Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.127/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
1C_127/2012

Urteil vom 29. Februar 2012
I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Merkli, Eusebio,
Gerichtsschreiber Härri.

1. Verfahrensbeteiligte
A.________,
2. B.________Inc.,
3. C.________Corp.,
4. A.________, als wirtschaftlich Berechtigter der D.________AG,
Beschwerdeführer, alle vier vertreten durch Rechtsanwalt Bénédict Fontanet,

gegen

Schweizerische Bundesanwaltschaft,
Postfach, 3003 Bern.

Gegenstand
Internationale Rechtshilfe in Strafsachen an Polen; Herausgabe von
Beweismitteln,

Beschwerde gegen den Entscheid vom 9. Februar 2012 des Bundesstrafgerichts,
Beschwerdekammer.

Sachverhalt:

A.
Die Appellationsstaatsanwaltschaft in Wroclaw (Polen) führt gegen verschiedene
Personen ein Strafverfahren wegen des Verdachts der Bestechung von Amtsträgern,
der ungetreuen Geschäftsbesorgung und der Geldwäscherei.
Mit mehrmals ergänztem Rechtshilfeersuchen vom 17. Dezember 2008 ersuchte sie
die Schweiz um die Herausgabe von Bankunterlagen.
Mit Eintretens- und Teilschlussverfügungen vom 28. Juni 2011 ordnete die
Schweizerische Bundesanwaltschaft die Herausgabe von Bankunterlagen an die
ersuchende Behörde an.
Die von A.________ in eigenem Namen und als wirtschaftlich Berechtigter der
aufgelösten D.________AG, der B.________Inc. sowie der C.________Corp. dagegen
erhobenen Beschwerden wies das Bundesstrafgericht (Beschwerdekammer) am 9.
Februar 2012 ab, soweit es darauf eintrat.

B.
A.________ (in eigenem Namen und als wirtschaftlich Berechtiger der aufgelösten
D.________AG), die B.________Inc. sowie die C.________Corp. führen Beschwerde
in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Antrag, der Entscheid des
Bundesstrafgerichts sowie die Eintretens- und Teilschlussverfügungen der
Bundesanwaltschaft seien aufzuheben.

C.
Es wurde kein Schriftenwechsel durchgeführt.

Erwägungen:

1.
Gemäss Art. 54 Abs. 1 BGG wird das bundesgerichtliche Verfahren in einer der
Amtssprachen geführt, in der Regel in der Sprache des angefochtenen Entscheids.
Von dieser Regel abzuweichen besteht hier kein Grund. Das vorliegende Urteil
ergeht daher in deutscher Sprache, auch wenn die Beschwerdeführer die
Beschwerde in französischer Sprache eingereicht haben.

2.
2.1 Gemäss Art. 84 BGG ist gegen einen Entscheid auf dem Gebiet der
internationalen Rechtshilfe in Strafsachen die Beschwerde nur zulässig, wenn er
unter anderem eine Übermittlung von Informationen aus dem Geheimbereich
betrifft und es sich um einen besonders bedeutenden Fall handelt (Abs. 1). Ein
besonders bedeutender Fall liegt insbesondere vor, wenn Gründe für die Annahme
bestehen, dass elementare Verfahrensgrundsätze verletzt worden sind oder das
Verfahren im Ausland schwere Mängel aufweist (Abs. 2).
Art. 84 BGG bezweckt die wirksame Begrenzung des Zugangs zum Bundesgericht im
Bereich der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen (BGE 134 IV 156 E. 1.3.1
S. 160 mit Hinweisen). Ein besonders bedeutender Fall ist mit Zurückhaltung
anzunehmen (BGE 136 IV 139 E. 2.4 S. 144 mit Hinweis).
Bei der Beantwortung der Frage, ob ein besonders bedeutender Fall gegeben ist,
steht dem Bundesgericht ein weiter Ermessensspielraum zu (BGE 134 IV 156 E.
1.3.1 S. 160 mit Hinweis).
Gemäss Art. 42 Abs. 2 BGG ist in der Begründung der Rechtsschrift in gedrängter
Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt. Ist eine
Beschwerde nur unter der Voraussetzung zulässig, dass ein besonders bedeutender
Fall nach Artikel 84 vorliegt, so ist auszuführen, warum diese Voraussetzung
erfüllt ist.
Erachtet das Bundesgericht eine Beschwerde auf dem Gebiet der internationalen
Rechtshilfe in Strafsachen als unzulässig, so fällt es gemäss Art. 107 Abs. 3
BGG den Nichteintretensentscheid innert 15 Tagen seit Abschluss eines
allfälligen Schriftenwechsels.
Nach Art. 109 BGG entscheidet die Abteilung in Dreierbesetzung über
Nichteintreten auf Beschwerden, bei denen kein besonders bedeutender Fall
vorliegt (Abs. 1). Der Entscheid wird summarisch begründet. Es kann ganz oder
teilweise auf den angefochtenen Entscheid verwiesen werden (Abs. 3).

2.2 Zwar geht es um die Übermittlung von Informationen aus dem Geheimbereich
und damit ein Sachgebiet, bei dem die Beschwerde nach Art. 84 Abs. 1 BGG
insoweit möglich ist. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer handelt es
sich jedoch um keinen besonders bedeutenden Fall.
Sie bringen (Beschwerde S. 14 ff.) vor, die Bundesanwaltschaft habe ihren
Anspruch auf rechtliches Gehör systematisch verletzt. Dazu hat die Vorinstanz
einlässlich Stellung genommen (angefochtener Entscheid S. 8 ff. E. 4). Sie
bejaht eine Verletzung des rechtlichen Gehörs, erachtet diese jedoch als im
Beschwerdeverfahren geheilt. Sie weist insbesondere darauf hin, dass sie den
Beschwerdeführern die Frist zur Replik um einen Monat erstreckt hat, womit
diese ausreichend Zeit gehabt hätten, sich zu den in Frage stehenden Unterlagen
zu äussern.
Die Erwägungen der Vorinstanz, auf die verwiesen werden kann, lassen keine
Bundesrechtsverletzung erkennen. Die bundesgerichtliche Rechtsprechung sieht
die Möglichkeit der Heilung einer Gehörsverletzung im Beschwerdeverfahren vor
(BGE 124 II 132 E. 2d S. 138/139 mit Hinweisen; ROBERT ZIMMERMANN, La
coopération judiciaire internationale en matière pénale, 3. Aufl. 2009, S.
437). Zwar darf die ausführende Behörde dies nicht als Einladung missverstehen,
den Anspruch auf rechtliches Gehör systematisch zu verletzen (BGE 126 II 111 E.
6b/aa S. 123/124 mit Hinweisen; ZIMMERMANN a.a.O.). Dass die Bundesanwaltschaft
dies tun soll, kann allein aufgrund des vorliegenden Falles jedoch nicht
angenommen werden. Sollten sich Fälle wie hier allerdings häufen und damit
tatsächlich Grund zur Annahme bestehen, dass die Bundesanwaltschaft den
Anspruch auf rechtliches Gehör regelmässig verletzt, würde die Vorinstanz die
Konsequenzen ziehen und eine Heilung ablehnen.
Auch sonst wie ist kein Grund ersichtlich, den Fall als besonders bedeutend
einzustufen. Die Vorinstanz hat sich mit den Einwänden der Beschwerdeführer
auseinandergesetzt. Der angefochtene Entscheid überzeugt. Für das Bundesgericht
besteht deshalb kein Anlass, die Sache an die Hand zu nehmen.
Die Beschwerde ist somit unzulässig.

3.
Mit dem Entscheid in der Sache braucht über das Gesuch um aufschiebende Wirkung
nicht mehr befunden zu werden. Es war im Übrigen überflüssig, da die Beschwerde
- wie die Beschwerdeführer selber darlegen - von Gesetzes wegen aufschiebende
Wirkung hatte (Art. 103 Abs. 2 lit. c BGG).
Bei diesem Ausgang des Verfahrens tragen die Beschwerdeführer die Kosten (Art.
66 Abs. 1 Satz 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden den Beschwerdeführern unter
solidarischer Haftbarkeit für den gesamten Betrag je zu einem Viertel
auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Beschwerdeführern, der Bundesanwaltschaft, dem
Bundesstrafgericht, Beschwerdekammer, und dem Bundesamt für Justiz, Fachbereich
Rechtshilfe, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 29. Februar 2012
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Fonjallaz

Der Gerichtsschreiber: Härri