Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.150/2012
Zurück zum Index I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2012
Retour à l'indice I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2012



Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 1/2}
1C_150/2012

Urteil vom 6. März 2013
I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Aemisegger, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichter Merkli, Karlen,
Gerichtsschreiber Dold.

Verfahrensbeteiligte
Genossenschaft Migros Aare, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt
Theo Strausak,

gegen

Verkehrs-Club der Schweiz (VCS), Beschwerdegegnerin, handelnd durch VCS,
Sektion Solothurn, und diese vertreten durch Rechtsanwalt Mathias Reinhart,

Baukommission der Einwohnergemeinde Egerkingen, 4622 Egerkingen, vertreten
durch Rechtsanwalt Daniel von Arx,
Bau- und Justizdepartement des Kantons Solothurn, Rötihof, Werkhofstrasse 65,
4509 Solothurn.

Gegenstand
Umnutzung Melitta-Gebäude und Einstellhallenerweiterung; Art. 55a USG
(mangelhafte Eröffnung einer Verfügung),

Beschwerde gegen das Urteil vom 7. Februar 2012 des Verwaltungsgerichts des
Kantons Solothurn.

Sachverhalt:

A.
Die Genossenschaft Migros Aare ist Eigentümerin des Einkaufszentrums Gäu-Park
in Egerkingen. Dieses besteht aus einem nördlichen und einem südlichen Komplex.
Mit dem Gäu-Park verbunden ist das ehemalige Einkaufszentrum der Waro, das
heute von der Coop genutzt wird. Unmittelbar an den südlichen Teil des
Gäu-Parks grenzt das ehemalige Gebäude der Kaffeefilterproduzentin Melitta an.
Es wurde nach Stilllegung des Betriebs gestützt auf eine Baubewilligung vom 17.
Mai 2004 mit dem südlichen Teil des Gäu-Parks verbunden und dient seither als
Verkaufsfläche für Non Food-Artikel.
Im Februar 2007 legte der Gemeinderat Egerkingen eine Änderung der
Gestaltungspläne "Gäu Park und Waro Egerkingen" und "Gäu-Park 2" öffentlich
auf. Die Änderung sollte den Bau eines zweiten Verbindungsgangs zwischen dem
nördlichen und dem südlichen Gebäudekomplex ermöglichen. Der Verkehrs-Club der
Schweiz (VCS) erhob dagegen Einsprache. Zugleich machte er geltend, die bereits
früher erfolgte Umnutzung des Melitta-Gebäudes sei nicht korrekt erfolgt; er
verlangte deshalb von der Gemeinde Egerkingen, dafür nachträglich ein
Gestaltungsplanverfahren mit Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) durchzuführen.
Auf die erwähnten Gestaltungsplanänderungen wurde in der Folge verzichtet. Am
12. November 2009 lehnte die Baukommission der Gemeinde Egerkingen das Gesuch
des VCS, für die Umnutzung des ehemaligen Melitta-Gebäudes ein neues Verfahren
durchzuführen, ab, soweit sie darauf eintrat. Das Bau- und Justizdepartement
des Kantons Solothurn hiess am 29. Juni 2010 die Beschwerde des VCS gegen
diesen Entscheid gut; es hob den Entscheid der Baukommission vom 12. November
2009 und die am 17. Mai 2004 erteilte Baubewilligung für die Umnutzung des
Melitta-Gebäudes auf. Die dagegen erhobene Beschwerde der Genossenschaft Migros
Aare wies das Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn am 7. Februar 2012 ab.

B.
Die Genossenschaft Migros Aare beantragt dem Bundesgericht mit Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten, die erwähnten Entscheide des
Verwaltungsgerichts sowie des Bau- und Justizdepartements aufzuheben und die
Verfügung der Baukommission vom 12. November 2009 zu bestätigen. Eventuell sei
die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Der VCS, das Bau- und Justizdepartement und das Verwaltungsgericht ersuchen um
Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. Das Bundesamt für
Umwelt hat sich zur Beschwerde geäussert, ohne einen Antrag zu stellen. Die
Beschwerdeführerin und der VCS halten in weiteren Eingaben an ihren Anträgen
fest.
Der Präsident der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung hat der Beschwerde am 13.
April 2012 mit Ausnahme des Parteientschädigungspunkts die aufschiebende
Wirkung zuerkannt.

Erwägungen:

1.
Der angefochtene Entscheid bestätigt die Verfügung des Bau- und
Justizdepartements, welche die am 17. Mai 2004 erteilte Baubewilligung für die
Umnutzung des Melitta-Gebäudes aufhebt und die Gemeinde Egerkingen dazu anhält,
über das seinerzeit eingereichte Baugesuch neu zu befinden. Da das Urteil des
Verwaltungsgerichts das Verfahren nicht abschliesst, handelt es sich um einen
Zwischenentscheid, der beim Bundesgericht lediglich anfechtbar ist, wenn die
Voraussetzungen von Art. 93 Abs. 1 BGG erfüllt sind. Gemäss lit. b der
genannten Bestimmung kann gegen Zwischenentscheide Beschwerde geführt werden,
wenn die Gutheissung des Rechtsmittels sofort einen Endentscheid herbeiführen
und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges
Beweisverfahren ersparen würde. Eine solche Situation ist hier gegeben. Wird
die Beschwerde gutgeheissen, so ist die Baubewilligung vom 17. Mai 2004
rechtskräftig, und es erübrigt sich nicht nur, eine
Umweltverträglichkeitsprüfung, sondern auch ein Gestaltungsplanverfahren
durchzuführen.
Die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen sind ebenfalls erfüllt. Auf die
Beschwerde ist daher einzutreten. Anders verhält es sich nur bezüglich des
Antrags, auch den Entscheid des Bau- und Justizdepartements vom 29. Juni 2010
aufzuheben, da dieser wegen des Devolutiveffekts ohnehin als mitangefochten
gilt.

2.
2.1 Streitgegenstand bildet die Rechtsbeständigkeit der Baubewilligung, welche
die Gemeinde am 17. Mai 2004 für die Umnutzung des Melitta-Gebäudes erteilt
hat. Die Vorinstanz gelangt zum Schluss, dass diese Bewilligung mangels
korrekter Eröffnung gegenüber dem VCS nicht rechtskräftig geworden sei, sie
zudem an einem Mangel leide und deshalb aufgehoben werden müsse.
Ausschlaggebend für dieses Ergebnis ist nach Auffassung der Vorinstanz, dass
für die fragliche Umnutzung eine UVP erforderlich sei. Damit komme dem VCS nach
Art. 55 USG (SR 814.01) grundsätzlich das Beschwerderecht zu. Die nach Art. 55a
USG in einem solchen Fall vorgeschriebene Mitteilung des Baugesuchs bzw. der
Baubewilligung an den VCS sei nicht erfolgt. Dieser habe von der Umnutzung
deshalb keine Kenntnis gehabt und auch nicht haben müssen. Seine Eingabe vom 8.
Mai 2007 müsse daher noch als rechtzeitige Beschwerde anerkannt werden. Diese
sei zudem begründet, da keine UVP durchgeführt worden sei. Aus diesem Grund
habe das Bau- und Justizdepartement die Baubewilligung zu Recht aufgehoben und
die Sache zur Neubeurteilung an die Gemeinde Egerkingen zurückgewiesen.
Demgegenüber erachtet die Beschwerdeführerin die am 17. Mai 2004 erteilte
Umnutzungsbewilligung als rechtskräftig. Sie kritisiert die Argumentation im
angefochtenen Entscheid in zwei Punkten. Einerseits rügt sie eine
unvollständige Sachverhaltsfeststellung durch die Vorinstanz. Diese habe ausser
Acht gelassen, dass die für die Umnutzung verlangte UVP bereits in einem
früheren Zeitpunkt - im Rahmen einer grösser angelegten UVP für das gesamte
Gebiet - durchgeführt worden sei. Eine erneute UVP sei unter diesen Umständen
nicht erforderlich. Anderseits bestreitet die Beschwerdeführerin, dass das
Rechtsmittel des VCS rechtzeitig erhoben worden sei. Es treffe zwar zu, dass
die vorgeschriebene Eröffnung nicht erfolgt sei, doch habe der VCS bereits
lange Zeit vor der Eingabe vom 8. Mai 2007 Kenntnis von der Umnutzung des
Melitta-Gebäudes gehabt und hätte daher viel früher reagieren müssen.

2.2 Rechtsmittel gegen Baubewilligungen sind im Kanton Solothurn innert 10
Tagen seit der Zustellung des Entscheids zu erheben. Für das Verfahren ist das
Gesetz vom 15. November 1970 über den Rechtsschutz in Verwaltungssachen
(Verwaltungsrechtspflegegesetz; BGS 124.11) massgebend (§ 2 Abs. 6 der
kantonalen Bauverordnung vom 3. Juli 1978 [BGS 711.61]). Nach § 19 Abs. 2 des
Verwaltungsrechtspflegegesetzes sind Entscheide als solche zu bezeichnen und im
vorgeschriebenen Verfahren zu eröffnen. Es ist unbestritten, dass das Gesuch
für die Umnutzung des Melitta-Gebäudes nicht in der vorgeschriebenen Form
veröffentlicht und die erteilte Baubewilligung vom 17. Mai 2004 dem VCS nicht
zugestellt worden ist. Das kantonale Recht regelt nicht, wie in einem solchen
Fall unterbliebener Eröffnung der Beginn der Rechtsmittelfrist zu bestimmen
ist. Die Vorinstanz erklärt dazu lediglich, es könne dem VCS kein Vorwurf
gemacht werden, dass er die Baubewilligung erst rund drei Jahre nach deren
Erteilung angefochten habe; das erst dann erhobene Rechtsmittel müsse deshalb
als rechtzeitig anerkannt werden.

2.3 Das Bundesgericht erklärt in seiner bisherigen Rechtsprechung, dass für
Dritte, die zu Unrecht nicht in ein Baubewilligungsverfahren einbezogen werden,
die Rechtsmittelfrist erst mit der tatsächlichen Kenntnisnahme des Entscheids
zu laufen beginnt. Aus Gründen der Rechtssicherheit und nach dem Grundsatz von
Treu und Glauben, der Behörden wie Privaten gleichermassen
rechtsmissbräuchliches Verhalten verbietet (Art. 5 Abs. 3 BV), darf der Dritte
aber den Beginn des Fristenlaufs nicht beliebig hinauszögern, sobald er auf
irgendeine Weise Kenntnis von der ihn berührenden Entscheidung erhalten hat. Er
hat sich vielmehr danach zu erkundigen, wenn Anzeichen dafür vorliegen, und
rechtzeitig zu reagieren (BGE 134 V 306 E. 4.2 S. 312 f. mit Hinweisen). Die
Rechtsprechung hebt auch hervor, dass es nicht angeht, Verfügungen, die dazu
bestimmt sind, Rechtskraftwirkungen zu entfalten, noch nach beliebig langer
Zeit in Frage zu stellen. Umgekehrt ist der Grundsatz zu beachten, dass der
Verfügungsadressat aus einer unterbliebenen oder fehlerhaften Eröffnung keine
Nachteile erleiden soll. Wann die Rechtsmittelfrist zu laufen beginnt, ist nach
dem Grundsatz von Treu und Glauben im Einzelfall zu bestimmen. Als Leitlinie
gilt dabei, dass derjenige, der aus einer nicht offiziellen Quelle Kenntnis von
einem ihn berührenden Entscheid erlangt, zwar nicht innert Frist seit dieser
Kenntnisnahme ein Rechtsmittel ergreifen muss. Allerdings darf er in diesem
Fall auch nicht einfach untätig bleiben, sondern hat die je nach den Umständen
gebotenen Schritte zu unternehmen (BGE 102 Ib 91 E. 3 S. 94). Dabei tritt mit
der Zeit das Rechtsschutzinteresse gegenüber jenem der Rechtssicherheit in den
Hintergrund. Welcher der beiden Gesichtspunkte den Vorrang verdient, ist
aufgrund einer Interessenabwägung zu beurteilen (Urteil P.883/1983 vom 14. März
1984 E. 3, in: ZBl 85/1984 S. 425; vgl. auch ANDRÉ GRISEL, Traité de droit
administratif, 1984, S. 875).
In seiner bisherigen Praxis anerkannte das Bundesgericht das Rechtsmittel eines
Nachbarn, dem eine Baubewilligung zu Unrecht nicht zugestellt worden war und
der wenige Monate danach bei Baubeginn noch gleichentags reagiert hatte, als
rechtzeitig (Urteil P.883/1983 vom 14. März 1984 E. 4, in: ZBl 85/1984 S. 425).
Anders beurteilte es dagegen das Rechtsmittel eines Nachbarn, der erst vier
Jahre nach der Erstreckung einer befristeten Bewilligung dagegen Beschwerde
erhob, obwohl er Anhaltspunkte dafür haben musste, dass diese verlängert worden
war und er deshalb gehalten war, sich bei der Gemeindeverwaltung zu erkundigen
(BGE 107 Ia 72 E. 4a S. 77). Ebenfalls nicht mehr als rechtzeitig erachtete das
Bundesgericht eine Beschwerde des Rheinaubunds, der trotz einer negativen
Stellungnahme der kantonalen Behörden nicht sofort reagierte (Urteil 1A.256/
1993 vom 31. Dezember 1993 E. 2b, in: ZBl 95/1994 S. 529). In zwei neueren
Fällen, auf die sich die kantonalen Instanzen beziehen, bejahten die kantonalen
Instanzen die Rechtzeitigkeit einer nachträglichen Beschwerde des VCS, dem
Baubewilligungen zu Unrecht nicht eröffnet worden waren. Das Bundesgericht
schützte diese Beurteilung, da nicht feststand, dass der VCS früher hätte
reagieren können (Urteile 1A.136/2004 vom 5. November 2004 E. 3.2.2 mit
Hinweisen, in: URP 2005 S. 1; 1A.33/2007 vom 22. Oktober 2007 E. 6.4).
Im Lichte dieser Rechtsprechung ist zu prüfen, ob die Vorinstanz die Eingabe
des VCS vom 8. Mai 2007 noch als rechtzeitig ansehen durfte. Da es dabei um die
Konkretisierung des verfassungsrechtlichen Grundsatzes von Treu und Glauben
(Art. 5 Abs. 3 und Art. 9 BV) geht, kommt dem Bundesgericht dabei freie
Kognition zu.

2.4 Die Vorinstanz erklärt, die Umnutzung des Melitta-Gebäudes sei von aussen
nicht ohne weiteres erkennbar. Der VCS sei deshalb nicht verpflichtet gewesen,
Nachforschungen über die Einhaltung der Publikationspflicht durch die Behörden
zu treiben. Der Beschwerdeführer beruft sich demgegenüber auf mehrere Umstände,
die belegten, dass der VCS bereits lange Zeit vor der Eingabe vom 8. Mai 2007
von der Umnutzung wusste. Da diese Hinweise nach der erwähnten Rechtsprechung
für die Beurteilung der Frage, ob der VCS nach Treu und Glauben rechtzeitig
reagiert hat, rechtserheblich sein können, hätte die Vorinstanz dazu die
erforderlichen Sachverhaltsfeststellungen treffen müssen. Das Bundesgericht
kann die fehlenden Feststellungen indessen nachfolgend selber treffen, da die
tatsächlichen Behauptungen der Beschwerdeführerin aus den Akten hervorgehen und
vom VCS nicht bestritten werden (vgl. Art. 105 Abs. 2 BGG).
Wie aus dem angefochtenen Entscheid hervorgeht, erhöhte die Umnutzung des
Melitta-Gebäudes die Verkaufsfläche um 3'800 m² und damit um mehr als 10 %.
Zudem wurden 80 neue Parkplätze geschaffen. Mit der Umnutzung entstand - wie
der VCS selber ausführt - ein neuer Komplex des Einkaufszentrums, der auch als
Gäu-Park West bezeichnet wird. Auch wenn der Gäu-Park heute aus mehreren Teilen
besteht und deshalb unübersichtlich erscheint, ist die Umnutzung des
Melitta-Gebäudes angesichts der Veränderungen der Gebäudehülle - insbesondere
der neu geschaffenen Verbindung mit dem Gäu-Park Süd - doch von aussen her ohne
weiteres zu erkennen. Die gegenteilige Würdigung der Gegebenheiten im
angefochtenen Entscheid vermag nicht zu überzeugen.
Der VCS vermochte sich aufgrund des äusseren Eindrucks allerdings noch kein
Bild über das genaue Ausmass der im Gebäudeinneren erfolgten Veränderungen,
insbesondere über die Zahl neu geschaffener Parkplätze und die UVP-Pflicht,
verschaffen. Zu prüfen ist nach der erwähnten Rechtsprechung, ob der VCS nicht
gehalten war, über den erfolgten Umbau bei der Gemeinde weitere Erkundigungen
einzuholen, um gestützt auf diese allenfalls von seinem Beschwerderecht
Gebrauch zu machen.

2.5 Der VCS war mit den Verhältnissen des Gäu-Parks vertraut, hatte er doch
bereits bei früheren Bauetappen Einsprache erhoben. Am 23. April 2003 schloss
er mit der Gäu-Park AG eine Vereinbarung. Diese betraf den Gäu-Park 2, also
jenen Komplex, der mit dem Melitta-Gebäude verbunden wurde. In dieser
Vereinbarung wird insbesondere die Parkraumbewirtschaftung des Gäu-Parks 2
detailliert geregelt. Vertreter des VCS kontrollieren deren Umsetzung. Zu
diesem Zweck besuchte im März 2005, also nach der Einweihung des neuen Non
Food-Bereichs im ehemaligen Melitta-Gebäude, die Geschäftsführerin des VCS
Solothurn den Gäu-Park 2.
Anlässlich dieses Besuchs erhielt sie zwar nicht Kenntnis von der
Baubewilligung zur Umnutzung des Melitta-Gebäudes. Doch bestanden damals
mehrere Anhaltspunkte, die auf die erfolgte Umnutzung hindeuteten. Wie bereits
erwähnt, tritt diese äusserlich durch die neu geschaffene Verbindung zwischen
dem Gäu-Park Süd zum neu geschaffenen Non Food-Komplex im Melitta-Gebäude in
Erscheinung. Die Geschäftsführerin des VCS Solothurn befasste sich bei ihrem
Besuch mit der Nutzweise des Gäu-Parks Süd und beanstandete, dass dort entgegen
der getroffenen Vereinbarung nicht nur Non Food-Geschäfte angesiedelt seien;
ausserdem überprüfte sie die Parkplatzbewirtschaftung. Das Nutzungskonzept und
die Parkplatzbewirtschaftung haben aber mit der Inbetriebnahme des
Melitta-Gebäudes Änderungen erfahren, die bei der vorgenommenen Besichtigung
der Verhältnisse nicht verborgen bleiben konnten. Hinzuweisen ist in diesem
Zusammenhang insbesondere auch auf die Erweiterung der Einstellhalle des
Gäu-Parks 2 um 46 Parkplätze im Zusammenhang mit der Umnutzung des
Melitta-Gebäudes. Wohl mag es zutreffen, dass sich der VCS aufgrund der
erwähnten Besichtigung kein genaues Bild vom Ausmass der Umnutzung verschaffen
konnte. Er hatte aber nach der Rechtsprechung hinreichende Anhaltspunkte, um
bei der Gemeinde die nötigen näheren Aufschlüsse darüber einzuholen.
Der VCS wäre deshalb nach dem Besuch der Geschäftsführerin nach Treu und
Glauben gehalten gewesen, die nötigen Schritte zu unternehmen, um Beschwerde
gegen die Umnutzung des Melitta-Gebäudes erheben zu können. Dies gilt umso
mehr, als die Umnutzung in diesem Zeitpunkt bereits vollzogen war und
beachtliche Ausmasse aufwies, so dass sich mit Blick auf die Rechtssicherheit
eine sofortige Ausübung des Beschwerderechts aufdrängte.
In dieser Hinsicht unterscheidet sich der hier zu beurteilende Sachverhalt von
jenem der zwei Entscheide, auf die sich die kantonalen Behörden beziehen. So
hatte der VCS im einen Fall gegen die fehlerhaft ausgeschriebene Bewilligung
für die Erweiterung eines Möbelmarkts sofort nach der Einweihung des
Erweiterungsbaus Beschwerde erhoben (Urteil 1A.136/2004 vom 5. November 2004,
in: URP 2005 S. 1). Im anderen bestanden keine genügenden Anhaltspunkte, dass
der VCS bereits vor der Erhebung des Rechtsmittels Kenntnis vom damals
umstrittenen Ausbau einer Lagerhalle Kenntnis erlangt hatte (Urteil 1A.33/2007
vom 22. Oktober 2007 E. 6.4).
Unter den dargestellten Umständen ist die Beschwerdeerhebung durch den VCS
nicht rechtzeitig erfolgt. Der anders lautende Entscheid der Vorinstanz läuft
dem Grundsatz von Treu und Glauben zuwider und verletzt damit Bundesrecht.

3.
Aus diesen Gründen ist die Beschwerde gutzuheissen, soweit darauf einzutreten
ist, und der angefochtene Entscheid aufzuheben. Zugleich sind die Verfügung der
Baukommission Egerkingen vom 12. November 2009 und - im Sinne der Klarheit -
auch die Baubewilligung vom 17. Mai 2004 für die Umnutzung der bestehenden
Werkhalle Melitta und die Einstellhallenerweiterung auf GB Egerkingen Nrn. 946
und 1913 zu bestätigen.
Bei diesem Verfahrensausgang sind die bundesgerichtlichen Kosten dem VCS
aufzuerlegen (Art. 55e USG und Art. 66 Abs. 1 BGG). Er hat ausserdem die
Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren angemessen zu
entschädigen (Art. 68 Abs. 2 BGG). Zur Neufestsetzung der Kosten und
Entschädigungen des kantonalen Verfahrens wird die Sache an die Vorinstanz
zurückgewiesen.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen, soweit darauf einzutreten ist, und der
angefochtene Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Solothurn vom 7.
Februar 2012 aufgehoben.
Die Verfügung der Baukommission Egerkingen vom 12. November 2009 und die
Baubewilligung vom 17. Mai 2004 für die Umnutzung der bestehenden Werkhalle
Melitta und die Einstellhallenerweiterung auf GB Egerkingen Nrn. 946 und 1913
werden bestätigt.

2.
Zur Neufestsetzung der Kosten und Entschädigungen des kantonalen Verfahrens
wird die Sache an die Vorinstanz zurückgewiesen.

3.
Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.-- werden dem VCS auferlegt.

4.
Der VCS hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr.
4'000.-- zu entschädigen.

5.
Dieses Urteil wird den Parteien, der Baukommission der Einwohnergemeinde
Egerkingen, dem Bau- und Justizdepartement sowie dem Verwaltungsgericht des
Kantons Solothurn und dem Bundesamt für Umwelt schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 6. März 2013
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Das präsidierende Mitglied: Aemisegger

Der Gerichtsschreiber: Dold