Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 1B.372/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
1B_372/2012

Urteil vom 18. September 2012
I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Eusebio, Chaix,
Gerichtsschreiber Stohner.

Verfahrensbeteiligte
X.________, Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Daniel Gysi,

gegen

A.________, Beschwerdegegner 1,
vertreten durch Rechtsanwalt Oliver Gloor,
B.________, Beschwerdegegnerin 2,
vertreten durch Rechtsanwalt Andreas Leuch,
Staatsanwaltschaft Limmattal/Albis, Postfach, 8953 Dietikon.

Gegenstand
Strafverfahren; Nichtanhandnahme,

Beschwerde gegen den Beschluss vom 15. Mai 2012 des Obergerichts des Kantons
Zürich, III. Strafkammer.

Sachverhalt:

A.
X.________ reichte am 31. Dezember 2009 bei der Staatsanwaltschaft Limmattal/
Albis Strafanzeige gegen A.________ und B.________ wegen des Verdachts auf
Veruntreuung und Betrug ein. Er wirft A.________ und B.________ zusammenfassend
vor, sich das von ihm im Zusammenhang mit dem Aufbau eines gemeinsamen
Tauchzentrums im August 2005 nach Hurghada/Ägypten gelieferte Tauchmaterial im
Wert von rund Fr. 180'000.-- in unrechtmässiger Bereicherungsabsicht angeeignet
zu haben. Das Tauchmaterial werde mutmasslich nach wie vor in Hurghada in der
Tauchschule von A.________ und B.________ verwendet.

Die Kantonspolizei Zürich befragte im Auftrag der Staatsanwaltschaft
X.________, A.________ und B.________ zur Sache. Mit Verfügung vom 23. Januar
2012 nahm die Staatsanwaltschaft die Untersuchung gestützt auf Art. 310 Abs. 1
lit. a StPO (SR 312.0) nicht an die Hand und verwies die Zivilklage auf den
Zivilweg.

Diese Verfügung focht X.________ mit Beschwerde beim Obergericht des Kantons
Zürich an. Mit Beschluss vom 15. Mai 2012 wies das Obergericht die Beschwerde
ab.

B.
Mit Beschwerde in Strafsachen vom 21. Juni 2012 beantragt X.________, der
Beschluss des Obergerichts sei aufzuheben, und die Staatsanwaltschaft sei
anzuweisen, unverzüglich eine Strafuntersuchung gegen die Beschwerdegegner
durchzuführen.

Das Obergericht verzichtet auf eine Stellungnahme zur Beschwerde. Die
Staatsanwaltschaft hat sich nicht vernehmen lassen. Die Beschwerdegegner
beantragen in ihren Eingaben die Abweisung der Beschwerde. In seiner
abschliessenden Stellungnahme vom 3. September 2012 hält der Beschwerdeführer
an seinem Standpunkt fest.

Erwägungen:

1.
Der angefochtene Entscheid bestätigt, dass das vom Beschwerdeführer angestrebte
Strafverfahren nicht an die Hand genommen wird. Es handelt sich um einen
Endentscheid einer letzten kantonalen Instanz in einer Strafsache, gegen den
die Beschwerde in Strafsachen zulässig ist (Art. 78 Abs. 1, Art. 80 Abs. 1,
Art. 90 BGG). Der Beschwerdeführer war als Privatkläger am kantonalen Verfahren
beteiligt, und der angefochtene Entscheid kann sich auf die Beurteilung
allfälliger Zivilansprüche auswirken. Der Beschwerdeführer ist daher zur
Beschwerdeführung legitimiert (Art. 81 Abs. 1 lit. a und lit. b Ziff. 5 BGG).
Die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass,
sodass auf die Beschwerde einzutreten ist.

2.
2.1 Gemäss Art. 310 Abs. 1 lit. a StPO verfügt die Staatsanwaltschaft die
Nichtanhandnahme, sobald aufgrund der Strafanzeige oder des Polizeirapports
feststeht, dass die fraglichen Straftatbestände oder die Prozessvoraussetzungen
eindeutig nicht erfüllt sind.

Bei der Frage, ob ein Strafverfahren über eine Nichtanhandnahme durch die
Strafverfolgungsbehörde erledigt werden kann, gilt im schweizerischen
Strafprozessrecht der Grundsatz "in dubio pro duriore". Dieser Grundsatz
fliesst aus dem Legalitätsprinzip (Art. 5 Abs. 1 BV und Art. 2 Abs. 1 StPO
i.V.m. Art. 319 Abs. 1 und Art. 324 Abs. 1 StPO; BGE 138 IV 86 E. 4.2). Dies
bedeutet, dass eine Nichtanhandnahme durch die Staatsanwaltschaft gestützt auf
Art. 310 Abs. 1 lit. a StPO grundsätzlich nur bei klarer Straflosigkeit bzw.
offensichtlich fehlenden Prozessvoraussetzungen angeordnet werden darf. Klare
Straflosigkeit liegt vor, wenn es sicher ist, dass der Sachverhalt unter keinen
Straftatbestand fällt, was namentlich bei rein zivilrechtlichen Streitigkeiten
der Fall ist. Bei der Beurteilung dieser Frage verfügen die Staatsanwaltschaft
und die Vorinstanz über einen gewissen Spielraum, den das Bundesgericht mit
Zurückhaltung überprüft (BGE 138 IV 86 E. 4.1.2). Im Zweifelsfall - wenn die
Sach- und/oder die Rechtslage nicht von vornherein klar sind - ist eine
Untersuchung zu eröffnen (vgl. BGE 137 IV 219 E. 7 S. 226 f., 285 E. 2.3 S. 287
f.).

2.2 Die Vorinstanz geht gestützt auf die Aussagen des Beschwerdeführers von
folgendem Sachverhalt aus:

In der zweiten Jahreshälfte 2004 vereinbarten der Beschwerdeführer und die
beiden Beschwerdegegner, dass sich der Beschwerdeführer an der Tauchbasis einer
von den Beschwerdegegnern projektierten Hotelanlage in Hurghada beteilige.
Nachdem der Beschwerdeführer im Sommer 2005 diverses Tauchmaterial nach
Hurghada geliefert hatte, begab er sich Ende August 2005 vor Ort. Dort musste
er feststellen, dass die Anlage noch nicht betriebsbereit war. In der Folge kam
es zu Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Beschwerdeführer und den
Beschwerdegegnern bezüglich des weiteren Vorgehens. Schliesslich wurde
beschlossen, auf eine weitere Zusammenarbeit zu verzichten. Zugleich
versprachen die Beschwerdegegner dem Beschwerdeführer, dessen Tauchmaterial
umgehend auf ihre Kosten zurück in die Schweiz zu liefern. Trotz dieser
Vereinbarung ist das Tauchmaterial jedoch nicht in die Schweiz zurück
transportiert worden.

2.3 Nach der Auffassung des Beschwerdeführers besteht der Verdacht, dass sich
die Beschwerdegegner der Veruntreuung und/oder des Betrugs schuldig gemacht
haben.

Den Tatbestand der Veruntreuung nach Art. 138 Ziff. 1 StGB erfüllt
insbesondere, wer sich eine ihm anvertraute fremde bewegliche Sache aneignet,
um sich oder einen andern damit unrechtmässig zu bereichern.

Des Betrugs im Sinne von Art. 146 Abs. 1 StGB macht sich unter anderem
schuldig, wer in der Absicht, sich oder einen andern unrechtmässig zu
bereichern, jemanden durch Vorspiegelung oder Unterdrückung von Tatsachen
arglistig irreführt und so den Irrenden zu einem Verhalten bestimmt, wodurch
dieser sich selbst oder einen andern am Vermögen schädigt.

2.4 Der Beschwerdeführer bringt vor, die Polizei wäre gehalten gewesen, weitere
Ermittlungen über den Verbleib des Tauchmaterials zu tätigen. Insbesondere wäre
es angezeigt gewesen, den nachmaligen Leiter der Tauchschule in Hurghada sowie
die ehemalige Mitarbeiterin der Beschwerdegegnerin 2 einzuvernehmen. Weiter
hätte die Polizei abklären müssen, ob Anzeichen dafür bestünden, dass die
Beschwerdegegner von Beginn an in Bereicherungsabsicht gehandelt und ihn in die
Irre geführt hätten. Sinnvollerweise hätten die polizeilichen Ermittlungen auch
darauf abzielen müssen, zu erfahren, ob das Tauchmaterial überhaupt jemals
verfrachtet worden sei. Nach Frachtpapieren, Rechnungen oder Zolldokumenten sei
aber offenbar gar nicht gesucht worden. Sollte das Tauchmaterial nicht beim
Zoll verschwunden sein, sondern weiterhin in der Tauchbasis benutzt werden, so
bestünde ein hinreichender Verdacht, dass sich die Beschwerdegegner das
Material in unrechtmässiger Bereicherungsabsicht angeeignet hätten. Durch die
Ausführungen in der Strafanzeige sei zumindest ein Anfangsverdacht geweckt
worden, dass sich die Beschwerdegegner der Veruntreuung und/oder des Betrugs
schuldig gemacht hätten. Dieser Anfangsverdacht sei durch die Vorermittlungen
der Polizei nicht ausgeräumt worden. Mit ihrer vorschnellen
Nichtanhandnahmeverfügung habe die Staatsanwaltschaft Art. 310 Abs. 1 lit. a
StPO verletzt, weshalb auch der diesen Entscheid schützende Beschluss der
Vorinstanz Bundesrecht verletze.

2.5 Die Staatsanwaltschaft begründete die Nichtanhandnahme der Untersuchung
damit, dass aufgrund der Strafanzeige des Beschwerdeführers und den
Ermittlungen der Kantonspolizei keine Hinweise auf ein strafbares Verhalten der
Beschwerdegegner bestünden. Die vom Beschwerdeführer erhobenen Vorwürfe seien
weder durch Unterlagen noch durch Aussagen der Beteiligten erhärtet worden.
Zwar sei unbestritten, dass das Tauchmaterial nicht von Ägypten zurück in die
Schweiz gelangt sei. Hierbei handle es sich jedoch um einen einzig unter
zivilrechtlichen Aspekten bedeutsamen Sachverhalt, weshalb offen gelassen
werden könne, wer die Schuld am gescheiterten Rücktransport trage.

2.6 Die Vorinstanz hat erwogen, nachdem die polizeilichen Befragungen des
Beschwerdeführers und der Beschwerdegegner zu keinen neuen Erkenntnissen
geführt hätten, habe die Staatsanwaltschaft auf die Einvernahme weiterer
Personen verzichten dürfen. Der Strafanzeige liege eine gescheiterte
geschäftliche Zusammenarbeit zwischen dem Beschwerdeführer und den
Beschwerdegegnern und damit ein Sachverhalt zivilrechtlicher Natur zugrunde. Es
bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beschwerdegegner mit dem
Beschwerdeführer gar nie ernsthaft eine Tauchbasis hätten aufbauen wollen und
dass sie ihn diesbezüglich von Anfang an arglistig irregeführt hätten.
Angesichts der gesamten Umstände bestehe auch kein Verdacht, dass sich die
Beschwerdegegner das Tauchmaterial in unrechtmässiger Bereicherungsabsicht
angeeignet hätten. Vielmehr lägen Hinweise vor, dass seitens der
Beschwerdegegner tatsächlich konkrete Anstrengungen unternommen worden seien,
das Tauchmaterial zurück in die Schweiz zu transportieren. Allein aus dem
Scheitern des Rücktransports könne kein hinreichender Anfangsverdacht gegen die
Beschwerdegegner hergeleitet werden, sei doch die Frage, wer die Schuld am
Scheitern des Rücktransports trage, zivilrechtlicher Natur. Schliesslich sei
auch zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer den Beschwerdegegnern mit
Schreiben vom 6. Dezember 2005 mitgeteilt habe, er interpretiere eine
allfällige Nichtlieferung des Tauchmaterials als Kaufbereitschaft der
Beschwerdegegner und erwarte in einem solchen Fall eine entsprechende
Geldüberweisung. Die Beschwerdegegner hätten somit ab diesem Zeitpunkt davon
ausgehen dürfen, dass der Beschwerdeführer nicht mehr auf einem Rücktransport
der Ware beharrt habe und mit einem Verkauf des Materials einverstanden gewesen
sei. Die Höhe des Kaufpreises, die Zahlungsmodalitäten, allfällige
Verrechnungen sowie die Tragung des Risikos für vorher beschädigtes und
verloren gegangenes Material seien erneut rein zivilrechtliche Angelegenheiten.

Im Ergebnis hat die Vorinstanz geschlossen, es fehlten hinreichend konkrete
Anhaltspunkte dafür, dass die Beschwerdegegner den objektiven und subjektiven
Tatbestand von Art. 138 Ziff. 1 StGB und/oder Art. 146 Abs. 1 StGB erfüllt
haben könnten.

2.7 Die Vorbringen des Beschwerdeführers sind nicht geeignet, diese
vorinstanzliche Beurteilung als bundesrechtswidrig erscheinen zu lassen.

Beim Entscheid, ob die Untersuchung zu eröffnen oder nicht an die Hand zu
nehmen ist, kommt der Staatsanwaltschaft ein gewisser Ermessensspielraum zu.
Dies bedeutet insbesondere, dass sie nicht jeglicher Spur und jedem Hinweis
nachgehen muss. Die Beurteilung der Vorinstanz, die Staatsanwaltschaft habe auf
weitere Einvernahmen verzichten dürfen, da die polizeilichen Befragungen des
Beschwerdeführers und der beiden Beschwerdegegner keine neuen Erkenntnisse
gebracht hatten, ist nicht zu beanstanden.

In tatsächlicher Hinsicht hat die Vorinstanz festgestellt, es seien seitens der
Beschwerdegegner konkrete Anstrengungen unternommen worden, das Tauchmaterial
des Beschwerdeführers in die Schweiz zurück zu transportieren; bei der Ausfuhr
des Materials seien dann aber Probleme aufgetreten. Ausgehend hiervon hat die
Vorinstanz zu Recht geschlossen, es fehle an Verdachtsgründen, dass sich die
Beschwerdegegner das Tauchmaterial des Beschwerdeführers in unrechtmässiger
Bereicherungsabsicht angeeignet und damit den (subjektiven) Tatbestand der
Veruntreuung erfüllt haben. Gleiches gilt in Bezug auf den Tatbestand des
Betrugs, da, wie die Vorinstanz zutreffend erwogen hat, keine Anhaltspunkte
dafür bestehen, dass die Beschwerdegegner den Beschwerdeführer in
unrechtmässiger Bereicherungsabsicht durch Vorspiegelung des Willens, gemeinsam
eine Tauchbasis zu betreiben, arglistig irregeführt und den Beschwerdeführer
hierdurch zu einer Vermögensverfügung - der Lieferung des Tauchmaterials nach
Ägypten - bestimmt haben.

Die von der Vorinstanz geschützte Würdigung der Staatsanwaltschaft, es handle
sich um eine rein zivilrechtliche Angelegenheit, weshalb die fraglichen
Tatbestände der Veruntreuung und des Betrugs eindeutig nicht erfüllt seien,
verletzt kein Bundesrecht. Die Anwendung von Art. 310 Abs.1 lit. a StPO erweist
sich damit als rechtmässig.

3.
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem
Verfahrensausgang trägt der Beschwerdeführer die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1
BGG). Er hat den obsiegenden, anwaltlich vertretenen Beschwerdegegnern eine
angemessene Parteientschädigung auszurichten (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Der Beschwerdeführer hat die Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche
Verfahren mit je Fr. 500.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, der Staatsanwaltschaft Limmattal/ Albis und
dem Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 18. September 2012

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Fonjallaz

Der Gerichtsschreiber: Stohner