Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 768/2009
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
9C_768/2009

Urteil vom 10. September 2010
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Borella, Kernen, Seiler,
Bundesrichterin Pfiffner Rauber,
Gerichtsschreiber Traub.

Verfahrensbeteiligte
K.________, vertreten durch Halil Sütlü,
Beschwerdeführer,

gegen

IV-Stelle des Kantons Aargau, Kyburgerstrasse 15, 5000 Aarau,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau
vom 17. Juni 2009.

Sachverhalt:

A.
Der 1959 geborene K.________ hat - zufolge einer Erbkrankheit (Alport-Syndrom)
- ein Nieren- und Augenleiden und ist schwerhörig. Die Invalidenversicherung
richtete ihm deswegen seit Januar 1985 (aufgrund eines Invaliditätsgrades von
zunächst 80 Prozent, ab 1986 von 100 Prozent) eine ganze Invalidenrente aus.
Nach zwei Nierentransplantationen in den Jahren 1986 und 1987 war der
Versicherte "aus nephrologischer Sicht zu 100 % rehabilitiert" (Bericht des
Spitals X.________ vom 13. September 1989). Auch das Augenleiden begründete
seit Februar 1989 keine Arbeitsunfähigkeit mehr (Attest des Spitals Y.________
vom 14. April 1989). Indessen sprach die Invalidenversicherung K.________
aufgrund eines psychiatrischen Gutachtens des Dr. A.________ vom 13. März 1990,
welches eine schwere Depression auswies, weiterhin eine ganze Rente (bei einem
Invaliditätsgrad von 86 Prozent) zu (Mitteilung vom 3. April 1990). Diese wurde
im Rahmen wiederholter Revisionen bestätigt. Gestützt auf eine Expertise der
Dienste B.________ vom 11. Juli 2008, wonach aus psychiatrischer Sicht keine
Einschränkung der Arbeitsfähigkeit mehr bestehe, hob die IV-Stelle des Kantons
Aargau die Invalidenrente auf Ende Oktober 2008 hin auf (Verfügung vom 12.
September 2008).

B.
Das Versicherungsgericht des Kantons Aargau wies die dagegen erhobene
Beschwerde mit Entscheid vom 17. Juni 2009 ab.

C.
K.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem
Rechtsbegehren, die IV-Stelle sei, unter Aufhebung des angefochtenen
Entscheids, anzuweisen, ihn einer umfassenden interdisziplinären Untersuchung
zuzuführen und hernach allenfalls neu zu verfügen. Zudem ersucht er um
Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege.
Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Beschwerde sowie des Gesuchs des
Versicherten, der Beschwerde sei die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen und die
ganze Invalidenrente sei bis zum Abschluss des Verfahrens weiterhin
auszuzahlen. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf eine
Vernehmlassung.

Das Bundesgericht weist das Gesuch um Erteilung der aufschiebenden Wirkung ab
(Verfügung vom 2. Dezember 2009).

Erwägungen:

1.
1.1 Das kantonale Gericht erkannte, die IV-Stelle habe in der strittigen
Verfügung vom 12. September 2008 die seit Januar 1985 laufende ganze
Invalidenrente des Beschwerdeführers zu Recht auf Ende Oktober 2008 hin
eingestellt (Art. 17 Abs. 1 ATSG), da sich der Gesundheitsschaden seit der
Mitteilung der Invalidenversicherung vom 3. April 1990 (als der letzten
vollständigen Anspruchsprüfung; BGE 133 V 108; vgl. SVR 2010 IV Nr. 4 S. 7 E.
3.1, 9C_46/2009) massgeblich gebessert habe.

1.2 Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann unter anderem
wegen Verletzung von Bundesrecht im Sinne von Art. 95 lit. a BGG erhoben
werden. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die
Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie
offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art.
95 BGG beruht (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG).

2.
Die Vorinstanz hielt fest, spätestens seit dem Zeitpunkt der Begutachtung durch
die Dienste B.________ im Mai und Juni 2008 sei keine psychische Störung mehr
vorhanden. Da auch die Augen- und Gehörsproblematik seit längerem behoben sei,
liege keine Einschränkung der Leistungsfähigkeit aus gesundheitlichen Gründen
mehr vor. Die Voraussetzungen für eine Revision der Leistung seien daher
erfüllt. Der angefochtene Entscheid ist - unter dem Blickwinkel der
eingeschränkten Überprüfungsbefugnis (oben E. 1.2) - insofern nicht zu
beanstanden. Während im Vergleichszeitpunkt gemäss BGE 133 V 108, das heisst im
Frühjahr 1990, aufgrund der Expertise des Dr. A.________ vom 13. März 1990 noch
von einer schwerwiegenden depressiven Entwicklung auszugehen war, fand sich bei
der Begutachtung im Frühjahr 2008 kein psychischer Gesundheitsschaden mehr. Die
Sachverständigen der Dienste B.________ kamen - gestützt auf die Akten der
IV-Stelle, Auskünfte anderer mit dem Versicherten befasster Ärzte und weiteren
Fremdanamnesen sowie auf die bei mehrfacher psychiatrischer Untersuchung
gewonnenen eigenen Befunde - zum Schluss, eine Diagnose könne nicht gestellt
werden. Hinweise auf das Vorliegen einer Depression hätten sich ebensowenig
gefunden wie Zeichen für eine Persönlichkeitsstörung oder autistische Züge,
welche der Vorgutachter im Jahr 2000 beschrieben habe. Bei dieser Sachlage
durfte das kantonale Gericht ohne Weiteres mit der Verwaltung auf diese
umfassenden und schlüssigen Einschätzungen abstellen und daraus ableiten, die
Leistungsfähigkeit des Beschwerdeführers sei in psychiatrischer Hinsicht nicht
mehr eingeschränkt.

3.
3.1 Bezüglich des körperlichen Leidens ging die Vorinstanz davon aus,
mindestens seit 1999 habe diesbezüglich keine Einschränkung mehr bestanden. Der
Beschwerdeführer wendet sich indessen gegen die Schlussfolgerung des kantonalen
Gerichts, entgegen dessen "unbewiesen gebliebenen Behauptungen" bestünden
"keine Hinweise auf Unverträglichkeit der Immunsuppression".

3.2 Am 29. Dezember 2008, während des kantonalen Beschwerdeverfahrens, ersuchte
der Rechtsvertreter des Versicherten die Abteilung Nephrologie am Spital
Y.________, wo der Beschwerdeführer seit der zweifachen Nierentransplantation
in den Jahren 1986 und 1987 regelmässig behandelt wird, um Auskünfte über einen
allfälligen Zusammenhang zwischen geklagten Beschwerden kognitiver und
allgemeinmedizinischer Natur und den immunsuppressiven Medikamenten und in
diesem Zusammenhang darüber, weshalb das betreffende Medikament plötzlich nicht
mehr verabreicht werde. Der Rechtsvertreter liess der Vorinstanz eine Kopie
dieses Schreibens zukommen und informierte sie auch über eine weitere Anfrage
zuhanden des Spitals Y.________ vom 21. Januar 2009. Unter Beilage einer
Arzneimittelinformation der Herstellerfirma ersuchte er die dortigen Ärzte um
eine Stellungnahme zur Notwendigkeit einer (insbesondere neurologischen)
Abklärung. Am 4. März 2009 stellte der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers
dem kantonalen Gericht ein Schreiben des Spitals Y.________ vom 19. Januar 2009
zu, wonach das Immunsuppressivum "anlässlich einer Hospitalisation im Spital
Y.________ 11/08 pausiert" worden sei. Grund dafür sei eine zu diesem Zeitpunkt
bestehende Diarrhoe als mögliche Nebenwirkung der Medikation gewesen. Eine
Wiederaufnahme werde evaluiert. Am 11. Mai 2009 teilte der Rechtsvertreter mit,
die Abteilung Nephrologie am Spital Y.________ habe den Versicherten
neurologisch abklären lassen. Er werde den Bericht nach Erhalt dem Gericht
zustellen. Das kantonale Gericht erliess am 17. Juni 2009 den Endentscheid,
ohne den Eingang des vom 10. Mai 2009 datierenden Schreibens des Neurologen Dr.
C.________ abzuwarten. Danach bestehe der Verdacht auf eine beginnende sensible
Polyneuropathie der Beine unklarer Ätiologie. Die seit ungefähr sechs Monaten
bestehenden Fühlstörungen und Kraftlosigkeit der Extremitäten seien sicher
nicht auf eine schwere Nervenschädigung zurückzuführen. Der Neurologe schlug
weitere diagnostische und therapeutische Massnahmen vor.

3.3 Der in diesem Verfahren massgebende Beurteilungszeitraum reicht bis zum
Abschluss des Verwaltungsverfahrens im Herbst 2008 (strittige Verfügung vom 12.
September 2008; vgl. BGE 132 V 215 E. 3.1.1 S. 220). Im Gutachten der Dienste
B.________ vom 11. Juli 2008 ist von geklagter Müdigkeit und einem Gefühl des
Kraftverlustes die Rede; die Bewertung dieser Symptome im Rahmen der
körperlichen Erkrankung und der Medikation werde den Somatikern überlassen.
Spezifischere Beschwerden stellten sich offenbar erst im November 2008 ein, als
eine Hospitalisation am Spital Y.________ erfolgte und die Dauermedikation mit
einem Immunsuppressivum ausgesetzt wurde. Neurologische Störungen sind gemäss
dem Bericht des Dr. C.________ ebenfalls etwa Mitte November 2008 aufgetreten.
Daraus folgt, dass die erwähnten Beschwerden einer gesundheitlichen Entwicklung
zuzuordnen sind, die zeitlich nicht mehr Gegenstand des vorliegenden Verfahrens
bildet. Aus diesem Grund ist der Vorinstanz im Ergebnis keine Verletzung des
rechtlichen Gehörs anzulasten im Hinblick auf den Umstand, dass sie den
angefochtenen Entscheid gefällt hat, ohne den vom Beschwerdeführer
angekündigten neurologischen Bericht abzuwarten. Die diesbezüglichen Vorbringen
des Beschwerdeführers werden nach Rückweisung der Sache an die Verwaltung (dazu
sogleich E. 4) aber zu verifizieren sein, etwa in einer kombinierten
erwerblichen und medizinischen Abklärung durch eine Berufliche Abklärungsstelle
(BEFAS).

4.
Der Beschwerdeführer hat während beinahe 24 Jahren, als 26- bis 49jähriger,
eine ganze Invalidenrente bezogen. Bei dieser Ausgangslage hat die Vorinstanz
Bundesrecht verletzt, wenn sie den Aufhebungsentscheid der IV-Stelle vom 12.
September 2008 schützte, obwohl die Eingliederungsfrage bei dessen Vorbereitung
nicht einmal ansatzweise geprüft worden ist.

4.1 Die Frage, ob die erwerbliche Verwertbarkeit eines gutachtlich
ausgewiesenen Zugewinns an funktionellem Leistungsvermögen im Einzelfall von
der Durchführung von Eingliederungsvorkehren abhängt, stellt sich im
Wesentlichen in zwei Konstellationen:
4.1.1 Die Eingliederungsmassnahme kann bereits aus medizinischer Sicht Conditio
sine qua non für eine Umsetzung eines (potentiellen) funktionellen
Leistungsvermögens sein. Der Schluss, ein auf der medizinisch-theoretischen
Arbeitsfähigkeit beruhendes Invalideneinkommen dürfe (noch) nicht angerechnet
werden, fällt also zunächst dann in Betracht, wenn das grundsätzlich
attestierte Leistungsvermögen in der ärztlichen Beurteilung unter den
ausdrücklichen Vorbehalt der Durchführung befähigender Massnahmen gestellt wird
(SVR 2010 IV Nr. 9 S. 27 E. 2.3.1 mit Hinweis, 9C_141/2009). Ein solcher Fall
liegt hier nicht vor.
4.1.2 Die Eingliederungsmassnahme kann nicht nur aus medizinischer (E. 4.2.1),
sondern auch aus beruflich-erwerblicher Sicht Conditio sine qua non für eine
Umsetzung eines (wiedergewonnenen) funktionellen Leistungsvermögens sein. Das
ist vorliegend näher zu prüfen.
Wohl richtet sich nach Art. 7 Abs. 2 ATSG die Beurteilung einer
Erwerbsunfähigkeit ausschliesslich nach den gesundheitlichen
Beeinträchtigungen, was auch im Revisionsfall (Art. 17 Abs. 1 ATSG) gilt; nicht
gesundheitlich bedingte Eingliederungshindernisse haben daher bei der
Invaliditätsbemessung auch im Revisionszusammenhang ausser Acht zu bleiben.
Daher geht die ständige Rechtsprechung vom Regelfall aus, der darin besteht,
dass eine medizinisch attestierte Verbesserung der Arbeitsfähigkeit
grundsätzlich auf dem Weg der Selbsteingliederung verwertbar ist (Meyer,
Rechtsprechung zum IVG, 2. Aufl., S. 383); praktisch bedeutet dies, dass aus
einer medizinisch attestierten Verbesserung der Arbeitsfähigkeit unmittelbar
auf eine Verbesserung der Erwerbsfähigkeit geschlossen und damit ein
entsprechender Einkommensvergleich (mit dem Ergebnis eines tieferen
Invaliditätsgrades) vorgenommen werden kann (statt vieler: Urteile 9C_371/2010
vom 21. Juni 2010 E. 3, 9C_17/2010 vom 22. April 2010 E. 3.2.3, 9C_996/2009 vom
10. Juni 2010 E. 3.6, 9C_215/2010 vom 20. April 2010 E. 4 und 5, 8C_61/2010 vom
25. Mai 2010 E. 2 und 3, 8C_972/2009 vom 27. Mai 2010 E. 3 und 4, 8C_1005/2009
vom 29. Januar 2010 E. 6 und 7), und zwar auch bei langjährigem Rentenbezug
(Urteile 9C_996/2009 vom 10. Juni 2010 [rund 13 Jahre], 9C_207/2009 vom 16.
April 2010 [13 Jahre], 8C_40/2010 vom 5. März 2010 [zehn Jahre], 8C_700/2009
vom 19. Januar 2010 [14 Jahre] und 9C_617/2009 vom 15. Januar 2010 [15 Jahre]).
An dieser Rechtsprechung ist festzuhalten, zumal sie dem Grundsatz
"Eingliederung vor Rente" (oder "Eingliederung statt Rente" gemäss 5.
IVG-Revision; BBl 2005 4524) entspricht, wonach grundsätzlich keine
Invalidenrente zugesprochen oder weiterhin ausgerichtet werden darf, solange
und sobald eine Eingliederung einen rentenanspruchserheblichen Erfolg
verspricht (so die im Urteil 9C_720/2007 und bei Meyer, a.a.O., S. 383
zitierten Urteile I 961/06 vom 19. November 2007 E. 5, I 534/02 vom 25. August
2003 E. 4.1 und I 361/01 vom 5. März 2002 E. 1b, je mit weiteren Hinweisen).
Dennoch hat die Rechtsprechung in ganz besonderen Ausnahmefällen nach
langjährigem Rentenbezug trotz medizinisch (wieder) ausgewiesener
Leistungsfähigkeit vorderhand weiterhin eine Rente zugesprochen, bis mit Hilfe
medizinisch-rehabilitativer und/oder beruflich-erwerblicher Massnahmen das
theoretische Leistungspotential ausgeschöpft werden kann (so das schon erwähnte
Urteil 9C_720/2007 [SZS 2009 S. 147]). An dieser Ausnahme ist ebenfalls
festzuhalten, weil in jedem Einzelfall feststehen muss, dass die
(wiedergewonnene) Erwerbsfähigkeit auf dem ausgeglichenen Arbeitsmarkt (erneut)
verwertbar ist (Art. 7 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 16 ATSG). Es können im
Einzelfall Erfordernisse des Arbeitsmarktes der Anrechnung einer medizinisch
vorhandenen Leistungsfähigkeit und medizinisch möglichen Leistungsentfaltung
entgegenstehen, wenn aus den Akten einwandfrei hervorgeht, dass die Verwertung
eines bestimmten Leistungspotentials ohne vorgängige Durchführung befähigender
Massnahmen allein vermittels Eigenanstrengung der versicherten Person nicht
möglich ist (SVR 2010 IV Nr. 9 S. 27, 9C_141/2009; in diesem Sinne auch das
Obiter dictum im Urteil 9C_617/2009 E. 3.3, wonach es nicht rechtswidrig ist,
wenn die Verwaltung nach langjähriger Absenz vom Arbeitsmarkt zunächst mit
Aufenthalt in einer beruflichen Abklärungsstelle [BEFAS] und Arbeitstraining
die erwerbliche Verwertbarkeit des wiedergewonnenen funktionellen
Leistungsvermögens abklärt).
Im Sinne eines rechtslogisch gebotenen Schrittes muss sich die Verwaltung nach
dem Gesagten vor der Herabsetzung oder Aufhebung einer Invalidenrente
vergewissern, ob sich ein medizinisch-theoretisch wiedergewonnenes
Leistungsvermögen ohne Weiteres in einem entsprechend tieferen Invaliditätsgrad
niederschlägt oder ob dafür - ausnahmsweise - im Einzelfall eine
erwerbsbezogene Abklärung (der Eignung, Belastungsfähigkeit usw.) und/oder die
Durchführung von Eingliederungsmassnahmen im Rechtssinne vorausgesetzt ist.
Dieser Prüfungsschritt zeitigt - was in der weitaus überwiegenden Zahl von
Revisionsfällen zutrifft - dort keine administrativen Weiterungen, wo die -
gegenüber der Eingliederung vorrangige - Selbsteingliederung direkt zur
rentenausschliessenden (oder -herabsetzenden) arbeitsmarktlichen Verwertbarkeit
des wiedergewonnenen funktionellen Leistungsvermögens führt. Das ist namentlich
der Fall, wenn bisher schon eine erhebliche Restarbeitsfähigkeit bestand, so
dass der anspruchserhebliche Zugewinn an Leistungsfähigkeit kaum zusätzlichen
Eingliederungsbedarf nach sich zieht, vor allem wenn das hinzugewonnene
Leistungsvermögen in einer Tätigkeit verwertet werden kann, welche die
versicherte Person bereits ausübt oder unmittelbar wieder ausüben könnte (zum
Ganzen: Urteil 9C_163/2009 vom 10. September 2010 E. 4.1 und 4.2.2).

4.2 Beim Beschwerdeführer liegt ein solcher Ausnahmefall eindeutig vor: Mit
einem Rentenbezug während fast 24 Jahren im Alter von 26 bis 49 gehen eine
Berufsabstinenz und arbeitsmarktliche Abstinenz einher, welche sich während
eines Grossteils der gesamten erwerblichen Aktivitätsdauer ereignet haben. Dazu
kommt, dass der Versicherte vor Eintritt der langjährigen Invalidität in zwei
ganz verschiedenen Bereichen (als Küchenbursche und Betriebsarbeiter/
Werkzeugmacher) tätig gewesen war. Damit steht fest, dass er nicht auf eine -
und sei es auch weit zurückliegende - gefestigte und unter den heute
herrschenden Verhältnissen aktualisierbare berufliche Erfahrung zurückgreifen
kann, welche für die Selbsteingliederung nutzbar gemacht werden kann. Daher hat
die Verwaltung hier im Sinne des mehrfach erwähnten Urteils 9C_720/2007 E. 4.2
in fine zu verfahren, also die Verwertbarkeit der wiedergewonnenen
Arbeitsfähigkeit - die Motivation des Beschwerdeführers vorausgesetzt (Art. 21
Abs. 4 ATSG) - zu prüfen und die nach den konkreten Umständen sich als
unerlässlich herausstellenden Eingliederungsmassnahmen an die Hand zu nehmen,
sofern und soweit deren Voraussetzungen erfüllt sind. Anschliessend ist über
die revisionsweise Aufhebung des Rentenanspruchs neu zu verfügen.

5.
Die Rückweisung der Sache an die Verwaltung zu erneuter Abklärung gilt für die
Frage der Auferlegung der Gerichtskosten wie auch der Parteientschädigung als
vollständiges Obsiegen im Sinne von Art. 66 Abs. 1 sowie Art. 68 Abs. 1 und 2
BGG, unabhängig davon, ob sie beantragt oder ob das entsprechende Begehren im
Haupt- oder im Eventualantrag gestellt wird (BGE 132 V 215 E. 6.1 S. 235;
Urteil 8C_671/2007 vom 13. Juni 2008 E. 4.1). Entsprechend dem Ausgang des
Verfahrens sind die Gerichtskosten daher der unterliegenden Beschwerdegegnerin
aufzuerlegen. Dem obsiegenden, fachlich vertretenen Beschwerdeführer steht eine
Parteientschädigung zu. Das Gesuch des Beschwerdeführers um unentgeltliche
Rechtspflege ist damit gegenstandslos.

Demnach erkennt der Präsident:

1.
Die Beschwerde wird im Sinne der Erwägungen gutgeheissen. Der Entscheid des
Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom 17. Juni 2009 und die Verfügung
der IV-Stelle des Kantons Aargau vom 12. September 2008 werden aufgehoben. Die
Sache wird an die IV-Stelle zurückgewiesen, damit sie nach erfolgter Abklärung
neu verfüge.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.

3.
Die Beschwerdegegnerin hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 2'800.- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau,
der Ausgleichskasse des Kantons Aargau und dem Bundesamt für
Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 10. September 2010

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Meyer Traub