Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 689/2009
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
9C_689/2009

Urteil vom 28. Dezember 2009
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Borella, Kernen,
Gerichtsschreiberin Amstutz.

Parteien
1. H.________,
2. D.________,
beide vertreten durch Advokat Werner Rufi,
Beschwerdeführer,

gegen

Ausgleichskasse Basel-Landschaft,
Hauptstrasse 109, 4102 Binningen,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Ergänzungsleistung zur AHV/IV,

Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts Basel-Landschaft vom
24. April 2009.

Sachverhalt:

A.
Die 1955 geborene, invaliditätsbedingt in einem Heim wohnhafte H.________ ist
seit 1. März 2002 zum Bezug von Ergänzungsleistungen zu ihrer Invalidenrente
berechtigt. Deren Höhe wurde nach revisionsweiser Anpassung ab 2003 unter
Berücksichtigung eines deklarierten Erwerbseinkommens des Ehegatten D.________
von Fr. 136'817.- berechnet. Nachdem im Zeitraum 2004 bis 2006 keine
Einkommensveränderungen gemeldet worden waren, leitete die Ausgleichskasse am
19. Oktober 2007 erneut ein Revisionsverfahren ein, in dessen Verlauf die
Verwaltung Erwerbseinkommen des Ehegatten von Fr. 159'899.- im Jahr 2005, Fr.
209'881.- im Jahr 2006 und Fr. 188'432.- im 2007 in Erfahrung brachte. Aufgrund
einer Neuberechnung der Ergänzungsleistungen für den Zeitraum von Januar 2005
bis Juni 2008 forderte sie mit Verfügung vom 9. Juni 2008 von den Ehegatten zu
viel ausbezahlte Ergänzungsleistungen in der Höhe Fr. 47'706.- zurück, wogegen
D.________ mit Schreiben vom 23. Juni 2008 in eigenem Namen und in Vertretung
seiner (gesundheitsbedingt dazu nicht selbst befähigten) Ehefrau opponierte;
gleichzeitig stellte er ein Gesuch um Erlass der Rückforderung, welchem die
Ausgleichskasse mit Verfügung vom 11. August 2008 nicht stattgab. Die gegen
diese Verfügung sowie gegen die Rückforderungsverfügung vom 9. Juni 2008
erhobenen Einsprachen wies sie mit Einspracheentscheid vom 13. November 2008
ab.

B.
Die von D.________ in eigenem Namen und im Namen seiner Ehefrau gegen den
Einspracheentscheid vom 13. November 2008 sowohl im Rückerstattungs- als auch
im Erlasspunkt erhobene Beschwerde wies das Kantonsgericht Basel-Landschaft mit
Entscheid vom 24. April 2009 ab.

C.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lassen D.________ und
H.________ beantragen, unter Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids seien
sie "vollständig von der Rückerstattungspflicht zu befreien"; eventualiter sei
ihnen ein Teil der Rückerstattungsforderung zu erlassen.
Mit Verfügung des Präsidenten der II. sozialrechtlichen Abteilung vom 30.
Oktober 2009 wurde das Verfahren auf Antrag der Beschwerdeführer zwecks
Unterbreitung eines Vergleichsvorschlags durch die Parteien bis zum 15.
Dezember 2009 sistiert; dies mit dem Hinweis, dass das Verfahren nach
unbenutztem Ablauf der Sistierungsfrist stillschweigend fortgesetzt werde, es
sei denn, es liege ein von den Parteien gemeinsam gestellter Antrag auf
Verlängerung der Sistierung vor.

D.
Mit Eingabe vom 15. Dezember 2009 lassen H.________ und D.________ die
Verlängerung der Sistierung bis mindestens am 15. Februar 2010 beantragen, da
aus ihrer Sicht nach wie vor Verhandlungsspielraum für eine einvernehmliche
Lösung bestehe.

Erwägungen:

1.
Nachdem bis am 15. Dezember 2009 kein von den Parteien gemeinsam gestellter
Antrag auf Verlängerung der Sistierung gestellt und seitens der Ausgleichskasse
bis zu jenem Zeitpunkt auch anderweitig keine Vergleichsbereitschaft
signalisiert worden ist, wird das Verfahren gemäss Ankündigung in der Verfügung
vom 30. Oktober 2009 fortgesetzt. Für die Genehmigung des einseitigen Antrags
des Beschwerdeführers auf Verlängerung der Verfahrenssistierung besteht kein
Anlass, sind doch die hiefür erforderlichen Voraussetzungen nicht gegeben (Art.
71 BGG in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 BZP).

2.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) kann
wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 f. BGG erhoben werden. Dabei legt das
Bundesgericht seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz
festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann eine - für den Ausgang des
Verfahrens entscheidende (vgl. Art. 97 Abs. 1 BGG) - Sachverhaltsfeststellung
von Amtes wegen nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich
unrichtig ist oder wenn sie auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG
beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).

3.
3.1 Vorinstanzlich verbindlich (Art. 105 BGG) festgestellte, von keiner Seite
bestrittene Tatsache ist, dass die Ausgleichskasse der - infolge
Heimaufenthalts der Beschwerdeführerin für die Beschwerdeführer gesondert
vorzunehmenden (Art. 9 Abs. 3 ELG) - Ergänzungsleistungsberechnung ab 1. Januar
2003 ein Erwerbseinkommen des Ehegatten in der Höhe von Fr. 136'817.- zu Grunde
gelegt hat, tatsächlich aber ab 2003 wesentlich höhere Einkommen im Betrag von
Fr. 159'899.- im Jahr 2005, Fr. 209'881.- im Jahr 2006 und Fr. 188'432.- im
Jahr 2007 erzielt worden waren. Nach den zutreffenden Erwägungen der Vorinstanz
war die Beschwerdegegnerin daher gestützt auf Art. 25 Abs. 1 Satz 1 ATSG zur
verfügungsweisen Rückforderung zu viel ausgerichteter Leistungen befugt und hat
sie dies am 9. Juni 2008 innert gesetzlicher Frist (Art. 25 Abs. 2 ATSG) getan.
Inwiefern die revisionsweise vorgenommene Ergänzungsleistungsberechnung und die
darauf gestützte Rückforderung auf einer Verletzung von Bundesrecht (Art. 95
BGG) beruhen soll, ist weder substantiiert dargetan noch ersichtlich. Die
sinngemäss einzig vorgebrachte Rüge, die Vorinstanz habe bei der Ermittlung des
anrechenbaren Einkommens Art. 11 ELG in Verbindung mit Art. 11a ELV missachtet,
ist offensichtlich unbegründet. Namentlich wurden vom Bruttoeinkommen des
Beschwerdeführers nebst den geleisteten Sozialversicherungsbeiträgen auch
Gewinnungskosten in Höhe von Fr. 768.- (2005 und 2006) respektive Fr. 804.-
(2007 und 2008) in Abzug gebracht und sind höhere Kosten nicht behauptet,
geschweige denn ausgewiesen. Der in der Verfügung vom 9. Juni 2008 detailliert
aufgeführte Rückforderungsbetrag von insgesamt Fr. 47'706.- für den Zeitraum
Januar 2005 bis Juni 2008 ist daher ohne Weiteres zu bestätigen.
3.2
3.2.1 Bezüglich des ebenfalls umstrittenen Erlasses der zurückgeforderten
Leistungen gemäss Art. 25 Abs. 1 ATSG ist die Vorinstanz zutreffend davon
ausgegangen, dass der hierfür vorausgesetzte gute Glaube (Art. 25 Abs. 1 Satz 1
ATSG) von vornherein entfällt, wenn die zu Unrecht erfolgte
Leistungsausrichtung auf eine vorsätzliche oder eine grobfahrlässige Verletzung
der gesetzlichen Melde- oder Auskunftspflicht des Leistungsempfängers (Art. 31
ATSG; Art. 24 ELV) zurückgeht (BGE 112 V 97 E. 2c S. 103 und E. 3b S. 104; 110
V 176 E. 3c S. 180 f.; AHI 2003 S. 161 E. 3a, I 553/01; zum Ganzen Urteil
8C_594/2007 vom 10. März 2008 E. 5.2). Sie hat zudem richtig dargelegt, dass
die gebotene Sorgfalt nach einem objektiven Massstab (unter Mitberücksichtigung
des den Betroffenen in ihrer Subjektivität Möglichen und Zumutbaren
[Urteilsfähigkeit, Gesundheitszustand, Bildungsgrad usw.]) zu beurteilen ist
(vgl. SVR 2007 IV Nr. 13 S. 49 E. 3.1, I 622/05).
3.2.2 Nach den unter dem Blickwinkel von Art. 105 Abs. 2 BGG nicht zu
beanstandenden und von den Parteien auch nicht bestrittenen Feststellungen der
Vorinstanz haben die Beschwerdeführer der Ausgleichskasse die im Zeitraum 2005
bis 2007 gegenüber den Vorjahren wesentlich höheren Erwebseinkommen (vgl. E.
3.1 hievor) nicht gemeldet, dies trotz des Umstands, dass es bereits zuvor zu
mehrfachen Leistungsanpassungen aufgrund veränderter finanzieller Verhältnisse
gekommen war (per April 2002, Dezember 2003, Januar 2004, Februar 2004,
September 2004, Januar 2005), die Formulare und Leistungsverfügungen der
Ausgleichskasse ausdrücklich auf die Meldepflicht (auch) bei geändertem
Erwerbseinkommen hingewiesen hatten und davon ausgegangen werden muss, dass der
Beschwerdeführer sich aufgrund seiner Tätigkeit als Kundenberater einer grossen
Versicherungsgesellschaft im Versicherungsbereich bestens auskennt. Im Lichte
dieser Sachumstände hat der Beschwerdeführer es nach Auffassung der Vorinstanz
an der rechtlich gebotenen Aufmerksamkeit fehlen lassen und ist ihm eine - die
Gutgläubigkeit ausschliessende (E. 3.2.1 hievor) - grobfahrlässige
Meldepflichtverletzung vorzuwerfen.
3.2.3 In der Beschwerde wird nichts vorgebracht, was die Bundesrechtswidrigkeit
des vorinstanzlich unter Berücksichtigung der tatsächlichen Verhältnisse
angewandten Sorgfaltsmassstabes und der daraus gezogenen Schlussfolgerungen zu
begründen vermöchte (Art. 95 BGG; zur Einstufung als Rechtsfrage: BGE 122 V 221
E. 3 S. 223; SVR 2007 EL Nr. 8 S. 19 E. 2.2, 8C_1/2007). Den Einwand, man sei
von einer bloss einmaligen und dann unveränderten Leistungsberechnung
ausgegangen, hat die Vorinstanz - unter zutreffendem Hinweis auf die allseits
bekannten früheren Leistungsanpassungen infolge geänderter Finanzverhältnisse -
überzeugend zurückgewiesen. Auch die angebliche Annahme der Beschwerdeführer,
die Ausgleichskasse habe die relevanten Einkommenszahlen direkt bei den
Steuerbehörden anfragen können, ist offensichtlich nicht geeignet, ein
abweichendes Ergebnis zu bewirken. Dass es dem beschwerdeführenden Ehegatten
der Ergänzungsleistungsbezügerin - bei nachvollziehbarer psychischer
Belastungssituation nach der Erkrankung seiner Ehefrau - objektiv unmöglich
oder unzumutbar war und auch von einem verständigen Menschen in gleicher Lage
nicht hätte verlangt werden können, der Ausgleichskasse die geänderten
Erwerbseinkommen jeweils ordnungsgemäss zu melden, wird zu Recht nicht
behauptet.

4.
Die Gerichtskosten (Art. 65 BGG) gehen ausgangsgemäss zu Lasten der
Beschwerdeführer (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden den Beschwerdeführern auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung
Sozialversicherungsrecht, und dem Bundesamt für Sozialversicherungen
schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 28. Dezember 2009

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:

Meyer Amstutz