Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 1B.331/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
1B_331/2012

Urteil vom 25. Juni 2012
I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Aemisegger, Eusebio,
Gerichtsschreiber Stohner.

Verfahrensbeteiligte
X.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Roger Seiler,

gegen

Staatsanwaltschaft Muri-Bremgarten,
Seetalstrasse 8, 5630 Muri.

Gegenstand
Haftentlassung/Sicherheitshaft,

Beschwerde gegen den Entscheid vom 2. Mai 2012
des Obergerichts des Kantons Aargau,
Beschwerdekammer in Strafsachen.

Sachverhalt:

A.
Die Staatsanwaltschaft Muri-Bremgarten führte gegen X.________ eine
Strafuntersuchung. Am 2. Dezember 2010 wurde dieser in Untersuchungshaft
versetzt und seit dem 23. Juni 2011 befindet er sich im vorzeitigen
Strafvollzug.
Am 22. März 2012 erhob die Staatsanwaltschaft beim Bezirksgericht Bremgarten
Anklage gegen X.________ insbesondere wegen Schändung (Art. 191 StGB), wegen
mehrfachen, gemeinsam von mehreren Personen ausgeführten sexuellen Handlungen
mit Kindern (Art. 187 Ziff. 1 StGB i.V.m. Art. 200 StGB) und wegen mehrfacher,
gemeinsam von mehreren Personen ausgeführter Pornografie (Art. 197 Ziff. 3 StGB
i.V.m. Art. 200 StGB). Der Vorwurf der Schändung bezieht sich auf einen Vorfall
im Jahr 2006, den Vorwürfen der sexuellen Handlungen mit Kindern und der
Pornografie liegen zwei Vorfälle von Ende August 2009 respektive von Januar
2010 zugrunde. Die Staatsanwaltschaft beantragt eine Freiheitsstrafe von sechs
Jahren.
Am 27. März 2012 stellte X.________ ein Haftentlassungsgesuch. Das
Zwangsmassnahmengericht des Kantons Aargau wies das Gesuch im Anschluss an die
Verhandlung vom 5. April 2012 ab. Diesen Entscheid focht X.________ mit
Beschwerde vom 23. April 2012 beim Obergericht des Kantons Aargau an. Mit
Entscheid vom 2. Mai wies dieses die Beschwerde ab (Dispositiv-Ziffer 1).
Zugleich stellte es fest, X.________ befinde sich nicht mehr im vorzeitigen
Strafvollzug, sondern in Sicherheitshaft. Die Sicherheitshaft ordnete es
einstweilen bis zum 27. Juni 2012 an (Dispositiv-Ziffer 2).

B.
Gegen diesen Entscheid führt X.________ mit Eingabe vom 6. Juni 2012 Beschwerde
in Strafsachen ans Bundesgericht mit den Anträgen, den angefochtenen Entscheid
aufzuheben und ihn unter Anordnung von Ersatzmassnahmen unverzüglich aus der
Haft zu entlassen; es sei eine Schriftensperre zu erlassen, und er sei zu
verpflichten, sich gemäss Weisung des Psychiatrischen Diensts des Kantons
Aargau einer regelmässigen ambulanten Psychotherapie zu unterziehen.
Die Staatsanwaltschaft verzichtet auf eine Stellungnahme. Das Obergericht hat
sich nicht vernehmen lassen.

Erwägungen:

1.
Der angefochtene Beschluss der Vorinstanz betrifft die Fortsetzung des
vorzeitigen Strafvollzugs respektive der Sicherheitshaft. Angefochten ist somit
ein letztinstanzlicher kantonaler Entscheid in einer Strafsache, gegen den
gemäss Art. 78 ff. BGG grundsätzlich die Beschwerde in Strafsachen offen steht.
Nach Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG ist die Beschwerde gegen den selbstständig
eröffneten Zwischenentscheid zulässig, da die Fortsetzung der Haft einen nicht
wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann (vgl. Urteil 1B_277/2011 vom 28.
Juni 2011 E. 1.1). Der Beschwerdeführer ist gemäss Art. 81 Abs. 1 BGG
beschwerdebefugt. Das Bundesgericht kann nach Art. 107 Abs. 2 BGG bei
Gutheissung der Beschwerde in der Sache selbst entscheiden. Der Antrag auf
Haftentlassung ist somit zulässig. Auf die Beschwerde ist einzutreten.

2.
Eine sich im vorzeitigen Strafvollzug befindende beschuldigte Person ist
berechtigt, jederzeit ein Begehren um Entlassung aus der Haft bzw. dem
vorzeitigen Strafvollzug zu stellen. Da dieser Vollzug seine Grundlage nicht in
einem rechtskräftigen gerichtlichen Urteil hat, kann er gegen den Willen der
betroffenen Person nur so lange gerechtfertigt sein, als die Voraussetzungen
für die Fortsetzung der Untersuchungs- oder Sicherheitshaft gegeben sind
(Urteil 1B_538/2011 vom 17. Oktober 2011 E. 2).
Nach Art. 221 Abs. 1 StPO sind Untersuchungs- und Sicherheitshaft zulässig,
wenn die beschuldigte Person eines Verbrechens oder Vergehens dringend
verdächtig ist und ernsthaft zu befürchten ist, dass sie sich durch Flucht dem
Strafverfahren oder der zu erwartenden Sanktion entzieht (lit. a), Personen
beeinflusst oder auf Beweismittel einwirkt, um so die Wahrheitsfindung zu
beeinträchtigen (lit. b), oder durch schwere Verbrechen oder Vergehen die
Sicherheit anderer erheblich gefährdet, nachdem sie bereits früher gleichartige
Straftaten verübt hat (lit. c). Haft ist auch zulässig, wenn ernsthaft zu
befürchten ist, eine Person werde ihre Drohung, ein schweres Verbrechen
auszuführen, wahrmachen (Art. 221 Abs. 2 StPO).
Die Auslegung und die Anwendung der im Bundesrecht geregelten Voraussetzungen
für die mit strafprozessualen Zwangsmassnahmen einhergehenden
Grundrechtsbeschränkungen prüft das Bundesgericht mit freier Kognition (Art. 95
lit. a BGG; Urteile 1B_579/2011 vom 1. November 2011 E. 2 und 1B_126/2011 vom
6. April 2011 E. 2, nicht publ. in: BGE 137 IV 84; je mit Hinweisen). Soweit
jedoch reine Sachverhaltsfragen und damit Fragen der Beweiswürdigung zu
beurteilen sind, greift das Bundesgericht nur ein, wenn die tatsächlichen
Feststellungen der Vorinstanz offensichtlich unrichtig sind oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen (Art. 97 Abs. 1 i.V.m. Art.
105 Abs. 2 BGG).

3.
Der Beschwerdeführer bestreitet den dringenden Tatverdacht, soweit die Vorwürfe
betreffend sexuelle Handlungen mit Kindern und Pornografie, nicht. Er ist
geständig, sexuelle Handlungen mit einer minderjährigen Person begangen und
pornografisches Material hergestellt und besessen zu haben. Ob auch
hinsichtlich des Tatbestands der Schändung von einem dringenden Tatverdacht
auszugehen ist, was vom Beschwerdeführer bestritten wird und im angefochtenen
Entscheid nicht thematisiert worden ist, kann offen bleiben, da die Beschwerde
ohnehin abzuweisen ist.

4.
Der Beschwerdeführer rügt, die Vorinstanz habe den besonderen Haftgrund der
Wiederholungsgefahr zu Unrecht bejaht.

4.1 Wiederholungsgefahr liegt vor, wenn ernsthaft zu befürchten ist, dass die
beschuldigte Person durch schwere Verbrechen oder Vergehen die Sicherheit
anderer erheblich gefährdet, nachdem sie bereits früher gleichartige Straftaten
verübt hat (Art. 221 Abs. 1 lit. c StPO). Nach der Praxis des Bundesgerichts
kann die Anordnung bzw. Fortsetzung von strafprozessualer Haft wegen
Wiederholungsgefahr dem Verfahrensziel der Beschleunigung dienen, indem
verhindert wird, dass sich der Strafprozess durch immer neue Delikte
kompliziert und in die Länge zieht. Auch die Wahrung des Interesses an der
Verhütung weiterer schwerwiegender Delikte ist nicht verfassungs- und
grundrechtswidrig. Vielmehr anerkennt Art. 5 Ziff. 1 lit. c EMRK ausdrücklich
die Notwendigkeit, Beschuldigte an der Begehung strafbarer Handlungen zu
hindern, somit Spezialprävention, als Haftgrund (BGE 137 IV 84 E. 3.2 S. 85 mit
Hinweisen). Bei der Annahme, dass eine beschuldigte Person weitere schwere
Delikte begehen könnte, ist allerdings Zurückhaltung geboten. Da Präventivhaft
einen schwerwiegenden Eingriff in das Recht der persönlichen Freiheit
darstellt, muss sie auf einer hinreichenden gesetzlichen Grundlage beruhen, im
öffentlichen Interesse liegen und verhältnismässig sein. Die Aufrechterhaltung
von strafprozessualer Haft wegen Wiederholungsgefahr ist nach der
bundesgerichtlichen Praxis zulässig, wenn einerseits die Rückfallprognose sehr
ungünstig und anderseits die zu befürchtenden Delikte von schwerer Natur sind.
Die rein hypothetische Möglichkeit der Verübung weiterer Delikte sowie die
Wahrscheinlichkeit, dass nur geringfügige Straftaten verübt werden, reichen
dagegen nicht aus, um Präventivhaft zu begründen. Schliesslich gilt auch bei
der Präventivhaft - wie bei den übrigen Haftarten - dass sie nur als "ultima
ratio" angeordnet oder aufrecht erhalten werden darf (BGE 135 I 71 E. 2.3 S.
73).

4.2 Die Vorinstanz bejaht den besonderen Haftgrund der Wiederholungsgefahr
insbesondere unter Verweis auf die Schlussfolgerungen im
forensisch-psychiatrischen Gutachten der Psychiatrischen Dienste Aargau AG und
der Psychiatrischen Klinik Königsfelden vom 19. Januar 2012. Die Vorinstanz
betont, gemäss Gutachten sei beim Beschwerdeführer sowohl von einer hohen
Wahrscheinlichkeit erneuter sexueller Handlungen mit Kindern als auch von einer
hohen Wahrscheinlichkeit des Konsums und der Herstellung illegaler Pornografie
auszugehen. Aufgrund der hohen Wahrscheinlichkeit eines Rückfalls liege beim
Beschwerdeführer eine sehr ungünstige Rückfallprognose vor.

4.3 Der Beschwerdeführer macht geltend, das forensisch-psychiatrische Gutachten
vom 19. Januar 2012 basiere auf einer fehlerhaften Auswertung der
testpsychologischen Fragebögen (SVR 20 und SORAG) mit der Folge, dass
fälschlicherweise von einer hohen Wahrscheinlichkeit eines Rückfalls
ausgegangen worden sei. Zudem präsentiere sich seine persönliche Situation
nicht so, wie von den Gutachtern unterstellt. Für den Fall der Haftentlassung
stünden ihm eine Arbeitsstelle und eine Wohnung offen. Von nachteiligen
Lebensumständen, welche zu einer erhöhten Rückfallgefahr führten, könne mithin
nicht gesprochen werden. Selbst wenn aber auf die Einschätzung im Gutachten,
wonach eine "hohe Wahrscheinlichkeit" eines Rückfalls bestehe, abgestellt
werde, so könne daraus nicht auf eine "sehr ungünstige Rückfallprognose" im
Sinne der bundesgerichtlichen Rechtsprechung, sondern (bloss) auf eine
"ungünstige Rückfallgefahr" geschlossen werden, was zur Bejahung des besonderen
Haftgrunds der Wiederholungsgefahr gerade nicht ausreiche. Dieser Haftgrund sei
aber auch deshalb zu verneinen, weil die gesetzliche Voraussetzung, dass durch
die Begehung von Verbrechen oder schweren Vergehen die Sicherheit anderer
erheblich gefährdet wird, nicht erfüllt sei. Beim Tatbestand der Pornografie
sei diese Gefährdung ohnehin zu verneinen, und die sexuellen Handlungen mit
einer minderjährigen Person seien einvernehmlich erfolgt, habe er doch weder
Gewalt angewendet noch gedroht. Die ihm vorgeworfenen Delikte erfüllten deshalb
die vorausgesetzte Schwere zur Rechtfertigung von Präventivhaft nicht.

4.4 Gemäss dem forensisch-psychiatrischen Gutachten vom 19. Januar 2012 ist
beim Beschwerdeführer von einer heterosexuell ausgerichteten Pädophilie (ICD-10
F65.4) und einem Voyeurismus (ICD-10 F65.3) auszugehen (Gutachten, S. 55).
Dabei handelt es sich um zeitlich überdauernde und schwerwiegende Störungen im
Sinne einer abweichenden sexuellen Präferenz (Gutachten, S. 73). Die
Rückfallgefahr wird bejaht und präzisierend ausgeführt, es sei "mit einer hohen
Wahrscheinlichkeit mit erneuten sexuellen Handlungen an Kindern oder Frauen und
mit dem Konsum und der Herstellung illegaler Pornographie zu rechnen"
(Gutachten, S. 74). Weiter halten die Gutachter fest (Gutachten, S. 74): "Die
Gefahr, neuerliche Straftaten zu begehen, besteht sowohl auf Grund der
festgestellten psychischen Störungen im Sinne einer Pädophilie und eines
Voyeurismus, als auch auf Grund der Lebensumstände wegen Arbeitslosigkeit und
finanziellen Schwierigkeiten (Schulden)."
Der Beschwerdeführer kritisiert diese Schlussfolgerungen. Die Würdigung des
(umfangreichen) Gutachtens ist indessen in erster Linie Aufgabe des
erstinstanzlichen Gerichts, dessen Entscheid im Haftprüfungsverfahren nicht
vorzugreifen ist (vgl. Urteil 1B_423/2011 vom 14. September 2011 E. 5.2). Auf
die in der Beschwerde vorgebrachte Kritik an den testpsychologischen
Untersuchungsverfahren (SVR 20 und SORAG) ist daher nicht einzugehen. Gleiches
gilt, soweit der Beschwerdeführer die Resultate des Gutachtens mit dem Einwand
in Frage zu stellen versucht, der ihn seit Monaten behandelnde
Gefängnispsychologe sei bloss von einer "im leichten bis mittleren Ausmass
erhöhten Gefährdung zu weiteren gleichartigen Straftaten" ausgegangen. Die
Vorinstanz ist vorliegend nicht in Willkür verfallen, indem sie bei der
Beurteilung der Wiederholungsgefahr massgeblich auf die Einschätzungen im
Gutachten abgestellt hat. Demgemäss wird die Gefahr neuerlichen gewalttätigen
Handelns als hoch eingestuft. Dass die Gutachter dabei von "hoch" sprechen und
nicht, wie es der juristischen Auslegung von Art. 221 Abs. 1 lit. c StPO
entspricht, von einer "sehr ungünstigen Rückfallprognose", ist nicht massgebend
(vgl. Urteil 1B_579/2011 vom 1. November 2011 E. 3.3.4). An der sehr
ungünstigen Prognose ändert auch das Vorbringen des Beschwerdeführers nichts,
im Fall einer Haftentlassung könne er eine eigene Wohnung beziehen und eine
Arbeitsstelle antreten (vgl. insoweit auch Urteil 1B_538/2011 vom 17. Oktober
2011 E. 3.3). Im forensisch-psychiatrischen Gutachten vom 19. Januar 2012
werden zwar auch (angeblich) nachteilige Lebensumstände (Arbeitslosigkeit und
Schulden) angeführt. Wie die Vorinstanz jedoch willkürfrei gefolgert hat,
ergibt sich die sehr ungünstige Rückfallprognose des Beschwerdeführers bereits
aufgrund der festgestellten psychischen Störungen im Sinne einer Pädophilie und
eines Voyeurismus.
Auch soweit der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang geltend macht, die ihm
vorgeworfenen Taten seien - anders als Gewaltdelikte - nicht schwer genug, um
eine Wiederholungsgefahr zu begründen, ist die Beschwerde abzuweisen. Nach dem
Wortlaut von Art. 221 Abs. 1 lit. c StPO können sämtliche schweren Vergehen,
welche die Sicherheit anderer erheblich gefährden, eine Wiederholungsgefahr
begründen. Weder der Botschaft (Botschaft des Bundesrats zur Vereinheitlichung
des Strafprozessrechts vom 21. Dezember 2006, BBl 2006 1085 ff., insb. 1229)
noch den parlamentarischen Beratungen (vgl. insbesondere Amtliche Bulletins
Ständerat 2006 1027 und Nationalrat 2007 966) lassen sich Hinweise entnehmen,
dass eine Einschränkung der zu befürchtenden Straftaten auf Delikte gegen Leib
und Leben beabsichtigt worden ist (Urteil 1B_126/2011 vom 6. April 2011 E. 3.7,
nicht publiziert in BGE 137 IV 84; vgl. auch Urteil 1B_538/2011 vom 17. Oktober
2011 E. 3.4). Beim Tatbestand der sexuellen Handlungen mit Kindern handelt es
sich um ein Verbrechen (Art. 187 Ziff. 1 i.V.m. Art. 10 Abs. 2 StGB), welches
zweifelsohne die Sicherheit anderer - nämlich jene von Kindern unter 16 Jahren
- erheblich gefährdet (vgl. insoweit Urteil 1B_397/2011 vom 29. August 2011 E.
6.3.1).
Klarstellend ist ferner darauf hinzuweisen, dass die Vorinstanz entgegen der
Behauptung des Beschwerdeführers die Sicherheitshaft nicht auf "unbestimmte
Zeit", sondern zeitlich befristet bis zum 27. Juni 2012 angeordnet hat.
Zusammenfassend ist damit festzuhalten, dass - in Übereinstimmung mit der
Einschätzung der Vorinstanz - die Rückfallprognose sehr ungünstig ausfällt.
Zudem sind die im Fall einer Haftentlassung zu befürchtenden Delikte schwerer
Natur und gefährden die Sicherheit anderer erheblich. Der besondere Haftgrund
der Wiederholungsgefahr im Sinne von Art. 221 Abs. 1 lit. c StPO ist gegeben.

5.
5.1 Der Beschwerdeführer rügt, die Haft sei unverhältnismässig, denn diese
liesse sich durch mildere Massnahmen ersetzen. Als Ersatzmassnahme sei er zu
verpflichten, sich gemäss Weisung des Psychiatrischen Diensts des Kantons
Aargau einer regelmässigen ambulanten Psychotherapie zu unterziehen.

5.2 Demgegenüber ist nach Auffassung der Vorinstanz eine ambulante
Psychotherapie nicht geeignet, der Gefahr der Begehung weiterer schwerer
Straftaten wirksam zu begegnen. Die Entlassung aus der Sicherheitshaft käme
nach der Einschätzung der Vorinstanz einem nicht verantwortbaren Risiko
zulasten möglicher Opfer gleich.

5.3 Gemäss Art. 237 Abs. 1 StPO ordnet das zuständige Gericht an Stelle der
Untersuchungs- oder Sicherheitshaft eine oder mehrere mildere Massnahmen an,
wenn sie den gleichen Zweck wie die Haft erfüllen. Abs. 2 derselben Bestimmung
enthält eine nicht abschliessende Aufzählung möglicher Ersatzmassnahmen wie
insbesondere die Auflage, sich einer ärztlichen Behandlung oder einer Kontrolle
zu unterziehen (lit. f). Ersatzmassnahmen fallen in Betracht, wenn die
Wiederholungsgefahr zwar gegeben ist, das Risiko eines Rückfalls sich aber
durch ein milderes Mittel als die Haft massgeblich beschränken lässt (vgl. etwa
BGE 137 IV 122).

5.4 Die Vorinstanz hat in ihren Erwägungen verschiedentlich auf das
forensisch-psychiatrische Gutachten Bezug genommen und - wenn auch eher knapp -
explizit begründet, weshalb sie Ersatzmassnahmen als unzureichend einstuft.
Eine Verletzung der Begründungspflicht als Ausfluss des Anspruchs des
Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör liegt entgegen den Ausführungen in der
Beschwerde nicht vor.

5.5 Nach dem forensisch-psychiatrischen Gutachten vom 19. Januar 2012 gibt es
für die festgestellten Störungen im Sinne einer Pädophilie und eines
Voyeurismus keine spezifische Behandlung. Das Rückfallrisiko lasse sich
gegebenenfalls - nicht in jedem Fall - mit einer verhaltenstherapeutischen,
deliktsorientierten Behandlung senken. Diese beinhalte eine über Jahre
fortgeführte, engmaschige ambulante Psychotherapie und gegebenenfalls eine
symptomatische pharmakotherapeutische Unterstützung. Um beim Beschwerdeführer
eine Verbesserung der ungünstigen Legalprognose zu erreichen, sei eine
therapeutische Massnahme angezeigt und die Behandlungsbedürftigkeit in diesem
Sinn eindeutig gegeben. Zur Zeit sei eine ambulante Massnahme i.S.v. Art. 63
StGB zweckmässig. Sollte sich diese im weiteren Verlauf als unzureichend
erweisen, sollte die Notwendigkeit einer stationären Massnahme i.S.v. Art. 59
StGB erwogen werden. Geeignete Institutionen seien vorhanden. Die ambulante
Behandlung könne auch im Rahmen des Strafvollzugs durchgeführt werden
(Gutachten, S. 75).
Dass eine ambulante Psychotherapie (im Sinne von Art. 237 Abs. 2 lit. f StPO)
unter Umständen erfolgreich sein könnte, lässt sich damit zwar nicht von
vornherein ausschliessen. Um das Rückfallrisiko gegebenenfalls senken zu
können, ist nach Auffassung der Gutachter aber eine über Jahre fortgeführte,
engmaschige ambulante Therapie erforderlich. Die vom Beschwerdeführer
beantragte Ersatzmassnahme erscheint damit kurzfristig nicht geeignet, eine
Verbesserung der sehr ungünstigen Legalprognose zu erreichen respektive die
bestehende Wiederholungsgefahr massgeblich zu beschränken.

6.
Die Beschwerde ist abzuweisen. Der Beschwerdeführer ersucht um unentgeltliche
Prozessführung und Rechtsverbeiständung. Da die gesetzlichen Voraussetzungen
erfüllt sind, kann dem Gesuch entsprochen werden (Art. 64 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird gutgeheissen:

2.1 Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

2.2 Rechtsanwalt Roger Seiler wird zum unentgeltlichen Rechtsbeistand ernannt
und für das bundesgerichtliche Verfahren aus der Bundesgerichtskasse mit Fr.
1'500.-- entschädigt.

3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft Muri-Bremgarten
und dem Obergericht des Kantons Aargau, Beschwerdekammer in Strafsachen,
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 25. Juni 2012
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Fonjallaz

Der Gerichtsschreiber: Stohner