Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 500/2009
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
9C_500/2009

Urteil vom 24. Juni 2009
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Borella, Seiler,
Gerichtsschreiber Fessler.

Parteien
N.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Bruno Häfliger,
Beschwerdeführer,

gegen

IV-Stelle des Kantons Zürich, 8087 Zürich,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Zürich
vom 27. März 2009.

Sachverhalt:

A.
Der 1946 geborene N.________ meldete sich im Dezember 2004 bei der
Invalidenversicherung an und beantragte eine Rente. Nach Abklärungen verneinte
die IV-Stelle des Kantons Zürich mit Verfügung vom 28. Dezember 2006 einen
Rentenanspruch. Die hiegegen erhobene Beschwerde hiess das
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich in dem Sinne teilweise gut, dass
es diesen Verwaltungsakt aufhob und die Sache zu weiterer Abklärung im Sinne
der Erwägungen und zu neuer Verfügung an die IV-Stelle zurückwies (Entscheid
vom 31. Januar 2008).

Mit Schreiben vom 10. Juni 2008 teilte die IV-Stelle dem Rechtsvertreter von
N.________ mit, dass eine medizinische Abklärung durch das Institut X.________
notwendig sei. Die Namen der am Gutachten beteiligten Fachärzte würden noch
bekannt gegeben. Mit Schreiben vom 24. November 2008 teilte das Institut
X.________ dem Versicherten Termin und Programm der Untersuchung sowie die
Namen der drei Gutachter (Dres. med. S.________, W.________ und C.________)
mit. Mit Schreiben vom 4. Dezember 2008 lehnte der Rechtsvertreter von
N.________ eine Begutachtung durch das Institut X.________ ab. Er machte u.a.
Befangenheit geltend, weil er drei Ärzte in einem vom Begutachtungsinstitut und
einem Mitglied der Gesamtleitung gegen diese angestrengten Privatklageverfahren
wegen unlauteren Wettbewerbs und Ehrverletzung vertrete. Nach weiterer
Korrespondenz erliess die IV-Stelle am 6. Januar 2009 eine Zwischenverfügung,
mit welcher sie an der Abklärung durch das Institut X.________ festhielt und
einer allfälligen Beschwerde die aufschiebende Wirkung entzog.

B.
Die von N.________ hiegegen erhobene Beschwerde wies das
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich nach zweifachem Schriftenwechsel
mit Entscheid vom 27. März 2009 ab.

C.
N.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen
mit dem Rechtsbegehren, der Entscheid vom 27. März 2009 sei aufzuheben, von der
Begutachtung beim Institut X.________ wegen Befangenheit abzusehen und dem
Rechtsmittel die aufschiebende Wirkung zu erteilen, unter Gewährung der
unentgeltlichen Prozessführung.

Erwägungen:

1.
Muss die IV-Stelle zur Abklärung des Sachverhaltes ein Gutachten einer oder
eines unabhängigen Sachverständigen einholen, gibt sie der Partei deren oder
dessen Namen bekannt. Diese kann den Gutachter aus triftigen Gründen ablehnen
und kann Gegenvorschläge machen (Art. 44 ATSG in Verbindung mit Art. 2 ATSG und
Art. 1 Abs. 1 IVG). Für Sachverständige gelten grundsätzlich die gleichen
Ausstands- und Ablehnungsgründe, wie sie für Richter vorgesehen sind. Danach
ist Befangenheit anzunehmen, wenn Umstände vorliegen, die in objektiver Weise
und nicht bloss auf Grund des subjektiven Empfindens der Partei geeignet sind,
Misstrauen in die Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit der
sachverständigen Person zu erwecken (BGE 132 V 93 E. 7.1 S. 109 mit Hinweis).

Über Einwendungen formeller Natur gegen Sachverständige ist in einer
selbständig anfechtbaren Zwischenverfügung zu entscheiden. Zu den Einwendungen
formeller Natur gehören im Wesentlichen die Ausstandsgründe gemäss Art. 36 Abs.
1 ATSG, welche mit denjenigen nach Art. 10 Abs. 1 VwVG (u.a. ein persönliches
Interesse in der Sache, enge verwandtschaftliche oder freundschaftliche
Verbundenheit mit einer Partei oder Befangenheit in der Sache aus anderen
Gründen) übereinstimmen (SVR 2008 IV Nr. 22, 9C_67/2007 E. 2.2).

2.
Das kantonale Gericht hat das Festhalten der IV-Stelle an der Begutachtung des
Beschwerdeführers durch das Institut X.________ bestätigt.

2.1 Es hat erwogen, abgesehen von ganz ausserordentlichen Fällen könnten nur
die für eine Behörde tätigen Personen, nicht aber die Behörde als solche
befangen sein. Nach der Rechtsprechung (Urteil I 874/06 vom 8. August 2007 E.
4.1 mit Hinweis) seien Ausstandsbegehren gegen sämtliche Mitglieder einer
Behörde nur zulässig, wenn gegen jedes einzelne Mitglied spezifische
Ausstandsgründe geltend gemacht würden, die über die Kritik hinausgingen, die
Behörde als solche sei befangen. Entsprechendes habe auch hinsichtlich einer
Medizinischen Abklärungsstelle nach Art. 72bis IVV zu gelten. Der
Beschwerdeführer stellt diese Rechtsprechung nicht in Frage.

2.2 Weiter hat die Vorinstanz erwogen, das Ausstandsbegehren, welches die
mangelnde Unvoreingenommenheit gegenüber dem Beschwerdeführer rüge, richte sich
gegen das Institut X.________ als Ganzes. Es würden keine spezifischen
Ausstandsgründe gegen die einzelnen, im Schreiben des Instituts X.________ vom
24. November 2008 bereits bekannt gegebenen und mit der Begutachtung betrauten
Sachverständigen genannt und kein Grund substanziiert vorgebracht, der den
Anschein von Befangenheit dieser Personen zu begründen vermöchte und Anlass
gäbe, an ihrer Unabhängigkeit zu zweifeln.
2.2.1 In der Beschwerde wird nicht dargetan, inwiefern diese Argumentation
Bundesrecht verletzt, insbesondere auf einer offensichtlich unrichtigen
Sachverhaltsfeststellung oder unhaltbaren Beweiswürdigung beruht. Sodann trifft
zwar zu, dass der ärztliche Mitarbeiterstab des Instituts X.________, worunter
die drei im konkreten Fall für die Begutachtung des Beschwerdeführers
bestimmten Fachärzte, auf dem Briefpapier des Schreibens vom 24. November 2008
aufgeführt wurde. Dies vermag indessen objektiv nicht den Anschein der
Befangenheit der drei Experten zu erwecken, zumal fraglich ist, ob sie vom
erwähnten Privatklageverfahren überhaupt Kenntnis haben und wenn ja, wer die
drei beklagten Ärzte vertritt.
2.2.2 Es kommt dazu, dass es hier nicht um einen Ausstandsgrund zwischen den
Sachverständigen und der versicherten Person, sondern deren Rechtsvertreter
geht. Dieser nimmt in einem vor dem Strafgericht hängigen Prozess die
Interessen von drei Ärzten wahr, gegen welche das Institut X.________ und ein
Mitglied der Gesamtleitung des Instituts Privatklage erhoben haben. In dieser
oder einer vergleichbaren Situation kann Voreingenommenheit indessen nur bei
Vorliegen besonderer Gegebenheiten im Verhältnis zwischen der sachverständigen
Person und dem Rechtsvertreter der Partei und nur mit Zurückhaltung angenommen
werden (vgl. Urteil 1B_303/2008 E. 2.2 mit Hinweisen; vgl. auch Urteil 8C_509/
2008 vom 4. Februar 2009 E. 7). Solche speziellen Umstände sind nicht
ersichtlich und werden auch nicht geltend gemacht. In diesem Zusammenhang wird
die Feststellung der Vorinstanz, das Urteil 8C_629/2008 vom 3. Dezember 2008
habe keine präjudizielle Bedeutung für den vorliegenden Streit, nicht
angefochten.

2.2.3 Schliesslich bestehen keine Anhaltspunkte, dass der Rechtsvertreter des
Beschwerdeführers im erwähnten Privatklageverfahren vor dem Strafgericht in
einer das gebotene und gesetzlich zulässige Mass überschreitenden, die
Standesregeln und guten Sitten missachtenden Weise prozessiert, sodass objektiv
jeder Arzt der Abklärungsstelle nicht mehr als unbefangen gelten könnte.

Der vorinstanzliche Entscheid verletzt Bundesrecht nicht.

3.
Die Beschwerde ist offensichtlich unbegründet und wird daher im vereinfachten
Verfahren mit summarischer Begründung nach Art. 109 Abs. 2 lit. a und Abs. 3
BGG erledigt.

4.
Mit dem sofortigen Entscheid in der Sache ist die Frage der aufschiebenden
Wirkung der Beschwerde gegenstandslos (Urteil 9C_922/2008 vom 16. Januar 2009
E. 5).

5.
Dem Begehren um unentgeltliche Rechtspflege kann nicht entsprochen werden, da
die Beschwerde als aussichtslos im Sinne von Art. 64 Abs. 1 BGG bezeichnet
werden muss (BGE 129 I 129 E. 2.3.1 S. 135, 128 I 225 E. 2.5.3 S. 236 mit
Hinweis). Dem unterliegenden Beschwerdeführer sind jedoch umständehalber keine
Gerichtskosten aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 Satz 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3.
Es werde keine Gerichtskosten erhoben.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 24. Juni 2009
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Meyer Fessler