Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 408/2009
Zurück zum Index II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2009
Retour à l'indice II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2009


Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
9C_408/2009

Urteil vom 3. September 2009
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Seiler, Bundesrichterin Pfiffner Rauber,
Gerichtsschreiber Schmutz.

Parteien
SWICA Krankenversicherung AG,
Rechtsdienst, Römerstrasse 38, 8400 Winterthur,
Beschwerdeführerin,

gegen

Kanton Zug, Medizinalamt, Kantonsärztlicher Dienst, Gartenstrasse 3, 6300 Zug,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Krankenversicherung, Prozessvoraussetzung, Krankenpflege (Ausserkantonale
Behandlung),

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zug vom 16.
April 2009.

Sachverhalt:

A.
E.________ wohnt im Kanton Zug und ist bei der SWICA Krankenversicherung AG
(nachfolgend auch: SWICA) obligatorisch krankenpflegeversichert und freiwillig
spitalzusatzversichert mit einer Deckung "allgemeine Abteilung ganze Schweiz".
Gegen Ende ihrer Schwangerschaft verbrachte sie die Neujahrstage 2008
ferienhalber ausserkantonal in der Gemeinde X.________. Ungefähr zehn Tage vor
dem errechneten Geburtstermin kam es in der Nacht zum 2. Januar 2008 zum
vorzeitigen Blasensprung, worauf sich die Versicherte ins Spital X._______
begab und dort um 14.17 Uhr das Kind gebar. Das Spital ersuchte den
Kantonsärztlichen Dienst des Medizinalamtes des Kantons Zug um Kostengutsprache
für eine ausserkantonale Notfallbehandlung, was dieser ablehnte. Die SWICA
übernahm zunächst die gesamten Kosten und forderte den Kanton auf, ihr den
gesetzlich vorgesehenen Anteil zu vergüten. Mit Verfügung vom 10. April 2008
und Einspracheentscheid vom 8. Januar 2009 lehnte der Kantonsärztliche Dienst
die Beteiligung des Kantons an den Kosten der ausserkantonalen Spitalbehandlung
ab.

B.
Die von der SWICA dagegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des
Kantons Zug mit Entscheid vom 16. April 2009 ab.

C.
Die SWICA führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten; sie
beantragt Aufhebung des kantonalen Entscheides und Verpflichtung des Kantons
Zug (zit.) zur Bezahlung der Differenzkosten für die Geburt im Spital
X.________ als Notfall.

Vorinstanz und Medizinalamt des Kantons Zug schliessen auf Abweisung der
Beschwerde. Das Bundesamt für Gesundheit verzichtet auf Vernehmlassung.

Erwägungen:

1.
1.1 Am Verfahren ist nicht der von der Vorinstanz im Rubrum als Beschwerde
führende Partei bezeichnete Verein SWICA Gesundheitsorganisation beteiligt,
sondern die Adressatin der Verfügung und unterlegene Einsprecherin SWICA
Krankenversicherung AG, eine in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft
organisierte Krankenversicherung mit Sitz und Domizil in Winterthur. Sie
bezweckt gemäss Eintrag im Handelsregister "als Krankenkasse den Betrieb der
sozialen Krankenversicherung (...) und weiter den Betrieb einer Kranken- und
Unfallversicherung mit den Versicherungszweigen Unfall und Krankheit
(Zusatzversicherungen nach dem Bundesgesetz über den Versicherungsvertrag
[VVG])". Der Verein SWICA Gesundheitsorganisation (mit gleichem Sitz und
Domizil) verfolgt einen anderen Zweck im Umfeld der Kranken- und
Unfallversicherung, welchen er insbesondere "durch das Halten der Aktien der
SWICA Krankenversicherung und anderer Krankenkassen gemäss Art. 12 KVG"
wahrnimmt.

1.2 Der Umstand der fehlerhaften Parteibezeichnung ist bisher nicht
thematisiert worden: Die SWICA Krankenversicherung AG hat den kantonalen
Entscheid aus rein materiellen Gründen angefochten. Da das Verwaltungsgericht
effektiv das streitige Rechtsverhältnis zwischen diesem Krankenversicherer und
dem Kantonsärztlichen Dienst beurteilt hat und dies ganz offensichtlich auch
beabsichtigte, schadet die im vorinstanzlichen Verfahren fehlerhafte
Parteibezeichnung nicht.

2.
2.1 Nach Art. 29 KVG übernimmt die obligatorische Krankenpflegeversicherung bei
Mutterschaft neben den Kosten für die gleichen Leistungen wie bei Krankheit die
Kosten der besonderen Leistungen bei Mutterschaft (Abs. 1), die neben anderem
die Entbindung in einem Spital sowie die Geburtshilfe durch Ärzte und Ärztinnen
oder Hebammen (Abs. 2 lit. b) und die Pflege und den Aufenthalt des gesunden
Neugeborenen, solange es sich mit der Mutter im Spital aufhält (Abs. 2 lit. c),
umfasst.

2.2 Die Kostenübernahme bei stationärer Behandlung im Rahmen der
obligatorischen Krankenpflegeversicherung ist in Art. 41 KVG geregelt.
Vorliegend ist die Norm noch anwendbar in der Formulierung vor Inkrafttreten
der Neufassung gemäss Ziff. I des Bundesgesetzes vom 21. Dezember 2007
(Spitalfinanzierung) auf den 1. Januar 2009 (AS 2008 2049 2057; BBl 2004 5551):
Danach können die Versicherten unter den zugelassenen Leistungserbringern, die
für die Behandlung ihrer Krankheit geeignet sind, frei wählen. Der Versicherer
muss die Kosten höchstens nach dem Tarif übernehmen, der im Wohnkanton der
versicherten Person gilt (Abs. 1 dritter Satz). Beanspruchen Versicherte aus
medizinischen Gründen einen anderen Leistungserbringer, so richtet sich die
Kostenübernahme nach dem Tarif, der für diesen Leistungserbringer gilt (Abs.
2). Medizinische Gründe liegen bei einem Notfall vor oder wenn die
erforderlichen Leistungen im Wohnkanton oder in einem auf der Spitalliste des
Wohnkantons nach Artikel 39 Absatz 1 Buchstabe e KVG aufgeführten
ausserkantonalen Spital nicht angeboten werden (Abs. 2 lit. b). Beansprucht die
versicherte Person aus medizinischen Gründen die Dienste eines ausserhalb ihres
Wohnkantons befindlichen öffentlichen oder öffentlich subventionierten Spitals,
so übernimmt der Wohnkanton die Differenz zwischen den in Rechnung gestellten
Kosten und den Tarifen des betreffenden Spitals für Einwohner und
Einwohnerinnen des Kantons (Abs. 3 erster Satz; Ausgleichs- oder
Differenzzahlungspflicht: BGE 130 V 218, 123 V 290 und 310).

3.
3.1 Partei im Streit um die Differenzzahlung nach Art. 41 Abs. 3 KVG (Hinweis
auf geändertes Recht in E. 2.2) sind neben dem Wohnkanton als Pflichtigem in
erster Linie die Versicherten als Schuldner der Vergütung der vom Spital
erbrachten Leistungen. Parteistellung kommt auch dem Versicherer zu, wenn
dieser gemäss Tarifvertrag oder anderweitiger Vereinbarung mit dem Spital die
gesamte Vergütung schuldet oder dem Spital die Rechnung bezahlt hat (GEBHARD
EUGSTER, Krankenversicherung, in: Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht
[SBVR], Soziale Sicherheit, 2. Aufl. 2007, S. 727 Rz. 973 [mit Hinweisen zur
Beschwerdelegitimation von Zusatzversicherern und Verweis in Fn. 1512 auf die
Urteile des Eidgenössischen Versicherungsgerichts RKUV 2006 Nr. KV 369 S. 232
[K 81/05]; BGE 130 V 215 E. 2.3 S. 219; SVR 2005 KV Nr. 29 S. 103 [K 39/04];
siehe neu auch Art. 42 Abs. 2 KVG in der Fassung gemäss Ziff. I des
Bundesgesetzes vom 21. Dezember 2007 [Spitalfinanzierung], in Kraft seit 1.
Januar 2009 [AS 2008 2049 2057; BBl 2004 5551]).

3.2 Die SWICA Krankenversicherung AG ist Grund- und Zusatzversicherer der am
vorliegenden Verfahren nicht beteiligten E.________. Sie begründet ihre
Beschwerdelegitimation mit der Tatsache, dass sie, falls der Kanton seinen
Kostenbeitrag nicht leistet, aus der Zusatzversicherung für eine Leistung
aufzukommen hätte, welche grundsätzlich vom Kanton zu übernehmen ist. Der
Abschluss einer Zusatzversicherung für die Behandlung in der ganzen Schweiz
dürfe nicht dazu führen, dass die Kantonsärzte die medizinische Indikation bei
der ausserkantonalen Hospitalisierung extensiv ablehnten. Trotz einer solchen
müsse der Kanton sich an den Kosten, die durch eine notfallmässige
Spitalbehandlung entstanden sind, im gesetzlichen Rahmen beteiligen. Indem sie
als Versicherer die erwähnten Kosten übernommen habe, sei sie in die Rechte der
versicherten Person eingetreten.

3.3 Auch wenn hier die gleiche juristische Person Grund- und Zusatzversicherer
ist, kann sich der Streit nur um Ansprüche im Bereich der Grundversicherung
drehen. Die SWICA kann nur als Durchführungsorgan der obligatorischen
Krankenpflegeversicherung Partei im vorliegenden Verfahren in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vor der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Bundesgerichts sein. Fragen zur Leistungspflicht aus der Zusatzversicherung
sind in diesem Rahmen nicht zu erörtern. Die SWICA hat im Sinne einer
Vorleistung (Art. 22 Abs. 2 lit. b und 70 f. ATSG) offenbar zunächst die
gesamten in Rechnung gestellten Kosten übernommen und sich damit faktisch den
Ausgleichsanspruch gegenüber dem Kanton von der Versicherten abtreten lassen
(vgl. dazu E. 3.1 erster Satz), was ihr als Sozialversicherer allenfalls den
Anspruch auf Nachzahlung verschafft.

4.
Umstritten ist, ob der Wohnkanton sich an den Kosten der ausserkantonalen
Spitalgeburt zu beteiligen hat. Nach der Rechtsprechung (BGE 133 V 123 E. 3.2
S. 125 f.) hat die Revision des Krankenversicherungsrechts an der
altrechtlichen Konzeption der grundsätzlich freien Wahl des Spitals bei
allenfalls masslich beschränkter Versicherungsdeckung nichts geändert. Neu ist
im Wesentlichen einzig, dass der ganze Wohnkanton als räumlicher Bereich mit
voller Kostenübernahme durch die obligatorische Krankenpflegeversicherung gilt
und dieser unter Umständen die Kosten einer ausserkantonalen stationären
Behandlung mitzutragen hat (oben E. 2.2). Die Neuerungen bieten indessen nicht
Anlass, den Begriff der medizinischen Gründe grundsätzlich anders zu
interpretieren als im Rahmen des früheren Art. 19bis Abs. 5 KUVG. Daran ändert
die Zielsetzung des Art. 41 Abs. 3 KVG (Lastenausgleich zwischen Kantonen mit
unterschiedlichen Spitalversorgungsgraden sowie verstärkte Koordination
zwischen den Kantonen im Bereich der Spitalplanung [BGE 123 V 290 E. 3b/aa-cc
S. 297 f., siehe auch Urteil 9C_548/2008 vom 27. April 2009, E. 3]) nichts.

5.
Da die erforderlichen medizinischen Leistungen im Wohnkanton angeboten werden,
stellt sich hier nur die Frage nach dem Vorliegen medizinischer Gründe im Sinne
von Art. 41 Abs. 2 KVG (Notfall). Nach Aussage des Dr. med. T.________,
Spezialarzt FMH für Gynäkologie und Geburtshilfe, X.________, (Bericht vom 21.
Januar 2008) hat hier ein solcher vorgelegen. Die Versicherte hat sich vor den
Winterferien am Wohnort durch ihre Frauenärztin untersuchen und sich das
Einverständnis zur Abreise geben lassen. Der unreife Vaginalbefund habe
zumindest nicht auf eine unmittelbar bevorstehende Geburt hingewiesen. In der
38 4/7 Schwangerschaftswoche trat sie am 2. Januar 2008 frühmorgens um 5.40 Uhr
in X.________ mit vorzeitigem Blasensprung und unregelmässigen Kontraktionen
bei Abgang von reichlich Fruchtwasser ins Spital ein, wo das Kind um 14.17 Uhr
zur Welt kam. Aus ärztlicher Sicht habe der Patientin die Verlegung zur Geburt
in den Wohnkanton nicht zugemutet werden können. Zudem könne bei
Zweitgebärenden grundsätzlich auch eine rasche Eröffnung des Muttermundes nicht
ausgeschlossen werden. Die Durchführung einer Tokolyse (Wehenhemmung) zur
Zurückverlegung der Patientin aus versicherungstechnischen Gründen in den
Wohnkanton sei keine Indikation für diese Behandlung. Auch wenn es sich um eine
Termingeburt gehandelt habe, könne eine Schwangere grundsätzlich während der
gesamten Schwangerschaft mit einer Geburt rechnen.

6.
Kanton und Vorinstanz wenden gegen die Kostenbeteiligung des Kantons ein, die
Schwangere habe durch die Abreise in die Ferien die ausserkantonale Geburt in
Kauf genommen, wenn nicht sogar provoziert oder gesucht, weshalb kein "echter"
Notfall vorliege (E. 7.2 des angefochtenen Entscheides). Die Vorinstanz erwägt
sodann:
"(E. 7.3) Selbst wenn von einem echten Notfall im Sinne des Gesetzes auszugehen
wäre, wäre eine Differenzzahlungspflicht des Kantons Zug im Lichte der
höchstrichterlichen Praxis nicht zu bejahen. (...) Es ist nämlich zu beachten,
dass auch ein Notfalleingriff als Folge eines medizinisch nicht indizierten
ausserkantonalen Untersuchs die Differenzzahlungspflicht des Wohnkantons nicht
auslöst, nimmt ein Versicherter, der sich freiwillig in ausserkantonale
medizinische Behandlung begibt, doch implizit auch die damit verbundenen
Risiken für Komplikationen und für allfällig sofort notwendige Hilfeleistungen
in Kauf. Hinsichtlich Geburtshilfe hielt das Bundesgericht sinngemäss fest, wer
sich in zeitlicher Nähe zum Geburtstermin oder im Zeitraum, in welchem auch
eine Frühgeburt wahrscheinlicher werde, ausser Landes befinde, müsse sich des
Kostenrisikos einer Auslandgeburt bewusst sein und die entsprechenden
Zusatzkosten selber bezahlen. Obgleich der genannte Entscheid im Zusammenhang
mit einer Geburt im Ausland (Art. 36 KVV) getroffen wurde, ist mit dem
kantonalen Medizinalamt und der Vereinigung der Kantonsärzte davon auszugehen,
dass sich die vom Bundesgericht hiermit statuierte Regelung auch auf
interkantonale Fälle im Anwendungsbereich von Art. 41 Abs. 3 KVG übertragen
lässt. Somit muss sich eine Hochschwangere in zeitlicher Nähe zum Geburtstermin
bzw. im Zeitraum, in welchem wie vorliegend sogar eine Termingeburt absehbar
ist, für den Fall eines ausserkantonalen Aufenthalts des entsprechenden
Kostenrisikos bewusst sein und eine entsprechende geburtsbedingte
Hospitalisation vermag die Differenzzahlungspflicht des Wohnkantons nicht zu
begründen. Dies gilt auf jeden Fall bei einem ausserkantonalen Ferienaufenthalt
in unmittelbar zeitlicher Nähe zum Geburtstermin. Andernfalls könnte sich eine
Hochschwangere wirklich durch ausserkantonale gynäkologische Kontrollen bzw.
durch den ausserkantonalen Aufenthalt in einem Zeitpunkt, da die Geburt
absehbar wird, in Umgehung von Art. 41 Abs. 2 und 3 KVG die freie Spitalwahl
erwirken, was dem Telos der zitierten Bestimmungen völlig zuwiderliefe und die
Spitalplanung klar untergraben würde. Jedenfalls kann es nicht angehen, das
versicherbare finanzielle Risiko der freien Spitalwahl - über den Umweg eines
selbst herbeigeführten "Notfalls" - einfach prämienfrei dem Steuerzahler zu
überbinden. Die zitierte Regelung stellt denn auch keine Diskriminierung von
Schwangeren dar. Im Gegenteil bedeutete anders zu entscheiden bzw.
Hochschwangeren die freie Spitalwahl zu gewähren eine ungerechtfertigte
Bevorzugung hochschwangerer Frauen gegenüber Versicherten mit medizinischen
Problemen, die eine stationäre Behandlung verlangen."

7.
Eine solche Würdigung der Sach- und Rechtslage weckt im Lichte der ständigen
Rechtsprechung zur verfassungskonformen Auslegung
sozialversicherungsrechtlicher Normen (zuletzt BGE 9C_463/2008 vom 30. April
2009, veröffentlicht in SVR 2009 IV Nr. 41 S. 119) erhebliche Bedenken. Weitere
Erörterungen hiezu erübrigen sich indes aus den nachstehenden Gründen.

8.
Wie die Vorinstanz an sich zutreffend darlegt, sagen Gesetz und Verordnung
nicht, was unter einem Notfall im Sinne von Art. 41 Abs. 2 zweiter Satz KVG zu
verstehen ist. Nach der Rechtsprechung (Ur- teil K 81/05 vom 13. April 2006, E.
5 mit Hinweisen) ist dieser Tatbestand im stationären Fall gegeben, wenn
medizinische Hilfe unaufschiebbar und für die notwendige Spitalbehandlung eine
Rückkehr in den Wohnkanton nicht möglich oder nicht angemessen ist (RKUV 2002
Nr. KV 231 S. 475 [K 128/01]; EUGSTER, a.a.O., S. 724 Rz. 964). Diese
Umschreibung differenziert nicht danach, unter welchen Umständen die
Notfallsituation eintritt resp. worauf der notfallmässig behandlungsbedürftige
Gesundheitsschaden zurückzuführen ist. Ebenfalls kommt es für die
Kostenübernahme durch die obligatorische Krankenpflegeversicherung
grundsätzlich nicht auf die Ursachen der gesundheitlichen Beeinträchtigung an.
Die Art und Weise der Entstehung des Gesundheitsschadens ist lediglich für die
Abgrenzung der Zuständigkeit der Krankenversicherung gegenüber der
Unfallversicherung und allenfalls der Militärversicherung oder der
Invalidenversicherung von Bedeutung (RKUV 1999 Nr. KV 91 S. 459 E. 2a und b,
1997 Nr. 987 S. 289). Soweit die Vorinstanz einen Notfall verneint, verletzt
sie diese Grundsätze und verkennt sie den Bericht des Dr. med. T.________ vom
21. Januar 2008 in qualifizierter Weise (Art. 105 Abs. 2 BGG), kann doch diesem
Schreiben nichts anderes entnommen werden, als dass wegen der aufgetretenen
Komplikationen Geburtshilfe vor Ort in spitalmässigem Rahmen ohne Verzug
medizinisch geboten war.

9.
Dass hier die medizinische Hilfe unaufschiebbar und für die notwendige
Spitalbehandlung eine Rückkehr in den Wohnkanton nicht möglich war, spricht
somit für die Beteiligung des Kantons Zug an den Kosten der stationären Geburt
in X.________, selbst wenn es sich hier um einen Ferienaufenthalt gehandelt hat
und der prognostizierte Geburtszeitpunkt nur noch (aber immerhin) 10 Tage
später angesetzt war.

Entgegen der vorinstanzlichen Auffassung ist ein Notfall bei einer
ausserkantonalen Spitalgeburt gegeben, wenn im konkreten Fall erstellt ist,
dass die Schwangere sich nicht dazu oder zu einer mit der Schwangerschaft in
Verbindung stehenden Behandlung dorthin begeben hat und während ihres
ausserkantonalen Aufenthaltes in der Weise vom einsetzenden Geburtsvorgang
überrascht wird, dass ein Rücktransport medizinisch unverantwortlich wäre.
Denkbar sind Ausnahmefälle, in denen eine rechtzeitige Rückkehr noch möglich
und zumutbar wäre, die Schwangere aber bewusst entscheidet, von der Heimreise
abzusehen. Falls die Absicht zum Verbleiben am Aufenthaltsort sich jedoch erst
entwickelt, wenn die Rückkehr gar keine Alternative mehr bildet, liegt ein
Notfall vor. Dass die Versicherte allenfalls den Eintritt einer
ausserkantonalen Geburt in Kauf nehmen wollte, wovon nach der allgemeinen
Lebenserfahrung nicht auszugehen ist, kann im Prinzip schon deshalb nicht
ausschlaggebend sein, weil nach der unwidersprochenen Aussage des Gynäkologen
in X.________ eine Schwangere auch bei einer Termingeburt grundsätzlich während
der gesamten verbleibenden Schwangerschaft mit einer Geburt rechnen muss. Von
einem selbst herbeigeführten Notfall kann schon deswegen nicht die Rede sein,
weil sich die Versicherte vor dem Aufenthalt in X.________ einer
gynäkologischen Untersuchung unterzog, deren Befunde nicht auf eine unmittelbar
bevorstehende Geburt hinwiesen.

10.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der unterliegende Beschwerdegegner
kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Obsiegende Behörden und mit
öffentlich-rechtlichen Aufgaben betraute Organisationen haben grundsätzlich
keinen Anspruch auf Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 3 BGG). Zu den mit
öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen gehören auch die
Krankenversicherer.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Entscheid des Verwaltungsgerichts des
Kantons Zug, Sozialversicherungsrechtliche Kammer, vom 16. April 2009 und der
Einspracheentscheid des Medizinalamtes Zug, Kantonsärztlicher Dienst, vom 8.
Januar 2009 werden aufgehoben.

2.
Es wird festgestellt, dass die Beschwerdeführerin gegenüber dem
Beschwerdegegner Anspruch auf Nachzahlung der aus Anlass der Niederkunft der
Versicherten E.________ dem ausserkantonalen Spital gegenüber erbrachten
Vorleistung hat.

3.
Die Gerichtskosten von Fr. 1000.- werden dem Beschwerdegegner auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zug,
Sozialversicherungsrechtliche Kammer, und dem Bundesamt für Gesundheit
schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 3. September 2009

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Meyer Schmutz