Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 627/2009
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
9C_627/2009

Urteil vom 23. Juli 2010
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Borella, Kernen, Seiler,
Bundesrichterin Pfiffner Rauber,
Gerichtsschreiber Nussbaumer.

Verfahrensbeteiligte
Ausgleichskasse des Kantons St. Gallen, Brauerstrasse 54, 9016 St. Gallen,
Beschwerdeführerin,

gegen

B.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Werner Beilstein,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Alters- und Hinterlassenenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen
vom 8. Juni 2009.

Sachverhalt:

A.
Der deutsche Staatsangehörige B.________ wohnt seit 2001 in der Schweiz. Er ist
Kommanditist der deutschen Firma X.________ GmbH & Co. KG. Das kantonale
Steueramt meldete am 10. Oktober 2007 und am 13. Juni 2008 im Ausland erzieltes
Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit sowie investiertes Eigenkapital
für die Jahre 2003 bis 2006. Mit Nachtragsverfügungen vom 1. Juli und 5.
September 2008 setzte die Ausgleichskasse des Kantons St. Gallen die Beiträge
des B.________ für das Jahr 2003 auf Fr. 182'721.40, für 2004 auf Fr.
266'234.80, für 2005 auf Fr. 355'480.80 und für 2006 auf Fr. 296'294.40 fest.
Am 3. Juli und am 11. August 2008 verfügte sie des Weitern Verzugszinse in der
Höhe von Fr. 22'345.55 und von Fr. 66'689.75. An diesen Verfügungen hielt sie
mit Einspracheentscheid vom 24. September 2008 fest.

B.
Die hiegegen erhobene Beschwerde hiess das Versicherungsgericht des Kantons St.
Gallen mit Entscheid vom 8. Juni 2009 gut und hob den Einspracheentscheid vom
24. September 2008 auf. Zur Begründung führte es an, der Beschwerdeführer
leiste mit seiner Beteiligung als Kommanditist der deutschen X.________ GmbH &
Co. KG keinen persönlichen Einsatz, der in einem relevanten Zusammenhang mit
den ihm zufliessenden Einkünften stehe. Es handle sich um blosse
Vermögensverwaltung. Der Beteiligungsgewinn komme einem Kapitalertrag gleich,
auf welchem keine sozialversicherungsrechtlichen Beiträge geschuldet seien.

C.
Die Ausgleichskasse des Kantons St. Gallen führt Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Antrag, in Aufhebung des
vorinstanzlichen Entscheides sei der Einspracheentscheid vom 24. September 2008
zu bestätigen.
Das kantonale Gericht verzichtet auf eine Vernehmlassung. B.________ lässt auf
Abweisung der Beschwerde schliessen, während das Bundesamt für
Sozialversicherungen (BSV) deren Gutheissung beantragt.

Erwägungen:

1.
1.1 Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich
weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die
Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen
als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der
Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (BGE 134 V 250 E.
1.2 S. 252 mit Hinweisen; 133 III 545 E. 2.2 S. 550; 130 III 136 E. 1.4 S.
140). Immerhin prüft das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen
Begründungspflicht der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur
die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu
offensichtlich sind (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254).

1.2 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann deren
Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen nur berichtigen oder ergänzen, wenn
sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von
Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). Eine unvollständige
Sachverhaltsfeststellung stellt eine vom Bundesgericht ebenfalls zu
korrigierende Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 lit. a BGG dar (Seiler/von
Werdt/Güngerich, Kommentar zum Bundesgerichtsgesetz, Bern 2007, N. 24 zu Art.
97).

2.
2.1 Im Streit liegt, ob die in betraglicher Hinsicht nicht bestrittenen
Einkünfte des Beschwerdegegners, welche er in den Jahren 2003 bis 2006 als
Kommanditist der X.________ GmbH & Co. KG erzielt, als selbständige
Erwerbstätigkeit im Sinne von Art. 9 Abs. 1 AHVG (SR 831.10) und Art. 20 Abs. 3
AHVV (SR 831.101) zu qualifizieren sind. Die Beteiligten sind sich darin einig,
dass sich die Beitragspflicht aufgrund der Beteiligung des in der Schweiz
wohnhaften und in der Schweiz zuletzt unselbständig erwerbstätigen
Beschwerdegegners an einer deutschen Kommanditgesellschaft allein nach
schweizerischem Recht richtet (Art. 13 Abs. 2 lit. b, Art. 14a Abs. 2 und Art.
14c der Verordnung [EWG] Nr. 1408/71 vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der
Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbstständige sowie deren
Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern [SR
0.831.109.268.1] in Verbindung mit Art. 153a Abs. 1 lit. a AHVG und mit dem am
1. Juni 2002 in Kraft getretenen Abkommen vom 21. Juni 1999 zwischen der
Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft
und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit [FZA; SR
0.142.112.681]). Vor Inkrafttreten des FZA galt das Abkommen zwischen der
Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Bundesrepublik Deutschland über
Soziale Sicherheit vom 25. Februar 1964 (SR 0.831.109.136.1), welches in Art. 5
eine Kollisionsregel enthalten hatte, wonach der Arbeitsort bzw. das
Erwerbsortsprinzip massgeblich gewesen waren und somit in der vorliegenden
Konstellation das deutsche Recht anwendbar gewesen war, soweit es um die einzig
strittige sozialversicherungsrechtliche Qualifikation der aus der Beteiligung
an der deutschen Kommanditgesellschaft erzielten Einkünfte ging (Urteile des
Eidgenössischen Versicherungsgerichts vom 27. November 1980 [H 60/80], E. 1,
publiziert in ZAK 1981 S. 517, und vom 4. August 1993 [H 280/92] publiziert in
AHI 1994 S. 134). Schliesslich stimmen die Beteiligten auch darin überein, dass
es sich bei der Kommanditgesellschaft X.________ GmbH & Co. KG nicht um eine
juristische Person, sondern um eine Personengesellschaft handelt (vgl. BAUMBACH
/HOPT/MERKT, Handelsgesetzbuch [HGB], 34. Aufl., München 2010, N. 1 zu § 124
HGB, N. 2 und 10 zu § 161 HGB).
2.2
2.2.1 Gemäss Art. 4 Abs. 1 AHVG werden die Beiträge der erwerbstätigen
Versicherten in Prozenten des Einkommens aus unselbständiger und selbständiger
Erwerbstätigkeit festgesetzt. Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit ist
jedes Erwerbseinkommen, das nicht Entgelt für in unselbständiger Stellung
geleistete Arbeit darstellt (Art. 9 Abs. 1 AHVG). Den Begriff des Einkommens
aus selbständiger Erwerbstätigkeit konkretisiert Art. 17 AHVV (in der hier
anwendbaren Fassung gemäss Änderung vom 1. März 2000, in Kraft seit 1. Januar
2001, in Verbindung mit Abs. 1 SchlBest. der Änderung) wie folgt:
"Als Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit im Sinne von Artikel 9 Absatz
1 AHVG gelten alle in selbständiger Stellung erzielten Einkünfte aus einem
Handels-, Industrie-, Gewerbe-, Land- und Forstwirtschaftsbetrieb, aus einem
freien Beruf, sowie aus jeder anderen selbständigen Erwerbstätigkeit,
einschliesslich der Kapital- und Überführungsgewinne nach Artikel 18 Absatz 2
DBG [SR 642.11] und der Gewinne aus der Veräusserung von land- und
forstwirtschaftlichen Grundstücken nach Artikel 18 Absatz 4 DBG, mit Ausnahme
der Einkünfte aus zu Geschäftsvermögen erklärten Beteiligungen nach Artikel 18
Absatz 2 DBG."
2.2.2 Nicht unter den Begriff der selbständigen Erwerbstätigkeit im Sinne von
Art. 9 Abs. 1 AHVG und Art. 17 AHVV fällt die blosse Verwaltung des eigenen
Vermögens; der daraus resultierende reine Kapitalertrag unterliegt daher nicht
der Beitragspflicht. Gleiches gilt in Bezug auf Gewinne aus privatem Vermögen,
welche in Ausnützung einer zufällig sich bietenden Gelegenheit erzielt worden
sind. Anderseits stellen Kapitalgewinne aus der Veräusserung oder Verwertung
von Gegenständen des Privatvermögens, wie Wertschriften oder Liegenschaften,
auch bei nicht buchführungspflichtigen (Einzel-)Betrieben, Einkommen aus
selbständiger Erwerbstätigkeit dar, wenn und soweit sie auf gewerbsmässigem
Handel beruhen (BGE 134 V 250 E. 3.1 S. 253; 125 V 383 E. 2a S. 385 mit
Hinweisen; Urteil 9C_551/2008 vom 16. Januar 2009, E. 2.1).
2.2.3 Art. 20 Abs. 3 AHVV in der ab 1. Januar 1996 in Kraft stehenden Fassung
lautet:
"Die Teilhaber von Kollektiv- und Kommanditgesellschaften sowie von anderen auf
einen Erwerbszweck gerichteten Personengesamtheiten ohne juristische
Persönlichkeit haben die Beiträge von ihrem Anteil am Einkommen der
Personengesamtheit zu entrichten."
Nach der geltenden Regelung und der gestützt darauf ergangenen Rechtsprechung
sind sämtliche Teilhaber von Kollektiv- und Kommanditgesellschaften für ihre
Anteile am Einkommen der Personengesamtheit der Beitragspflicht aus
selbständiger Erwerbstätigkeit unterstellt (BGE 121 V 80 E. 2a S. 82; 114 V 72
E. 4 S. 75 ff.; 105 V 4 E. 2 S. 7; ZAK 1986 S. 459, 1985 S. 523, 316, 1981 S.
519 E. 2b, 1980 S. 222).

3.
3.1 Die Vorinstanz stellte für das Bundesgericht verbindlich fest, dass die
deutsche X.________ GmbH & Co. KG eine grosse, international tätige
Unternehmung mit Sitz in Deutschland ist, in der der Beschwerdegegner im
streitigen Zeitraum 2003 bis 2006 Teilhaber (Kommanditist) war, und dass diese
Unternehmung einen erwerblichen Zweck verfolgt. Ferner stellte sie fest und ist
unbestritten, dass der Beschwerdegegner weder Mitglied der Geschäftsführung
noch des Beirates der Komplementärin ist und dass ein Widerspruchsrecht der
Kommanditisten gesellschaftsvertraglich wegbedungen worden ist.
Unter Berufung auf die Angaben des Beschwerdegegners und des in den Akten
liegenden Gesellschaftsvertrags stellte die Vorinstanz sodann fest, dass bei
der Firma X.________ GmbH & Co. KG eine juristische Person - eine GmbH - als
Komplementärin vorgesehen sei. Die Vorinstanz erwog, dies sei nach deutschem
Recht im Unterschied zum schweizerischen Recht möglich, nach welch letzterem
die Komplementärin zwingend eine natürliche Person sein müsse (Art. 594 Abs. 2
OR). Als Folge der Ausgliederung bzw. der "Vorverschiebung" einer mit
sämtlichen Entscheidbefugnissen ausgestatteten juristischen Person (als
Komplementärin) habe der Beschwerdegegner als Kommanditist keine Möglichkeit,
Einfluss auf die Betriebsführung zu nehmen, dies nicht einmal für Handlungen,
die über den gewöhnlichen Betrieb hinausgingen. Der personenbezogene Charakter
der (kleinen) Kommanditgesellschaft nach schweizerischem Recht, welcher für das
Bundesgericht in erster Linie Anlass gewesen sei, die blosse Kapitaleinlage der
Kommanditäre als Erwerbstätigkeit zu qualifizieren, werde in der vorliegenden
Konstellation weitgehend in den Hintergrund gedrängt. Kapitalbezogene Elemente
der Unternehmensstruktur würden hier bei dem grossen länderübergreifenden
Firmenkonglomerat die Oberhand gewinnen. Die Stellung des Beschwerdegegners in
der Unternehmung entspreche somit im Ergebnis derjenigen eines Kapitalgebers/
Aktionärs.

3.2 Die Beschwerde führende Ausgleichskasse vertritt die Auffassung, dass kein
reiner Kapitalertrag, sondern ein beitragspflichtiger Gewinnanteil eines
Personengesellschafters vorliege. Gegen einen reinen Kapitalertrag würden nur
schon die hohen prozentualen Erträge sprechen; diese hätten im Jahr 2003 16 %,
im Jahr 2004 21 %, im Jahr 2005 24 % und im Jahr 2006 19 % betragen. Eine
Kapitalverzinsung von 16 % oder gar 24 % erscheine überhöht und könne mit einer
"normalen" Kapitalanlage ohne hohe Risiken nicht erzielt werden. Nicht nur der
Kommanditist nach deutschem Recht, sondern auch der Kommanditär nach
schweizerischem Recht dürften keinen Einfluss auf die Geschäftsführung ausüben,
insofern seien sich die beiden Personengesellschaften ähnlich: Kommanditär nach
schweizerischem Recht und Kommanditist nach deutschem Recht seien
gleichermassen grundsätzlich reine Kapitalgeber. Die fehlende Entscheidbefugnis
könne nicht Grund dafür sein, dass der deutsche Kommanditist anders behandelt
werde als der Kommanditär. Bei der Frage, ob Kapitalertrag vorliege oder nicht,
spiele sodann die Grösse der Unternehmung keine Rolle. Auch der Unterschied,
dass im Gegensatz zur schweizerischen Regelung betreffend die
Kommanditgesellschaft nach deutschem Recht eine juristische Person als
Komplementär eingesetzt werden könne, sei nicht massgebliches Kriterium für
eine unterschiedliche Behandlung im Hinblick auf die
sozialversicherungsrechtliche Beitragspflicht. Dieser Unterschied sei lediglich
im Zusammenhang mit der Minimierung der Haftungsrisiken des Komplementärs als
natürlicher Person von Bedeutung.

3.3 Der Beschwerdegegner bringt vor, er sei Kapitalgeber ähnlich wie ein
Aktionär in einer AG. Die Frage der Beitragspflicht der Kommanditisten nach
deutschem Recht stelle sich erst seit Inkrafttreten der Verordnung (EWG) 1408/
71. Der Kommanditist einer deutschen GmbH & Co. KG könne nicht mit einem
Kommanditär einer schweizerischen Kommanditgesellschaft verglichen werden. Beim
Kommanditisten seien - wie auch bei der neuen schweizerischen
Kommanditgesellschaft für kollektive Kapitalanlagen (Art. 9 und 98 ff. des
Bundesgesetzes vom 23. Juni 2006 über die kollektiven Kapitalanlagen
[Kollektivanlagengesetz, KAG; SR 951.31], in Kraft seit 1. Januar 2007) die
beiden Funktionen der Geschäftsführung und der Kapitalgewährung bewusst und
strikt voneinander getrennt. Er habe in der Funktion als Kommanditist keine
Möglichkeit, auf die Geschäftsführung einzuwirken und trage dementsprechend
auch kein über seine Kommandite hinausgehendes Risiko. Auch für die
Eidgenössische Steuerverwaltung sei bei der steuerlichen Qualifikation der
Kommanditäre entscheidend, ob der Kommanditär Einfluss auf die Geschäftsführung
der Komplementärin nehmen könne oder nicht.

4.
4.1 Art. 20 Abs. 3 AHVV ist vom Eidgenössischen Versicherungsgericht in
konstanter Rechtsprechung als gesetzmässig betrachtet worden (BGE 131 V 97 E.
4.3.3 S. 103, 105 V 8 E. 3, ZAK 1986 S. 460 E. 4a mit weiteren Hinweisen, H 116
/97 vom 16. September 1997). Der Beschwerdegegner wirft nun aber die Frage der
Gesetzmässigkeit von Art. 20 Abs. 3 AHVV auf. Er stellt sich auf den
Standpunkt, es liege keine "Erwerbstätigkeit" im Sinne des Gesetzes vor. Es sei
nicht haltbar, dass alleine aus seiner Eigenschaft als Kapitalgeber gestützt
auf Art. 20 AHVV eine "Erwerbstätigkeit" abgeleitet werde.

4.2 Eine Auslegung von Art. 20 Abs. 3 AHVV nach dem Wortlaut ergibt vorerst
klar, dass es sich bei der Firma X.________ GmbH & Co. KG um eine
Kommanditgesellschaft oder eine "auf einen Erwerbszweck gerichteten
Personengesamtheit ohne juristische Persönlichkeit" handelt. Es ist nicht
ersichtlich und wird auch nicht behauptet, dass die vorliegende Gesellschaft
diese Kriterien nicht erfüllt.

4.3 Die Entstehungsgeschichte von Art. 20 Abs. 3 AHVV zeigt Folgendes:
In der ursprünglichen Fassung von Art. 20 Abs. 3 AHVV hatten die Teilhaber von
Kollektivgesellschaften, die unbeschränkt haftenden Teilhaber von
Kommanditgesellschaften und die Teilhaber anderer auf einen Erwerbszweck
gerichteten Personengesamtheiten ohne juristische Persönlichkeit Beiträge von
dem gemäss Art. 17 lit. c AHVV berechneten Anteil am Einkommen der
Personengesamtheiten zu bezahlen. In einem 1974 ergangenen
Gesamtgerichtsentscheid (BGE 100 V 140 E. 3) präzisierte das Eidgenössische
Versicherungsgericht die Beitragspflicht der Kommanditäre als
Selbständigerwerbende. Dabei wurde grundsätzlich an der bisherigen Praxis der
beitragsrechtlichen Erfassung der Gewinnanteile von Teilhabern an
Kommanditgesellschaften festgehalten. Die Rechtsprechung bezüglich der
ausnahmsweisen Beitragspflicht des Kommanditärs als Selbständigerwerbender sei
zudem, so das Gericht damals, in dem Sinne zu bestätigen und zu präzisieren,
dass als massgebende Kriterien hiefür der Umfang der im Einzelfall bestehenden
Dispositionsbefugnis und des Geschäftsrisikos zu gelten habe. Der von der
bisherigen Rechtsprechung ebenfalls verwendete Begriff des "Einsatzes mit der
Person" komme demgegenüber lediglich die Bedeutung eines zusätzlichen
Abgrenzungskriteriums zu in Fällen, in welchen der Kommanditär ohne
entsprechende gesellschaftsvertragliche Regelung eine massgebende Stellung in
der Gesellschaft einnehme. Das Gericht verkannte in jenem Entscheid im Jahr
1974 nicht, dass die bisherige Praxis mit Abgrenzungsschwierigkeiten verbunden
gewesen war, die de lege ferenda eine einfachere Regelung als wünschenswert
erscheinen liessen. Weiter führte das Gericht aus, angesichts der sich aus den
Art. 17 lit. c und 20 Abs. 3 AHVV ergebenden Ordnung, welche nicht als
gesetzeswidrig erachtet werden könne, sei es dem Gericht verwehrt, diesem
Umstand durch Änderung der Rechtsprechung Rechnung zu tragen. Bereits 1974
wurde somit die grundsätzliche Gesetzeskonformität der Beitragspflicht von
Kommanditären höchstrichterlich festgestellt.
In der ab 1. Januar 1976 geltenden neuen Formulierung von Art. 20 Abs. 3 AHVV
hatte der Verordnungsgeber die Beitragspflicht der unbeschränkt haftenden
Teilhaber der Kommanditgesellschaft (= den Komplementären) auf alle Teilhaber,
also auf die Kommanditäre ausgedehnt (ZAK 1974 S. 446 ff., insbesondere S.
448). Die Ausweitung der Beitragspflicht auch auf die Kommanditäre, die "als
solche(r) zur Führung der Geschäfte der Gesellschaft weder berechtigt noch
verpflichtet" sind (Art. 600 Abs. 1 OR), war durch die Aufsichtsbehörden in ZAK
1974 S. 448 f. wie folgt erläutert worden:
"Der Kommanditär ist Teilhaber der Kommanditgesellschaft. Das Einkommen, das
ihm als Gesellschafter zufliesst, insbesondere der Gewinnanteil, gehört deshalb
zu den aus selbständiger Erwerbstätigkeit, wie das des Komplementärs (...). Die
bisherige Regelung, wonach der nicht mitarbeitende Kommanditär lediglich als
Kapitalgeber betrachtet wird, entsprach dessen rechtlicher und wirtschaftlicher
Stellung nicht. Die Neuregelung tritt erst am 1. Januar 1976 in Kraft."
Der ab 1976 geltende Art. 20 Abs. 3 AHVV lautete:
"Die Teilhaber von Kollektiv- und Kommanditgesellschaften sowie von anderen auf
einen Erwerbszweck gerichteten Personengesamtheiten ohne juristische
Persönlichkeit haben die Beiträge von dem gemäss Artikel 17 Buchstabe c
berechneten Anteil am Einkommen der Personengesamtheiten zu entrichten."
Art. 17 lit. c AHVV verwies auf Art. 18 Abs. 2 AHVV: 6,5 % ist Grenze (in Kraft
ab 1. Januar 1992).
Die seit dem 1. Januar 1996 in Kraft stehende Fassung von Art. 20 Abs. 3 AHVV
behält das Prinzip der generellen Beitragspflicht aus selbständiger
Erwerbstätigkeit gleichermassen für "die Teilhaber von Kollektiv- und
Kommanditgesellschaften sowie von anderen auf einen Erwerbszweck gerichteten
Personengesamtheiten ohne juristische Persönlichkeit" bei. Neu wird der Anteil
am Einkommen der Personengesamtheit nicht mehr in Prozentzahlen beziffert,
sondern in allgemeiner Form formuliert, wonach Beiträge "von ihrem Anteil am
Einkommen der Personengesamtheit" zu entrichten sind.

4.4 Diese Entstehungsgeschichte des Art. 20 Abs. 3 AHVV zeigt, dass seit Anfang
1976 eine generelle und konstante Beitragspflicht der Kommanditäre bestanden
hat und besteht. Grundgedanke dieser Beitragspflicht war und ist, dass der
Kommanditär - anders als ein blosser Kapitalgeber - direkt, ähnlich dem
Komplementär, am Gesellschaftsgewinn teilnimmt.

4.5 Auch aus gesetzessystematischer Sicht ergibt sich nichts Gegenteiliges:
Weder die offene Formulierung in Art. 9 Abs. 1 AHVG, wonach Einkommen aus
selbständiger Erwerbstätigkeit jedes Erwerbseinkommen ist, das nicht Entgelt
für in unselbständiger Stellung geleistete Arbeit darstellt, noch Art. 17 AHVV,
das die Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit näher umschreibt, stehen
Art. 20 Abs. 3 AHVV entgegen. Auch ist nicht ersichtlich, dass Art. 18 DBG in
Widerspruch stünde zu Art. 20 Abs. 3 AHVV (vgl. auch Art. 10 Abs. 1 DBG).

4.6 Schliesslich ist die Beitragspflicht der Kommanditäre auch mit dem Sinn und
Zweck von Art. 20 Abs. 3 AHVV zu begründen. Entsprechend seiner
wirtschaftlichen Stellung in der Gesellschaft nimmt der Kommanditär als solcher
direkt am wirtschaftlichen Erfolg der Gesellschaft teil. Wer sich als Teilhaber
einer Kommanditgesellschaft anschliesst, nimmt nicht in erster Linie eine
private Vermögensanlage vor (BGE 105 V 4; ZAK 1981 S. 517 [H 60/80 vom 27.
November 1980]).

4.7 Art. 20 Abs. 3 AHVV steht auch im Einklang mit dem Zivilrecht, was für die
AHV zwar nicht unbedingt ausschlaggebend, aber im Sinne der Einheit der
Rechtsordnung soweit möglich anzustreben ist. Zivilrechtlich ist man entweder
Einzelfirma oder Mitglied einer Personengesellschaft und damit
Selbständigerwerbender; oder man ist an einer juristischen Person beteiligt und
ist dann blosser Kapitalgeber und/oder allenfalls unselbständigerwerbender
Angestellter der juristischen Person. Erst in letzter Konstellation muss im
Einzelfall geprüft werden, wie viel als Dividende und wie viel als Lohn gemäss
BGE 134 V 297, auf den sich das kantonale Gericht beruft, zu qualifizieren ist.
Es ist daher sinnvoll, wenn der Verordnungsgeber auf die zivilrechtliche
Regelung abstellt.

4.8 Die Gesetzmässigkeit von Art. 20 Abs. 3 AHVV ist vom Eidgenössischen
Versicherungsgericht und vom Bundesgericht in konstanter Rechtsprechung bejaht
worden (BGE 121 V 80 E. 2a S. 81 f.; 114 V 72 [E. 3 publiziert in ZAK 1988 S.
455]; 105 V 4; ZAK 1986 S. 460 E. 4a [H 68/85 vom 25. April 1986], 1985 S. 316
[H 147/84 vom 15. März 1985], 1981 S. 519 [H 60/80 vom 27. November 1980, E.
2a], 1980 S. 223 [H 72/79 vom 8. November 1979 E. 1]; Urteil 9C_455/2008, E.
5). Das Einkommen, das Gesellschaftern einer auf Gewinn ausgerichteten
Personengesamtheit zufliesst, insbesondere der Gewinnanteil der Gesellschaft,
gilt gestützt auf Art. 20 Abs. 3 AHVV - unabhängig von einer persönlichen
Arbeitsleistung - als Einkommen aus selbständiger Tätigkeit. Vorbehalten
bleiben Fälle von Rechtsmissbrauch. So hat die Rechtsprechung als
Rechtsmissbrauch den Umstand qualifiziert, dass im Rahmen der Beteiligung an
einer Kommanditgesellschaft der AHV die Funktion eines reinen
Finanzanlageobjekts zugedacht worden ist (BGE 131 V 97).

5.
Nach dem Gesagten ist Art. 20 Abs. 3 AHVV gesetzmässig. Es besteht daher kein
Anlass, von der bisherigen langjährigen und konstanten Rechtsprechung
abzuweichen. Entscheidend für die Anwendbarkeit von Art. 20 Abs. 3 AHVV ist
damit einzig, ob es sich um eine auf einen Erwerbszweck gerichtete
Personengesamtheit ohne juristische Persönlichkeit handelt. Dies trifft für die
deutsche GmbH und Co. KG zu (E. 2.1 hievor). Es kommt daher nicht darauf an,
wie im Einzelfall die Einflussmöglichkeiten in der Gesellschaft sind, ob diese
eine familienbezogene Struktur hat und ob sie international tätig ist. Es
braucht auch nicht geprüft zu werden, ob die im deutschen Recht vorgesehene
Gesellschaftsform der GmbH & Co. KG eine mit der schweizerischen
Kommanditgesellschaft vergleichbare Gesellschaftsform darstellt, da Art. 20
Abs. 3 AHVV nicht nur Teilhaber von Kollektiv- und Kommanditgesellschaften,
sondern auch Teilhaber "von anderen auf einen Erwerbszweck gerichteten
Personengesamtheiten ohne juristische Persönlichkeit" aufführt. Wegen dem
Erwerbszweck (vgl. Art. 594 Abs. 1 OR und § 161 Abs. 1 HGB) lässt sich, wie das
BSV zu Recht einwendet, auch nicht ein Vergleich mit der Kommanditgesellschaft
für kollektive Kapitalanlagen ziehen, deren ausschliesslicher Zweck die
kollektive Kapitalanlage ist (Art. 98 Abs. 1 KAG). Die Beschwerde führende
Ausgleichskasse hat daher zu Recht die Einkünfte des Beschwerdegegners in den
Jahren 2003 bis 2006 als Kommanditist der X.________ GmbH & Co. KG als
Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit qualifiziert.

6.
Die Gerichtskosten (Art. 65 BGG) sind dem Beschwerdegegner als unterliegender
Partei aufzuerlegen (Art. 66 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
In Gutheissung der Beschwerde wird der Entscheid des Versicherungsgerichts des
Kantons St. Gallen vom 8. Juni 2009 aufgehoben.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 15'000.- werden dem Beschwerdegegner auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons St.
Gallen und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 23. Juli 2010
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Meyer Nussbaumer