Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 1B.304/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
1B_304/2012

Urteil vom 1. November 2012
I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Aemisegger, Karlen,
Gerichtsschreiber Forster.

Verfahrensbeteiligte
X.________, Beschwerdeführerin, vertreten durch Advokat Dr. Christian von
Wartburg,

gegen

Y.________, Beschwerdegegner, vertreten durch Advokatin Dr. Judith Natterer
Gartmann,

Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt, Binningerstrasse 21, Postfach, 4001
Basel.

Gegenstand
Strafverfahren; Nichteintretensentscheid,

Beschwerde gegen den Entscheid vom 12. März 2012 des Appellationsgerichts des
Kantons Basel-Stadt, Appellationsgerichtspräsidentin.

Erwägungen:

1.
Das Bundesgericht entscheidet in Dreierbesetzung bei Einstimmigkeit über die
Abweisung offensichtlich unbegründeter Beschwerden (Art. 109 Abs. 2 lit. a
BGG). Der Entscheid wird summarisch begründet. Es kann ganz oder teilweise auf
den angefochtenen Entscheid verwiesen werden (Art. 109 Abs. 3 BGG).

2.
Mit Beschluss vom 20. August 2009 trat die Staatsanwaltschaft des Kantons
Basel-Stadt auf eine Strafanzeige vom 21. November 2008 des Ehemannes der
Beschwerdeführerin gegen den privaten Beschwerdegegner nicht ein. Eine vom
Anzeigesteller dagegen erhobene Einsprache wies der Erste Staatsanwalt des
Kantons Basel-Stadt am 31. August 2009 ab. Den vom Anzeigesteller am 4.
September 2009 dagegen erhobenen Rekurs hiess das Strafgericht Basel-Stadt,
ausserordentliche Rekurskammer, am 15. März 2011 zwar teilweise gut. Es stellte
das Strafverfahren jedoch (gestützt auf eine vom Einspracheentscheid
abweichende Begründung) ein und bestätigte insofern die erstinstanzliche
Verfügung. Auf die von der Beschwerdeführerin gegen den Rekursentscheid
erhobene Beschwerde trat das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt,
Appellationsgerichtspräsidentin, mit Entscheid vom 12. März 2012 nicht ein.
Gegen diesen Nichteintretensentscheid richtet sich die am 21. Mai 2012 beim
Bundesgericht erhobene Beschwerde.

Der private Beschwerdegegner und die Vorinstanz beantragen je die Abweisung der
Beschwerde, soweit darauf einzutreten ist. Die Staatsanwaltschaft hat sich
nicht vernehmen lassen. Die Beschwerdeführerin replizierte am 13. Juli 2012.

3.
Ist ein Entscheid vor Inkrafttreten der StPO (1. Januar 2011) gefällt worden,
so werden Rechtsmittel dagegen nach bisherigem Recht und von den bisher
zuständigen Behörden beurteilt (Art. 453 Abs. 1 StPO). Die hier streitige
Verfügung (betreffend Nichteintreten auf eine Strafanzeige) datiert vom 20.
August 2009, der diesbezügliche Einspracheentscheid vom 31. August 2009,
weshalb die dagegen erhobenen Rechtsmittel altrechtlich, nach den Bestimmungen
der baselstädtischen Strafprozessordnung, zu beurteilen sind.

Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin kommt es für die Frage, ob ein
Entscheid vor dem 1. Januar 2011 gefällt wurde, auf das Datum des
erstinstanzlichen Entscheides an, nicht auf dasjenige des Rekursentscheides (
BGE 137 IV 145 E. 1.1 S. 147; 219 E. 1.1 S. 221; 352 E. 1.2 S. 355; je mit
Hinweisen). Dass für die intertemporalrechtliche Anwendung des BGG spezifische
Regeln gelten, vermag daran nichts zu ändern und beruht auf der dort
massgeblichen Vorschrift von Art. 132 Abs. 1 BGG (vgl. BGE 137 IV 219 E. 2.1 S.
222 mit Hinweisen). Ebenso wenig ist der Ansicht der Beschwerdeführerin zu
folgen, beim Rekursentscheid vom 15. März 2011 handle es sich um einen
"eigenständigen erstinstanzlichen" Entscheid, da der Rekurs teilweise
gutgeheissen (bzw. die erstinstanzliche Verfügung der Staatsanwaltschaft mit
einer abweichenden Begründung bestätigt) worden sei.

4.
Zu prüfen ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzt hat, indem sie auf die
Beschwerde gegen den Rekursentscheid nicht eingetreten ist. Die Vorinstanz legt
dar, dass altrechtlich kein weiteres kantonales Rechtsmittel gegen den
Rekursentscheid zulässig ist. Insbesondere geht es hier nicht um ein
erstinstanzliches Gerichtsurteil (im Sinne von § 186 lit. b StPO/BS). Die
neurechtlichen Bestimmungen von Art. 393 ff. StPO (betreffend Beschwerde an die
kantonale Beschwerdeinstanz) sind nicht anwendbar. Die einschlägigen
Übergangsbestimmungen der StPO sehen keinen "kumulativen" Beschwerdeweg über
die altrechtlichen und die neurechtlich zuständigen Rekursinstanzen vor (vgl.
Art. 453 Abs. 1 StPO). Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin folgt weder
aus Art. 448 Abs. 1 StPO noch aus Art. 454 Abs. 2 StPO etwas Gegenteiliges.
Art. 448 Abs. 1 StPO behält ausdrücklich die spezifischen
intertemporalrechtlichen Bestimmungen für hängige Rechtsmittelverfahren als
"leges speciales" vor. Auch aus Art. 80 Abs. 2 BGG lässt sich im vorliegenden
Zusammenhang nichts anderes ableiten, zumal für die kantonale
Behördenorganisation ebenfalls das alte Recht übergangsrechtlich weiterdauert
(Art. 453 Abs. 1 StPO).

Weitere kantonalrechtliche Eintretensfragen, die nicht Gegenstand des
angefochtenen Entscheides bilden (etwa zur Beschwerdelegitimation der
Beschwerdeführerin) sind nicht zu prüfen. Das materiellrechtliche Vorbringen
der Beschwerdeführerin, die Rekurskammer des Strafgerichts sei bei ihrem (den
rekurrierenden Ehemann der Beschwerdeführerin betreffenden) Entscheid vom 15.
März 2011 nicht gesetzeskonform besetzt gewesen, bildet nicht Gegenstand des
angefochtenen Nichteintretensentscheides des Appellationsgerichts. Im Übrigen
legt die Beschwerdeführerin selber dar, dass sie sich am altrechtlichen
Strafuntersuchungsverfahren bzw. am Rekursverfahren gegen das Nichteintreten
auf die Strafanzeige gar nicht beteiligt hatte.

5.
Der angefochtene Nichteintretensentscheid erweist sich als bundesrechtskonform.
Die dagegen erhobene Beschwerde ist als offensichtlich unbegründet abzuweisen.

Die Gerichtskosten sind der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1
BGG). Der anwaltlich vertretene private Beschwerdegegner hat sich mit einer
Vernehmlassung am Verfahren vor Bundesgericht beteiligt. Es ist ihm dafür eine
angemessene Parteientschädigung zuzusprechen (Art. 68 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Die Beschwerdeführerin hat dem privaten Beschwerdegegner eine
Parteientschädigung von Fr. 1'500.-- (pauschal, inkl. MWST) zu entrichten.

4.
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten sowie der Staatsanwaltschaft und
dem Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt,
Appellationsgerichtspräsidentin, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 1. November 2012
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Fonjallaz

Der Gerichtsschreiber: Forster