
3.1 Im vorliegenden Fall ist strittig, ob der Grosse Rat die im Volksvorschlag
vorgesehene zeitliche Regelung ändern durfte. Diese findet sich in Art. 12a des
Gesetzesentwurfs sowie in dessen Übergangsbestimmung und in der Festsetzung des
Inkrafttretens. Das Inkrafttreten war ursprünglich auf den 1. Januar 2011
angesetzt. Die neue Regelung war für die ab dem 1. Januar 2011 erstmals in
Verkehr gesetzten Fahrzeuge vorgesehen, und für die zwischen dem 1. August und
31. Dezember 2010 in Verkehr gesetzten Fahrzeuge hätte eine Übergangsbestimmung
gelten sollen. Der Volksvorschlag enthielt analoge Bestimmungen in zeitlicher
Hinsicht. Wegen der Verzögerung, die sich durch die Probleme bei der Ermittlung
des Abstimmungsergebnisses bzw. durch die vom Verwaltungsgericht angeordnete,
aber nicht mehr durchführbare Nachzählung ergaben, verschob der Grosse Rat das
Inkrafttreten zweimal. Der Beschwerdeführer focht die erstmalige Verschiebung
auf den 1. Januar 2012 und die damit verbundenen Anpassungen nicht an, wendet
sich nunmehr aber gegen die zweite Verschiebung auf den 1. Januar 2013 und die
damit zusammenhängenden Änderungen von Art. 12a und der Übergangsbestimmung des
Volksvorschlags. Dieses Vorgehen erscheint nicht ganz widerspruchsfrei; es kann
aber offen bleiben, wieweit er dadurch allenfalls seiner Rechte verlustig
gegangen sein könnte.

3.2 Grundsätzlich fragt es sich, ob der Beschwerdeführer zurzeit überhaupt ein
aktuelles praktisches Interesse an seiner Beschwerde hat. Genau genommen hängt
das vom Ausgang der Parallelverfahren vor Bundesgericht (1C_418/2011 und 1C_420
/2011) sowie gegebenenfalls vom Ergebnis der eventuellen Wiederholung der
Abstimmung ab. Das Interesse an der Beschwerde ist nämlich daran geknüpft, dass
der Volksvorschlag auch obsiegt, was nur dann zutrifft, wenn die Wiederholung
der Abstimmung wegfällt, d.h. die entsprechenden Beschwerden in diesem Sinne
gutgeheissen werden und das ursprüngliche Abstimmungsresultat gültig ist, oder
wenn in einer Abstimmungswiederholung erneut der Volksvorschlag die Mehrheit
erzielt und in der allfälligen Stichfrage obsiegt. Dass der Grosse Rat seine
eigene Vorlage nicht abändern dürfte, wird nicht geltend gemacht und könnte
wohl auch nicht im Rahmen einer Stimmrechtsbeschwerde vorgetragen werden. In
diesem Sinne ergeht das vorliegende Urteil unter Vorbehalt. Angesichts der
damit verbundenen Gefahr weiterer Verzögerungen rechtfertigt es sich jedoch
nicht, das vorliegende Verfahren auszusetzen und das Ergebnis der
Parallelverfahren bzw. der wiederholten Volksabstimmung abzuwarten. Das würde
nur neue prozessuale Fragen aufwerfen und zu einer zusätzlichen Verzögerung
führen. Ein Sistierungsantrag wird denn auch von keiner Seite gestellt.

3.3 Mit der angefochtenen Gesetzesänderung sieht der Grosse Rat eine Anpassung
der inhaltlichen Regelung des Gesetzes an den Termin seines Inkrafttretens vor.
Es geht um die Besteuerung von nach oder kurz vor dem Inkrafttreten der
ECOTAX-Bestimmungen neu in Verkehr gesetzten Fahrzeugen. Der Beschwerdeführer
ist demgegenüber der Ansicht, die mit dem Volksvorschlag verbundenen
Erleichterungen sollten so gelten, wie wenn die Gesetzesnovelle am 1. Januar
2012 in Kraft getreten wäre. Damit verlangt er die Rückwirkung der gesetzlichen
Regelung, die darauf hinausliefe, die seit dem 1. Januar 2012 neu in Verkehr
gesetzten Fahrzeuge und gemäss der Übergangsbestimmung teilweise auch die seit
dem 1. Juni 2011 in Verkehr gesetzten Fahrzeuge bereits für das Jahr 2012
steuerlich zu begünstigen.

3.4 Die Rechtsprechung unterscheidet zwischen eigentlicher oder echter und
unechter Rückwirkung. Eine echte Rückwirkung liegt vor, wenn ein Gesetz bei der
Anwendung neuen Rechts an ein Ereignis anknüpft, das sich vor dessen
Inkrafttreten ereignet hat und das im Zeitpunkt des Inkrafttretens der neuen
Norm abgeschlossen ist. Diese echte Rückwirkung ist nur dann
verfassungsrechtlich unbedenklich, wenn die Rückwirkung ausdrücklich in einem
Gesetz vorgesehen ist oder sich daraus klar ergibt, in einem vernünftigen
Rahmen zeitlich limitiert ist, nicht zu stossenden Ungleichheiten führt, einem
schutzwürdigen öffentlichen Interesse dient und wohlerworbene Rechte
respektiert. Bei der unechten Rückwirkung wird auf Verhältnisse abgestellt, die
zwar unter der Herrschaft des alten Rechts entstanden sind, beim Inkrafttreten
des neuen Rechts aber noch andauern. Auch diese Rückwirkung gilt nur dann als
verfassungsrechtlich unbedenklich, wenn ihr nicht wohlerworbene Rechte entgegen
stehen (BGE 126 V 134 E. 4a; 122 V 405 E. 3b/aa; 122 V 6 E. 3a S. 8; je mit
Hinweisen; Urteil 4A_6/2009 vom 11. März 2009 E. 2.6).

3.5 Die vom Beschwerdeführer angestrebte zeitliche Geltung des Gesetzes würde
zu einer echten Rückwirkung führen, da die Neuregelung im Zeitpunkt ihres
Inkrafttretens am 1. Januar 2013 bereits für das Steuerjahr 2012 gälte. Daran
ändert nichts, dass ein Grossteil der Fahrzeuge auch noch im Jahr 2013 in
Verkehr bleiben dürften. Einesteils gibt es offensichtlich solche, die 2013
nicht mehr im Gebrauch stehen, andernteils ist das Steuerjahr 2012 bei
Inkrafttreten der Gesetzesnovelle abgelaufen, womit es sich um einen
abgeschlossenen Sachverhalt handelt. Es findet sich im vorliegenden Fall
indessen keine für eine echte Rückwirkung erforderliche gesetzliche Grundlage,
die sich durch eine entsprechende ausdrückliche Anordnung manifestieren müsste.
Eine solche Anordnung ist etwa in Ziffer II des Grossratsbeschlusses vom 21.
November 2011 enthalten, wonach die Gesetzesnovelle rückwirkend auf den 12.
März 2012, einen Tag nach der ursprünglich vorgesehenen, inzwischen aber
abgesetzten Abstimmungswiederholung, in Kraft treten soll. Eine analoge
Bestimmung über die Rückwirkung im Sinne des Anliegens des Beschwerdeführers
findet sich hingegen nicht, auch nicht im Volksvorschlag selbst, weshalb es an
einer entsprechenden genügenden gesetzlichen Grundlage fehlt.

3.6 Im Übrigen ist nicht von der Hand zu weisen, dass es sich bei der
angefochtenen Gesetzesnovelle lediglich um eine technische Anpassung handelt,
die durch die Verzögerung bedingt ist, welche sich aus der Anfechtung des
Ergebnisses der Volksabstimmung vom 13. Februar 2011 und den damit verbundenen
prozessualen Folgen ergab. Die Verschiebung des Inkrafttretens der
Gesetzesnovelle ist angesichts der Unsicherheit darüber, welche Regelung denn
dereinst gelten wird, sinnvoll, wenn nicht sogar unausweichlich. Klaffen
nämlich Inkrafttreten und zeitliche Geltung der neuen Regelung auseinander,
ergeben sich daraus etliche Probleme. Die vom Beschwerdeführer verlangte
Rückwirkung würde nicht nur gesetzestechnische Fragen aufwerfen, sondern
brächte auch kaum überschaubare Schwierigkeiten bei der Umsetzung der
gesetzlichen Regelung mit sich. Insbesondere setzt die Einführung der neuen
Regelung eine gewisse Vorlaufzeit in technisch-administrativer Hinsicht voraus.
Die bereits getätigten Steuerveranlagungen müssten geändert werden, was
aufwendig wäre und das Risiko von Veranlagungsfehlern mit sich brächte. Für
diejenigen Personen, die im Hinblick auf eine allfällige Gesetzesrevision per
1. Januar 2012 ein umweltfreundlicheres Fahrzeug erworben haben, gilt überdies
eine besondere Regelung, die eine Benachteiligung wegen der Verzögerung des
Inkrafttretens vermeiden hilft. Die Folgen der zeitlichen Verzögerung werden
dadurch abgemildert. Die Gesetzesnovelle beachtet damit auch die Anforderungen
des Verhältnismässigkeitsprinzips. Insgesamt liegt eine Rückwirkung, wie sie
vom Beschwerdeführer verlangt wird, selbst wenn sie sich als möglich erwiese,
nicht im öffentlichen Interesse. Der Gesetzgeber hat mithin den Volksvorschlag
nicht in einer Weise inhaltlich geändert, die ihm verboten wäre.

3.7 Demnach verletzt der angefochtene Erlass die politischen Rechte des
Beschwerdeführers nicht.

4.
Die Beschwerde erweist sich als unbegründet und ist abzuweisen.
Bei diesem Verfahrensausgang wird der unterliegende Beschwerdeführer
kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1, Art. 65 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer sowie dem Regierungsrat und dem Grossen
Rat des Kantons Bern schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 25. April 2012
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Fonjallaz

Der Gerichtsschreiber: Uebersax