Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 412/2009
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
9C_412/2009

Urteil vom 10. Juli 2009
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Seiler, Bundesrichterin Pfiffner Rauber,
Gerichtsschreiberin Bollinger Hammerle.

Parteien
A.________,
vertreten durch Beratungsstelle für Ausländer,
Beschwerdeführer,

gegen

IV-Stelle des Kantons Aargau,
Kyburgerstrasse 15, 5000 Aarau,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau
vom 31. März 2009.

Sachverhalt:

A.
A.________ war ab ... bei den Schweizerischen Bundesbahnen (im Folgenden: SBB),
angestellt. Vom ... bis ... arbeitete er als Stellwerkangestellter/
Rangierarbeiter; ab ... war er zu 50 % im Hausdienst Rangierbahnhof
beschäftigt. Am 29. Juni 2005 meldete er sich unter Hinweis auf "Knieschmerzen,
Meniskus und Arthrose", bestehend seit ungefähr Mitte 2003, bei der
Invalidenversicherung zum Leistungsbezug (Berufsberatung, Umschulung auf eine
neue Tätigkeit, Rente) an. Die IV-Stelle des Kantons Aargau führte erwerbliche
Abklärungen durch und holte Berichte ein des Dr. med. W.________, Innere
Medizin FMH, vom 22. Juli 2005 (mit Ergänzung vom 28. November 2005), und des
früheren Hausarztes Dr. med. H.________, Allgemeine Medizin FMH, vom 16.
November 2005 (denen je weitere medizinische Akten beilagen). Die SBB lösten
das Arbeitsverhältnis auf Ende ... auf. Nach mündlicher Anfrage bei ihrem
Regionalen Ärztlichen Dienst (RAD; Dr. med. U.________) vom 3. April 2006 und
Stellungnahme des RAD-Arztes Dr. med. G.________ vom 30. August 2006 zog die
IV-Stelle die Akten bei des Medical Service der SBB holte ergänzende Unterlagen
ein bei Dr. med. T.________, FMH für Physikalische Medizin und Rehabilitation,
und veranlasste ein interdisziplinäres versicherungsmedizinisches Gutachten
beim Institut X.________ vom 6. Februar 2008. Nach weiteren Stellungnahmen
ihres RAD und durchgeführtem Vorbescheidverfahren verfügte die IV-Stelle am 10.
Juli 2008 die Abweisung des Leistungsbegehrens (bei einem Invaliditätsgrad von
30 %).

B.
Die hiegegen erhobenen Beschwerde des A.________ wies das Versicherungsgericht
des Kantons Aargau mit Entscheid vom 31. März 2009 ab.

C.
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen
und unter Aufhebung des angefochtenen Entscheides die Zusprechung einer ganzen
Rente beantragen. Eventualiter sei der Fall an die IV-Stelle zur weiteren
Abklärung zurückzuweisen.

Erwägungen:

1.
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG)
kann u.a. die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG).
Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie
offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von
Artikel 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des
Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt
seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat. Es
kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen
oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht (Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG).

2.
Das kantonale Gericht hat im angefochtenen Entscheid, auf welchen verwiesen
wird, die Bestimmungen und Grundsätze über die Invalidität (Art. 8 Abs. 1 ATSG;
Art. 4 Abs. 1 IVG), den Anspruch auf eine Invalidenrente (Art. 28 Abs. 1 IVG in
der bis 31. Dezember 2007 gültig gewesenen Form), die Aufgabe des Arztes oder
der Ärztin im Rahmen der Invaliditätsbemessung (BGE 125 V 256 E. 4 S. 261)
sowie den Beweiswert und die Beweiswürdigung medizinischer Berichte und
Gutachten (BGE 125 V 351 E. 3a S. 352) zutreffend wiedergegeben.

3.
3.1 Die Vorinstanz erwog in pflichtgemässer Würdigung der medizinischen Akten
(Art. 61 lit. c in fine ATSG), gestützt auf das Gutachten des Instituts
X.________, dem voller Beweiswert zukomme, sei der Beschwerdeführer in einer
leidensangepassten Tätigkeit (leichte, wechselbelastende Arbeitshaltung,
vorwiegend sitzend, Vermeiden von Überkopfarbeiten und Arbeiten in
Zwangshaltungen, Vermeiden von Heben und Tragen grösserer Lasten über 10 kg)
uneingeschränkt arbeitsfähig. Dabei legte das kantonale Gericht insbesondere
nachvollziehbar und begründet dar, weshalb die hinsichtlich der verbleibenden
Restarbeitsfähigkeit vom Gutachten des Instituts X.________ abweichenden
Einschätzungen der Dres. med. T.________ und W.________ zu keinem anderen
Schluss zu führen vermöchten.

3.2
3.2.1 Soweit der Beschwerdeführer rügt, das kantonale Gericht habe den
rechtserheblichen Sachverhalt unvollständig abgeklärt und sein Ermessen
überschritten, indem es nur den Gutachtern des Instituts X.________ "geglaubt"
habe, vermag er nicht durchzudringen.
3.2.2 Aktenkundig leidet der Versicherte unter objektivierbaren Beschwerden an
den Knien, besonders im linken Kniegelenk, welche zweimal arthroskopisch
angegangen wurden. Zusätzlich wurde im Jahre 2005 ein chronisches
Lumbovertebralsyndrom links diagnostiziert (Bericht des Dr. med. W.________ vom
22. Juli 2005) und in einem im Spital B.________ am 1. November 2005
durchgeführten MRI leichte degenerative Veränderungen der LWS (insbesondere L3/
4 und L4/5) mit leicht aktivierter Osteochondrose festgestellt. Nach
überwiegender Meinung der Ärzte ist die - sehr kniebelastende - Tätigkeit im
Rangierdienst der SBB wegen dieser Leiden nicht mehr zumutbar (Berichte des Dr.
med. S.________, Medical Service der SBB, vom 30. Juni 2005 sowie des Dr. med.
T.________ vom 18. November 2005 und 22. Mai 2006; Gutachten des Instituts
X.________ vom 6. Februar 2008). Hinsichtlich der verbleibenden
Restarbeitsfähigkeit in einer leichten, angepassten Tätigkeit ergeben die
ärztlichen Einschätzungen indes kein einheitliches Bild. Es fällt aber auf,
dass namentlich die behandelnden Dres. med. W.________ und T.________,
insbesondere auch mit Blick auf die im Jahre 2005 diagnostizierte "somatoforme
vegetative Erkrankung" (Berichte vom 18. November 2005 und 28. Mai 2006), eine
nurmehr hälftige Arbeitsfähigkeit in einer leichten Tätigkeit attestierten
(wobei Dr. med. W.________ weitestgehend die Einschätzungen des Dr. med.
T.________ übernahm), während sowohl die Ärzte an den Spitälern B.________ (am
27. Oktober 2004) und R.________ (am 13. Mai 2005) als auch die Gutachter des
Instituts X.________ von einer höheren bzw. uneingeschränkten Arbeitsfähigkeit
in einer angepassten Tätigkeit ausgingen. Dass die Arbeitsfähigkeit nicht
wesentlich eingeschränkt sei, entsprach im Übrigen auch der Beurteilung des
früheren Hausarztes Dr. med. H.________, der sogar davon ausging, es fehle dem
"liebenswürdigen Mazedonier" am Arbeitswillen (Bericht vom 16. November 2005)
bzw. es liege "überhaupt kein Zustand für eine IV-Anmeldung" vor (Bericht vom
10. November 2004). Wenn das kantonale Gericht unter Hinweis auf die
beweisrechtlich bedeutsame Unterscheidung zwischen Behandlungs-/Therapieauftrag
einerseits und Gutachtensauftrag anderseits dem Gutachten des Instituts
X.________ im Rahmen der freien Beweiswürdigung ausschlaggebendes Gewicht
beimass und gestützt darauf von einer uneingeschränkten Arbeitsfähigkeit in
einer leichten, angepassten Tätigkeit ausging, verstiess es nicht gegen
Bundesrecht. Dies gilt umso mehr, als der Beschwerdeführer aus der mit Blick
auf nicht näher spezifizierte "Zeitungsberichte" und einen Entscheid des
Verwaltungsgerichtes des Kantons Z._______ vorgetragenen, unspezifischen Kritik
am Institut X.________ nichts zu seinen Gunsten abzuleiten vermag, zumal ein
konkreter Anhaltspunkt gegen die Glaubwürdigkeit des Dr. med. I.________ weder
ersichtlich ist noch vom Beschwerdeführer konkret gerügt wird und sich die
Einschätzung der Gutachter des Instituts X.________, wie soeben dargelegt,
weitestgehend deckt insbesondere mit der Beurteilung der Ärzte an den Spitälern
B.________ und A.________ und des SBB-Arztes Dr. med. S.________.
3.2.3 Nicht gegen Bundesrecht verstösst auch die vorinstanzliche Würdigung der
im Vorbescheidverfahren aufgelegten Beurteilung des Dr. med. K.________, FMH
für Neurologie, welcher im Anschluss an die Erstkonsultation vom 9. Juni 2008
im Wesentlichen angab, die Arbeitsunfähigkeit - die er nicht näher
konkretisierte - sei "multifaktoriell" bedingt und müsse hauptsächlich
rheumatologisch-orthopädisch beurteilt werden (was nach den zutreffenden
Erwägungen im angefochtenen Entscheid im Rahmen der Expertise des Instituts
X.________ rechtsgenüglich erfolgt ist). Ohne dass weiter geprüft werden
müsste, ob und allenfalls inwiefern die im vorinstanzlichen Beschwerdeverfahren
aufgelegten Berichte des Dr. med. O.________, FMH für Psychiatrie und
Psychotherapie, vom 31. Januar 2008, des Dr. med. E.________, FMH für
Chirurgie, vom 13. Januar 2009, sowie des Dr. med. C.________, Facharzt für
Psychiatrie und Psychotherapie, vom 18. Januar 2009, für den hier massgeblichen
Zeitpunkt überhaupt relevant wären, ist jedenfalls nicht zu beanstanden, dass
die Vorinstanz diesen Einschätzungen keine Beweiskraft zugestanden hat, zumal
es darin bereits an einer nachvollziehbar begründeten relevanten
Arbeitsunfähigkeit weitestgehend fehlt.

4.
Was schliesslich die Höhe des Abzuges vom Tabellenlohn betrifft, handelt es
sich dabei um eine typische Ermessensfrage, deren Beantwortung
letztinstanzlicher Korrektur nurmehr dort zugänglich ist, wo das kantonale
Gericht das Ermessen rechtsfehlerhaft ausgeübt hat, also
Ermessensüberschreitung, -missbrauch -unterschreitung vorliegt (BGE 132 V 393
E. 3.3 S. 399). Dass die Vorinstanz ihr Ermessen rechtsfehlerhaft ausgeübt
habe, vermag der Beschwerdeführer nicht zu begründen.

5.
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat der Beschwerdeführer die
Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau
und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 10. Juli 2009
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:

Meyer Bollinger Hammerle