Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 1B.182/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
1B_182/2012

Urteil vom 15. August 2012
I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Karlen, Chaix,
Gerichtsschreiber Forster.

Verfahrensbeteiligte
X.________, Beschwerdeführer,

gegen

Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn, Barfüssergasse 28, Postfach 157, 4502
Solothurn.

Gegenstand
Strafverfahren; unentgeltliche Rechtspflege,

Beschwerde gegen die Verfügung vom 23. Februar 2012 des Obergerichts des
Kantons Solothurn,
Präsidentin der Beschwerdekammer.

Sachverhalt:

A.
Am 18. Januar 2012 verfügte die Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn die
Nichtanhandnahme einer Strafanzeige, welche X.________ am 8. Dezember 2011
gegen Verantwortliche der kantonalen Verwaltung (Steueramt und Ausgleichkasse
des Kantons Solothurn) eingereicht hatte. Gegen die Nichtanhandnahme erhob der
Strafanzeiger am 5. Februar 2012 Beschwerde an das Obergericht des Kantons
Solothurn. Mit prozessleitender Verfügung vom 23. Februar 2012 wies das
Obergericht des Kantons Solothurn, Präsidentin der Beschwerdekammer, ein Gesuch
des Strafanzeigers um unentgeltliche Rechtspflege ab. Gleichzeitig setzte es
ihm eine Frist an zur Leistung einer Sicherheitsleistung von Fr. 500.--, mit
der Androhung, dass nach unbenutzem Ablauf der Zahlungsfrist auf die Beschwerde
nicht eingetreten werde.

B.
Gegen die Verfügung des Obergerichts vom 23. Februar 2012 gelangte X.________
mit undatierter Beschwerde (Postaufgabe am 26. März 2012) an das Bundesgericht.
Er beantragt die Aufhebung des angefochtenen Entscheides.

Die Staatsanwaltschaft und das Obergericht verzichteten am 11. April bzw. 1.
Mai 2012 je ausdrücklich auf Vernehmlassungen.

Erwägungen:

1.
Soweit sich die Rechtsbegehren und Vorbringen in der Beschwerdeschrift nicht
auf den Gegenstand der angefochtenen prozessleitenden Verfügung betreffend
unentgeltliche Rechtspflege beziehen, ist darauf nicht einzutreten (vgl. Art.
80 Abs. 1 BGG). Die übrigen Sachurteilsvoraussetzung von Art. 78 ff. BGG sind
grundsätzlich erfüllt.

2.
Gemäss Art. 136 Abs. 1 StPO gewährt die Verfahrensleitung der
Privatklägerschaft für die Durchsetzung ihrer Zivilansprüche ganz oder
teilweise die unentgeltliche Rechtspflege, wenn die Privatklägerschaft nicht
über die erforderlichen Mittel verfügt (lit. a) und die Zivilklage nicht
aussichtslos erscheint (lit. b). Auch Art. 29 Abs. 3 BV knüpft den betreffenden
grundrechtlichen Anspruch an analoge Voraussetzungen. Die unentgeltliche
Rechtspflege umfasst insbesondere die Befreiung von Vorschuss- und
Sicherheitsleistungen (Art. 136 Abs. 2 StPO). Wird im StPO-Beschwerdeverfahren
eine der Privatklägerschaft auferlegte Sicherheitsleistung für allfällige
Kosten und Entschädigungen nicht fristgemäss geleistet, tritt die
Beschwerdeinstanz auf das Rechtsmittel nicht ein (Art. 383 StPO).

2.1 Im vorliegenden Fall hat die Vorinstanz das Gesuch des Beschwerdeführers um
unentgeltliche Rechtspflege (bzw. Prozessführung) abgewiesen und ihm Frist
angesetzt zur Leistung einer Sicherheit, mit der Androhung, dass nach
unbenutztem Ablauf der Zahlungsfrist auf die hängige StPO-Beschwerde nicht
eingetreten werde. Zur Begründung verweist die Vorinstanz auf die
Aussichtslosigkeit der Zivilklage. Aus den Vorbringen des Beschwerdeführers
gehe nicht hervor, welcher Schaden ihm von wem und aus welchem Grund zugefügt
worden wäre.

2.2 Was der Beschwerdeführer einwendet, lässt die Verweigerung der
unentgeltlichen Prozessführung nicht als bundesrechtswidrig erscheinen. Die von
ihm geltend gemachten Zivilansprüche sind in keiner Weise substanziiert. Seine
Strafanzeige vom 8. Dezember 2011 richtet sich gegen Mitarbeiter des Steueramts
und der Ausgleichkasse des Kantons Solothurn. Dabei handelt es sich um
Personen, die in einem öffentlich-rechtlichen Anstellungsverhältnis zum Kanton
stehen. Das solothurnische Verantwortlichkeitsgesetz (VG/SO; BGS 124.21) ist
anwendbar auf alle Beamten, Angestellten und übrigen Arbeitskräfte bzw.
Funktionäre, denen ein öffentliches kantonales Amt übertragen ist (§ 1 Abs. 1-2
VG/SO). Der Staat haftet für den Schaden, den ein Beamter oder ein anderer
öffentlicher Funktionsträger in Ausübung seiner amtlichen Tätigkeit Dritten
widerrechtlich (mit oder ohne Verschulden) zufügt (§ 2 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 2
VG/SO). Der Geschädigte kann Beamte oder andere staatliche Funktionäre nicht
unmittelbar belangen (§ 2 Abs. 2 i.V.m. § 1 Abs. 2 VG/SO). Der Beschwerdeführer
macht nicht geltend und es ist auch aus den Akten nicht ersichtlich, dass der
Kanton im vorliegenden Fall als Subjekt des Zivilrechts aufgetreten wäre (vgl.
§ 4 VG/SO). Mithin könnte der Beschwerdeführer allenfalls Ansprüche
öffentlich-rechtlicher Natur aus Staatshaftung verfolgen, nicht jedoch
Zivilansprüche gegen die beanzeigten Beamten und Funktionäre oder gegen den
Kanton.

2.3 Die Annahme der Aussichtslosigkeit der Zivilklage (im Sinne von Art. 136
Abs. 1 StPO) durch die Vorinstanz erweist sich nach dem Gesagten als
bundesrechtskonform. Offensichtlich unrichtige Sachverhaltsfeststellungen
werden im entscheiderheblichen Zusammenhang nicht dargetan.

3.
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann.

Im vorliegenden Fall kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ausnahmsweise
verzichtet werden (Art. 66 Abs. 1 Satz 2 BGG). Eine Parteientschädigung ist
nicht zuzusprechen (Art. 68 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit auf sie einzutreten ist.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer sowie der Staatsanwaltschaft und dem
Obergericht des Kantons Solothurn, Präsidentin der Beschwerdekammer,
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 15. August 2012
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Fonjallaz

Der Gerichtsschreiber: Forster