Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 554/2009
Zurück zum Index II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2009
Retour à l'indice II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2009


Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

9C_554/2009 {T 0/2}

Urteil vom 18. August 2009
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Seiler, Bundesrichterin Pfiffner Rauber,
Gerichtsschreiber Schmutz.

Parteien
G.________,
vertreten durch Rechtsanwältin Yvonne Furler,
Beschwerdeführer,

gegen

IV-Stelle Zug, Baarerstrasse 11, 6304 Zug,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung
(Invalidenrente, Arbeitsunfähigkeit)

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zug
vom 19. Mai 2009.

Sachverhalt:

A.
Der 1949 geborene G.________ war seit 1980 als Betonmaschinist tätig. Am 19.
September 2002 erlitt er einen Arbeitsunfall, bei dem er von Holzteilen eines
an einem Kran befestigten Schalelementes, welches seitlich kippte, am Kopf
getroffen wurde. Die SUVA erbrachte die gesetzlichen Leistungen bis zum 31. Mai
2003. Mit Urteil U 280/05 vom 27. Dezember 2005 bestätigte das Eidgenössische
Versicherungsgericht letztinstanzlich die Rechtmässigkeit der
Leistungseinstellung. Am 28. Juni 2004 meldete G.________ sich bei der
Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Die IV-Stelle des Kantons Zug
klärte den medizinischen und erwerblichen Sachverhalt ab. Sie veranlasste die
medizinische Beurteilung des Versicherten durch die Klinik P.________
(Gutachten vom 8. März 2006) und das Institut X.________ (Expertise vom 30.
April 2007). Mit Verfügung vom 22. Februar 2008 entschied sie nach
durchgeführtem Vorbescheidverfahren, es bestehe kein Anspruch auf eine Rente,
weil eine volle Arbeitsfähigkeit in der bisherigen Tätigkeit bestehe.

B.
Das Verwaltungsgericht des Kantons Zug wies die dagegen erhobene Beschwerde mit
Entscheid vom 19. Mai 2009 ab.

C.
G.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten; er
beantragt Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides sowie Zusprechung der
gesetzlichen Leistungen, namentlich einer ganzen Invalidenrente; eventualiter
sei die Vorinstanz anzuweisen, die Frage des Vorliegens eines invalidisierenden
Gesundheitsschadens und den Verdacht auf Simulation durch ein medizinisches
Gutachten zu klären; zudem ersucht er um unentgeltliche Rechtspflege.

Mit Verfügung vom 13. Juli 2009 weist das Bundesgericht das Gesuch um
unentgeltliche Rechtspflege ab.

Erwägungen:

1.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) kann
wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und Art. 96 BGG erhoben werden. Das
Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz
festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung
der Vorinstanz nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig
ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht, wozu auch
die unvollständige Tatsachenermittlung zählt.

2.
Streitig ist der Anspruch auf eine Invalidenrente. Das kantonale Gericht hat
die für die Beurteilung einschlägigen rechtlichen Grundlagen zutreffend
dargelegt.

3.
Der Beschwerdeführer bringt vor, er leide seit dem Unfallereignis im Jahr 2002
unter einem dauerhaften, invalidisierenden Gesundheitsschaden, der fachärztlich
in mehreren schlüssigen Berichten, denen voller Beweiswert zukomme, umschrieben
und beurteilt worden sei. Es liege eine komplexe Problematik vor, leide er doch
unter zahlreichen die Arbeitsfähigkeit limitierenden Beschwerden, und der
Umfang der Komorbidität verunmögliche es ihm, Ressourcen für die
Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit zu generieren. Er rügt, die Vorinstanz
habe den Sachverhalt unrichtig festgestellt und die Beweise falsch oder
willkürlich gewürdigt: So habe sie sich über fachärztliche Diagnosen und
anerkannte Diagnosekriterien hinweggesetzt, zu Unrecht Adäquanzfragen geprüft,
in Verletzung der Beweisregeln ausschliesslich auf das Gutachten des Instituts
X.________ abgestellt, dem Gutachten der Klinik P.________ zu Unrecht den
Beweiswert abgesprochen und einen Austrittsbericht der Klinik Y.________ gar
nicht in die Beweiswürdigung miteinbezogen.

4.
Die Rüge, der medizinische Sachverhalt sei unrichtig und unvollständig
festgestellt, ist unbegründet: Die Vorinstanz hat ihn korrekt zusammengefasst
und sich in den Erwägungen ihres Entscheides in rechtlich einwandfreier Art
umfassend und ausführlich damit auseinandergesetzt (s. dort E. 5-6 und 8-12).
Seine Würdigung wird den erwähnten gesetzlichen Kriterien (E. 1) ohne weiteres
gerecht.

5.
Verfehlt ist im Zusammenhang mit der Begutachtung durch das Institut X.________
die Berufung auf das Urteil S 07 682 des Luzerner Verwaltungsgerichts vom 16.
März 2009 in einer anderen Streitsache, zumal der Experte, dessen
psychiatrisches Teilgutachten dort vom Gericht zurückgewiesen wurde, hier bei
der Begutachtung gar nicht mitgewirkt hat, sondern sich lediglich in seiner
Eigenschaft als Institutsleiter unterschriftlich mit der Beurteilung und den
Schlussfolgerungen der Experten Dr. med. F.________, Facharzt für Psychiatrie
und Psychotherapie, und Dipl.-Psych. L.________, Neuropsychologie/Psychologie,
einverstanden erklärt hat.

6.
Ebenso ins Leere zielt der Vorwurf, die Vorinstanz habe zu Unrecht
Adäquanzfragen geprüft, da solche im Rahmen der Invalidenversicherung keinerlei
Relevanz hätten: Gutachter wie Vorinstanz haben sich bezüglich der Diagnose der
posttraumatischen Belastungsstörung an die Rechtsprechung gehalten, wonach die
Diagnose eines psychischen Leidens für sich alleine noch keine rechtserhebliche
Arbeitsunfähigkeit begründet. Entscheidend ist, ob die diagnostizierte Störung
mit zumutbarer Willensanstrengung überwindbar wäre (BGE 131 V 49 E. 1.2 S. 50).
Die im Gutachten der Klinik P.________ diagnostizierte depressive Episode ist
nach dessen Aussage mitverursacht durch die posttraumatische Belastungsstörung
und verbunden mit somatoformen Störungen. Soweit die Depression im Zusammenhang
mit der somatoformen Störung steht, stellt sie demnach kein verselbstständigtes
Leiden im Sinne einer psychischen Komorbidität dar (siehe auch BGE 130 V 352 E.
3.3.1 S. 358; Urteil I 805/04 vom 20. April 2006, E. 5.2.1). Während in beiden
erwähnten Administrativgutachten und im Austrittsbericht der Klinik L.________
auf die Umschreibung in ICD-10 F43.1 abgestellt wird, wonach die
posttraumatische Belastungsstörung eine besonders schwere Belastung
voraussetzt, stellt der Beschwerdeführer (unter Berufung auf BERGHÄNDLER,
"Posttraumatische Belastungsstörung und ihre Auswirkung auf die
Arbeitsfähigkeit", Academy of Swiss Insurance Medicine (asim)
Universitätsspital Basel, 2006) auf das Klassifikationssystem DSM-IV-TR ab,
dessen Kriterien seines Erachtens präziser sind. Dabei werden auch weniger
einschränkende Formulierungen des Belastungskriteriums anerkannt, und damit
auch Ereignisse, die keine aussergewöhnliche Katastrophe darstellen, dennoch
aber im Erleben eines Patienten eine Traumatisierung auslösen können. Ein
solcher Ansatz mag therapeutisch sinnvoll sein, aber für die Frage des
Anspruchs auf Leistungen der Invalidenversicherung, welche zwangsläufig eine
gewisse Objektivierung verlangt, kann ein derart ausschliesslich subjektives
Empfinden nicht massgebend sein (BGE 127 V 294 E. 4c S. 298). Zudem setzt auch
die Diagnose nach DSM-IV 309.81 bei einer posttraumatischen Belastungsstörung
einen extremen Belastungsfaktor voraus. Ein solches Ereignis liegt hier nicht
vor (vgl. das im Sachverhalt erwähnte EVG-Urteil U 280/05 vom 27. Dezember
2005, E. 2.2.3 [mit Kasuistik], wonach das Ereignis vom 19. September 2002
aufgrund des augenfälligen Geschehensablaufes und der erlittenen Verletzungen
als mittlerer Unfall einzustufen ist und ein schwerer Unfall ebenso wenig
vorliegt wie ein mittelschwerer an der Grenze zu den schweren Unfällen). Ob
unter diesen Umständen die Diagnose der posttraumatischen Belastungsstörung
nach DSM-IV mit Recht gestellt wäre, kann jedoch offen bleiben.
Letztinstanzlich ist in der bisherigen Rechtsprechung auf die Kriterien nach
ICD-10 abgestellt und eine invalidisierende posttraumatische Belastungsstörung
nur anerkannt worden, wenn sie nach einem traumatisierenden Ereignis von
aussergewöhnlicher Schwere auftritt (Urteile I 203/06 vom 28. Dezember 2006, E.
4.4; U 422/05 vom 12. September 2006, E. 4.1; U 213/04 vom 15. März 2006, E.
4.2; U 381/04 vom 2. Februar 2006, E. 3.2; I 715/05 vom 27. Januar 2006, E.
6.2), wie zum Beispiel nach Vergewaltigung (Urteil U 193/06 vom 20. Oktober
2006) oder mehrmonatiger Lagerhaft (Urteil I 803/05 vom 6. April 2006), nicht
aber zum Beispiel nach Verkehrsunfall (Urteile U 422/05 vom 12. September 2006;
U 213/04 vom 15. März 2006; U 381/04 vom 9. November 2004).

7.
Es kommt hinzu, dass auch eine diagnostizierte posttraumatische
Belastungsstörung nicht an sich invalidisierend wirkt (Urteil I 696/05 vom 20.
April 2006, E. 3.2.2), sondern dargelegt sein muss, inwiefern sie nicht durch
zumutbare Willensanstrengung überwindbar sein soll. Der Austrittsbericht der
Klink L.________ äussert sich dazu nicht und das Gutachten der Klinik
P.________ bejaht grundsätzlich die Zumutbarkeit anderer Tätigkeiten als die
eines Bauarbeiters.

8.
Die Beschwerde hatte keine Aussicht auf Erfolg, weshalb sie im vereinfachten
Verfahren nach Art. 109 BGG als offensichtlich unbegründet (Abs. 2 lit. a),
ohne Durchführung des Schriftenwechsels, mit summarischer Begründung und unter
Verweis auf den vorinstanzlichen Entscheid erledigt wird.

9.
Die Gerichtskosten werden dem Beschwerdeführer als unterliegender Partei
auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zug und dem
Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 18. August 2009

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Meyer Schmutz