Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 507/2009
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
9C_507/2009

Urteil vom 29. Januar 2010
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Borella, Seiler,
Gerichtsschreiber Fessler.

Parteien
IV-Stelle des Kantons Zürich,
Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich,
Beschwerdeführerin,

gegen

B.________, geboren 1992,
handelnd durch ihre Mutter,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Kurt Meier,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Zürich
vom 30. April 2009.

Sachverhalt:

A.
A.a Die 1992 geborene B.________ leidet seit Geburt an schwerer cerebraler
Bewegungsstörung im Sinne einer Tetraplegie. Sie bezog deswegen verschiedene
Leistungen der Invalidenversicherung. Unter anderem sprach ihr die IV-Stelle
des Kantons Zürich (weiterhin) bis 30. Juni 2012 medizinische Massnahmen zur
Behandlung des Geburtsgebrechens Nr. 390, Hilflosenentschädigung für
Hilflosigkeit schweren Grades mit Intensivpflegezuschlag schweren Grades für
die Zeit vom 1. Januar 2004 bis 30. Juni 2010 sowie die Kosten für ein
Elektrobett ab 1. Februar 2005 bis 31. Januar 2010 zu (Verfügungen vom 22.
Oktober 1998, 19. August 2004 und 19. Juli 2005).
A.b Seit September 1998 besuchte B.________ die Scuola Elementare in dem in
Italien gelegenen X.________. Am selben Ort arbeitete ihr Vater als ... mit
eigenem Atelier. Mit an die Wohnadresse der Familie in Z.________ geschicktem
Vorbescheid vom 16. August 2001 teilte die IV-Stelle mit, die Pflegebeiträge
und Hauspflegebeiträge müssten zum 1. Januar 2001 aufgehoben werden, weil davon
auszugehen sei, dass der gewöhnliche Aufenthalt resp. Lebensmittelpunkt von
B.________ in der Schweiz nicht mehr gegeben sei. Dagegen erhoben die
anwaltlich vertretenen Eltern Einwände. Mit Schreiben vom 7. Dezember 2001
annullierte die IV-Stelle den Vorbescheid mit der Begründung, der Anspruch für
Pflegebeiträge bleibe auch für Versicherte bestehen, welche ihren Wohnsitz im
Ausland hätten.
A.c Die telefonische Mitteilung des Vaters von B.________ vom 7. März 2006, die
Wohnadresse sei neu in S.________, sowie die Auskunft der Einwohnerkontrolle
Z.________, dass bisher keine Abmeldung erfolgt sei, veranlassten die IV-Stelle
zu weiteren Abklärungen zum Wohnsitz. Mit Vorbescheid vom 19. Juli 2006 teilte
sie mit, die Verfügungen vom 22. Oktober 1998 (medizinische Massnahmen zur
Behandlung des Geburtsgebrechens Nr. 390), 19. August 2004
(Hilflosenentschädigung für Hilflosigkeit schweren Grades mit
Intensivpflegezuschlag schweren Grades) und 19. Juli 2005 (Mietkosten für ein
Elektrobett) würden per sofort aufgehoben. Zur Begründung gab sie an, die
Voraussetzungen des gewöhnlichen Aufenthaltes in der Schweiz seien nicht mehr
gegeben. Der Lebensmittelpunkt liege ganz klar in Italien. Mit Verfügung vom 1.
Februar 2007 hob die IV-Stelle im Sinne des Vorbescheids sämtliche laufenden
Leistungen mangels versicherungsmässiger Voraussetzungen auf.

B.
Die Beschwerde der Eltern von B.________ hiess das Sozialversicherungsgericht
des Kantons Zürich teilweise gut. Es hob die Verfügung vom 1. Februar 2007
insoweit auf, als damit eine sofortige Leistungseinstellung angeordnet wurde
und stellte fest, dass weiterhin bis zum Abschluss der Scuola Media, 3. Klasse,
in X.________ (Italien) Anspruch auf Leistungen der Invalidenversicherung im
Umfang der Verfügungen vom 22. Oktober 1998, 19. August 2004 und 19. Juli 2005
bestehe (Entscheid vom 30. April 2009).

C.
Die IV-Stelle führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit
dem Rechtsbegehren, der Entscheid vom 30. April 2009 sei aufzuheben.
Die Eltern von B.________ beantragen die Abweisung der Beschwerde, das
Bundesamt für Sozialversicherungen deren Gutheissung.

D.
Mit Verfügung vom 6. Oktober 2009 hat der Instruktionsrichter das Gesuch des
Bundesamtes, der Beschwerde sei aufschiebende Wirkung zu erteilen, abgewiesen.

Erwägungen:

1.
Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es
ist somit weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an
die Erwägungen der Vorinstanz gebunden. Es kann unter Berücksichtigung der den
Parteien obliegenden Begründungs- resp. Rügepflicht eine Beschwerde aus einem
anderen als dem angerufenen Grund gutheissen oder mit einer von der
Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (BGE 133 II 249
E. 1.4.1 und 1.4.2 S. 254; Urteile 9C_867/2008 vom 6. April 2009 E. 3 und
9C_562/2008 vom 3. November 2008 E. 1).

2.
Der in Art. 9 BV verankerte Grundsatz von Treu und Glauben schützt die Bürger
in ihrem berechtigten Vertrauen auf behördliches Verhalten und bedeutet u.a.,
dass falsche Auskünfte von Verwaltungsbehörden unter bestimmten Voraussetzungen
eine vom materiellen Recht abweichende Behandlung der Rechtsuchenden gebieten.
Gemäss Rechtsprechung ist eine falsche Auskunft bindend, wenn die Behörde in
einer konkreten Situation mit Bezug auf bestimmte Personen gehandelt hat und
sie für die Erteilung der betreffenden Auskunft zuständig war oder aus
zureichenden Gründen als zuständig betrachtet werden durfte, wenn die
Unrichtigkeit der Auskunft nicht ohne weiteres erkennbar war, der oder die
Betroffene im Vertrauen auf die Richtigkeit der Auskunft Dispositionen
getroffen hat, die nicht ohne Nachteil rückgängig gemacht werden können und
wenn die gesetzliche Ordnung seit der Auskunfterteilung keine Änderung erfahren
hat (öffentlich-rechtlicher Vertrauensschutz; BGE 127 I 31 E. 3a S. 36; 126 II
377 E. 3a S. 387; 121 V 65 E. 2a S. 66; Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts
U 113/06 vom 8. Mai 2006 E. 3). Praxisgemäss können nicht bloss falsche
Auskünfte eine vom materiellen Recht abweichende Behandlung der Rechtsuchenden
gebieten. Vielmehr kann jede Form behördlichen Verhaltens den
öffentlich-rechtlichen Vertrauensschutz auslösen, wenn und soweit es beim
Betroffenen eine entsprechende Vertrauenssituation schafft (BGE 111 Ib 116 E. 4
S. 124; Etienne Grisel, Traité de droit administratif, 1984, S. 390 f.; Urteil
des Eidg. Versicherungsgerichts H 31/96 vom 24. März 1997 E. 5b). Der Berufung
auf Treu und Glauben dürfen keine überwiegende öffentliche Interessen
gegenüberstehen (BGE 129 I 161 E. 4.1 S. 170; Urteil 2C_244/2007 vom 10.
Oktober 2007 E. 3.3).

3.
Gemäss Vorinstanz lagen im Zeitpunkt der Verfügung vom 1. Februar 2007 die
versicherungsmässigen Voraussetzungen für die Weiterausrichtung der in Frage
stehenden Leistungen (medizinische Massnahmen zur Behandlung des
Geburtsgebrechens Nr. 390, Hilflosenentschädigung für Hilflosigkeit schweren
Grades mit Intensivpflegezuschlag schweren Grades, Mietkosten für ein
Elektrobett) nicht mehr vor. Insbesondere habe die Beschwerdeführerin seit
September 1998 (Eintritt in die Scuola Elementare) Wohnsitz in X.________,
Italien, gehabt. Dort sei auch ihr gewöhnlicher Aufenthalt gewesen. Die
tatsächlichen Verhältnisse hätten sich seither nicht wesentlich geändert. Die
Voraussetzungen für eine materielle Revision der drei Verfügungen vom 22.
Oktober 1998, 19. August 2004 und 19. Juli 2005 nach Art. 17 Abs. 2 ATSG seien
somit nicht gegeben. Inwiefern diese drei Verwaltungsakte in Bezug auf die
Annahme des Wohnsitzes in der Schweiz als zweifellos unrichtig zu betrachten
wären und darauf wiedererwägungsweise zurückgekommen werden könnte (Art. 53
Abs. 2 ATSG), sei unbeachtlich, da die IV-Stelle spätestens seit August 2004
die fraglichen Leistungen unter dem Titel Vertrauensschutz weitergewährt habe.
Diesbezüglich brauche nicht geprüft zu werden, ob die Anwendung des Grundsatzes
von Treu und Glauben bereits im Jahre 2004 oder sogar früher richtig gewesen
sei. In der Wohnsitznahme in X.________ ab September 1998 zum Zwecke des
Schulbesuchs sei eine jedenfalls im Zeitpunkt der Verfügung vom 1. Februar 2007
nicht wieder rückgängig zu machende Disposition zu erblicken, welche gegen die
sofortige Einstellung der laufenden Leistungen gemäss Verfügungen vom 22.
Oktober 1998, 19. August 2004 und 19. Juli 2005 spreche. Im Verfügungszeitpunkt
habe die Beschwerdeführerin bereits im 8. Schuljahr (2. Klasse der Scuola
Media) gestanden und die Möglichkeit gehabt, noch die 3. Klasse repetitiv zu
besuchen, sodass ein Schulbesuch in X.________ bis zum 16. Lebensjahr
vorgesehen gewesen sei. Für die Zeit danach hätten noch keine konkreten Pläne
bestanden. Die wiedererwägungsweise erfolgte Aufhebung habe demnach höchstens
noch zwei Schuljahre beschlagen, nachdem die Beschwerdeführerin diese
öffentliche Schule bereits seit fast acht Jahren besucht und diese sich bewährt
habe. Angesichts der doch schon lange andauernden Aufenthalts- und
Betreuungsverhältnisse wäre es ihr nicht zuzumuten gewesen, aus Wohnsitzgründen
diese Bildungsinstitution für die restliche Schulzeit zu verlassen. In
Beachtung des Vertrauensschutzes bestehe somit bis Ende der 3. Klasse der
Scuola Media weiterhin Anspruch auf die entsprechenden Leistungen.

4.
Die Beschwerde führende IV-Stelle wirft den Eltern der Beschwerdegegnerin,
insbesondere der Mutter, ein rechtsmissbräuchliches Verhalten vor. Durch
Vortäuschung falscher Tatsachen sei es ihnen gelungen, dass unter Umgehung der
einschlägigen Gesetzesbestimmungen weiterhin Leistungen an die behinderte
Tochter ausgerichtet worden seien, obschon diese nach Überzeugung der
Vorinstanz unbestrittenermassen ihren Lebensmittelpunkt in Italien begründet
habe. Bei der Prüfung der versicherungsmässigen Voraussetzungen unter dem
Aspekt der Wohnsitzsituation im Rahmen der revisionsweisen Prüfung der
Leistungspflicht hätten die Eltern angegeben, ihren Wohnsitz nach wie vor in
der Schweiz zu haben und die Tochter halte sich im Sinne von Art. 26 ZGB zu
schulischen Zwecken in Italien auf. Ebenfalls sei behauptet worden, Mutter und
Tochter würden mindestens sechs Monate im Jahr in der Schweiz verbringen, was
die Vorinstanz als unglaubhaft und im Widerspruch zu den Akten stehend
bezeichnet habe. Die Eltern hätten bereits 2002 gewusst, dass bei der Annahme
des Lebensmittelpunktes im Ausland die Leistungen eingestellt würden. Die
Mutter habe sodann in der vorinstanzlichen Beschwerde behaupten lassen, sie
würde nach wie vor Beiträge an die Sozialversicherung in der Schweiz
entrichten, was die Vorinstanz widerlegt habe. Ein solches Verhalten verdiene
keinen Rechtsschutz, weshalb die laufenden Leistungen aus wichtigen Gründen zu
Recht mit Verfügung vom 1. Februar 2007 eingestellt worden seien. Das
Rechtsmissbrauchsverbot sei sinngemäss höher zu gewichten als der
öffentlich-rechtliche Vertrauensschutz. Im gleichen Sinne hat sich die
Aufsichtsbehörde in ihrer Vernehmlassung geäussert. Der Grundsatz von Treu und
Glauben setze den guten Glauben voraus, welcher aufgrund der falschen Angaben
der Eltern der Beschwerdegegnerin klar nicht angenommen werden könne.

5.
Nach unbestrittener Feststellung der Vorinstanz besuchte die Beschwerdegegnerin
ab September 1998 die Scuola Elementare in X.________, Italien. Seither weilte
sie lediglich während (eines Teils) der Schulferien und allenfalls zur
ärztlichen Behandlung in der Schweiz. Dies stellte eine wesentliche Änderung in
den tatsächlichen Verhältnissen dar, welcher nach Art. 17 Abs. 2 ATSG Anlass
zur Überprüfung der verschiedenen Leistungsansprüche und allfälligen Anpassung
oder sogar Einstellung der laufenden Leistungen gab. Die IV-Stelle nahm im
Sommer 2001 die gesetzlich geforderte Prüfung in Bezug auf den Anspruch auf
Pflegebeiträge und Hauspflegebeiträge vor. Mit Vorbescheid vom 16. August 2001
verneinte sie Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt der Beschwerdegegnerin in
der Schweiz und stellte die Aufhebung der Pflegebeiträge und
Hilfspflegebeiträge ab 1. Januar 2001 in Aussicht. Aufgrund der Einwände in der
Eingabe des Rechtsvertreters der Eltern vom 20. September 2001 sowie unter
Berücksichtigung der internen Stellungnahme ihres Rechtsdienstes vom 7.
Dezember 2001 annullierte die Verwaltung den Vorbescheid mit Schreiben vom 7.
Dezember 2001. Darin hielt sie fest, "dass der Anspruch für Pflegebeiträge auch
für Versicherte, welche ihren Wohnsitz im Ausland haben, bestehen bleibt".
Inwiefern in der Eingabe vom 20. September 2001 gegen den Vorbescheid
Unwahrheiten oder Irreführendes gesagt wurde, welche die IV-Stelle veranlassen
konnten, auf die vorgesehene Leistungseinstellung zurückzukommen, ist nicht
ersichtlich. Dass die Familie in Z.________ angemeldet war, traf zu, ist
indessen für die Wohnsitzfrage ohne Bedeutung. Im Wesentlichen gestützt auf die
bei Erlass des Vorbescheids vom 16. August 2001 bestandenen Akten hat die
Vorinstanz die Wohnsitzfrage geprüft und klar im Sinne eines Wohnsitzes in
Italien seit September 1998 beantwortet. Weitere diesbezügliche Abklärungen
waren nicht erforderlich. Die Entrichtung von Beiträgen an die schweizerische
Sozialversicherung wurde im Übrigen erstmals in der vorinstanzlichen Beschwerde
behauptet und ist daher im Zusammenhang ohne Bedeutung. Unter diesen Umständen
kann nicht von einem in Bezug auf den Wohnsitz und den gewöhnlichen Aufenthalt
der Beschwerdegegnerin täuschenden Verhalten ihrer Eltern gesprochen werden,
welches unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchsverbots eine sofortige
Leistungseinstellung rechtfertigte.

6.
6.1 Das Schreiben vom 7. Dezember 2001 stellt eine formlose Mitteilung dar
(Art. 74ter IVV), welche wie eine formelle Verfügung Rechtskraft erlangte (Art.
51 ATSG; SVR 2009 UV Nr. 21, 8C_99/2008 E. 3.2; vgl. auch BGE 134 V 145 E. 5.2
S. 150). Nach Art. 53 Abs. 2 ATSG (in Verbindung mit Art. 2 ATSG und Art. 1
Abs. 1 IVG) kann die IV-Stelle auf eine formell rechtskräftige Verfügung
zurückkommen, wenn diese zweifellos unrichtig und die Berichtigung von
erheblicher Bedeutung ist, was bei Dauerleistungen regelmässig zutrifft. Ziel
und Zweck der Wiedererwägung ist, wenn spezifisch
invalidenversicherungsrechtliche Aspekte zur Diskussion stehen, mit Wirkung ex
nunc et pro futuro einen rechtskonformen Zustand herzustellen. Die
Wiedererwägung ist jederzeit möglich, insbesondere auch wenn die
Voraussetzungen der Revision nach Art. 17 ATSG nicht erfüllt sind (Urteil
9C_960/2008 vom 6. März 2009 E. 1.2 mit Hinweisen). Die Wiedererwägungsregeln
kommen auch bei formloser Leistungszusprache zur Anwendung (Urteil I 139/05 vom
28. November 1995 E. 1).

6.2 Nachdem im Vorbescheid vom 16. August 2001 ein Wohnsitz in der Schweiz
verneint worden war, konnte trotz der Bezeichnung der Tochter als Versicherte
die Aussage im Schreiben der IV-Stelle vom 7. Dezember 2001, "dass der Anspruch
für Pflegebeiträge auch für Versicherte, welche ihren Wohnsitz im Ausland
haben, bestehen bleibt", nach ihrem wirklichen rechtlichen Gehalt, auf den es
praxisgemäss ankommt (Urteil 9C_761/2009 vom 14. Dezember 2009 E. 3) nur
dahingehend verstanden werden, dass die IV-Stelle nach wie vor von einem
Wohnsitz im Ausland ausging. Die gleichzeitige Bejahung der
Anspruchsberechtigung ist nach zutreffender und unwidersprochen gebliebener
Auffassung der Vorinstanz zweifellos unrichtig. Die von der IV-Stelle am 1.
Februar 2007 verfügte sofortige Einstellung der laufenden Leistungen
(medizinische Massnahmen zur Behandlung des Geburtsgebrechens Nr. 390,
Hilflosenentschädigung für Hilflosigkeit schweren Grades mit
Intensivpflegezuschlag schweren Grades sowie die Kosten für ein Elektrobett
gemäss Verfügungen vom 22. Oktober 1998, 19. August 2004 und 19. Juli 2005)
erfolgte somit grundsätzlich zu Recht, ist doch auch die weitere
Wiedererwägungsvoraussetzung - die Erheblichkeit der Berichtigung - ohne
weiteres erfüllt.

7.
7.1 Nach Auffassung der Vorinstanz ist in der Wohnsitznahme in X.________ ab
September 1998 zum Zwecke des Schulbesuchs eine (jedenfalls im
Verfügungszeitpunkt 1. Februar 2007) nicht wieder rückgängig zu machende
nachteilige Disposition im Sinne des öffentlich-rechtlichen Vertrauensschutzes
zu erblicken, welche die Weiterausrichtung der Leistungen bis zum Abschluss der
Scuola Media rechtfertige. Damit hat sie den Zeitpunkt des vertrauensbildenden
Verhaltens der IV-Stelle spätestens in den September 1998 gelegt.

7.2 Die Eltern der Beschwerdegegnerin hatten den (bevorstehenden) Eintritt
ihrer Tochter in die Scuola Elementare in X.________ und die ständige Betreuung
durch die Mutter nicht gemeldet. Dazu wären sie nach Art. 31 Abs. 1 ATSG an
sich verpflichtet gewesen. In jeder der zahlreichen Verfügungen wurde
ausdrücklich darauf hingewiesen, dass geänderte tatsächliche Verhältnisse
gemeldet werden müssen. Erstmals im Rahmen eines Telefongesprächs am 13. August
2001 gab die Mutter an, ihre Tochter gehe in X.________ in die Schule und wohne
in dieser Zeit auch dort. Sie weile nur während den Ferien in der Schweiz. Bis
zu diesem Zeitpunkt bestanden keine genügenden Anhaltspunkte, welche die
IV-Stelle bei der gebotenen Aufmerksamkeit hätten veranlassen müssen, die Frage
der versicherungsmässigen Voraussetzungen unter dem Gesichtspunkt des
Wohnsitzes und gewöhnlichen Aufenthalts in der Schweiz näher abzuklären. Die
gesamte Korrespondenz (Leistungsgesuche, Mitteilungen, Vorbescheide,
Verfügungen) erfolgte über die Wohnadresse der Eltern der Beschwerdegegnerin in
Z.________. Die medizinischen Behandlungen und Therapien wurden in der Schweiz
durchgeführt, Physiotherapie gemäss den Angaben der Mutter anlässlich der
Abklärung vor Ort am 7. Januar 1999 einmal wöchentlich in O.________. Sodann
sprach die behandelnde Heilpädagogin bei Gelegenheit zweier Telefongespräche
vom 13. Juli und 31. August 1998 lediglich davon, die Eltern seien vorläufig in
Italien und versuchten dort, ihre behinderte Tochter einzuschulen. Die Mutter
äusserte sich bei ihrer Vorsprache betreffend die Abgabe einer Sitzvorrichtung
als therapeutisches Hilfsmittel zum Transport ihrer behinderten Tochter mit dem
Auto in dem Sinne, ab 5. Januar 1999 für mehrere Monate nach Italien zu gehen.
Diese Umstände deuteten darauf hin, dass der Erfolg der versuchten Einschulung
noch nicht feststand und ein voraussichtlich längerer Besuch der Scuola
Elementare und allenfalls der Scuola Media ungewiss war. Daraus allein musste
die IV-Stelle nicht auf eine mögliche Wohnsitzverlegung nach Italien
schliessen. Vielmehr durfte sie davon ausgehen, dass ihr ein Definitivum im
Sinne eines absehbar längeren Besuch der Schule in X.________ gemeldet werde.

7.3 Eine die sofortige Leistungseinstellung ausschliessende Vertrauensgrundlage
kann somit frühestens ab dem Schreiben der IV-Stelle vom 7. Dezember 2001, mit
welchem der Vorbescheid vom 16. August 2001 annulliert wurde, angenommen
werden. Bezogen auf die Situation Ende Dezember 2001 kann sich somit unter dem
Gesichtspunkt des öffentlich-rechtlichen Vertrauensschutzes einzig fragen, ob
die Eltern ihre Tochter aus der Schule in X.________ genommen und die (Sonder-)
Schulung in der Schweiz fortgesetzt hätten, wenn die IV-Stelle eine im Sinne
des Vorbescheids vom 16. August 2001 lautende Verfügung erlassen hätte. Diese
Frage ist unter dem Gesichtspunkt des Kindeswohls zu verneinen. Nach
verbindlicher Feststellung der Vorinstanz hatte sich der Besuch in einer
öffentlichen Schule in Italien und die ständige Betreuung durch die Mutter und
den Vater bewährt. Es ist nicht anzunehmen, dass die Eltern an dieser für ihr
Kind vorteilhaften Situation etwas geändert hätten.
Der öffentlich-rechtliche Vertrauensschutz bildet somit keine Grundlage, um die
im Zeitpunkt der Verfügung vom 1. Februar 2007 laufenden Leistungen für eine
bestimmte Zeit weiter auszurichten. Die Beschwerde ist, im Ergebnis, begründet.

8.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat die Beschwerdegegnerin die Gerichtskosten
zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen und der Entscheid des
Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 30. April 2009 aufgehoben.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.

3.
Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich hat die Gerichtskosten und
die Parteikostenentschädigung für das vorangegangene Verfahren neu
festzusetzen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 29. Januar 2010
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Meyer Fessler