Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 617/2009
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
9C_617/2009

Urteil vom 15. Januar 2010
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Borella, Seiler,
Gerichtsschreiber Fessler.

Parteien
M.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Rolf Bühler,
Beschwerdeführer,

gegen

IV-Stelle Luzern, Landenbergstrasse 35, 6005 Luzern,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung (Invalidenrente, Revision),

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Luzern vom
10. Juni 2009.

Sachverhalt:

A.
Dem 1964 geborenen M.________ wird als Folge eines am 20. Januar 1992
erlittenen Berufsunfalles mit offener Grosszehenfraktur rechts seit 1. Oktober
1993 eine Rente der obligatorischen Unfallversicherung (Grad der
Erwerbsunfähigkeit: 33 1/3 %) ausgerichtet. Ab diesem Zeitpunkt bezog er auch
Rentenleistungen der Invalidenversicherung, und zwar bis 31. Juli 1993 eine
ganze Rente, vom 1. August bis 30. September 1993 eine halbe Rente sowie ab 1.
November 1995 wieder eine ganze Rente (Verfügung vom 4. Februar 1999). Als
Ergebnis eines im Januar 2005 eingeleiteten Revisionsverfahrens, in welchem
M.________ psychiatrisch sowie in Bezug auf eine berufliche Wiedereingliederung
abgeklärt wurde, hob die IV-Stelle Luzern die ganze Rente auf und entzog einer
allfälligen Beschwerde die aufschiebende Wirkung (Verfügung vom 29. Januar
2008).

B.
Die Beschwerde des M.________ hiess das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern,
Abgaberechtliche Abteilung, in dem Sinne teilweise gut, dass es die Sache an
die IV-Stelle zurückwies, damit sie den Anspruch auf unentgeltliche
Rechtspflege im Vorbescheidverfahren prüfe und danach darüber entscheide. Im
Übrigen wies es das Rechtsmittel ab (Entscheid vom 10. Juni 2009).

C.
M.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen
mit dem Rechtsbegehren, der Entscheid vom 10. Juni 2009 und die Verfügung vom
29. Januar 2008 seien aufzuheben und die Sache an das kantonale Gericht oder
die IV-Stelle zu neuer Entscheidung zurückzuweisen; eventualiter sei ihm nach
wie vor eine ganze Rente, eventualiter eine Dreiviertelsrente, subeventualiter
eine halbe Rente zuzusprechen, unter Gewährung der unentgeltlichen
Rechtspflege.
Das kantonale Gericht beantragt die Abweisung der Beschwerde, desgleichen die
IV-Stelle, soweit darauf einzutreten sei. Das Bundesamt für
Sozialversicherungen verzichtet auf eine Vernehmlassung.

Erwägungen:

1.
Der angefochtene Entscheid bestätigt die revisionsweise Aufhebung der ganzen
Rente durch die IV-Stelle auf den 1. März 2008 (Art. 17 Abs. 1 ATSG). In der
Beschwerde wird gerügt, die Verletzung des rechtlichen Gehörs durch die
IV-Stelle im Rahmen des Vorbescheidverfahrens sei unheilbar, die
vorinstanzlichen Feststellungen zum Gesundheitszustand und zur Arbeitsfähigkeit
seien offensichtlich unrichtig und beruhten auf einer unvollständigen
Sachverhaltsabklärung. Insbesondere berücksichtige das psychiatrische
Administrativgutachten des Dr. med. G.________ vom 6. September 2005 nicht die
nachher eingetretenen Verschlechterungen und die Schlussfolgerungen der
Vorinstanz aus der Expertise seien falsch und geradezu willkürlich.

2.
2.1 Gemäss Art. 57a Abs. 1 IVG teilt die IV-Stelle der versicherten Person den
vorgesehenen Endentscheid über ein Leistungsbegehren oder den Entzug oder die
Herabsetzung einer bisher gewährten Leistung mittels Vorbescheid mit (Satz 1).
Die versicherte Person hat Anspruch auf rechtliches Gehör im Sinne von Artikel
42 ATSG (Satz 2). Die Parteien können innerhalb einer Frist von 30 Tagen
Einwände zum Vorbescheid vorbringen (Art. 73ter Abs. 1 IVV). Der Sinn und Zweck
des Vorbescheidverfahrens besteht darin, eine unkomplizierte Diskussion des
Sachverhalts zu ermöglichen und dadurch die Akzeptanz des Entscheids bei den
Versicherten zu verbessern (BGE 134 V 97 E. 2.7 S. 106). Die IV-Stelle darf
sich nicht darauf beschränken, die von der versicherten Person vorgebrachten
Einwände tatsächlich zur Kenntnis zu nehmen und zu prüfen. Sie hat ihre
Überlegungen dem oder der Betroffenen gegenüber auch namhaft zu machen und sich
dabei ausdrücklich mit den (entscheidwesentlichen) Einwänden
auseinanderzusetzen, oder aber zumindest die Gründe anzugeben, weshalb sie
gewisse Gesichtspunkte nicht berücksichtigen kann (BGE 124 V 181 E. 2b S. 183).
Das Vorbescheidverfahren geht über den verfassungsrechtlichen Mindestanspruch
auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) hinaus, indem es Gelegenheit gibt,
sich nicht nur zur Sache, sondern auch zum vorgesehenen Endentscheid zu äussern
(BGE 134 V 97 E. 2.8.2 S. 107 mit Hinweisen).

2.2 Der Anspruch auf rechtliches Gehör umfasst u.a. das Recht der versicherten
Person, vor Erlass eines in ihre Rechtsstellung eingreifenden Entscheids sich
zur Sache zu äussern, Einsicht in die Akten zu nehmen, mit erheblichen
Beweisanträgen gehört zu werden und an der Erhebung wesentlicher Beweise
mitzuwirken oder sich zumindest zum Beweisergebnis zu äussern, wenn darauf
abgestellt werden soll (BGE 121 V 151 E. 4a S. 152 mit Hinweisen).

Eine schwerwiegende Verletzung des rechtlichen Gehörs hat - auf Antrag oder von
Amtes wegen - die Aufhebung des angefochtenen Verwaltungsaktes oder
Gerichtsentscheids und Rückweisung der Sache zu neuer Entscheidung unter
Wahrung der Verfahrensrechte der betroffenen Partei zur Folge. Davon kann
ausnahmsweise abgesehen werden, wenn die Rechtsmittelinstanz in tatsächlicher
und rechtlicher Hinsicht über uneingeschränkte Kognition verfügt und wenn die
Rückweisung zu einem formalistischen Leerlauf und damit zu unnötigen
Verzögerungen führen würde, die mit dem der Anhörung gleichgestellten Interesse
der Partei an einer beförderlichen Beurteilung der Sache nicht zu vereinbaren
wären (BGE 132 V 387 E. 5.1 S. 390 mit Hinweis).

2.3 Die Vorinstanz hat erwogen, die IV-Stelle habe weder in der Verfügung sich
mit den Einwänden des Versicherten gegen die beabsichtigte Rentenaufhebung
auseinandergesetzt noch ihm den im Vorbescheidverfahren eingeholten
Verlaufsbericht des Hausarztes Dr. med. A.________ vom 31. Dezember 2007,
welchem weitere ärztliche Berichte beigelegt waren, zur Kenntnis gebracht und
Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Diese medizinischen Unterlagen hätten
eine wesentliche Grundlage der Verfügung gebildet namentlich in Bezug auf die
Frage, ob die Gallenblasenoperation im Januar 2007 zu allfälligen
Funktionseinschränkungen geführt habe und ob eine psychische Störung mit
Krankheitswert vorliege. Mit ihrem Vorgehen habe die IV-Stelle den Anspruch des
Versicherten auf rechtliches Gehör verletzt.
Das kantonale Gericht hat die Gehörsverletzung als geheilt erachtet, weil es in
tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht über uneingeschränkte Kognition verfüge
(vgl. Art. 61 lit. c und d ATSG; BGE 132 V 387 E. 5.1 S. 390) und der
Beschwerdeführer sich im Rahmen des zweiten Schriftenwechsels zur
Vernehmlassung der IV-Stelle haben äussern können, wobei ihm sämtliche
IV-Belege zugestellt worden seien. Eine Heilung erscheine auch aus verfahrens-
und prozessökonomischen Gründen angezeigt, zumal eine Rückweisung einem
formalistischen Leerlauf gleichkäme. Dem ist beizufügen, dass im
vorinstanzlichen Verfahren mit Bezug auf die Feststellung der rechtserheblichen
Tatsachen der Untersuchungsgrundsatz sowie der Grundsatz der freien
Beweiswürdigung galten (Urteil 9C_511/2009 vom 30. November 2009 E. 4.1.1; vgl.
Urteil 9C_744/2009 vom 15. Dezember 2009 E. 1).

2.4 Der Beschwerdeführer machte weder in der vorinstanzlichen Beschwerde und in
der Replik ausdrücklich eine Gehörsverletzung geltend noch beantragte er eine
Rückweisung der Sache zur Korrektur des Fehlers und neuer Verfügung. Vielmehr
setzte er sich in seinen Rechtsschriften ausschliesslich mit der materiellen
Seite auseinander und brachte damit zum Ausdruck, dass ihm an einer materiellen
Beurteilung mehr liegt als an einer Rückweisung. Es kann offenbleiben, ob er
mit dem erstmals in diesem Verfahren gestellten Rückweisungsantrag wegen
Verletzung des rechtlichen Gehörs zu hören ist (Art. 99 Abs. 1 und 2 BGG; vgl.
BGE 134 V 223 E. 2.2 S. 226 f.).
2.4.1 Der Beschwerdeführer erachtet die Gehörsverletzung deshalb nicht als
heilbar, weil bei korrekter Vorgehensweise, was u.a. auch eine Stellungnahme
des regionalen ärztlichen Dienstes der IV-Stelle (RAD) zum nachträglich
eingeholten Verlaufsbericht des Hausarztes vom 31. Dezember 2007 erfordert
hätte, die Verfügung nicht bereits am 29. Januar 2008 hätte ergehen können.
Dadurch sei die Überprüfungsbefugnis in gesetzwidriger Art und Weise
eingeschränkt worden. Eine Heilung wäre nur eingetreten, wenn er so gestellt
worden wäre, wie wenn ihm bereits im Verfahren vor der IV-Stelle das rechtliche
Gehör vollständig gewährt worden wäre. In diesen Zustand sei der
Beschwerdeführer nicht versetzt worden. Wäre ein korrektes Verfahren
durchgeführt worden, hätten auch die neu eingereichten Berichte vom 4. August
2008 und 9. Februar 2009 berücksichtigt werden müssen. Der Gesundheitszustand
sei im fraglichen Zeitpunkt überhaupt noch nicht stabil gewesen, sondern habe
sich seit der Gallenblasenoperation am 23. Januar 2007 bis und mit heute
verschlechtert. Die weitere Entwicklung hätte abgewartet werden müssen. Zudem
hätte die nunmehr aufgehobene ganze Rente länger weiter bestanden.
2.4.2 Die Herabsetzung oder Aufhebung der Rente erfolgt von hier nicht
interessierenden Ausnahmen abgesehen frühestens vom ersten Tag des zweiten der
Zustellung der Verfügung folgenden Monats an (Art. 88bis Abs. 2 lit. a IVV).
Aus der Gehörsverletzung darf dem Betroffenen kein Nachteil erwachsen (BGE 129
I 129 E. 2.2.3 S. 135; 125 I 209 E. 9a S. 219). Die Verletzung des rechtlichen
Gehörs darf, auch wenn sie in oberer Instanz geheilt wird, nicht dazu führen,
dass zu Gunsten der Verwaltung ein Resultat erzielt wird, das bei korrekter
Vorgehensweise nicht erzielt worden wäre (BGE 8C_321/2009 E. 2.6.1). Um ein
missbräuchliches Verhalten der Verwaltung zu verhindern, drängt sich die Lösung
auf, wie sie sich bei formell richtigem Verhalten ergeben hätte. Die Wirkung
der Rentenaufhebung ist somit auf den Zeitpunkt festzulegen, der bei korrektem
Vorgehen gemäss Art. 88bis Abs. 2 lit. a IVV frühestens möglich gewesen wäre
(Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts I 633/98 vom 1. Dezember 1999 E. 3b).
Nur auf diese Weise wird die versicherte Person in den Zustand versetzt, wie
wenn keine Verletzung stattgefunden hätte.
2.4.3 Der Bericht des Hausarztes vom 31. Dezember 2007 ging bei der IV-Stelle
am 8. Januar 2008 ein. Nach verbindlicher Feststellung der Vorinstanz bildete
dieser Bericht zusammen mit den beigelegten weiteren gastroenterologischen
Berichten eine wesentliche Grundlage der Verfügung vom 29. Januar 2008. Sie
hätten daher dem Versicherten zur Kenntnis gebracht und ihm Gelegenheit gegeben
werden müssen, sich dazu zu äussern. Dessen Entgegnung hatte die IV-Stelle
zusammen mit dem gesamten medizinischen Dossier allenfalls dem RAD zur
Stellungnahme zu unterbreiten (vgl. Art. 59 Abs. 2bis IVG), bevor sie am 29.
Januar 2008 verfügte. Das hat die Verwaltung indessen unterlassen. Bei
korrekter Vorgehensweise konnte die Verfügung frühestens im März 2008 ergehen
und die ganze Rente somit erst auf den 1. Mai 2008 aufgehoben werden (Art.
88bis Abs. 2 lit. a IVV).
2.4.4 Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers war die IV-Stelle jedoch
nicht verpflichtet, die weitere Entwicklung abzuwarten und erst zu verfügen,
wenn sich der Gesundheitszustand seiner Meinung nach stabilisiert hätte.
Änderungen in den tatsächlichen Verhältnissen sind bei Invalidenrenten als
Dauerrechtsverhältnissen mit den Instituten der Revision sowie allenfalls der
Neuanmeldung Rechnung zu tragen (Art. 17 ATSG und Art. 87 ff. IVV). Im Übrigen
sind nach Verfügungserlass erstellte ärztliche Berichte zu berücksichtigen,
soweit sie sich zum Gesundheitszustand und zur Arbeitsfähigkeit bis zu diesem
Zeitpunkt äussern oder diesbezügliche Rückschlüsse zulassen, die geeignet sind,
die Beurteilung zu beeinflussen (vgl. Urteil 9C_101/2007 vom vom 12. Juni 2007
E. 3.1). Inwiefern diese Voraussetzungen auf die im vorinstanzlichen Verfahren
eingereichten ärztlichen Berichte vom 17. August 2007 sowie vom 6. und 15.
Januar 2009 zutreffen soll, ist nicht ersichtlich und wird auch nicht dargetan.

2.5 Die Rüge betreffend die vorinstanzlich bejahte Heilung der Gehörsverletzung
durch die IV-Stelle ist somit unbegründet. Allerdings verletzt der
vorinstanzliche Entscheid Bundesrecht (Art. 95 lit. a BGG), soweit er bereits
ab 1. März 2008 einen Rentenanspruch verneint.

3.
3.1 In der Sache hat die Vorinstanz festgestellt, aufgrund des beweiskräftigen
Gutachtens des Dr. med. G.________ vom 6. September 2005 habe sich der
Gesundheitszustand seit der letzten, die ganze Rente bestätigenden Verfügung
vom 4. Februar 1999 aus psychiatrischer Sicht soweit verbessert, dass die
Arbeitsfähigkeit in angepasster Tätigkeit seit September 2005 100 % betragen
habe. Gemäss den Berichten vom 12. Juni 2006 und 13. Februar 2007 über die
mehrwöchige Abklärung der Wiedereingliederungsfähigkeit seien einfache
Tätigkeiten im Bereich der industriellen Fertigung (Montagearbeiten, Erstellen
von Kabelbäumen, Assemblieren, Bedienen von einfachen eingestellten Maschinen)
ganztags möglich und zumutbar. Dafür, dass bei dem im Hinblick auf einen
Wiedereinstieg in den Arbeitsprozess durchgeführten Arbeitstraining keine
wesentlichen Fortschritte erreicht werden konnten, seien vorwiegend
invaliditätsfremde Gründe (fehlende Motivation mit negativen Auswirkungen auf
die Leistungsbereitschaft) verantwortlich.
3.2
3.2.1 Der Beschwerdeführer bringt vor, Dr. med. G.________ gehe vom gleichen
Sachverhalt aus wie Dr. med. B.________, komme aber zu einer teilweise
unterschiedlichen Beurteilung, was nicht zu einer Revision führen könne.
Zumindest hätte das Gutachten vom 6. September 2005 aktualisiert werden müssen,
zumal der Hausarzt im Bericht vom 31. Dezember 2007 und auch später
ausdrücklich darauf hingewiesen habe, dass die fragliche Depression immer noch
bestehe.
Dr. med. B.________ hatte in seinem psychiatrisches Gutachten vom 26. Juni 1996
eine mittelgradige depressive Episode mit somatischem Syndrom (ICD-10 F32.11)
sowie eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung (ICD-10 F45.4) diagnostiziert
und ab 1. Juni 1995 eine Arbeitsunfähigkeit von 75 % attestiert. Gestützt
darauf sprach die IV-Stelle dem Versicherten rückwirkend ab 1. November 1995
eine ganze Rente zu. Dr. med. G.________ stellte in seinem Gutachten vom 6.
September 2005 die Diagnose einer undifferenzierten Somatisierungsstörung
(ICD-10 F45.1). Er erachtete den somatischen Beschwerden angepasste Tätigkeiten
(leichte bis mittelschwere Arbeiten in wechselnden Körperpositionen)
grundsätzlich ganztags zumutbar. In der Beurteilung hielt Dr. med. G.________
fest, die von Dr. med. B.________ 1996 festgestellte depressive Episode sei
zwischenzeitlich abgeklungen. Die darauf gestützte Annahme der Vorinstanz einer
Verbesserung des psychischen Gesundheitszustandes stellt keine unhaltbare
Beweiswürdigung dar. Daran ändert nichts, dass der Hausarzt im Bericht vom 31.
Dezember 2007 unter den Diagnosen mit Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit eine
seit 1994 bestehende Depression mit somatischem Syndrom erwähnte. Die
vorinstanzliche Beweiswürdigung ist nicht deshalb schon offensichtlich
unrichtig, nur weil eine andere Lösung ebenfalls in Betracht fällt, selbst wenn
diese als die plausiblere erschiene (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG;
Urteil 9C_744/2009 vom 15. Dezember 2009 E. 4.1).
3.2.2 Weiter bringt der Beschwerdeführer vor, indem Dr. med. G.________ selber
eine Beschäftigung in der freien Wirtschaft nicht mehr für möglich erachte,
bejahe er - zumindest indirekt - schlüssig eine psychiatrische Komorbidität von
anspruchserheblicher Bedeutung im Sinne von BGE 130 V 352. Abgesehen davon
bilde die mit diesem Urteil vorgenommene Praxisänderung keinen Grund für eine
Rentenherabsetzung oder -aufhebung. Da die somatoforme Schmerzstörung nach wie
vor vorläge, sei daher die ganze Rente beizubehalten.
3.2.2.1 Die Vorinstanz hat festgestellt, im Zeitpunkt der Begutachtung durch
Dr. med. G.________ im August 2005 habe keine (krankheitswertige) Depression
bestanden. Eine solche oder sonst eine psychiatrische Zusatzdiagnose zur
Somatisierungsstörung wäre indessen unabdingbar, um von einer
invalidenversicherungsrechtlich relevanten Komorbidität zu sprechen. Es kann
offenbleiben, ob diese Rechtsauffassung zutrifft. Die Diagnose einer
anhaltenden somatoformen Schmerzstörung im Sinne von ICD-10 F45.4 ist dadurch
gekennzeichnet, dass ein quälender, nicht vollständig durch einen
physiologischen Prozess oder eine körperliche Störung erklärbarer Schmerz in
Verbindung mit emotionalen Konflikten oder psychosozialen Problemen von einer
gewissen Schwere auftritt (BGE 130 V 396 E. 6.1 S. 400). Dies trifft vorliegend
nicht zu. Dr. med. G.________ hielt in seinem Gutachten vom 6. September 2005
fest, emotionale Konflikte oder psychosoziale Belastungsfaktoren, welche die
psychogene Verstärkung/Verursachung der somatisch nicht objektivierbaren
Beschwerden erklärten, würden vom Exploranden verneint. Die Familie sei während
des Bosnienkrieges nicht betroffen gewesen. Soziale Beziehungen würden als
harmonisch beschrieben. Im sozialen Bereich sei der Explorand gut integriert.
Dementsprechend stellte Dr. med. G.________ lediglich die Diagnose einer
undifferenzierten Somatisierungsstörung im Sinne von ICD-10 F45.1. Es kommt
dazu, dass aufgrund des Gesagten ein sozialer Rückzug zu verneinen ist.
Ebenfalls kann nicht von einem verfestigten, therapeutisch nicht mehr
angehbaren innerseelischen Verlauf einer an sich missglückten, psychisch aber
entlastenden Konfliktbewältigung (primärer Krankheitsgewinn), unbefriedigenden
Ergebnissen von konsequent durchgeführten Behandlungen (auch mit
unterschiedlichen therapeutischem Ansatz) und gescheiterten
Rehabilitationsmassnahmen bei vorhandener Motivation und Eigenanstrengung der
versicherten Person gesprochen werden (vgl. Urteil 9C_511/2009 vom 30. November
2009 E. 4.3.1). Nach Lage der Akten hat sich der Beschwerdeführer bisher noch
keiner psychotherapeutischen Behandlung unterzogen. Die auf das Gutachten des
Dr. med. G.________ gestützte Annahme der Vorinstanz, es bestehe trotz der
persönlichen Einschätzung des Leidens objektiv eine zumutbare Arbeitsfähigkeit
von 100 % in einer den körperlichen Beschwerden angepassten Tätigkeit (vgl. BGE
130 V 352 E. 2.2.4 S. 355; 127 V 294 E. 4c S. 298), verletzt Bundesrecht nicht.
3.2.2.2 Aus dem in E. 3.2.1 und 3.2.2.1 Gesagten ergibt sich, dass nicht die
mit BGE 130 V 352 präzisierte Rechtsprechung betreffend den invalidisierenden
Charakter anhaltender somatoformer Schmerzstörungen und damit vergleichbarer
pathogenetisch (ätiologisch) unklarer syndromaler Zustände (BGE 132 V 393 E.
3.2 i.f. S. 399) Anlass für die Rentenaufhebung war, was unzulässig wäre (BGE
135 V 201 E. 7.3 S. 214). Vielmehr hatte sich der psychische Gesundheitszustand
im Vergleichszeitraum (vgl. dazu Urteil 9C_106/2009 vom 8. April 2009 E. 2)
verbessert, indem gemäss Dr. med. G.________ die vom damaligen
Administrativgutachter Dr. med. B.________ 1996 festgestellte depressive
Episode zwischenzeitlich abgeklungen war. Es ist somit ein Revisionsgrund im
Sinne von Art. 17 Abs. 1 ATSG gegeben und daher der Invaliditätsgrad neu auf
der Grundlage eines richtig und vollständig festgestellten Sachverhalts zu
ermitteln (Urteil 9C_960/2008 vom 6. März 2009 E. 1.2; Urteil des Eidg.
Versicherungsgerichts I 671/04 vom 30. Dezember 2004 E. 2).
3.2.3 Soweit der Beschwerdeführer schliesslich vorbringt, das im Hinblick auf
einen Wiedereinstieg in den Arbeitsprozess durchgeführte Arbeitstraining sei
aus gesundheitlichen und nicht aus invaliditätsfremden Gründen erfolglos
verlaufen, übt er unzulässige appellatorische Kritik an der vorinstanzlichen
Sachverhaltsfeststellung und Beweiswürdigung (Urteil 9C_161/2009 vom 18.
September 2009 E. 1.2). In diesem Zusammenhang trifft nicht zu, dass auch Dr.
med G.________ immer noch einen Gesundheitsschaden festgestellt hatte und die
Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit prüfen lassen wollte. Der Gutachter hielt
fest, es sei aus psychiatrischer Sicht nicht erklärbar, weshalb der Explorand
auch über zehn Jahre nach Abheilung der akuten Pankreatitis sich nicht wieder
in den Arbeitsprozess integriert habe. Die geklagten multiplen somatischen
Beschwerden könnten organisch nicht oder nicht vollständig erklärt werden. Über
eine unspezifische tisierungsstörung hinaus bestünden keine psychische
Beeinträchtigungen. Eine Wiederangewöhnung an den Arbeitsprozess, was bereits
früher versucht, aber nach zwei Monaten gescheitert sei, sowie eine ambulante
psychotherapeutische Behandlung, wozu der Explorand jedoch kaum motiviert zu
sein scheine, wären sinnvoll. Dr. med. G.________ beurteilte die Prognose zwar
als eher ungünstig, weil nach 13-jähriger Abwesenheit vom Arbeitsprozess eine
Dekonditionierung eingetreten sei, der Explorand sich an seinen gegenwärtigen
Lebensrhythmus angepasst habe und bei Erhöhung des Rehabilitationsdruckes mit
einer Verstärkung der körperlichen Symptome zu rechnen sei. Diese Umstände
stellen jedoch keine gesundheitliche Beeinträchtigungen dar, oder sie sind
nicht im Rechtssinne invalidisierend.

3.3 Die auf der Grundlage einer Arbeitsfähigkeit von 100 % in
leidensadaptierten Tätigkeiten beruhende Invaliditätsbemessung der Vorinstanz
durch Einkommensvergleich (Art. 16 ATSG in Verbindung mit Art. 28a Abs. 1 IVG)
ist nicht weiter angefochten. Es besteht kein Anlass zu einer näheren Prüfung
(vgl. BGE 125 V 413 E. 2c S. 417; 110 V 48 E. 4a S. 53). Somit bestand
spätestens im Zeitpunkt des Gutachtens des Dr. med. G.________ vom 6. September
2005 wieder eine Arbeitsfähigkeit, welche den Rentenanspruch an sich
ausschloss. Indem die Verwaltung nicht sogleich zur Rentenaufhebung schritt,
sondern in Form des BEFAS-Aufenthaltes sowie des Arbeitstrainings in der
Stiftung X.________ zunächst die erwerbliche Verwertbarkeit des
wiedergewonnenen funktionellen Leistungsvermögens bzw. psychischer Ressourcen
nach langjähriger Absenz vom Arbeitsmarkt abklärte, ist die erst im Januar 2008
verfügte Rentenrevision auch unter diesem Gesichtswinkel nicht
bundesrechtswidrig (vgl. Urteil 9C_720/2007 vom 28. April 2008, in: SZS 2009 S.
147).

4.
4.1 Die Vorinstanz hat u.a. gestützt auf die Stellungnahme des RAD vom 23.
April 2008 eine (revisionsrechtlich erhebliche) Änderung des psychischen
Gesundheitszustandes seit der Begutachtung durch Dr. med. G.________ im August/
September 2005 bis zum Erlass der Verfügung vom 29. Januar 2008 verneint.
Ebenfalls sei nach Abschluss der beruflichen Abklärungen und der am 23. Januar
2007 durchgeführten laparoskopischen Cholezystektomie (Gallenblasenentfernung
mittels Bauchspiegelung) keine gesundheitliche Verschlechterung aus somatischer
Sicht eingetreten.

4.2 Entgegen den Vorbringen in der Beschwerde beruhen die vorinstanzlichen
Feststellungen zur gesundheitlichen Entwicklung seit der Begutachtung durch Dr.
med. G.________ weder auf einer unhaltbaren Beweiswürdigung noch auf einem
unvollständig abgeklärten Sachverhalt. Dr. med. A.________ diagnostizierte zwar
im Bericht vom 31. Dezember 2007 eine Depression mit somatischem Syndrom.
Dieses Krankheitsbild soll indessen bereits seit 1994 bestanden haben. Die
Vorinstanz hat dazu ausgeführt, der Hausarzt habe einen gegenüber früher mehr
oder weniger unveränderten psychischen Zustand beschrieben, welchen der
psychiatrische Administrativgutachter mit Bezug auf die Diagnosestellung lege
artis anders beurteilt habe. Diese Feststellungen sind nach Lage der Akten
nicht offensichtlich unrichtig.

Im Weitern schliesst der Umstand, dass die Stellungnahme des RAD nach Erlass
der Verfügung verfasst wurde und in Form eines Protokolleintrages und nicht als
separater Bericht Eingang in die Akten gefunden hat, dessen Berücksichtigung
bei der Beweiswürdigung nicht gänzlich aus (vgl. vorne E. 2.4.4 sowie Urteile
9C_323/2009 vom 14. Juli 2009 E. 4.3.1 und 9C_55/2008 vom 26. Mai 2008 E. 4.1).
Abgesehen davon hat das kantonale Gericht hauptsächlich aufgrund der 2007
erstellten gastroenterologischen Berichte des Spitals Y.________ eine
Verschlechterung des Gesundheitszustandes mit Auswirkungen auf die
Arbeitsfähigkeit verneint. Der Beschwerdeführer legt nicht dar, inwiefern die
betreffenden vorinstanzlichen Erwägungen Bundesrecht verletzen. Gemäss dem
Bericht des Hausarztes vom 31. Dezember 2007 hatte im Übrigen der operative
Eingriff vom 23. Januar 2007 einen komplikationslosen Verlauf genommen.

5.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat der Beschwerdeführer vier Fünftel und die
IV-Stelle einen Fünftel der Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Der
Versicherte hat nach Massgabe seines Obsiegens Anspruch auf eine
Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 2 BGG).

6.
Der Beschwerdeführer beantragt die unentgeltliche Prozessführung und
Verbeiständung im Verfahren vor dem Bundesgericht.

6.1 Nach Gesetz (Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG) und Praxis sind in der Regel die
Voraussetzungen für die Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege erfüllt,
wenn der Prozess nicht aussichtslos erscheint, die Partei bedürftig und eine
anwaltliche Vertretung notwendig oder doch geboten ist (BGE 125 V 201 E. 4a S.
202; Urteil 8C_716/2009 vom 22. Oktober 2009 E. 4).
6.2
6.2.1 Bedürftig im Sinne von Art. 64 Abs. 1 BGG ist eine Person, wenn sie ohne
Beeinträchtigung des für sie und ihre Familie nötigen Lebensunterhaltes nicht
in der Lage ist, die Prozesskosten zu bestreiten (BGE 128 I 225 E. 2.5.1 S.
232). Dabei sind die Einkommens- wie die Vermögensverhältnisse zu
berücksichtigen (BGE 124 I 97 E. 3b S. 98) und zwar beider Ehegatten (BGE 119
Ia 11 E. 3a S. 12; Urteile 8C_173/2009 vom 22. Juli 2009 E. 6.1.1 und 9C_21/
2007 vom 17. Januar 2008 E. 4.1).
6.2.2 Aufgrund der eingereichten Unterlagen ergeben sich für die Berechnung des
prozessualen Notbedarfs Einnahmen von monatlich Fr. 5'078.- (Fr. 871.-
[UV-Rente] + Fr. 4'064.- [Nettolohn Ehegatte] + Fr. 142.- [Prämienverbilligung
nach KVG]). Bei den Auslagen anzurechnen sind Fr. 2'562.- (Total Grundbeträge),
Fr. 1'106.- (Mietzins abzüglich Anteil der mündigen und erwerbstätigen
Tochter), Fr. 620.- (Krankenkassenprämien), Fr. 127.- (Anteil Steuern), Fr.
483.- (Ausbildungskosten und Abonnement für den Sohn). Das ergibt die Summe von
Fr. 4'898.-. Weiter ist die Verpflichtung zur Abzahlung eines Bankkredites von
Fr. 25'000.- in der Höhe von monatlich Fr. 649.45 ab 1. September 2009 zu
berücksichtigen, soweit es sich um Ausgaben für den laufenden Lebensunterhalt
der Familie handelt (SVR 2007 AHV Nr. 7, H 27/05 E. 4.1.4; Urteil 2P.90/1997
vom 7. November 1997 E. 3d). Es ist somit von höheren Auslagen als Einnahmen
auszugehen und die Bedürftigkeit daher zu bejahen.

6.3 Die weiteren Anspruchsvoraussetzungen (Nichtaussichtslosigkeit des
Prozesses, Notwendigkeit und Gebotenheit der Verbeiständung) sind gegeben.

Dem Begehren um unentgeltliche Rechtspflege kann somit entsprochen werden. Es
wird indessen ausdrücklich auf Art. 64 Abs. 4 BGG hingewiesen wonach die
begünstigte Partei der Gerichtskasse Ersatz zu leisten hat, wenn sie später
dazu in der Lage ist.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird in dem Sinne teilweise gutgeheissen, dass in Abänderung des
Entscheids des Verwaltungsgerichts des Kantons Luzern, Abgaberechtliche
Abteilung, vom 10. Juni 2009 und der Verfügung der IV-Stelle Luzern vom 29.
Januar 2008 festgestellt wird, dass für die Monate März und April 2008 Anspruch
auf eine ganze Rente der Invalidenversicherung besteht. Im Übrigen wird die
Beschwerde abgewiesen.

2.
Von den Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer Fr. 400.- und
der IV-Stelle Luzern Fr. 100.- auferlegt. Der auf den Versicherten entfallende
Betrag wird einstweilen auf die Gerichtskasse genommen.

3.
Die IV-Stelle Luzern hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 500.- zu entschädigen.

4.
Zufolge Gewährung der unentgeltlichen Verbeiständung wird Rechtsanwalt Rolf
Bühler für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'300.- aus der
Gerichtskasse entschädigt.

5.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Luzern,
Abgaberechtliche Abteilung, der Ausgleichskasse Luzern und dem Bundesamt für
Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 15. Januar 2010

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Meyer Fessler