Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 40/2009
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
9C_40/2009

Urteil vom 27. Januar 2010
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Borella, Kernen, Seiler,
Bundesrichterin Pfiffner Rauber,
Gerichtsschreiberin Amstutz.

Parteien
A.________ AG,
Beschwerdeführerin,

gegen

Pensionskasse X.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Martin Hubatka,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Berufliche Vorsorge,

Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen
vom 9. Dezember 2008.

Sachverhalt:

A.
Z.________ und H.________ sind einzige Angestellte und Aktionäre der A.________
AG und als Verwaltungsräte mit Kollektivunterschrift zu zweien
zeichnungsberechtigt. Die Firma war vom 1. Januar 2002 bis 31. Dezember 2007
der Sammelstiftung der Pensionskasse X.________ angeschlossen. Unter Vorbehalt,
dass der Deckungsgrad 2 der Vorsorgeeinrichtung am 20. Dezember 2007 mindestens
98 % beträgt, beschloss der Verwaltungsrat der Pensionskasse X.________ im
November 2007, das am 31. Dezember 2006 vorhandene obligatorische und
überobligatorische Altersguthaben der Versicherten für das Jahr 2007 mit 3 % zu
verzinsen (Zinsgutschrift: Ende Dezember 2007); im versandten Informationsblatt
wurde vermerkt, dies entspreche dem BVG-Mindestzinssatz von 2.5 % plus einer
"Überschussverzinsung" von 0.5 %. Nachdem die Austrittsabrechnungen der
Pensionskasse X.________ vom 27. November 2007 für die auf 31. Dezember 2007 -
infolge Kündigung des Anschlussvertrages mit der A.________ AG - ausscheidenden
Mitglieder Z.________ und H.________ für das am 31. Dezember 2006 vorhandene
Altersguthaben je bloss eine Verzinsung gemäss dem BVG-Mindestzinssatz von 2.5
% berücksichtigt hatten und auch Ende Dezember 2007 kein höherer Zins
gutgeschrieben worden war, teilte die Pensionskasse den Betreffenden auf
Nachfrage hin mit Schreiben vom 27. Februar 2008 mit, die Überschussverzinsung
setze gemäss Verwaltungsratsbeschluss einen per 31. Dezember 2007 ungekündigten
Anschlussvertrag (resp. ungekündigte Mitgliedschaft) voraus, weshalb sie nicht
in deren Genuss kämen.

B.
Am 25. April 2008 reichte die A.________ AG beim Versicherungsgericht des
Kantons St. Gallen Klage ein mit dem Rechtsbegehren, es sei auf den am 31.
Dezember 2006 vorhandenen Altersguthaben ihrer Versicherten zusätzlich der
Überschusszins von 0.5 % zu gewähren; zur Begründung berief sich die Klägerin
im Wesentlichen auf das Gleichbehandlungsgebot, den Grundsatz von Treu und
Glauben und das Willkürverbot. Mit Entscheid vom 9. Dezember 2008 wies das
Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen die Klage mangels Begründetheit ab.

C.
Die A.________ AG führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten
mit dem Antrag, der kantonale Entscheid sei aufzuheben und die Klage
entsprechend dem vorinstanzlichen Rechtsbegehren gutzuheissen.
Die Pensionskasse X.________ schliesst auf Abweisung der Beschwerde und
Bestätigung der vorinstanzlichen Klageabweisung. Das Bundesamt für
Sozialversicherungen hat auf eine Vernehmlassung verzichtet.

Erwägungen:

1.
Legitimiert zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist nach
Art. 89 Abs. 1 BGG, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen oder keine
Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat, durch den angefochtenen Entscheid oder
Erlass besonders berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an dessen
Aufhebung oder Änderung hat. Die Beschwerdeführerin erfüllt diese
Voraussetzungen, nachdem ihr im vorinstanzlichen Verfahren Parteistellung
zuerkannt und ihr der angefochtene Entscheid als Adressatin direkt eröffnet
wurde; da auch die weiteren Prozessvoraussetzungen erfüllt sind, ist auf die
Beschwerde einzutreten.

2.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Im Rahmen der
Rechtsanwendung von Amtes wegen (Art. 106 Abs. 1 BGG) ist das Bundesgericht
weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die
Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus anderen als dem
angerufenen Grund gutheissen, und es kann sie mit einer von der Argumentation
der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (BGE 130 III 136 E. 1.4 S.
140).

3.
3.1 Im kantonalen Verfahren - wie auch im Verfahren vor Bundesgericht - haben
die bis Ende 2007 bei der Beschwerdegegnerin vorsorgeversichert gewesenen
Z.________ und H.________ nicht in eigenem Namen, sondern als (einzige)
Verwaltungsräte der A.________ AG ausdrücklich in deren Namen Klage erhoben.
Zur Aktivlegitimation der A.________ AG hat sich das kantonale Gericht nicht
ausdrücklich geäussert.
3.2
3.2.1 Die von Amtes wegen (vgl. BGE 118 Ia 129 E. 1 S. 130) zu prüfende Frage,
ob eine Partei als Klägerin aufzutreten berechtigt (Aktivlegitimation) und
welche Partei einzuklagen ist (Passivlegitimation), bestimmt sich - auch im
öffentlich-rechtlichen Klageverfahren - nach dem materiellen Recht.
Grundsätzlich ist der Träger des fraglichen Rechts aktivlegitimiert,
passivlegitimiert der materiell Verpflichtete, gegen den sich das Recht richtet
(vgl. SVR 2006 BVG Nr. 11 S. 39 E. 3.2 mit Hinweisen, B 61/02). Aktiv- und
Passivlegitimation sind folglich nicht Bedingungen im Sinne von
Prozessvoraussetzungen, von denen die Zulässigkeit der Klage abhängen würde;
sie gehören vielmehr zur materiellen Begründetheit des Klagebegehrens, weshalb
ihr Fehlen zur Abweisung und nicht zur Zurückweisung der - bzw. zum
Nichteintreten auf die - Klage führt (vgl. BGE 107 II 82 E. 2a S. 85 mit
Hinweisen; zum Ganzen: SVR 2006 BVG Nr. 34 S. 131 E. 7, B 10/05).
3.2.2 Ob ein Arbeitgeber - hier: die A.________ AG - im Rahmen einer nach Art.
73 BVG vom Berufsvorsorgegericht zu beurteilenden Streitigkeit zwischen
Vorsorgeeinrichtungen, Arbeitgebern und Anspruchsberechtigten konkret als
Kläger aufzutreten berechtigt ist (Aktivlegitimation), bestimmt sich nach dem
Gesagten nach dem materiellen Recht. Grundsätzlich ist der Träger des
fraglichen Rechts aktivlegitimiert (E. 3.2.1 hievor). Im Zusammenhang mit
Anschlussverträgen zwischen Vorsorgeeinrichtung und Arbeitgeber im Besonderen
ist Letzterer im Klageverfahren nach Art. 73 BVG aktivlegitimiert, sofern die
Streitigkeit eine Frage betrifft, die Regelungsgegenstand des
Anschlussvertrages zwischen ihm und der Vorsorgeeinrichtung bildet (vgl. SVR
2005 BVG Nr. 27 S. 97, B 43/04 E. 1; BGE 135 V 133 E. 1). Liegt die
Streitigkeit nicht im Anschlussvertrag selbst begründet, sondern in einem davon
zu unterscheidenden anderen Vertragsverhältnis, wie beispielsweise einem
Gesamtarbeitsvertrag, ist nicht das Berufsvorsorgegericht, sondern das
Zivilgericht zuständig (vgl. Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts B 37/03 vom
10. März 2004 E. 2.3 mit Hinweisen [SZS 2005 S. 176]).

3.3 Der vorinstanzlich beurteilte Rechtsstreit betrifft allein die Verzinsung
der individuellen Altersguthaben der bis 31. Dezember 2007 bei der
Beschwerdegegnerin versichert gewesenen Mitglieder Z.________ und H.________
für das Jahr 2007 und mittelbar die Höhe der ihnen je persönlich geschuldeten
Austrittsleistung. Die strittige "Überschussverzinsung" beschlägt das
gesetzlich und reglementarisch geregelte Rechtsverhältnis zwischen der
Vorsorgeeinrichtung und den beiden ehemals Versicherten, nicht aber dasjenige
zwischen der Beschwerdegegnerin und der A.________ AG als Arbeitgeberin; dies
geht ohne weiteres auch aus den Austrittsabrechnungen der Pensionskasse vom 27.
November 2007 hervor, denen die für das Jahr 2007 gewährte Verzinsung des
Altersguthabens zu entnehmen ist und die ausdrücklich die Versicherten
Z.________ und H.________ als Leistungsberechtigte bezeichnen. Ungeachtet des
Umstands, dass der Rechtsstreit durch die Kündigung des Anschlussvertrages
seitens der A.________ AG auf 31. Dezember 2007 ausgelöst wurde, liegt
namentlich keine Streitigkeit zwischen Arbeitgeber und Vorsorgeeinrichtung über
eine Frage vor, die selbst Regelungsgegenstand des Anschlussvertrages bildet
(E. 3.2.2 hievor). Beschwerdeführerin und Gegenpartei haben sich zur Begründung
ihres Standpunkts denn auch an keiner Stelle auf eine Bestimmung des
Anschlussvertrags berufen. Die Aktivlegitimation der A.________ AG
(Arbeitgeberin) im vorinstanzlichen Klageverfahren ist daher zu verneinen.
Bereits aus diesem Grund war die Klage vom kantonalen Gericht abzuweisen, und
es bestand - und besteht auch letztinstanzlich - kein Raum für die Beurteilung
der materiellrechtlichen Begründetheit des geltend gemachten Anspruchs auf
Überschussverzinsung. Den Versicherten der A.________ AG bleibt es mangels
Verjährung des umstrittenen Anspruchs (Art. 31 des Reglements der Pensionskasse
X.________ [in der ab 1. Januar 2007 geltenden Fassung] in Verbindung mit Art.
41 BVG) unbenommen, vor der Vorinstanz ein Klagebegehren in eigenem Namen
einzureichen.

4.
Die Gerichtskosten (Art. 65 BGG) gehen ausgangsgemäss zulasten der
Beschwerdeführerin (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). Die obsiegende
Vorsorgeeinrichtung hat als mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betraute
Organisation keinen Anspruch auf Parteientschädigung (Art. 66 Abs. 3 BGG; BGE
128 V 124 E. 5b S. 133; 126 V 143 E. 4a S. 150).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons St.
Gallen und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 27. Januar 2010
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:

Meyer Amstutz