Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 751/2009
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
9C_751/2009

Urteil vom 24. November 2009
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Borella, Kernen, Seiler,
Bundesrichterin Pfiffner Rauber,
Gerichtsschreiber Nussbaumer.

Parteien
C.________, vertreten durch Rechtsanwältin Ruth Lanz-Bosshard,
Beschwerdeführerin,

gegen

I.________,
Beschwerdegegner,

Swiss Life, General Guisan-Quai 40, Postfach, 8022 Zürich,
Freizügigkeitsstiftung der Aargauischen Kantonal-bank, 5001 Aarau,
Mitbeteiligte.

Gegenstand
Berufliche Vorsorge,

Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom
16. Juni 2009.

Sachverhalt:

A.
A.a I.________ und C.________ heirateten am 10. August 1982. In der Folge waren
beide Ehegatten in der Schweiz erwerbstätig und erwarben hier Vorsorgeguthaben
der beruflichen Vorsorge. Im Juli 2001 kauften sie gemeinsam eine
Wohnliegenschaft in O.________. I.________ bezog dazu von seiner
Vorsorgeeinrichtung einen Vorbezug im Betrag von Fr. 71'547.-, C.________ aus
ihrer Vorsorgeeinrichtung einen solchen von Fr. 50'000.-.
A.b Mit Urteil vom 17. Mai 2004 wurde die Ehe vom Familiengericht in der Türkei
geschieden. Am 3. März 2006 erhob C.________ beim Bezirksgericht X.________
eine Klage auf Ergänzung des Scheidungsurteils. Mit Urteil vom 18. Oktober 2007
ordnete das Gericht die hälftige Teilung der für die Ehedauer gemäss Art. 22 f.
FZG zu ermittelnden Austrittsleistung an und überwies nach Eintritt der
Rechtskraft die Sache gemäss Art. 142 Abs. 2 ZGB an das Versicherungsgericht
des Kantons Aargau.

B.
Mit Urteil vom 16. Juni 2009 errechnete das Versicherungsgericht für C.________
ein zu teilendes Vorsorgeguthaben von Fr. 63'058.10 (Fr. 16'587.50
Freizügigkeitsleistung im Zeitpunkt der Scheidung + Fr. 50'000.- Vorbezug - Fr.
3'529.40 aufgezinstes voreheliches Guthaben) und für I.________ ein solches von
Fr. 114'898.- (Fr. 33'351.- Freizügigkeitsleistung im Zeitpunkt der Scheidung +
Fr. 71'547.- Vorbezug). Das Gericht wies demgemäss die Vorsorgeeinrichtung von
I.________ an, auf das Freizügigkeitskonto von C.________ Fr. 25'914.95 (Hälfte
der Differenz) zuzüglich Zins zu überweisen.

C.
C.________ erhebt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem
Antrag, die Vorsorgeeinrichtung des Beschwerdegegners sei anzuweisen, den
Betrag von Fr. 75'914.95 zuzüglich Zins auf ihr Freizügigkeitskonto zu
überweisen. Eventualiter sei das angefochtene Urteil zu ergänzen und die
Vorsorgeeinrichtung des Beschwerdeführers (recte: Beschwerdegegners) zu
verpflichten, den von der Beschwerdeführerin im Rahmen des Vorbezugs in die
eheliche Liegenschaft investierten Betrag von Fr. 50'000.- auf ihr
Freizügigkeitskonto zu überführen. Subeventualiter sei die Sache zur
Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Erwägungen:

1.
1.1 Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich
weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die
Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen
als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der
Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (BGE 134 V 250 E.
1.2 S. 252 mit Hinweisen; 133 III 545 E. 2.2 S. 550; 130 III 136 E. 1.4 S.
140). Immerhin prüft das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen
Begründungspflicht der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur
die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu
offensichtlich sind (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254).

1.2 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG) und kann deren
Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen nur berichtigen oder ergänzen, wenn
sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von
Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). Eine unvollständige
Sachverhaltsfeststellung stellt eine vom Bundesgericht ebenfalls zu
korrigierende Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 lit. a BGG dar (SEILER/VON
WERDT/GÜNGERICH, Kommentar zum Bundesgerichtsgesetz, Bern 2007 N 24 zu Art.
97).

2.
Der Sachverhalt ist von der Beschwerdeführerin nicht bestritten, insbesondere
auch nicht die von der Vorinstanz angestellte Berechnung als solche. Die
Vorinstanz hat allerdings einen offensichtlichen Rechnungsfehler gemacht, indem
sie das zu teilende Vorsorgeguthaben des Ehemannes (Vorbezug Fr. 71'547.- +
Vorsorgeguthaben im Zeitpunkt der Scheidung Fr. 33'351.-) auf Fr. 114'898.-
anstatt Fr. 104'898.- errechnet hat. Das wirkt sich jedoch zum Nachteil des
Beschwerdegegners aus (vgl. Art. 107 Abs. 1 BGG), der selber keine Beschwerde
erhoben hat, so dass darauf nicht weiter einzugehen ist.

3.
Umstritten ist nur die Rechtsfrage, wie die unbestrittenen Vorbezüge im Rahmen
des Vorsorgeausgleichs zu berücksichtigen sind.

3.1 Das schweizerische Recht unterscheidet im Scheidungsfall die durch das
Scheidungsgericht zu beurteilende güterrechtliche und die durch das
Berufsvorsorgegericht vorzunehmende vorsorgeausgleichsrechtliche Teilung (BGE
132 V 337 E. 3.1 S. 344). Das rechtliche Schicksal des mit dem Vorbezug
erworbenen Wohneigentums richtet sich nach Ehegüterrecht (Jacques-André
Schneider/Christian Bruchez, La prévoyance professionnelle et le divorce, in:
Paquier/Jaquier [Hrsg.], Le nouveau droit du divorce, Lausanne 2000, S. 232;
Thomas Sutter/Dieter Freiburghaus, Kommentar zum neuen Scheidungsrecht, Zürich
1999, Art. 122/141-142 Rz. 45, S. 214). Der für den Kauf dieses Wohneigentums
verwendete Vorbezug von Vorsorgegeldern wird demgegenüber
vorsorgeausgleichsrechtlich geteilt (Art. 30c Abs. 6 BVG [SR 831.40] und Art.
331e Abs. 6 OR). Der während der Ehe getätigte Vorbezug wird daher bei der
Berechnung des Vorsorgeausgleichs - soweit noch eine Rückzahlungspflicht (Art.
30d BVG) besteht - zur Austrittsleistung im Zeitpunkt der Rechtskraft der
Scheidung hinzugerechnet (BGE 128 V 230 E. 3b S. 235, 132 V 337 E. 1.2 und 3.1;
Andrea Bäder Federspiel, Wohneigentumsförderung und Scheidung, Zürich 2008, S.
268 Rz. 547 und S. 298 Rz. 610 f., mit weiteren Hinweisen). Haben beide
Parteien einen Vorbezug getätigt, ist demzufolge bei beiden je dieser Vorbezug
zur Austrittsleistung hinzuzuzählen. So ist die Vorinstanz richtigerweise
vorgegangen.

3.2 Die Beschwerdeführerin rügt, damit stehe ihr die für sie ermittelte
Austrittsleistung nicht effektiv zur Verfügung, was Art. 122 ZGB und Art. 22
FZG (SR 831.42) verletze. Sie beantragt daher, es sei ihr zusätzlich zu der
zugesprochenen Leistung ihr ganzer Vorbezug von Fr. 50'000.- zu überweisen.
Damit verkennt sie, dass das vorbezogene Kapital zwar im Falle einer Scheidung
vor Eintritt des Vorsorgefalls als Freizügigkeitsleistung gilt und wertmässig
bei der Vorsorgeausgleichsteilung zu berücksichtigen ist (Art. 30c Abs. 6 BVG;
Art. 331e Abs. 6 OR), aber eben in das mit dem Vorbezug gekaufte Wohneigentum
investiert ist. Es ist weiterhin für die Vorsorge gebunden (Art. 30d und 30e
BVG) und dient dieser, indem das Wohneigentum genutzt werden kann, aber es
fällt aus dem Vermögen der Vorsorgeeinrichtung heraus (BGE 132 V 332 E. 4.1;
Bäder Federspiel, a.a.O., S. 12 f. Rz. 26, S. 267 Rz. 546) und kann deshalb
nicht in Form von Vorsorgeguthaben bzw. einer Austrittsleistung zur Verfügung
stehen. Mit der gleichen Argumentation könnte übrigens auch der
Beschwerdegegner beantragen, es sei ihm zu Lasten der Beschwerdeführerin der
ganze von ihm bezogene Vorbezugsbetrag (Fr. 71'547.-) zu überweisen, weil ihm
sonst seine Austrittsleistung nicht zur Verfügung stehe, was aber ebenso
unbegründet wäre. Dass die vorbezogenen Gelder zur Zeit nicht in Form von
Vorsorgeguthaben bei einer Vorsorgeeinrichtung vorhanden sind, ist die
Konsequenz der von beiden Parteien getroffenen Entscheidung, einen Vorbezug zu
tätigen. Der betreffende Betrag ist aber für die Beschwerdeführerin
vorsorgerechtlich keineswegs verloren: Er steckt nach wie vor in dem damit
erworbenen Wohneigentum und ist dort im Rahmen von Art. 30d und 30e BVG für die
Vorsorge gesichert. Unter den Voraussetzungen von Art. 30d Abs. 1 und 5 BVG
wird der Betrag der Vorsorgeeinrichtung der Beschwerdeführerin zurückzuzahlen
sein und damit deren Vorsorgeguthaben wieder erhöhen.

4.
Im Eventualantrag verlangt die Beschwerdeführerin, die Vorsorgeeinrichtung
ihres ehemaligen Ehemannes sei zu verpflichten, den von ihr in die ehemals
eheliche Liegenschaft investierten Betrag von Fr. 50'000.- auf ihre
Vorsorgeeinrichtung zu überweisen. Nach dem Gesagten ist dieser Antrag
ebenfalls unbegründet, da der entsprechende Betrag bei der Vorsorgeeinrichtung
des Ehemannes gar nicht mehr vorhanden ist. Er kann daher nicht durch
Überweisung von der Vorsorgeeinrichtung des ausgleichspflichtigen Ehegatten auf
diejenige des ausgleichsberechtigten übertragen werden (BGE 135 V 324 E. 5.2.2
S. 331 f.). Es trifft auch nicht zu, dass infolge der Scheidung die
Voraussetzungen für den Vorbezug nicht mehr erfüllt wären, weshalb dieser in
die Vorsorgeeinrichtung der Beschwerdeführerin zurückzuführen sei. Unbestritten
waren die Vorbezüge zulässig. Eine Rückerstattungspflicht entsteht nur in den
Fällen von Art. 30d Abs. 1 BVG. Vorliegend steht jedoch die Liegenschaft nach
wie vor im Gesamteigentum der ehemaligen Ehegatten, so dass namentlich auch der
Tatbestand von Art. 30d Abs. 1 lit. a oder b BVG (Veräusserung oder Einräumung
gleichartiger Rechte) von vornherein nicht erfüllt ist, ohne dass auf die Frage
eingegangen werden müsste, unter welchen Umständen eine Zuweisung des
Wohneigentums an einen der ehemaligen Ehegatten gemäss Art. 30e Abs. 1 Satz 3
BVG überhaupt eine Rückzahlungspflicht auslöst (dazu und zu den verschiedenen
Lehrauffassungen Bäder Federspiel, a.a.O., S. 118 ff., Rz. 218 ff.). Die
Scheidung als solche führt nicht zu einer Rückerstattungspflicht und macht den
Vorbezug nicht nachträglich unzulässig, auch wenn einer der Ehegatten nachher
nicht mehr in der Wohnung lebt.

5.
5.1 In Wirklichkeit stösst sich die Beschwerdeführerin daran, dass offenbar ihr
früherer Ehemann in der ehemals ehelichen Wohnung lebt, während sie selber
nicht mehr in dieser Liegenschaft wohnt und daraus keinen Nutzen zieht.
Indessen ist nach schweizerischem Recht das rechtliche Schicksal des mit dem
Vorbezug erworbenen Wohneigentums - wie die Vorinstanz zutreffend erwogen hat -
nicht im Rahmen des Vorsorgeausgleichs, sondern des Scheidungsverfahrens zu
regeln (E. 3.1 hievor; Bäder Federspiel, a.a.O., S. 42 Rz. 88 mit Hinweis).

5.2 Die Besonderheit des vorliegenden Falles liegt darin, dass das
Scheidungsurteil von einem türkischen Gericht gefällt wurde und das von diesem
angewendete türkische Recht die Trennung von güterrechtlicher und
vorsorgeausgleichsrechtlicher Teilung nicht kennt. In der gerichtlich
genehmigten Scheidungskonvention ("Protokoll") wurde erwähnt, dass die Parteien
die Liegenschaft in O.________ gemeinsam gekauft haben und dafür Fr. 50'000.-
verwendet wurden, die aus der Pensionskasse der Beschwerdeführerin stammten.
Weiter ist darin ausgeführt (Ziff. 6 Abs. 2, zit. nach der in den Akten
liegenden Übersetzung): "Dieses Haus wird I.________ gehören, unter der
Bedingung, dass er den gesamten Bankkredit bezahlt, die für das Haus
eingenommen wurde. Falls der Bankkredit nicht bezahlt wird oder falls bei der
Bezahlung ein Problem auftauchen sollte, wird das Recht von C.________ auf
diesem Haus weiter bestehen bleiben". In der Folge erfüllte der Ehemann
offenbar diese Bedingung nicht, so dass das Haus weiterhin im Gesamteigentum
steht. Eine Regelung über den Vorsorgeausgleich enthielt das türkische Urteil
nicht. In solchen Fällen ist mittels einer Ergänzungsklage vor dem
schweizerischen Scheidungsgericht die Teilung des Vorsorgeguthabens nach den
Art. 122 ff. ZGB anzuordnen (Art. 59 und 64 IPRG [SR 291]; BGE 131 III 289 E.
2.3), was die Beschwerdeführerin denn auch durch Ergänzungsklage beim
Bezirksgericht X.________ getan hat. Sie hat dort - soweit das Gericht auf die
Klage eintrat - die Rechtsbegehren gestellt, die Austrittsleistung sei hälftig
zu teilen (Ziff. 4), der Ehemann sei zu verpflichten, den Betrag von Fr.
50'000.- in die Vorsorgeeinrichtung der Beschwerdeführerin zu überführen (Ziff.
5) und die einfache Gesellschaft der Parteien bezüglich der ehemals ehelichen
Liegenschaft in O.________ sei aufzulösen und die Liegenschaft ins
Alleineigentum des Ehemannes zu überführen gegen Übernahme der
Hypothekarschulden und nach Rücküberführung des WEF-Vorbezugs in die
Vorsorgeeinrichtung der Beschwerdeführerin (Ziff. 6). In seinem rechtskräftigen
Urteil vom 18. Oktober 2007 hat das Gericht das Rechtsbegehren Ziff. 4
gutgeheissen und die Sache gemäss Art. 142 Abs. 2 ZGB an das
Versicherungsgericht des Kantons Aargau überwiesen. In Bezug auf das
Rechtsbegehren Ziffer 5 hat es erwogen, es falle nicht in die Zuständigkeit des
Scheidungsgerichts, die Rückerstattung nach Art. 30d BVG anzuordnen; insoweit
damit ein güterrechtlicher Anspruch geltend gemacht werde, sei das Begehren
abzuweisen, da das anerkennungsfähige türkische Scheidungsurteil diesbezüglich
nicht lückenhaft sei. Auch das Rechtsbegehren Ziffer 6 sei abzuweisen, soweit
das Güterrecht betreffend. Im Übrigen handle es sich um
vollstreckungsrechtliche Probleme, die im Rahmen des Ergänzungsurteils nicht
behandelt werden könnten.

5.3 Befindet sich die Liegenschaft somit nach wie vor im Gesamteigentum der
Parteien, hat die Beschwerdeführerin rechtlich gesehen nach wie vor einen
Nutzen aus dieser Liegenschaft (Art. 653 ZGB). Sie kann damit auch von den
darin investierten Vorsorgemitteln profitieren, womit der Vorsorgezweck
grundsätzlich ebenfalls erfüllt ist (vgl. BGE 132 V 332 E. 4.1). Wenn der
ehemalige Ehemann der Beschwerdeführerin die Nutzung des gemeinschaftlichen
Eigentums verwehrt, so ist dies eine Frage des sachen- oder
gesellschaftsrechtlichen Verhältnisses zwischen den Parteien und kann nicht
durch eine der gesetzlichen Regelung widersprechende
vorsorgeausgleichsrechtliche Anordnung korrigiert werden.

5.4 Die Beschwerdeführerin bringt allerdings vor, die vom türkischen Gericht
getroffene Regelung sei dem schweizerischen Recht fremd; eine Weiterführung des
Gesamthandverhältnisses bei Scheidung wäre nur im Einvernehmen der Parteien
möglich gewesen. Sie macht damit sinngemäss geltend, das türkische
Scheidungsurteil verletze den schweizerischen materiellen Ordre public (Art. 27
Abs. 1 IPRG). Es kann offen bleiben, ob dies überhaupt noch im
vorsorgeausgleichsrechtlichen Verfahren geltend gemacht werden kann (Art. 29
Abs. 3 IPRG) oder ob es nicht im Rahmen der Scheidungs-Ergänzungsklage vor dem
Bezirksgericht X.________ hätte geltend gemacht werden müssen (vgl. Urteil
2A.94/1999 vom 2. Juni 1999, E. 1c). Denn jedenfalls kann von einer Verletzung
des Ordre public nicht gesprochen werden: Eine Anerkennung verstösst dann gegen
den materiellen Ordre public, wenn das einheimische Rechtsgefühl durch die
Anerkennung und Vollstreckung eines ausländischen Entscheides in unerträglicher
Weise verletzt würde, weil dadurch grundlegende Vorschriften der
schweizerischen Rechtsordnung missachtet werden. Die Anwendung des Ordre
public-Vorbehaltes ist im Bereich der Anerkennung ausländischer Entscheide
restriktiver als im Bereich der Anwendung des fremden Rechtes gemäss Art. 17
IPRG (BGE 122 III 344 E. 4a). Eine solche Verletzung ist nicht schon dann zu
bejahen, wenn einer der Ehegatten nach dem ausländischen Urteil weniger
Leistungen erhält als er nach dem schweizerischen Recht erhalten würde (BGE 134
III 661 E. 4.2). Vorliegend wird gemäss dem türkischen Urteil das
Gesamteigentum zumindest vorläufig weitergeführt. Die Beschwerdeführerin hat
der Scheidungskonvention unterschriftlich zugestimmt und damit auch die darin
enthaltene Regelung betreffend die Liegenschaft in O.________ genehmigt. Auch
im schweizerischen Recht ist die Weiterführung gemeinschaftlichen Eigentums
über die Scheidung hinaus nicht ausgeschlossen (Bäder Federspiel, a.a.O., S.
312 f. Rz. 638; Gian Sandro Genna, Auflösung und Liquidation der
Ehegattengesellschaft, Bern 2008, S. 52; Felix Kobel, Immobilien in der
güterrechtlichen Auseinandersetzung, Basel 2007, S. 91; Daniel R. Trachsel,
Spezialfragen im Umfeld des scheidungsrechtlichen Vorsorgeausgleiches:
Vorbezüge für den Erwerb selbstbenutzten Wohneigentums und Barauszahlungen nach
Art. 5 FZG, in: FamPra 2005 S. 529 ff., 536; vgl. BGE 132 V 337 E. 3.4 S. 345).
Der Ordre public ist somit nicht verletzt.

6.
Bei diesem Verfahrensausgang ist die Beschwerdeführerin kostenpflichtig (Art.
66 Abs. 1 BGG). Ihr kann die unentgeltliche Rechtspflege (Prozessführung und
Verbeiständung; Art. 64 BGG) gewährt werden, da die entsprechenden
Voraussetzungen erfüllt sind (BGE 135 I 2 E. 7.1; 125 V 201 E. 4a S. 202 und
371 E. 5b S. 372). Es wird indessen ausdrücklich auf Art. 64 Abs. 4 BGG
aufmerksam gemacht, wonach die begünstigte Partei der Gerichtskasse Ersatz zu
leisten haben wird, wenn sie später dazu in der Lage ist.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Der Beschwerdeführerin wird die unentgeltliche Rechtspflege gewährt.

3.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt, indes
vorläufig auf die Gerichtskasse genommen.

4.
Rechtsanwältin Ruth Lanz-Bosshard wird als unentgeltliche Rechtsbeiständin der
Beschwerdeführerin bestellt, und es wird ihr für das bundesgerichtliche
Verfahren aus der Gerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 2800.- ausgerichtet.

5.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau
und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 24. November 2009
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Meyer Nussbaumer