Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 725/2009
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
9C_725/2009

Urteil vom 15. März 2010
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Seiler, Bundesrichterin Pfiffner Rauber,
Gerichtsschreiber R. Widmer.

Verfahrensbeteiligte
U.________, vertreten durch
Fürsprecher Dr. Guido Fischer,
Beschwerdeführer,

gegen

IV-Stelle des Kantons Aargau,
Kyburgerstrasse 15, 5000 Aarau,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Alters- und Hinterlassenenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau
vom 16. Juni 2009.

In Erwägung,
dass die Sozialversicherungsanstalt Aargau (SVA) U.________, vom 30. Dezember
1991 bis 31. Mai 2002 Mitglied des Verwaltungsrates der Firma B.________ AG,
über welche am 31. Mai 2002 der Konkurs eröffnet worden war, mit Verfügung vom
19. April 2007 zur Bezahlung von Schadenersatz in der Höhe von Fr. 86'384.20
für in den Jahren 1999 bis 2001 unbezahlt gebliebene Beiträge verpflichtete,
dass die SVA auf Einsprache des Belangten hin mit Entscheid vom 23. Juli 2008
an ihrem Standpunkt festhielt,
dass das Versicherungsgericht des Kantons Aargau die von U.________ hiegegen
eingereichte Beschwerde mit Entscheid vom 16. Juni 2009 abgewiesen hat,
dass U.________ mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten
beantragen lässt, unter Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides sei die
Schadenersatzforderung abzuweisen, eventuell sei die Sache zu neuer Beurteilung
an das kantonale Gericht zurückzuweisen,
dass das Bundesgericht von Amtes wegen die formellen Gültigkeitserfordernisse
des Verfahrens prüft, insbesondere auch die Frage, ob die Vorinstanz zu Recht
auf die Beschwerde eingetreten ist,
dass im Rechtsmittelverfahren von Amtes wegen berücksichtigt wird, wenn im
vorinstanzlichen Verfahren trotz Fehlens einer Prozessvoraussetzung ein
materieller Entscheid ergangen ist mit der Folge, dass der angefochtene
Entscheid aufgehoben wird (BGE 132 V 93 E. 1.2 S. 95 mit Hinweis; Urteil 9C_414
/2007 vom 25. Juli 2008),
dass Art. 107 Abs. 1 BGG, wonach das Bundesgericht nicht über die Begehren der
Parteien hinausgehen darf, in einem solchen Falle einer Aufhebung des
angefochtenen Entscheides aus formellen Gründen - auch ohne entsprechenden
Antrag - nicht entgegen steht, da diese Bestimmung nur die materielle Seite des
Rechtsstreits betrifft (zitiertes Urteil 9C_414/2007 vom 25. Juli 2008 mit
Hinweisen),

dass nach Art. 52 Abs. 5 AHVG, der die örtliche Zuständigkeit der kantonalen
Beschwerdeinstanz in Schadenersatzprozessen gemäss Art. 52 AHVG regelt, für die
Beschwerde das Versicherungsgericht des Kantons zuständig ist, in dem der
Arbeitgeber seinen Sitz hat,
dass nach der hiezu ergangenen Rechtsprechung bei Schadenersatzklagen gegen
juristische Personen und deren Organe die Beschwerde dort zu erheben ist, wo
die juristische Person ihren Sitz hat oder vor dem Konkurs hatte, und zwar ohne
Rücksicht auf den Wohnsitz der in Anspruch genommenen Organe (Urteile H 184/06
vom 25. April 2007 und H 130/06 vom 13. Februar 2007),
dass die Firma B.________ AG ihren Sitz vom 1. April 2001 bis zur
Konkurseröffnung am 31. Mai 2002 in Zug hatte, weshalb das Versicherungsgericht
des Kantons Aargau auf die Beschwerde mangels Zuständigkeit nicht hätte
eintreten dürfen, sondern die Sache an das örtliche zuständige
Verwaltungsgericht des Kantons Zug hätte weiterleiten müssen,
dass der angefochtene Entscheid vom 16. Juni 2009 damit aufzuheben und die
Sache zuständigkeitshalber an das Verwaltungsgericht des Kantons Zug zu
überweisen ist, damit es über die Beschwerde gegen den Einspracheentscheid vom
23. Juli 2008 entscheide,
dass die Gerichtskosten dem Prozessausgang entsprechend der unterliegenden SVA
aufzuerlegen sind (Art. 66 Abs. 1 BGG),
dass die SVA dem obsiegenden Beschwerdeführer überdies eine Parteientschädigung
zu bezahlen hat (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG),

erkennt das Bundesgericht:

1.
In teilweiser Gutheissung der Beschwerde wird der Entscheid des
Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom 16. Juni 2009 aufgehoben. Die
Sache wird zur Beurteilung an das Verwaltungsgericht des Kantons Zug
überwiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 4500.- werden der Beschwerdgegnerin auferlegt.

3.
Die Beschwerdegegnerin hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 2'800.- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau,
dem Verwaltungsgericht des Kantons Zug und dem Bundesamt für
Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 15. März 2010

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Meyer Widmer