Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 953/2009
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
9C_953/2009

Urteil vom 23. Februar 2010
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Kernen, Seiler,
Gerichtsschreiber Schmutz.

Parteien
D.________,
Beschwerdeführer,

gegen

Pensionskasse Stadt X.________,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Berufliche Vorsorge,

Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Zürich vom 15. Oktober 2009.

Sachverhalt:

A.
D.________, geboren 1946, war als Angestellter der Stadt X.________ bei der
Pensionskasse der Stadt X.________ vorsorgeversichert. Mit Vollendung des 62.
Altersjahres liess er sich auf den 31. März 2008 vorzeitig pensionieren. Am 12.
März 2008 teilte ihm die Pensionskasse mit Leistungsausweis per 1. April 2008
die Höhe der Altersrente (monatlich Fr. 9'318.45) und des
Überbrückungszuschusses (monatlich Fr. 2'210.-) mit. Mit Eingabe vom 26. März
2008 verlangte D.________, die Pensionskasse habe das Altersguthaben nicht nur
bis zum Zeitpunkt der Pensionierung Ende März 2008, sondern bis Jahresende zu
einem Satz von 9,5 % zu verzinsen, weil im Zins für das betreffende Jahr der
Einkauf der generellen Lohnerhöhung des Jahres 2007 und die vom Stiftungsrat am
6. Dezember 2007 beschlossene zusätzliche Erhöhung des Altersguthabens
enthalten seien. Wenn dieser Zins nur pro rata temporis bis zum Austritt
gewährt werde, seien er und alle während des Jahres 2008 Austretenden gegenüber
den aktiven Versicherten benachteiligt. Unter Verweis auf die reglementarischen
Grundlagen lehnte die Pensionskasse mit Einspracheentscheid vom 17. April 2008
eine Korrektur des Leistungsausweises ab.

B.
Mit Entscheid vom 15. Oktober 2009 wies das Sozialversicherungsgericht des
Kantons Zürich die von D.________ am 25. April 2008 gegen die Pensionskasse
eingereichte Klage ab.

C.
D.________ erhebt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten. Er
beantragt Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides. Die Pensionskasse sei
anzuweisen,
- die zusätzliche Erhöhung der Altersguthaben von 2,0 % zum vollen Jahreswert
zu gewähren;
- den Einkauf der generellen Lohnentwicklung in die Versicherung von 2,0 %
ebenfalls zum vollen Jahreswert zu ermöglichen;
- als Berechnungsbasis das Altersguthaben bei der Pensionierung, abzüglich der
Mitfinanzierung des Überbrückungszuschusses durch den Arbeitnehmer und
zuzüglich des Einkaufs vorzusehen;
- die Berichtigung gemäss Art. 7 Abs. 1 des Pensionskassenregle- ments
vorzunehmen.

Die Pensionskasse beantragt Abweisung der Beschwerde; Vorinstanz und Bundesamt
für Sozialversicherungen verzichten auf Vernehmlassung.

Erwägungen:

1.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. In der
Beschwerdebegründung ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der
angefochtene Akt Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG). Das Bundesgericht legt
seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat
(Art. 105 Abs. 1 BGG). Die Feststellung des Sachverhaltes durch die Vorinstanz
kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des
Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1
BGG).

2.
2.1 Das Vorsorgereglement der Pensionskasse der Stadt X.________ (Ausgabe 2008;
nachfolgend: VRX) regelt in Art. 15 das Folgende zu den Altersguthaben und
Altersgutschriften:

"Art. 15
1Das Altersguthaben einer versicherten Person wird geäufnet durch
Freizügigkeitseinlagen, Einkäufe, Altersgutschriften sowie Zinsen. Es ist für
die Berechnung der Leistungsansprüche massgebend.

2Die Altersgutschriften sind in Tabelle 1 des Anhangs abgedruckt.

3Freizügigkeitseinlagen und Einkäufe werden ab Zahlungseingang verzinst,
Altersgutschriften ab Ende des betreffenden Kalenderjahres. Im Austritts- und
Pensionierungsfall sowie bei Auszahlungen wird pro rata temporis verzinst. Im
Pensionierungsfall wird jedoch das Altersguthaben (Stand Ende Vorjahr)
mindestens um die im Januar gewährte prozentuale Rentenerhöhung aufgewertet.

4Der Verzinsungssatz wird jährlich festgelegt. Er entspricht wenigstens dem
Mindestzinssatz gemäss BVG. (...)."

2.2 Die Beschwerdegegnerin hatte den Zinssatz für das Jahr 2008 auf 9,5 %
festgelegt, wobei sich dieser wie folgt zusammensetzte: 3 % Minimalzins, 2,5 %
Kompensation für die Reduktion des Umwandlungssatzes, 2 % zur Erreichung des
langfristigen Leistungsziels und 2 % zur generellen Leistungsverbesserung. Die
2,5 % für die Kompensation der Reduktion des Umwandlungssatzes wurden gemäss
der Übergangsbestimmung von Art. 56 VRX auch bei Pensionierung während des
Jahres zu einem vollen Jahreszins gewährt, die übrigen Zinskomponenten jedoch
nur pro rata bis zur Pensionierung. Die Vorinstanz schützte diese
Vorgehensweise. Der Beschwerdeführer ist demgegenüber der Meinung, dass auch
die 2 % zur Erreichung des Leistungsziels und die 2 % zur Leistungsverbesserung
zu einem vollen Jahreswert zu gewähren seien.

3.
Der bereits in Art. 1 Abs. 3 VRX garantierte Anspruch auf die Mindestleistungen
nach BVG ist mit der Regelung in Art. 15 Abs. 4 VRX ausdrücklich gewahrt. Auch
macht der Beschwerdeführer mit Recht keinen unmittelbaren gesetzlichen Anspruch
auf die beantragten Korrekturen des Leistungsausweises geltend. Zu seiner
Forderung nach ganzjähriger Verzinsung des Altersguthabens im Rücktrittsjahr
2008 beruft er sich auf Art. 15 Abs. 3 Satz 3 VRX, wonach im Pensionierungsfall
das Altersguthaben (Stand Ende Vorjahr) mindestens um die im Januar gewährte
prozentuale Rentenerhöhung aufgewertet wird.

3.1 Nach dem Wortlaut und ihrer systematischen Stellung im Normgefüge handelt
es sich bei dieser Regelung nur um eine Mindestgarantie. Die Erhöhung erfolgt
nicht kumulativ zu derjenigen, die sich aus der Verzinsung gemäss Art. 15 Abs.
3 Sätze 1 und 2 (in Verbindung mit Abs. 4) VRX ergibt, sondern es wird bloss
festgelegt, dass die sich so ergebende Verzinsung gegebenenfalls auf die
prozentuale Rentenerhöhung aufgestockt wird.

3.2 Das Altersguthaben Stand Ende Vorjahr betrug gemäss der am 12. März 2008
zugestellten Berechnung der voraussichtlichen Alterspension (AP) Fr.
1'675'511.75; erhöht um die im Januar 2008 gewährte 2,1%ige Rentenerhöhung
ergibt dies in Umsetzung von Art. 15 Abs. 3 Satz 3 VRX den Betrag von Fr.
1'710'697.50. Effektiv beläuft sich jedoch das Altersguthaben bei Pensionierung
nach der AP-Berechnung auf Fr. 1'756'520.20. Es ist somit höher als das
garantierte Mindestguthaben, das sich bei der Anwendung von Art. 15 Abs. 3 Satz
3 VRX ergäbe. Damit ist diese Reglementsbestimmung eingehalten.

4.
Zu übrigen Vorbringen des Beschwerdeführers bleibt das Folgende festzuhalten:

4.1 Nach Art. 15 Abs. 3 Satz 1 VRX ist das Kapital (Freizügigkeitseinlagen,
Einkäufe, Altersgutschriften) zu verzinsen, wobei der Zinssatz gemäss Art. 15
Abs. 4 Satz 1 VRX jährlich festgelegt wird. Nach Art. 15 Abs. 3 Satz 2 VRX wird
bei Austritt, Pensionierung und Auszahlung unter dem Jahr nur pro rata temporis
verzinst. Beides entspricht dem nach dem allgemeinen und rechtlichen
Sprachgebrauch bei Verzinsung üblichen Vorgehen: Nach CREIFELDS
RECHTSWÖRTERBUCH (19. Auflage, München 2006) ist der Zins die Gegenleistung für
die Überlassung von Kapital für eine bestimmte Zeit; er berechnet sich nach der
Dauer der Überlassung in einem bestimmten Bruchteil des Kapitals (S. 1404).
Entsprechend definiert PETER METZGER (Schweizerisches juristisches Wörterbuch,
einschliesslich Versicherungsrecht mit Synonymen und Antonymen, Bern,
Stuttgart, Wien 1996) den Zins als die akzessorische, von Höhe und Dauer der
Forderung abhängige Vergütung für den Gläubiger einer Geldforderung (S. 705).
Zur Zinsrechnung führen MAX BOEMLE/MAX GSELL (Geld- Bank- und
Finanzmarktlexikon der Schweiz, Zürich 2002) aus, dass die massgeblichen
Faktoren dafür Kapital, Zinsfuss und Zeit sind. Der Zinsfuss wird in Prozenten
pro Jahr ausgedrückt. In Bezug auf die Zählung der Tage wird in der Schweiz
neben der bürgerlichen Zinsrechnung (volle Tagesanrechnung nach Kalender) im
Handels- und Bankverkehr die Deutsche Usanz der kaufmännischen Zinsrechnung
angewendet (Jahr = 360 Tage, Monat = 30 Tage; S. 1148).

4.2 Das Vorsorgereglement enthält darum in Bezug auf die übrigen
Zinskomponenten auch keine ausfüllungsbedürftige Regelungslücke: Art. 15 Abs. 3
Satz 2 VRX legt ausdrücklich und im Einklang mit dem bei der Verzinsung
üblichen Sprachgebrauch fest, dass die Verzinsung pro rata temporis erfolgt.

4.3 Wenn somit der Stiftungsrat für das Jahr 2008 eine Verzinsung der
Altersguthaben in prozentsatzmässig bestimmter Höhe beschlossen hat, so steht
es im Einklang mit dem Vorsorgereglement und ist allgemein üblich, dass die
Umsetzung pro rata temporis erfolgt, falls es unter dem Jahr zu Austritt,
Pensionierung und Auszahlung kommt, und nicht während der gesamten laufenden
Jahresperiode. Sobald die Rentenleistungen einsetzen, ändert der
Verwendungszweck des angesparten Kapitals.

4.4 Nach der Übergangsregelung in Art. 56 VRX für die Jahre 2007 und 2008
werden zur Kompensation der herabgesetzten Umwandlungssätze die Altersguthaben
in den beiden Jahren mit je 2,5 % per annum zusätzlich verzinst. Bei
Pensionierungen in diesen beiden Jahren wird der volle Jahreswert dieses
Zinssatzes gewährt. Entgegen dem Vorbringen des Beschwerdeführers ist nicht zu
beanstanden, dass die Vorinstanz darin eine Ausnahmebestimmung gegenüber der
Regelung in Art. 15 Abs. 3 Satz 2 VRX erblickt hat: Die zusätzliche Verzinsung
zum vollen Jahreswert entspricht ja gerade nicht der gebräuchlichen
Vorgehensweise bei Verzinsung (oben E. 4.1).

5.
Auch aus dem Rechtsgleichheitsgebot nach Art. 8 BV kann der Beschwerdeführer
nicht den Anspruch ableiten, dass ihm die streitigen Zinskomponenten für das
ganze Jahr hinzugerechnet werden:

5.1 Nach der Regelung des Reservenkonzepts 2007 der Pensionskasse über die
Höherverzinsung (Ziff. 4.1.2) will die Vorsorgeeinrichtung mit der
überobligatorischen Verzinsung überhöhte freie Mittel der aktiven Versicherten
abbauen (Abs. 3). Der das Minimum übersteigende Anteil der Verzinsung wird aus
den freien Mitteln der aktiven Versicherten finanziert (Abs. 2). Eine solche
Regelung ist sinnvoll und entspricht dem Gleichbehandlungsgrundsatz (BGE 133 V
607 E. 4.2.1 S. 610 f.). In der beruflichen Vorsorge kommt dem
Gleichbehandlungsgebot seit jeher grosse Bedeutung zu (siehe dazu BGE 131 II
514 E. 5.3 S. 521). Wie das Bundesgericht bereits in BGE 128 II 394 E. 3.2 S.
396 f. ausgeführt hat, entspricht dem Grundsatz der Gleichbehandlung der
Destinatäre, dass die geäufneten freien Mittel - soweit wie möglich und nötig -
unabhängig von der Organisationsform der Vorsorgeeinrichtung periodisch
umgesetzt, das heisst für jene (aktiven und passiven) Versicherten verwendet
werden, die an deren Äufnung beteiligt waren (Urteil 2A.539/1997 vom 30. April
1998 E. 3c/aa). Auf diese Weise lässt sich eine Überkapitalisierung der
Vorsorgeeinrichtung vermeiden, die unter dem Gesichtswinkel des
Gleichbehandlungsgrundsatzes problematisch erscheint, weil jene Versicherten,
welche vor Eintritt des Versicherungsfalles aus der Vorsorgeeinrichtung
ausscheiden, lediglich die Freizügigkeitsleistung ausbezahlt erhalten, ohne am
Überschuss zu partizipieren, der auch mit ihren Beiträgen erwirtschaftet worden
ist (Urteil 2A.101/2000 vom 26. November 2001 E. 3e).

5.2 Die Verzinsung wird nach Art. 15 Abs. 4 VRX jeweils für ein Jahr
festgelegt. Mit der überobligatorischen Verzinsung werden somit periodengerecht
jährlich die in diesem Jahr entstandenen freien Mittel verteilt. Dies erfolgt
innerhalb einer gewissen Bandbreite, die dem berechtigten Anliegen Rechnung
trägt, zwischen Periodengerechtigkeit und Kontinuität auszugleichen, wie es in
Ziff. 3.3.1 des Reservenkonzepts 2007 vorgesehen ist, wenn verlangt wird, dass
im Ergebnis die Balance zwischen periodengerechter und kontinuierlicher
Verteilung der freien Mittel angestrebt werden soll.

5.3 Wird der Zins pro rata temporis gutgeschrieben, so führt dies dazu, dass
die freien Mittel, die im betreffenden Jahr zur Verteilung gelangen, den
aktiven Versicherten nach Massgabe ihrer Beschäftigungsdauer zugeteilt werden.
Es läuft darauf hinaus, dass Versicherte, die nur während eines Teils des
Jahres beschäftigt sind, einen kleineren Anteil an den abgebauten freien
Mitteln erhalten als diejenigen, die während des ganzen Jahres tätig sind. Dies
stellt aber nicht eine Rechtsungleichheit dar, sondern setzt im Gegenteil das
Rechtsgleichheitsgebot gerade um, welches verlangt, dass Gleiches nach Massgabe
seiner Gleichheit gleich, Ungleiches aber nach Massgabe seiner Ungleichheit
ungleich zu behandeln ist (BGE 135 V 361 E. 5.4.1 S. 369 mit Hinweisen). Es
liegt im Wesen des Finanzierungs- und Leistungssystems der beruflichen
Vorsorge, dass das Altersguthaben mit der Beschäftigungsdauer ansteigt. Wenn
Versicherte im Januar pensioniert werden, sparen sie weniger an, als wenn sie
bis im Dezember weitergearbeitet hätten. Werden periodengerecht jährlich freie
Mittel verteilt, so ist es logisch und gerecht, dies nach Massgabe der
Beschäftigungsdauer im betreffenden Jahr zu tun.

6.
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat der Beschwerdeführer die
Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 23. Februar 2010

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Meyer Schmutz