Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 1B.364/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
1B_364/2012

Urteil vom 11. September 2012
I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Merkli, Chaix,
Gerichtsschreiber Störi.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
Beschwerdeführer,

gegen

Y.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Elmar Perler,
Beschwerdegegner,

Staatsanwaltschaft des Kantons Freiburg, Liebfrauenplatz 4, Postfach 156, 1702
Freiburg.

Gegenstand
Strafverfahren; Nichtanhandnahmeverfügung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts Freiburg, Strafkammer, vom
18. April 2012.

Sachverhalt:

A.
Am 22. Dezember 2006 bestellte das Friedensgericht Tafers X.________ den
Amtsbeistand Y.________ als Beistand.

Am 23. März 2007 führte es eine Verhandlung zum Thema "Einvernahme zur
Umwandlung der Beistandschaft in eine Beirat-, ev. Vormundschaft" durch.

Mit Eingabe vom 26. Juni 2011 erstattete X.________ Strafanzeige gegen das
Friedensgericht und die Vormundschaftsbehörde des Sensebezirks wegen
Urkundenfälschung, Falschbeurkundung im Amt und ungetreuer Geschäftsführung.

Am 20. Januar 2012 trat die Staatsanwaltschaft des Kantons Freiburg auf die
Strafanzeige nicht ein.

Am 9. Februar 2012 reichte X.________ eine "Ergänzung/Präzisierung" zur
Strafanzeige vom 26. Juni 2011 ein.

Am 16. Februar 2012 focht X.________ die Nichtanhandnahmeverfügung beim
Kantonsgericht an. In ihrer Vernehmlassung ans Kantonsgericht bestätigte die
Staatsanwältin ihre Nichtanhandnahmeverfügung vom 20. Januar 2012.

Am 18. April 2012 wies das Kantonsgericht die Beschwerde ab.

B.
Mit Beschwerde in Strafsachen beantragt X.________, diesen kantonsgerichtlichen
Entscheid aufzuheben und die Vormundschaftsbehörde und das Friedensgericht zur
Bezahlung einer gerichtlich zu bestimmenden, jedoch Fr. 100'000.--
übersteigenden Entschädigung an ihn zu verurteilen. Ausserdem ersucht er um
unentgeltliche Rechtspflege und Beigabe eines amtlichen Anwalts.

C.
Die Staatsanwaltschaft verzichtet auf Vernehmlassung.
Y.________ verzichtet auf Vernehmlassung und beantragt, die Beschwerde
abzuweisen. Er teilt mit, die von X.________ gegen ihn angestrengte
Verantwortlichkeitsklage sei vom Kantonsgericht abgewiesen worden.
In seiner Replik hält X.________ an der Beschwerde fest.

Erwägungen:

1.
Der angefochtene Entscheid bestätigt, dass das vom Beschwerdeführer angestrebte
Strafverfahren nicht an die Hand genommen wird. Er schliesst damit das
Verfahren ab. Es handelt sich um den Endentscheid einer letzten kantonalen
Instanz in einer Strafsache, gegen den die Beschwerde in Strafsachen zulässig
ist (Art. 78 Abs. 1, Art. 80 Abs. 1, Art. 90 BGG). Der Beschwerdeführer, der
als Privatkläger am kantonalen Verfahren beteiligt gewesen war, ist befugt, sie
zu erheben, wenn sich der angefochtene Entscheid auf die Beurteilung
allfälliger Zivilansprüche auswirken könnte (Art. 81 Abs. 1 lit. a und lit. b
Ziff. 5 BGG).

Das ist nicht der Fall. Die Haftung der vormundschaftlichen Organe nach Art.
426 ff. ZGB ist öffentlich-rechtlicher Natur (Urteil 5C.201/2000 vom 31.
Oktober 2000 E. 3a; Urteile über die vermögensrechtliche Verantwortlichkeit von
Vormundschaftsorganen sind öffentlich-rechtliche Entscheide im Sinn von Art. 72
Abs. 2 lit. b BGG: Urteile 5A_19/2012 vom 24. Mai 2012 E. 1; 5A_594/2008 vom 2.
Dezember 2008 E. 1.2; Handkommentar zum Schweizer Privatrecht, 2007, N. 1 zu
Art. 426 ZGB; Basler Kommentar Zivilgesetzbuch I, 4. A. 2010, N. 6 zu Art.
426-429 ZGB). Allfällige Ansprüche ausserhalb der Anwendbarkeit der Art. 426
ff. ZGB unterlägen ebenfalls nicht dem Zivilrecht, sondern dem kantonalen
Gesetz über die Haftung der Gemeinwesen und ihrer Amtsträger vom 16. September
1986, mithin öffentlichem Recht. Der angefochtene Entscheid kann sich somit
nicht auf die Beurteilung von Zivilansprüchen auswirken, und zwar gleichgültig
darum, ob sich die Strafanzeige ausschliesslich gegen den Beistand des
Beschwerdeführers oder auch gegen weitere Mitglieder der vormundschaftlichen
Organe richtet.

2.
Auf die Beschwerde ist nicht einzutreten. Es rechtfertigt sich vorliegend, auf
die Erhebung von Kosten zu verzichten. Damit wird das Gesuch um unentgeltliche
Rechtspflege gegenstandslos. Die Einsetzung eines amtlichen Anwalts fiel von
vorneherein ausser Betracht, da der Beschwerdeführer den von ihm am 9. Mai 2012
entgegengenommenen Entscheid des Kantonsgerichts am 8. Juni 2012 anfocht und
damit die ihm zustehende, nicht erstreckbare Beschwerdefrist bereits
ausgeschöpft hatte.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Das Gesuch um Beiordnung eines amtlichen Rechtsvertreters wird abgewiesen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, der Staatsanwaltschaft des Kantons Freiburg
und dem Kantonsgericht Freiburg, Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 11. September 2012

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Fonjallaz

Der Gerichtsschreiber: Störi