Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 525/2009
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
9C_525/2009

Urteil vom 30. September 2009
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Kernen, Bundesrichterin Pfiffner Rauber,
Gerichtsschreiber Traub.

Parteien
A.________,
vertreten durch Behindertenforum,
Rechtsdienst für Behinderte,
Beschwerdeführerin,

gegen

IV-Stelle Basel-Stadt, Lange Gasse 7, 4052 Basel,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung (Invalidenrente),

Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts Basel-Stadt
vom 22. April 2009.

Sachverhalt:
Mit Verfügung vom 4. Juli 2008 lehnte die IV-Stelle des Kantons Basel-Stadt das
Gesuch der 1969 geborenen A.________ um Ausrichtung einer Invalidenrente ab.
Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Basel-Stadt wies die dagegen
erhobene Beschwerde ab (Entscheid vom 22. April 2009).
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen
mit den Rechtsbegehren, es sei ihr, unter Aufhebung des angefochtenen
Entscheids, mit Wirkung ab November 2002 eine Dreiviertelsrente und ab Dezember
2007 eine ganze Invalidenrente zuzusprechen. Eventuell sei die IV-Stelle
anzuweisen, zur Klärung des medizinischen Sachverhalts "ein neues Obergutachten
bei einer Frau mit ausgewiesener Erfahrung in der psychotherapeutischen
Traumaarbeit einzuholen und die gestützt darauf neu zu ermittelnde Rentenfrage
anhand des Einkommensvergleichs festzulegen".

Das Bundesgericht weist das Gesuch um entgeltliche Rechtspflege wegen
Aussichtslosigkeit der Beschwerde ab (Verfügung vom 31. August 2009).

Erwägungen:

1.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann unter anderem
wegen Verletzung von Bundesrecht im Sinne von Art. 95 lit. a BGG erhoben
werden. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die
Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie
offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art.
95 BGG beruht (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 132 V 393 zur
auch unter der Herrschaft des BGG gültigen Abgrenzung von Tat- und Rechtsfragen
im Bereich der Invaliditätsbemessung [Art. 16 ATSG]).

2.
Die Beschwerdeführerin leidet an Verhaltensstörungen, welche "in knappem
Ausmass" einer abhängigen und ängstlichen Persönlichkeitsstörung milden
Ausmasses entspricht (Gutachten des Psychiaters Dr. H.________ vom 8. Februar
2008), nach Auffassung der behandelnden Psychiaterin zusätzlich an einer
rezidivierenden depressiven Störung (Berichte der Frau Dr. U.________ vom 17.
April und 25. August 2008). Zudem liegt ein Heroinabhängigkeits-Syndrom vor,
welches durch die Teilnahme an einem Methadonprogramm aufgefangen wird.
Strittig ist der Anspruch auf eine Invalidenrente. Der angefochtene Entscheid
beruht auf der - in Anwendung der gemischten Methode der Invaliditätsbemessung
(Verhältnis Erwerbstätigkeit zu Haushaltführung: 80/20) gewonnenen -
Schlussfolgerung, es bestehe (bei einer Einschränkung der Arbeitsfähigkeit um
20 Prozent) ein nicht rentenbegründender Invaliditätsgrad von höchstens 22
Prozent. Die für die Beurteilung des Leistungsanspruchs einschlägigen
Rechtsgrundlagen und die dazu ergangene Rechtsprechung hat die Vorinstanz
zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen.

3.
Die vorinstanzlichen Feststellungen hinsichtlich der Arbeitsunfähigkeit
betreffen Tatfragen, wenn sie auf der Würdigung konkreter Umstände beruhen;
insoweit sind sie lediglich unter eingeschränktem Blickwinkel überprüfbar (oben
E. 1; BGE 132 V 393 E. 3.2 S. 397).

3.1 Die in der Beschwerde vorgetragene Kritik am Gutachten des Dr. H.________
vom 8. Februar 2008, dieses beruhe auf einer nur unzureichenden
Auseinandersetzung mit der Lebensgeschichte der Versicherten, ist nicht
geeignet, das vorinstanzliche Erkenntnis, auf die gutachtlichen
Schlussfolgerungen könne abgestellt werden, als bundesrechtswidrig erscheinen
zu lassen (vgl. Art. 95 lit. a BGG). Namentlich manifestiert sich in den Akten
kein überwiegend wahrscheinlicher kausaler Zusammenhang zwischen einer im Alter
von 16 Jahren erlittenen Vergewaltigung (und nachfolgenden Suizidversuchen) und
der abhängigen und ängstlich-vermeidenden Persönlichkeitsstörung. Damit
entfällt die zentrale Begründung für die Hypothese, der betreffende
Gesundheitsschaden, der gerade wegen traumatisierender Erlebnisse eine
besondere Ausprägung angenommen habe, sei für die Entstehung einer späteren
Heroinabhängigkeit bestimmend gewesen. Allfällige leistungshindernde Folgen der
Drogenproblematik sind unter diesen Umständen von vornherein nicht als im
Rechtssinne invalidisierend zu begreifen (dazu AHI 2002 S. 28, I 454/99). Daher
ist nicht anspruchserheblich, ob das - durch Teilnahme an einem
Substitutionsprogramm (Methadon) ohnehin weitgehend neutralisierte -
Suchtgeschehen zu funktionellen Einschränkungen führt, die sich in Erwerb und
Haushalt auswirken könnten.

3.2 Was die vom Sachverständigen und der behandelnden Psychiaterin unabhängig
vom Suchtmittelgeschehen diagnostizierten psychischen Beeinträchtigungen
(Persönlichkeitsstörung, allenfalls depressive Störung) angeht, so sind auch
hier nicht die Entstehungsgründe, sondern das klinische Zustandsbild und die
daraus abgeleitete ärztliche Folgenabschätzung massgebend. Die Vorinstanz hat
erwogen, der Umstand, dass die behandelnde Psychiaterin die Auswirkungen der
psychischen Beeinträchtigung anders als der Gutachter beurteile, möge mit ihrer
Nähe zu den Alltagssorgen und Problemen der Beschwerdeführerin zusammenhängen.
Diese Würdigung der medizinischen Akten ist zum einen genausowenig
offensichtlich unrichtig (Art. 105 Abs. 2 BGG) wie sie auf unvollständigen
Grundlagen beruht; eine neue Begutachtung ist nicht geboten. Zum andern ist die
Erwägung, die hausärztlich zusätzlich berücksichtigten Belastungen seien
invalidenversicherungsrechtlich unerheblich, nicht bundesrechtswidrig.

3.3 Insgesamt ist die eingehend begründete vorinstanzliche Schlussfolgerung
nicht zu beanstanden, die Beschwerdeführerin sei seit Mitte 2006 zu 20 Prozent
in ihrer Arbeitsfähigkeit eingeschränkt. Die darauf beruhende
Invaliditätsbemessung ist auch bezüglich ihrer erwerblichen Komponenten nicht
bundesrechtswidrig. Unter diesen Umständen nicht von Belang ist die Frage nach
der zutreffenden Methode der Invaliditätsbemessung.

4.
Die Beschwerde hatte keine Aussicht auf Erfolg, weshalb sie im vereinfachten
Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG ohne Durchführung des
Schriftenwechsels, mit summarischer Begründung und unter Verweis auf den
vorinstanzlichen Entscheid erledigt wird (Art. 102 Abs. 1 und Art. 109 Abs. 3
BGG).

5.
Dem Verfahrensausgang entsprechend werden die Gerichtskosten der
Beschwerdeführerin auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt und
dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 30. September 2009
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Meyer Traub