Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 61/2009
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
9C_61/2009

Urteil vom 16. Juli 2009
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Borella, Kernen, Seiler,
Bundesrichterin Pfiffner Rauber,
Gerichtsschreiber Fessler.

Parteien
Stiftung X.________,
vertreten durch Fürsprecher Rolf Lüthi,
Beschwerdeführerin,

gegen

Genossenschaft KPT/CPT Krankenkasse,
Recht, Postfach 8624, 3001 Bern,
vertreten durch Fürsprecher Dr. Andreas Jost,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Krankenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid
des Schiedsgerichts in Sozialversicherungsstreitigkeiten des Kantons Bern vom
27. November 2008.

Sachverhalt:

A.
Die Stiftung X.________ betreibt das Spital Y.________, welches auf der
Spitalliste des Kantons Bern als Akutspital mit privater Trägerschaft ohne
Beiträge der öffentlichen Hand aufgeführt ist. Der im Kanton Bern wohnhafte
L.________, bei der Genossenschaft KPT/ CPT Krankenkasse (heute KPT
Krankenkasse AG; im Folgenden: KPT) obligatorisch krankenpflegeversichert,
wollte sich Ende Februar/Anfang März 2005 auf der allgemeinen Abteilung des
Spitals Y.________ stationär behandeln lassen. In diesem Zeitpunkt bestand
zwischen der KPT und diesem Spital kein verbindlicher Tarifvertrag. Das Spital
Y.________ verlangte vor der Behandlung die Entrichtung eines Depots von Fr.
11'000.-. Da L.________ nicht bereit war, diese Summe zu bezahlen, verweigerte
das Spital nach erfolgtem Eintritt die definitive Aufnahme. Mit Schreiben vom
11. März 2005 ersuchte die KPT das Spital Y.________ um Aufnahme ihres
Versicherten und führte aus: «Wir bestätigen Ihnen eine Deckung der
Spitalkosten im Umfang der am Spital A.________ ausgerichteten Referenztaxe und
verpflichten uns, einen Mehrbetrag zu leisten, falls ein für uns verbindlicher
rechtskräftiger Tarif oder ein rechtskräftiges Urteil für die im Spital
Y.________ erfolgte stationäre Behandlung eine höhere OKP-Deckung festlegt.»
Das Spital wies mit Schreiben vom 18. März 2005 u.a. darauf hin, dass für
Privatspitäler nicht einseitig der Referenztarif für öffentliche Spitäler
festgelegt werden könne. Die von der KPT geleistete Kostengutsprache entspreche
nicht dem KVG. Weiter führte das Spital aus: «Wir bitten Sie deshalb höflich,
Ihre Kostengutsprachen gemäss KVG und den für den jeweiligen Versicherten
gültigen allgemeinen Versicherungsbestimmungen zu leisten.» L.________ liess
sich vom 21. März bis 2. April 2005 im Spital A.________ behandeln.

B.
Mit Klage vom 26. Januar 2007 beantragte die KPT beim Schiedsgericht in
Sozialversicherungsstreitigkeiten des Kantons Bern, das Spital Y.________ sei
wegen Verstosses gegen Art. 44 Abs. 1 KVG (Tarifschutz) und Art. 41 Abs. 1 KVG
(Aufnahme- und Behandlungspflicht) zu verwarnen. Für den Wiederholungsfall sei
dem Spital der vorübergehende oder definitive Ausschluss von der Tätigkeit zu
Lasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung anzudrohen.

Das Schiedsgericht holte die Klageantwort ein und führte einen zweiten
Schriftenwechsel durch. Mit Entscheid vom 27. November 2008 hiess es die Klage
gut und verwarnte das Spital Y.________ zufolge Verletzung des Tarifschutzes.

C.
Die Stiftung X.________ erhebt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten mit dem Rechtsbegehren, der Entscheid vom 27. November 2008 sei
aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die KPT beantragt die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei.
Kantonales Schiedsgericht und Bundesamt für Gesundheit verzichten auf eine
Vernehmlassung.

Erwägungen:

1.
1.1 Nach Art. 59 KVG (in der geltenden Fassung gemäss Änderung vom 8. Oktober
2004; AS 2005 1071) werden gegen Leistungserbringer Sanktionen ergriffen u.a.
wegen Nichtbeachtung des Tarifschutzes nach Artikel 44 (Abs. 1 Ingress und Abs.
3 lit. d). Die Sanktionen umfassen als mildeste Massnahme eine Verwarnung, als
schwerste den vorübergehenden oder definitiven Ausschluss eines
Leistungserbringers von der Tätigkeit zu Lasten der obligatorischen
Krankenpflegeversicherung (Abs. 1 lit. a und d). Über Sanktionen entscheidet
das Schiedsgericht nach Artikel 89 auf Antrag eines Versicherers oder eines
Verbandes der Versicherer (Abs. 2).

1.2 Die Gesetzesänderung vom 8. Oktober 2004 trat am 1. Januar 2005 in Kraft,
wurde aber erst am 22. Februar 2005 in der Amtlichen Sammlung (AS) publiziert
und begründet daher erst ab 23. Februar 2005 Rechtspflichten (Art. 8 Abs. 2 des
Bundesgesetzes vom 18. Juni 2004 über die Sammlungen des Bundesrechts und das
Bundesblatt; PublG, SR 170.512). Aus den Akten ist nicht genau ersichtlich, in
welchem Zeitpunkt die Beschwerdeführerin erstmals vom Versicherten der
Beschwerdegegnerin die Bezahlung eines Depots in der Höhe von Fr. 11'000.-
verlangt hatte. Der Beginn der stationären Behandlung war für Ende Februar/
Anfang März 2005 vorgesehen. Die Beschwerdeführerin hat indessen mit Schreiben
vom 18. März 2005 ihren Standpunkt nochmals bekräftigt; erst nachher ist der
Patient in das Spital A.________ eingetreten. Die geltende Fassung von Art. 59
KVG ist daher auf den zu beurteilenden Sachverhalt uneingeschränkt anwendbar.

2.
2.1 Das kantonale Schiedsgericht hat die Beklagte und heutige
Beschwerdeführerin gestützt auf Art. 59 Abs. 1 lit. a und Abs. 3 lit. d KVG
wegen Verletzung des Tarifschutzes nach Art. 44 KVG verwarnt. Nach seiner
Auffassung hat das Privatspital in unzulässiger Weise die definitive Aufnahme
und Behandlung des Versicherten der Klägerin in der allgemeinen Abteilung von
einer Depotzahlung in der Höhe von Fr. 11'000.- abhängig gemacht. Zur
Begründung hat die Vorinstanz ausgeführt, der Tarifschutz gelte auch im
vertragslosen Zustand. Das KVG schreibe den Leistungserbringern nicht vor, jede
versicherte Person zu behandeln. Die Zulassung zur Tätigkeit zu Lasten der
obligatorischen Krankenpflegeversicherung bedeute aber auch, dass die
Leistungserbringer die Versicherten aller anerkannten Krankenkassen behandeln
müssten und deren Behandlung nicht aus Gründen ablehnen könnten, die
ausschliesslich mit dem KVG zu tun hätten. Ein als unrentabel erachteter Tarif
für bestimmte medizinische Verrichtungen berechtige daher nicht zu einer
Zurückweisung. Insofern begründe das KVG eine Behandlungspflicht der
zugelassenen Leistungserbringer, insbesondere dort, wo die Zulassung eine
Bedarfsplanung voraussetze. Der klagende Krankenversicherer sei einzig aufgrund
des Tarifstreits mit dem beklagten Leistungserbringer nicht bereit gewesen,
eine Kostengutsprache für die gesamten zu erwartenden Behandlungskosten zu
erteilen. Der Tarifstreit dürfe sich jedoch nicht zu Lasten des Versicherten
auswirken. Der Tarifschutz bedeute, dass eine versicherte Person ohne
zusätzliche Vertragsbedingung zur Leistung zugelassen werde. Die
Kautionspflicht stelle eine unzulässige Zusatzverpflichtung dar. Die
Verweigerung der vollen Kostengutsprache einzig aufgrund des Tarifstreits
berechtige den Leistungserbringer nicht, eine Sicherstellung gemäss den eigenen
Tarifvorstellungen zu verlangen. Die verlangte Depotzahlung verstosse daher
gegen Art. 44 KVG. Der Patient habe sich vor der Behandlung gegen den Tarif
nicht wehren können. Der Leistungserbringer habe mit der eingeforderten Zahlung
faktisch die Behandlung aus Gründen abgelehnt, die einzig mit dem Tarifstreit
zusammenhingen, und damit ihre Behandlungspflicht verletzt.

2.2 Die Beschwerdeführerin bringt vor, die Feststellung der Vorinstanz, sie
habe eine Sicherstellung gemäss eigenen Tarifvorstellungen verlangt, sei
offensichtlich unrichtig. Sie habe den vom Regierungsrat genehmigten und für 90
% der Versicherer gültigen Tarif zur Anwendung gebracht. Die verlangte
Depotzahlung sei tiefer gewesen als dieser Referenztarif. Sie habe damit den
Tarifschutz eingehalten, obschon zwischen ihr und der Beschwerdegegnerin kein
Tarif bestanden habe. Das Verlangen einer Depotzahlung führe nicht zu einer
Erhöhung des Tarifs, sondern sei eine reine Inkassomassnahme. Tarifschutz und
Sicherstellung der mutmasslichen Behandlungskosten hätten nichts miteinander zu
tun. Anders als in der Unfallversicherung gelte in der Krankenversicherung kein
bundesrechtliches Verbot, eine Depotzahlung zu verlangen, jedenfalls wenn das
System des Tiers garant gelte. Sie habe daher den Tarifschutz nicht verletzt.
Anderseits habe sich die Beschwerdegegnerin KVG-widrig verhalten, indem sie
eine Kostengutsprache nur in der Höhe des Tarifs des Spitals A.________,
welcher etwa 45 % ihres Tarifs entspreche, abgegeben habe. Diese willkürliche
Festsetzung der Höhe der Kostengutsprache sowie der Umstand, dass die
Beschwerdegegnerin nicht bereit gewesen sei, den Tarifstreit in Vertretung
ihres Versicherten mit ihr als Leistungserbringerin direkt auszufechten, habe
dazu geführt, dass sie einen Vorschuss für einen Teil der Behandlungskosten
verlangt habe. Der Krankenversicherer hätte eine ganz normale Kostengutsprache
erteilen müssen, da die Behandlung durch die obligatorische
Krankenpflegeversicherung gedeckt gewesen sei. Dann hätte er den angewendeten
(Referenz-)Tarif in Vertretung des Versicherten beim Schiedsgericht anfechten
können.

2.3 Die Beschwerdegegnerin macht geltend, sie habe sich im Schreiben vom 11.
März 2005 bereit erklärt, einen Mehrbetrag zum Tarif des Spitals A.________ zu
leisten, falls ein verbindlicher rechtskräftiger Tarif oder ein rechtskräftiges
Urteil für die erfolgte stationäre Behandlung eine höhere Deckung durch die
obligatorische Krankenpflegeversicherung festlege. Die Beschwerdeführerin habe
also die Gewissheit gehabt, dass sie die Behandlungskosten in der vollen Höhe
übernehmen würde. Die je konkret zur Anwendung gelangenden Tarife sähen nicht
vor, dass die Versicherten vor der Behandlung eine Depotzahlung zu leisten
hätten. Das Einfordern einer solchen Zahlung sei daher eine tarifmässig nicht
vorgesehene und damit unzulässige finanzielle Verpflichtung. Mit ihrem Vorgehen
habe die Beschwerdeführerin ihre Behandlungspflicht, den Tarifschutz und das
Wahlrecht der obligatorisch krankenpflegeversicherten Personen verletzt.

3.
Nach der hier noch massgebenden, bis Ende 2008 in Kraft gewesenen Fassung von
Art. 42 KVG schulden mangels anderslautender vertraglicher Regelung die
Versicherten dem Leistungserbringer die Vergütung der Leistung (Tiers garant;
vgl. aber heute Art. 42 Abs. 2 Satz 2 KVG, in Kraft ab 1. Januar 2009). Die
Leistungserbringer müssen sich an die vertraglich oder behördlich festgelegten
Tarife und Preise halten und dürfen für Leistungen nach diesem Gesetz keine
weitergehenden Vergütungen berechnen (Tarifschutz; Art. 44 Abs. 1 Satz 1 KVG).

3.1 Der Tarifschutz umfasst die Pflicht der Leistungserbringer und der
Versicherer zur Einhaltung der massgebenden Tarife und Preise sowohl im
gegenseitigen als auch im Verhältnis zum Versicherten. Im Rahmen der Tätigkeit
zu Lasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung ist es den
Leistungserbringern nicht gestattet, mit den Versicherten über die
vertraglichen oder behördlichen Tarife hinausgehende Vergütungen zu
vereinbaren. Der Tarifschutz ist auch bei Fehlen eines vertraglichen oder
behördlichen Tarifs zu respektieren (BGE 131 V 133 E. 6 S. 139). Insbesondere
dürfen den Versicherten aus der stationären Behandlung in der allgemeinen
Abteilung eines auf der Spitalliste des Kantons aufgeführten Spitals mit
entsprechendem Leistungsauftrag, was auf das von der Beschwerdeführerin
betriebene Privatspital zutrifft, mit Ausnahme der Kostenbeteiligung nach Art.
64 KVG keine von der obligatorischen Krankenpflegeversicherung ungedeckte
Kosten erwachsen. Besteht kein Tarif, ist ein im Streitfall gerichtlich
festzulegender Referenztarif beizuziehen (BGE 131 V 133 E. 12.2 und 12.3 S. 144
f.; vgl. auch BGE 133 V 123).

3.2 Es steht fest, dass im Zeitpunkt der verlangten Depotzahlung als
Voraussetzung für die definitive Aufnahme und stationäre Behandlung in der
allgemeinen Abteilung des Spitals kein für die Parteien verbindlicher
(behördlich genehmigter oder festgesetzter) Tarif bestand. Dies führte nicht
dazu, dass der Versicherte mit Ausnahme der gesetzlichen Kostenbeteiligung für
Leistungen nach KVG selber aufzukommen gehabt hätte (E. 3.1). Im Weitern
bestreitet die Beschwerdeführerin nicht, dass sie an einen bestimmten Tarif
gebunden war. Sie weist wie schon im vorinstanzlichen Verfahren darauf hin,
dass das von ihr verlangte Depot nicht höher gewesen sei als die
Behandlungskosten gemäss einem allerdings nur im Verhältnis mit anderen
Krankenversicherern (provisorisch) anwendbaren Tarif. Entgegen ihrer
Darstellung war jedoch die von der Beschwerdegegnerin geleistete
Kostengutsprache nicht auf den Tarif des Spitals A.________ begrenzt. Im
Gegenteil verpflichtete sich der Krankenversicherer ausdrücklich, einen
Mehrbetrag zu leisten, falls ein für ihn verbindlicher Tarif oder ein
rechtskräftiges Urteil für die Behandlung eine höhere Deckung durch die
obligatorische Krankenpflegeversicherung festlege. Eine Kostenvergütung in der
Höhe des für das öffentliche Spital A.________ geltenden Tarifs wäre denn auch
klar ungenügend gewesen. Nach der hier massgebenden, bis Ende 2008 in Kraft
gewesenen Fassung von Art. 49 Abs. 1 KVG hatte die von der obligatorischen
Krankenpflegeversicherung zu vergütende Pauschale des Spitals A.________
höchstens 50 Prozent der anrechenbaren Kosten je Patient oder Patientin oder je
Versichertengruppe in der allgemeinen Abteilung zu decken. Zudem wurden
Betriebskostenanteile aus Überkapazität, Investitionskosten sowie Kosten für
Lehre und Forschung nicht angerechnet. Der Tarif des von der Beschwerdeführerin
betriebenen nicht subventionierten Privatspitals hingegen hatte die gesamten
anrechenbaren Kosten und zusätzlichen Betriebskostenanteile abzudecken. Auch er
hatte der gesetzlichen Vorgabe in Art. 43 Abs. 4 KVG zu genügen,
betriebswirtschaftlich bemessen und sachgerecht strukturiert zu sein (BGE 133 V
123 E. 7.2 S. 130). Ein KVG-konformer Tarif musste daher jedenfalls deutlich
höher sein als der Tarif des Spitals A.________ (BGE 131 V 133 E. 12.3 S. 145;
RKUV 1999 S. 354 E. 4.4).

3.3 Art. 44 KVG beschränkt die Forderung der Leistungserbringer auf die
tarifmässigen Preise und verbietet weitergehende Vergütungen. Es dürfen - im
System des Tiers garant - den Versicherten nicht höhere als tarifmässige
Behandlungskosten in Rechnung gestellt werden (E. 3.1). Wird im Voraus eine
Sicherstellung der Honorarforderung in Form einer dem massgebenden Tarif (evtl.
Referenztarif) entsprechenden Depotzahlung verlangt, so beschlägt das nicht die
Höhe, sondern nur den Zeitpunkt der Vergütung der Leistung. Der
Leistungserbringer fordert damit nicht eine nach Art. 44 KVG unzulässige
weitergehende Vergütung, sondern nur eine Vorauszahlung desjenigen Betrages,
den die versicherte Person im System des Tiers garant ohnehin wird bezahlen
müssen. Ob eine solche Sicherstellung im Tarifvertrag vorgesehen sein muss, wie
die Beschwerdegegnerin einwendet, ist fraglich, kann aber offenbleiben, zumal
vorliegend gerade kein Tarifvertrag bestand. Der Tarifschutz gibt jedenfalls
einer versicherten Person keinen Anspruch gegenüber dem Leistungserbringer auf
Behandlung ohne Sicherstellung der Behandlungskosten nach Massgabe des
anwendbaren Tarifs. Fehlt ein verbindlicher (vertraglicher oder behördlicher)
Tarif, hat die Höhe der Depotzahlung angemessen, d.h. einem vernünftigerweise
in Betracht fallenden Referenztarif zu entsprechen.
Es steht ausser Frage, dass der Versicherte bei grundsätzlich gegebener
Leistungspflicht der obligatorischen Krankenpflegeversicherung bei einer
Behandlung in dem von der Beschwerdeführerin betriebenen Privatspital keine
Kosten zu tragen gehabt hätte. Ebenfalls war die von ihm verlangte Depotzahlung
nicht höher als die Behandlungskosten gemäss einem im Verhältnis mit anderen
Krankenversicherern anwendbaren Tarif. Bei dieser Ausgangslage hat die
Beschwerdeführerin vom Versicherten nicht eine höhere Depotleistung verlangt
als sie in guten Treuen verlangen konnte und hat den Tarifschutz nicht
verletzt. Insofern ist auch ohne Belang, dass die geforderte Vorauszahlung
letztlich auf einen Tarifstreit zwischen Leistungserbringer und
Krankenversicherer zurückzuführen war.

4.
Nach Art. 41 Abs. 1 Satz 1 KVG können die Versicherten unter den zugelassenen
Leistungserbringern, die für die Behandlung ihrer Krankheit geeignet sind, frei
wählen. Gegen diese Bestimmung verstösst nicht, wenn ein Listenspital mit
Leistungsauftrag die Sicherstellung der Spitalkosten in Form einer Depotzahlung
verlangt. Daran ändert nichts, dass wohl die Mehrzahl der lediglich
obligatorisch krankenpflegeversicherten Personen nicht in der Lage sein dürfte,
innert weniger Tage Kostenvorschüsse in der Höhe von einigen tausend Franken zu
bezahlen, und sich daher in einem andern nicht notwendigerweise öffentlichen
oder öffentlich subventionierten Spital behandeln lassen muss. Das Wahlrecht
nach Art. 41 Abs. 1 Satz 1 KVG ist versicherungsrechtlicher Natur und besagt,
dass der Krankenversicherer verpflichtet ist, die Behandlungskosten nach den
jeweils massgebenden Tarifen zu bezahlen, unabhängig davon, welchen
Leistungserbringer der oder die Versicherte aufsucht. Es betrifft somit nicht
das Verhältnis zwischen Patient und Leistungserbringer (vgl. Urteil 2P.32/2006
vom 16. November 2006 E. 3.4). Aus dem Recht auf freie Wahl des
Leistungserbringers kann auch keine aus dem Bundesrecht sich ergebende
Behandlungspflicht der zu Lasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung
tätigen Spitäler abgeleitet werden (vgl. BGE 130 I 306 E. 2.2 S. 310; Gebhard
Eugster, Krankenversicherung, in: Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht
[SBVR], Soziale Sicherheit, 2. Aufl. 2007, S. 631 N. 709, S. 660 N. 787;
Brigitte Pfiffner Rauber, Das Recht auf Krankheitsbehandlung und Pflege, 2003,
S. 39 ff.). Eine solche Verpflichtung stellte eine Einschränkung der
verfassungsmässig garantierten Vertragsfreiheit dar und bedürfte daher einer
gesetzlichen Grundlage (Art. 27 BV und Art. 36 Abs. 1 BV; BGE 131 I 223 E. 4.1
S. 230). Dass eine solche Vorschrift im einschlägigen kantonalen Recht besteht,
wird nicht geltend gemacht. Ob sich aus dem Grundsatz der Bedarfsplanung (Art.
39 Abs. 1 lit. d KVG) eine Behandlungspflicht im Rahmen der obligatorischen
Krankenpflegeversicherung der auf der Spitalliste aufgeführten Spitäler ergibt,
wie Vorinstanz und Beschwerdegegnerin annehmen, ist fraglich, kann jedoch
offenbleiben. Selbst bei Bejahung der Frage wird damit ein Privatspital nicht
verpflichtet, eine Behandlung unter Verzicht auf Sicherstellung der Kosten
durchzuführen und damit ein Inkassorisiko zu tragen.

5.
Haben Versicherer und Leistungserbringer nichts anderes vereinbart, so schulden
die Versicherten den Leistungserbringern die Vergütung. Die Versicherten haben
in diesem Fall gegenüber dem Versicherer einen Anspruch auf Rückerstattung
(System des Tiers garant). In Abweichung von Artikel 22 Absatz 1 ATSG kann
dieser Anspruch dem Leistungserbringer abgetreten werden (Art. 42 Abs. 1 KVG).

5.1 Das Rechtsverhältnis zwischen einem Privatspital und den Patienten ist
privatrechtlicher Natur (Urteil 5C.52/2001 vom 14. Juni 2001 E. 1.c, nicht
publiziert in: BGE 127 III 421 [Behandlungsvertrag]; Tomas Poledna/Brigitte
Berger, Öffentliches Gesundheitsrecht, 2002, S. 97 f. [Spitalvertrag]),
jedenfalls soweit die Einrichtung nicht kraft kantonalen Rechts öffentliche
Aufgaben wahrnimmt (BGE 122 I 153 E. 2e und f S. 156 ff.; Urteil 4P.67/2000 vom
31. August 2000 E. 1). Im Privatrecht steht es grundsätzlich jedem Anbieter
frei, zur Absicherung des Risikos, nach gehöriger Vertragserfüllung nicht
vollständig oder nur auf dem Wege der Betreibung oder Klage entschädigt zu
werden, seine Leistung nur gegen Vorauszahlung oder Sicherstellung der Zahlung
zu erbringen.

5.2 Auch ein zu Lasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung tätiges
nicht öffentlich subventioniertes Privatspital hat jedenfalls im System des
Tiers garant ein legitimes Interesse an einer solchen Sicherstellung. Weder
eine Kostengutsprache des Krankenversicherers noch die Möglichkeit, sich von
der versicherten Person den Rückerstattungsanspruch diesem gegenüber abtreten
zu lassen (Art. 42 Abs. 1 Satz 3 KVG), schliessen das Risiko aus, eine
Behandlung durchzuführen, ohne dafür eine Vergütung zu erhalten.
5.2.1 Eine Kostengutsprache des Krankenversicherers stellt kein verbindliches
Leistungsversprechen gegenüber der versicherten Person dar (BGE 112 V 188 E. 1
S. 190; 111 V 28). Der Versicherer kann eine Kostenübernahme trotz vorgängig
erteilter Kostengutsprache später verweigern, insbesondere wenn er die
Behandlung als medizinisch nicht indiziert oder nicht wirksam, zweckmässig oder
wirtschaftlich erachtet (Art. 32 KVG). Vorbehalten bleiben Tatbestände des
öffentlichrechtlichen Vertrauensschutzes (BGE 121 V 65 E. 2a und b S. 66 f.;
BGE 112 V 188 E. 1 S. 190; Urteile des Eidg. Versicherungsgerichts K 50/03 vom
3. Dezember 2003 E. 8 und K 143/00 vom 9. Februar 2001). Umgekehrt präjudiziert
eine ablehnende vertrauensärztliche Stellungnahme zu einer vorgesehenen
Behandlung die Frage der Leistungspflicht der obligatorischen
Krankenpflegeversicherung nicht (BGE 127 V 43 E. 2e S. 49; Eugster, a.a.O., N.
339 S. 508).
5.2.2 Im Weitern begründet der Anspruch der versicherten Person auf
Rückerstattung der Vergütung der Leistung (Art. 42 Abs. 1 Satz 2 KVG) keine
Vorleistungspflicht der Versicherer (vgl. SVR 2005 KV Nr. 29, K 39/04 E. 3.1.2;
Eugster, a.a.O., N. 993 S. 734). Die Abtretung des Rückerstattungsanspruchs an
den Leistungserbringer (Art. 42 Abs. 1 Satz 3 KVG) sodann erfolgt
zahlungshalber. Der Erwerber muss sich nur diejenige Summe anrechnen lassen,
die er vom Schuldner erhält oder bei gehöriger Sorgfalt hätte erhalten können
(Art. 172 OR; BGE 127 V 439 E. 2a S. 445; vgl. auch BGE 135 V 2 E. 6.1 S. 8).
Lediglich in dem Umfang, in welchem der Leistungserbringer befriedigt wird oder
hätte befriedigt werden können, wird die versicherte Person somit befreit.
Darüber hinaus bleibt sie Schuldnerin der Vergütung der Leistung und der
Leistungserbringer hat ein Interesse an der Sicherstellung der Bezahlung der
Behandlungskosten.
5.2.3 Vorliegend hat die Beschwerdegegnerin zwar eine Kostengutsprache
geleistet und sich darin auch verpflichtet, einen Mehrbetrag zu leisten, falls
ein für sie verbindlicher Tarif oder ein rechtskräftiges Urteil für die
Behandlung eine höhere OKP-Deckung festlege. Immerhin ging aber daraus hervor,
dass die Beschwerdegegnerin grundsätzlich Behandlungskosten nur in der Höhe des
offensichtlich ungenügenden (vorne E. 3.2) Tarifs des Spitals A.________
bezahlen wollte. Nur aufgrund eines gerichtlichen Urteils oder eines
verbindlich festgesetzten Tarifs (der in der damaligen Situation nicht rasch zu
erwarten war) war sie bereit, mehr zu bezahlen. Sie hat somit in Aussicht
gestellt, einen Tarif anwenden zu wollen, der eindeutig viel zu tief war, und
im Übrigen die Beschwerdeführerin auf den Prozessweg verwiesen. In dieser
Situation kann es im hier massgeblichen System des Tiers garant nicht als
Verletzung des KVG betrachtet werden, wenn der Leistungserbringer zur
Sicherstellung der voraussichtlichen Behandlungskosten eine Depotzahlung in
einer angemessenen Höhe verlangt.
Wie es sich unter der Geltung der seit 1. Januar 2009 in Kraft stehenden neuen
Fassung von Art. 42 Abs. 2 KVG verhält (vgl. vorne E. 3), ist hier nicht zu
entscheiden.

6.
Die Beschwerdeführerin hat somit weder gegen den Tarifschutz nach Art. 44 KVG
verstossen noch sonstwie Bundesrecht verletzt. Die Verwarnung durch das
kantonale Schiedsgericht erfolgte somit zu Unrecht und ist daher aufzuheben.

7.
Die unterliegende Beschwerdegegnerin handelt in ihrem amtlichen Wirkungskreis
und nicht in ihrem Vermögensinteresse. Sie trägt daher keine Verfahrenskosten
(Art. 66 Abs. 4 BGG); sie hat der obsiegenden Beschwerdeführerin jedoch eine
Parteientschädigung zu bezahlen (Art. 68 Abs. 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Entscheid des Schiedsgerichts in
Sozialversicherungsstreitigkeiten des Kantons Bern vom 27. November 2008 wird
aufgehoben und die Klage vom 26. Januar 2007 abgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Die Beschwerdegegnerin hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 2800.- zu entschädigen.

4.
Die Sache wird zur Neuverlegung der Kosten des vorangegangenen Verfahrens an
das Schiedsgericht in Sozialversicherungsstreitigkeiten des Kantons Bern
zurückgewiesen.

5.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Schiedsgericht in
Sozialversicherungsstreitigkeiten des Kantons Bern und dem Bundesamt für
Gesundheit schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 16. Juli 2009
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Meyer Fessler