Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 732/2009
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
9C_732/2009

Urteil vom 20. Oktober 2009
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Kernen, Seiler,
Gerichtsschreiber Schmutz.

Parteien
P.________, vertreten durch
Fürsprecherin Dr. Kathrin Kummer Hofer,
Beschwerdeführerin,

gegen

IV-Stelle Luzern, Landenbergstrasse 35, 6005 Luzern,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Luzern
vom 1. Juli 2009.

Sachverhalt:

A.
Die 1981 geborene P.________ war im Vollzeitpensum als kaufmännische
Angestellte tätig, bis sie Ende Mai 2004 den Arbeitsplatz aus gesundheitlichen
Gründen (chronisch-progredient entzündliche Darmerkrankung) verlor. Mit
Verfügung vom 8. Mai 2006 sprach ihr die IV-Stelle Aarau basierend auf einem
Invaliditätsgrad von 95 % ab 1. März 2005 eine ganze Invalidenrente zu. Nach
der Geburt ihres Kindes leitete die neu zuständige IV-Stelle Luzern ein
Revisionsverfahren ein. Gestützt auf die Ergebnisse einer Abklärung im Haushalt
am 26. November 2007 stufte sie die Versicherte als Teilerwerbstätige (mit
50%-Pensum) ein und ermittelte einen Invaliditätsgrad von neu 56 %. Nach
durchgeführtem Vorbescheidverfahren verfügte sie am 24. Januar 2008, ab 1. März
2008 bestehe noch ein Anspruch auf eine halbe Rente.

B.
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern
mit Entscheid vom 1. Juli 2009 ab.

C.
P.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten; sie
beantragt, es sei ihr unter Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides
weiterhin die ganze Invalidenrente auszurichten.

Erwägungen:

1.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) kann
wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und Art. 96 BGG erhoben werden. Das
Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz
festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung
der Vorinstanz nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig
ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105
Abs. 2 BGG). Diese gesetzliche Kognitionsbeschränkung in tatsächlicher Hinsicht
gilt namentlich für die Einschätzung der gesundheitlichen und leistungsmässigen
Verhältnisse (Art. 6 ATSG), wie sie sich im revisionsrechtlich massgeblichen
Vergleichszeitraum entwickelt haben (Urteil I 692/06 vom 19. Dezember 2006, E.
3.1).

2.
Streitig ist die Höhe des Rentenanspruchs. Das kantonale Gericht hat die für
die Beurteilung einschlägigen rechtlichen Grundlagen zutreffend dargelegt. Dies
betrifft insbesondere auch die massgeblichen Bestimmungen und Grundsätze zur
Beurteilung der Statusfrage und damit zur anwendbaren
Invaliditätsbemessungsmethode (bei teilerwerbstätigen Versicherten nach der
gemischten Methode; aArt. 28 Abs. 2ter IVG in Verbindung mit Art. 27bis IVV;
BGE 133 V 477 E. 6.3 S. 486 f. mit Hinweisen, 504 E. 3.3 S. 507 f.; 130 V 393
E. 3.3 S. 395 f.; 125 V 146 E. 2c S. 150 mit Hinweisen; vgl. auch Urteil 9C_49/
2008 vom 28. Juli 2008 E. 3.1-3.4) sowie zum Beweiswert eines Berichts über die
Abklärung im Haushalt (Urteile I 90/02 vom 30. Dezember 2002 E. 2.3.2, nicht
publ. in: BGE 129 V 67, aber in: AHI 2003 S. 215, I 236/06 vom 19. Juni 2006 E.
3.2 und I 733/03 vom 6. April 2004 E. 5.1.2).

3.
Zu prüfen ist, in welchem Ausmass die Beschwerdeführerin ohne gesundheitliche
Beeinträchtigung erwerbstätig wäre. Während die Vorinstanz und die IV-Stelle
von einer Quote von 50 % ausgehen, macht die Beschwerdeführerin eine
Vollzeiterwerbstätigkeit im Gesundheitsfall geltend.

3.1 Die Frage, in welchem Ausmass die versicherte Person ohne gesundheitliche
Beeinträchtigung erwerbstätig wäre, ist mit Rücksicht auf die gesamten
Umstände, so die persönlichen, familiären, sozialen und erwerblichen
Verhältnisse, zu beantworten (in BGE 130 V 396 nicht publizierte E. 3.3, 125 V
146 E. 2c S. 150 mit Hinweisen). Dabei handelt es sich zwangsläufig um eine
hypothetische Beurteilung, die auch hypothetische Willensentscheidungen der
versicherten Person berücksichtigen muss, welche indessen als innere Tatsachen
einer direkten Beweisführung nicht zugänglich sind und in aller Regel aus
äusseren Indizien erschlossen werden müssen. Die Beurteilung hypothetischer
Geschehensabläufe ist eine Tatfrage, soweit sie auf Beweiswürdigung beruht,
selbst wenn darin auch Schlussfolgerungen aus der allgemeinen Lebenserfahrung
mitberücksichtigt werden (BGE 115 II 440 E. 5b S. 448; Urteil 4C.213/1990 vom
21. Mai 1991 E. 3b). Ebenso sind Feststellungen über innere oder psychische
Tatsachen Tatfragen, wie beispielsweise was jemand wollte oder wusste (BGE 130
IV 58 E. 8.5 S. 62, 125 III 435 E. 2a/aa S. 436, 124 III 182 E. 3 S. 184;
Fabienne Hohl, Procédure civile, Band II, Bern 2002, S. 295 Rz 3219).
Rechtsfragen sind hingegen Folgerungen, die ausschliesslich - losgelöst vom
konkreten Sachverhalt - auf die allgemeine Lebenserfahrung gestützt werden (BGE
132 V 393 E. 3.3 S. 399; Urteil 4C.213/1990 vom 21. Mai 1991 E. 3b; Peter Münch
in: Geiser/Münch [Hrsg.], Prozessieren vor Bundesgericht, 2. Aufl., Basel 1998,
S. 135 Rz 4.43; Hohl, a.a.O., S. 297 Rz 3227), oder die Frage, ob aus
festgestellten Indizien mit Recht auf bestimmte Rechtsfolgen geschlossen worden
ist (z.B. auf Rechtsmissbrauch, vgl. Urteil 2A.545/1999 vom 31. Januar 2000 E.
2b).

3.2 Nach diesen Grundsätzen ist die auf eine Würdigung konkreter Umstände
gestützte Festsetzung des hypothetischen Umfanges der Erwerbstätigkeit eine
Tatfrage, welche das Bundesgericht nur eingeschränkt (E. 1) überprüft. Eine
Rechtsfrage läge vor, wenn - was hier nicht der Fall ist - die Vorinstanz ihre
Folgerung, die Beschwerdeführerin wäre im Gesundheitsfall zu 50 % erwerbstätig,
ausschliesslich auf die allgemeine Lebenserfahrung gestützt hätte (Urteil I 708
/06 vom 23. November 2006 E. 3.1 und 3.2). Das kantonale Gericht hat
ausführlich begründet, weshalb die Versicherte auch im Gesundheitsfall vorerst
höchstens zu 50 % erwerbstätig wäre und darum die Voraussetzungen für einen
Statuswechsel erfüllt sind; dabei hat es die ausschlaggebenden Argumente
korrekt gegeneinander abgewogen (vgl. vorinstanzlicher Entscheid E. 4b-f). Es
wird nichts vorgebracht, was diese Sachverhaltsfeststellung als offensichtlich
unrichtig erscheinen lässt.

4.
Soweit die Beschwerdeführerin rügt, mit der getroffenen Annahme werde das
Grundrecht auf Rechtsgleichheit (Gleichbehandlung der Geschlechter und
Diskriminierungsverbot; Art. 8 Abs. 2 und 3 BV) verletzt, ist darauf nicht
näher einzugehen: Denn das Bundesgericht prüft die Verletzung von Grundrechten
nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde nicht nur vorgebracht,
sondern auch begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG). Dies ist hier
eindeutig in nicht genügendem Masse erfolgt.

5.
Die Beschwerde hatte keine Aussicht auf Erfolg, weshalb sie im vereinfachten
Verfahren nach Art. 109 BGG als offensichtlich unbegründet (Abs. 2 lit. a),
ohne Durchführung des Schriftenwechsels, mit summarischer Begründung und unter
Verweis auf den vorinstanzlichen Entscheid erledigt wird.

6.
Die Gerichtskosten werden der Beschwerdeführerin als unterliegender Partei
auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Luzern,
Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, der Ausgleichskasse des
Schweizerischen Baumeisterverbandes und dem Bundesamt für Sozialversicherungen
schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 20. Oktober 2009
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Meyer Schmutz