Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 733/2009
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
9C_733/2009

Urteil vom 20. Januar 2010
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Kernen, Seiler,
Gerichtsschreiber Ettlin.

Parteien
S.________, vertreten durch Rechtsanwalt Kaspar Saner,
Beschwerdeführer,

gegen

Finanzdirektion des Kantons Zürich, Beamtenversicherungskasse, Stampfenbach-
strasse 63, 8090 Zürich,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Berufliche Vorsorge,

Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Zürich vom 26. Juni 2009.

Sachverhalt:

A.
Der 1944 geborene S.________, Vater von zwei 1985 und 1999 geborenen Töchtern,
war als Berufsschullehrer an der Schule X.________ tätig. Ab 1. April 2006
gewährte ihm die Beamtenversicherungskasse des Kantons Zürich (nachfolgend:
BVK) eine Invalidenrente samt Invaliden-Kinderrenten aus beruflicher Vorsorge
bei einem Invaliditätsgrad von 50 %. Mit Wirkung ab 1. Juli 2007 wandelte sie
die Invalidenrente in eine Altersrente um und sprach S.________ zudem zwei
Alterskinderrenten in der Höhe von je Fr. 122.30 zu (Berechnung vom 16. Juli
2007). Wegen altersbedingtem Rücktritt vom noch zu 50 % ausgeübten Lehreramt
gewährte die BVK ab 1. September 2007 eine Kinderrente von Fr. 124.85
(Berechnung vom 30. August 2007). Gegen beide Berechnungen erhob S.________
Einsprache. Mit Einspracheentscheid vom 26. November 2007 erkannte die BVK auf
eine monatliche Alterskinderrente von Fr. 135.50 den Invaliditätsteil der Rente
betreffend sowie eine Kinderrente von Fr. 122.65 (je Kind) mit Bezug auf den ab
1. September 2007 zufolge Pensionierung ausgerichteten Rententeil, insgesamt
somit pro Kind Fr. 258.15.

B.
S.________ erhob Klage gegen die BVK und stellte den Antrag, die Beklagte sei
zu verpflichten, je Kind ab 1. Juli 2007 Alterskinderrenten von monatlich Fr.
554.45, eventualiter Fr. 457.55 und ab 1. September 2007 in der Höhe von
monatlich Fr. 970.95, eventualiter Fr. 919.50 zuzusprechen. Die nachzuzahlenden
Rentenbeträge seien ab Klageerhebung und soweit später fällig, ab dann zu 5 %
zu verzinsen.
Mit Entscheid vom 26. Juni 2009 wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich die Klage ab.

C.
S.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen
und die vorinstanzlich gestellten Begehren erneuern.
Die BVK schliesst auf Abweisung der Beschwerde und das Bundesamt für
Sozialversicherungen (BSV) enthält sich der Stellungnahme.
Erwägungen:

1.
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG)
kann u.a. die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG).
Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie
offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von
Artikel 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des
Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt
seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat. Es
kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen
oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht (Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG).

2.
2.1 Gemäss § 80 der Statuten der Versicherungskasse für das Staatspersonal vom
22. Mai 1996 (BVK-Statuten; Zürcher Gesetzessammlung 177.21) kann gegen
Entscheide der Kassenorgane jede betroffene Person, die ein eigenes
schutzwürdiges Interesse an der Aufhebung oder Änderung des Entscheides hat,
innert 30 Tagen nach Zustellung des Entscheides bei der Finanzdirektion
Einsprache erheben. Der Beschwerdeführer machte von der Einsprachemöglichkeit
Gebrauch und mit Einspracheentscheid vom 26. November 2007 reduzierte die
Beschwerdegegnerin die vorher berechnete monatliche Alterskinderrente von Fr.
124.85 auf Fr. 122.65. Darin sieht der Beschwerdeführer eine unzulässige
reformatio in peius, weil ihm nicht Gelegenheit gegeben worden sei, sich vor
dem Entscheid hiezu zu äussern.

2.2 Das beschwerdeführerische Argument, die Schlechterstellung im
Einspracheverfahren hätte der vorherigen Androhung bedurft, ist unbehelflich.
Von Bundesrechts wegen gilt in Berufsvorsorgesachen das Klageverfahren (Art. 73
BVG); ein allfälliges vorgelagertes Einspracheverfahren stellt kein
Verwaltungsverfahren dar, auf welches verfassungsmässige Verfahrensgrundsätze
anwendbar wären. Der Einspracheentscheid hat nur die Bedeutung einer
Parteistellungnahme, und es handelt sich bei diesem namentlich nicht um eine
Verwaltungsverfügung (BGE 134 I 166 E. 2 S. 170).

3.
Die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs mit der Begründung, im
vorinstanzlichen Verfahren sei die Zahlenbasis für die Leistungsbemessung nicht
offen gelegt worden, dringt nicht durch. Vorab enthält der Einspracheentscheid
vom 26. November 2007 die zahlenmässigen Grundlagen, so dass die Berechnung der
Rente nachvollziehbar ist. Auch das BVG-Altersguthaben ist aufgrund des
Gesetzes (Art. 16 BVG) überprüfbar. Zudem berechnet sich die Alterskinderrente
nach Massgabe der Altersrente, deren Höhe der Beschwerdeführer nicht
beanstandet hat.

4.
Streitig ist einzig die Auslegung der in § 18 BVK-Statuten enthaltenen
Verweisung auf das BVG.

4.1 Soweit es um die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen
geht, ist das kantonale und kommunale Berufsvorsorgerecht vom Bundesgericht
frei zu überprüfen (BGE 134 V 199 E. 1.2 S. 200). Da es sich bei der
Versicherungskasse um eine Vorsorgeeinrichtung öffentlichen Rechts handelt, hat
die Auslegung der einschlägigen Bestimmungen der BVK-Statuten - anders als die
Auslegung der Vorsorgereglemente privatrechtlicher Versicherungsträger - nach
den gewöhnlichen Regeln der Gesetzesauslegung zu erfolgen (BGE 133 V 314 E. 4.1
S. 316 f., mit Hinweisen; Urteil B 104/06 vom 6. Juni 2007 E. 5.1, in: SVR 2008
BVG Nr. 2 S. 6).

4.2 Das Gesetz ist in erster Linie nach seinem Wortlaut auszulegen. Ist der
Text nicht ganz klar und sind verschiedene Auslegungen möglich, so muss nach
seiner wahren Tragweite gesucht werden unter Berücksichtigung aller
Auslegungselemente, namentlich von Sinn und Zweck sowie der dem Text zu Grunde
liegenden Wertung. Wichtig ist ebenfalls der Sinn, der einer Norm im Kontext
zukommt. Vom klaren, d.h. eindeutigen und unmissverständlichen Wortlaut darf
nur ausnahmsweise abgewichen werden, u.a. dann nämlich, wenn triftige Gründe
dafür vorliegen, dass der Wortlaut nicht den wahren Sinn der Bestimmung
wiedergibt. Solche Gründe können sich aus der Entstehungsgeschichte der
Bestimmung, aus ihrem Grund und Zweck oder aus dem Zusammenhang mit andern
Vorschriften ergeben (BGE 134 V 208 E. 2.2 S. 211; 130 II 65 E. 4.2 S. 71; 130
V 229 E. 2.2 S. 232, 294 E. 5.3.1 S. 295, 424 E. 3.2 S. 428 f., 472 E. 6.5.1 S.
475, 479 E. 5.2 S. 484; 129 V 283 E. 4.2 S. 284 f.).

5.
5.1 Laut § 18 BVK-Statuten wird Altersrentnern für jedes Kind "eine Kinderrente
nach den Vorschriften des BVG" ausgerichtet. Bei Teilrücktritt oder
Teilentlassung wird die Kinderrente entsprechend herabgesetzt. Gemäss Art. 17
BVG haben Versicherte, denen eine Altersrente zusteht, für jedes Kind, das im
Falle ihres Todes eine Waisenrente beanspruchen könnte, Anspruch auf eine
Kinderrente in Höhe der Waisenrente. Unter der Marginalie "Höhe der Rente"
regelt Art. 21 Abs. 1 BVG, dass beim Tod eines Versicherten die Witwen- oder
Witwerrente 60 Prozent, die Waisenrente 20 Prozent der vollen Invalidenrente
beträgt, auf die der Versicherte Anspruch gehabt hätte. Art. 21 Abs. 2 BVG
sieht vor, dass beim Tod einer Person, die eine Alters- oder Invalidenrente
bezogen hat, die Witwen- oder Witwerrente 60 Prozent, die Waisenrente 20
Prozent der zuletzt ausgerichteten Alters- oder Invalidenrente beträgt.

5.2 Der Beschwerdeführer stellt sich auf den Standpunkt, der Verweis auf die
"Vorschriften des BVG" in § 18 BVK-Statuten meine den in Art. 21 Abs. 1 BVG
geregelten Berechnungsmodus, wonach die Alterskinderrente 20 % der vollen
Invalidenrente betrage (Art. 17 BVG i.V.m. Art. 21 Abs. 1 BVG), wobei der
Begriff der "vollen Invalidenrente" auch den überobligatorischen Rententeil
einschliesse. Bei Anwendung von Art. 21 Abs. 2 BVG bemesse sich die Kinderrente
nach der zuletzt ausgerichteten Alters- oder Invalidenrente.

5.3 Auf dem Weg der systematischen und historischen Auslegung erwog das
kantonale Gericht, mit dem Verweis in § 18 BVK-Statuten auf "Vorschriften des
BVG" sei die gesetzliche Mindestleistung (Obligatorium) gemeint, weshalb die
Alterskinderrenten auf dem obligatorischen Teil des Sparguthabens zu berechnen
seien. Wenn der Beschwerdeführer dagegen vorbringt, das BVG enthalte auch
Bestimmungen über die weitergehende überobligatorische berufliche Vorsorge,
weshalb die Verweisung von § 18 BVK-Statuten auf das BVG nicht zwingend nur das
Obligatorium beinhalte, trifft dies zwar grundsätzlich zu. Indessen enthält das
BVG keinerlei Vorschriften zu überobligatorischen Kinderrenten. Auch die Art.
17 und 21 BVG, auf welche sich der Beschwerdeführer beruft, stehen im ersten
Titel über die obligatorische Versicherung der Arbeitnehmer und stellen für die
Bemessung der Kinderrente auf 20 % der gesetzlichen Mindestrente (Art. 14 ff.
BVG) ab (vgl. BGE 121 V 104 E. 5b S. 108; Urteil B 84/03 vom 30. Juni 2005 E.
4; Urteil B 74/04 vom 28. Juni 2005 E. 2; Urteil 2A.398/2002 vom 9. Juli 2003
E. 2). Demzufolge kann sich der Verweis in § 18 BVK-Statuten nur auf
Kinderrenten der obligatorischen beruflichen Vorsorge beziehen.

5.4 Die vorinstanzliche Interpretation von § 18 BVK-Statuten wird auch durch
das systematische Auslegungselement bestärkt: Entgegen der Sichtweise des
Beschwerdeführers stellt der Umstand, dass die Statuten in § 3 (Beginn und Ende
der Versicherung) und § 13 (Verzinsung der Sparguthaben) von minimalem Lohn
gemäss BVG und BVG-Mindestzinssatz sprechen, kein Indiz gegen die Auslegung im
angefochtenen Entscheid dar. Denn das BVG nimmt Bezug auf verschiedene Löhne;
so den für die Begründung des Versicherungsobligatoriums massgeblichen
Mindestlohn (Art. 7 BVG) und den koordinierten Lohn (Art. 8 BVG; zur
unterschiedlichen rechtlichen Bedeutung der Löhne vgl. HANS-ULRICH STAUFFER,
Berufliche Vorsorge, 2005, N. 451). Sodann regelt Art. 15 Abs. 2 BVG den
Mindestzins und Art. 15 Abs. 1 BVG umfasst den überobligatorisch gewährten Zins
(vgl. Art. 16 Abs. 2 BVV 2). Die Bezugnahme der Statuten auf den jeweils
massgeblichen Lohn und Zins ist damit erklärt und die begriffliche
Unterscheidung in den Statuten gerechtfertigt. Soweit sich der Beschwerdeführer
in der vorinstanzlichen Replik auf Entscheide des damaligen Eidg.
Versicherungsgerichtes gestützt hat, lagen diesen andere reglementarische
Bestimmungen zugrunde, die in ihrem systematischen Kontext nicht mit der hier
auszulegenden übereinstimmen. Namentlich war in den Urteilen B 59/99 vom 22.
Mai 2000 E. 3b (in: SVR 2000 BVG Nr. 11 S. 55) und B 52/00 vom 15. Januar 2001
E. 2b (in: FamPra.ch 2001, S. 847) die dort eigene Statutensystematik für die
Bejahung des Anspruchs und die Bemessung der Hinterlassenenleistungen von
Bedeutung. Das Urteil B 89/05 vom 13. Februar 2006 weist für die Auslegung auf
die Berechnungsgrundlagen im Reglement hin, gemäss welchen die Kinderrenten
nach der dem invaliden oder verstorbenen Versicherten ausgerichteten Alters-
oder Invalidenrente berechnet werden, welche sich ihrerseits nach dem
versicherten Einkommen bestimmen (E. 2.4.2). Schliesslich behandelt das Urteil
B 85/04 vom 20. Dezember 2005 (in: SVR 2006 BVG Nr. 18 S. 63) eine Sache, in
welcher bereits das Reglement die BVG-Minimalleistungen als massgeblich nannte
(E. 3.2).

6.
Der von der BVK angewandte Berechnungsmodus ist nachvollziehbar und rechtlich
nicht zu beanstanden. Die auf dieser Grundlage erfolgte Berechnung der Rente
wird vom Beschwerdeführer nicht substanziiert in Frage gestellt, so dass darauf
nicht weiter einzugehen ist (Art. 105 Abs. 1 BGG).

7.
Das Verfahren ist kostenpflichtig. Der unterliegende Beschwerdeführer trägt die
Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 20. Januar 2010
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Meyer Ettlin