Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 397/2009
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
9C_397/2009

Urteil vom 16. Oktober 2009
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Borella, Kernen, Seiler,
Bundesrichterin Pfiffner Rauber,
Gerichtsschreiberin Keel Baumann.

Parteien
Avenir Assurances, Assurances maladie et accidents, Rue de Locarno 9, 1700
Fribourg,
vertreten durch Groupe Mutuel Assurances, Rue du Nord 5, 1920 Martigny,
Beschwerdeführerin,

gegen

Apotheke X.________,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Krankenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Schiedsgerichts in Sozialversicherungssachen
des Kantons Schaffhausen vom 6. März 2009.

Sachverhalt:

A.
Dr. med. B.________, FMH Rheumatologie/Innere Medizin, verschrieb seinem
Patienten A.________ ab 28. Juni 2004 das Medikament Dicodid Magistralrezeptur.
A.________ bezog das Medikament in der Apotheke X.________ . Diese stellte der
Krankenkasse AVENIR, bei welcher A.________ seit 1. Januar 2003
krankenpflegeversichert war, am 4. November und 21. Dezember 2004 Rechnung für
die von Juni bis November 2004 bezogenen Medikamente für insgesamt Fr.
59'524.25, wovon die AVENIR nur den Betrag von Fr. 2'486.25 übernahm.

B.
Am 25. Oktober 2005 erhob die Apotheke X.________ Klage gegen die AVENIR mit
dem Rechtsbegehren, es sei ihr Fr. 57'038.- nebst Zins zu 5 % seit 6. Januar
2005 zu bezahlen. Das angerufene Schiedsgericht in Sozialversicherungssachen
des Kantons Schaffhausen hiess mit Entscheid vom 6. März 2009 die Klage
teilweise gut und verpflichtete die AVENIR, der Apotheke X.________ Fr.
45'792.90 zu bezahlen.

C.
Die AVENIR führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem
Antrag, der angefochtene Entscheid sei mangels sachlicher Zuständigkeit des
Schiedsgerichts oder aus materiellen Gründen aufzuheben.
Die Apotheke X.________ schliesst auf Abweisung der Beschwerde, während das
Bundesamt für Gesundheit (BAG) auf eine Vernehmlassung verzichtet.

Erwägungen:

1.
Streitig ist in der Sache, ob die beschwerdeführende Krankenkasse (Art. 12 Abs.
1 KVG) als Tiers payant (vgl. Art. 13 des hier noch anwendbaren Tarifvertrags
zwischen dem Schweizerischen Apothekerverband [SAV] und dem Konkordat der
Schweizerischen Krankenversicherer [KSK] vom 30. Januar 2001; vgl. dazu BGE 132
V 18 E. 5 S. 23 ff.; vgl. auch Anhang 3 Art. 1 des seit 1. Januar 2005
geltenden Tarifvertrags zwischen dem Schweizerischen Apothekerverband [SAV] und
santésuisse - Die Schweizerischen Krankenversicherer vom 2. November 2004) aus
der obligatorischen Krankenpflegeversicherung der Beschwerdegegnerin als
Leistungserbringerin im Sinne von Art. 35 Abs. 2 lit. b KVG die Vergütung für
die vom Patienten A.________ bezogenen Medikamente schuldet oder ob diese
Vergütung wegen Verstosses gegen das Gebot der Wirtschaftlichkeit verweigert
werden kann (Art. 56 Abs. 2 KVG). Für die Beurteilung dieser Frage ist -
entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin - das Schiedsgericht nach Art.
89 KVG zuständig (BGE 135 V 124 E. 4.3.1 S. 131 f.; SVR 2002 KV Nr. 38 S. 137,
K 40/01 E. 4b). Die Vorinstanz ist demnach mit Recht auf die Klage eingetreten.

2.
2.1 Sachverhaltlich steht aufgrund der Feststellungen der Vorinstanz und der
Ausführungen der Parteien Folgendes fest: Das Medikament Dicodid war
ursprünglich im Handel erhältlich und kostete damals gemäss Angaben der
Beschwerdeführerin pro Ampulle Fr. 14.-. Es wurde zirka Ende 2002 aus dem
Handel genommen und konnte fortan nur noch nach der wesentlich teureren
Magistralrezeptur hergestellt werden. Der Patient A.________ hatte das nach
Magistralrezeptur hergestellte Medikament bereits im Jahre 2003 aufgrund von
Verordnungen seines früheren Arztes Dr. med. C.________, Facharzt für Innere
Medizin FMH, bei der Beschwerdegegnerin bezogen, welche der Beschwerdeführerin
dafür zwei Rechnungen über den Betrag von Fr. 14'530.70 und von Fr. 14'291.85
stellte. Die Beschwerdeführerin bat mit Schreiben vom 8. Oktober 2003 Dr. med.
C.________ um zusätzliche Angaben, damit sie die Leistungspflicht überprüfen
könne. Dr. med. C.________ teilte der Beschwerdeführerin am 29. Oktober 2003
mit, es sei inzwischen gelungen, das Medikament abzusetzen. Nach einem Wechsel
zu Dr. med. B.________ liess sich der Versicherte wiederum das Rezept Dicodid
Magistralrezeptur verschreiben, welches Medikament er von Juni bis November
2004 erneut bei der Beschwerdegegnerin bezog.

2.2 Umstritten ist demgegenüber, ob die Beschwerdeführerin, wie sie geltend
macht, die Beschwerdegegnerin, welche dies in Abrede stellt, mit Schreiben vom
6. November und 3. Dezember 2003 darauf hingewiesen hat, dass sie zwar die
beiden Rechnungen bezahlen, aber keine weiteren Magistralrezepturen übernehmen
werde. Die Vorinstanz hat dazu erwogen, die Beschwerdeführerin könne den ihr
obliegenden Beweis für ihre Behauptung, diese Schreiben der Beschwerdegegnerin
zugestellt zu haben, nicht erbringen, weshalb denn auch offen gelassen werden
könne, ob sie die Apotheke überhaupt mit einer blossen schriftlichen
Aufforderung zu einem bestimmten Verhalten hätte verpflichten können und welche
Folgen eine allfällige "Pflichtverletzung" nach sich zöge.

Diese Beweiswürdigung wird von der Beschwerdeführerin zu Unrecht als
willkürlich gerügt. Denn eine Beweiswürdigung ist nur willkürlich, wenn der
Entscheid offensichtlich unhaltbar ist, zur tatsächlichen Situation in klarem
Widerspruch steht oder auf einem offenkundigen Fehler beruht (BGE 127 I 54 E.
2b S. 56; vgl. auch BGE 135 V 2 E. 1.3 S. 4 f). Willkür im Sinne von Art. 9 BV
liegt nach ständiger Rechtsprechung nur vor, wenn der angefochtene Entscheid
auf einer schlechterdings unhaltbaren oder widersprüchlichen Beweiswürdigung
beruht, er mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine
Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in
stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (BGE 131 I 467 E. 3.1
S. 473). Davon kann hier angesichts der einlässlichen und nachvollziehbaren,
mit den bundesrechtlichen Grundsätzen über die objektive Beweislast im Einklang
stehenden Erwägungen der Vorinstanz nicht gesprochen werden.

3.
3.1 Gestützt auf den Arzneimittel-Tarif hat das kantonale Gericht die von der
Beschwerdegegnerin geltend gemachte Vergütung von Fr. 57'038.- auf Fr.
45'792.90 reduziert. Diese vorinstanzliche Tarif-Berechnung wird von den
Parteien nicht bestritten. Die Beschwerdeführerin macht aber geltend, die
Abgabe des nach Magistralrezeptur hergestellten Medikaments sei als solche
unwirtschaftlich gewesen, da kostengünstigere Behandlungsalternativen bestanden
hätten.

3.2 Die obligatorische Krankenpflegeversicherung übernimmt die Kosten für
ärztlich verordnete Arzneimittel, sofern die entsprechenden Leistungen wirksam,
zweckmässig und wirtschaftlich sind (Art. 24, Art. 25 Abs. 2 lit. b und Art. 32
KVG). Der Leistungserbringer muss sich in seinen Leistungen auf das Mass
beschränken, das im Interesse der Versicherten liegt und für den
Behandlungszweck erforderlich ist (Art. 56 Abs. 1 KVG). Für Leistungen, die
über dieses Mass hinausgehen, kann die Vergütung verweigert werden (Art. 56
Abs. 2 Satz 1 KVG). Arzneimittel dürfen nur zu dem vom Departement erlassenen
Tarif verrechnet werden (Art. 52 Abs. 1 lit. a Ziff. 2 und Abs. 3 KVG; Art. 29
und Anhang 4 KLV).

3.3 Die Vorinstanz hat ausdrücklich offen gelassen, ob die vom behandelnden
Arzt verordnete Magistralrezeptur dem Wirtschaftlichkeitskriterium genüge. Sie
hat erwogen, nach kantonalem Recht seien die Rezepte nach der Vorschrift des
Rezeptausstellers auszuführen. Der Apotheker sei gehalten, vor der Ausführung
des Rezepts vom Verfasser Auskunft zu verlangen, wenn ein Rezept unklar
abgefasst sei oder ein Irrtum vorzuliegen scheine. In casu habe der Apotheker
wegen Mängeln des Rezepts telefonisch mit dem verordnenden Arzt Kontakt
aufgenommen und auch die Wirtschaftlichkeit hinterfragt. Der Arzt habe jedoch
seine Verordnung nicht widerrufen. In dieser Situation sei die
Beschwerdegegnerin verpflichtet gewesen, die Magistralrezeptur nach Vorschrift
des Arztes herzustellen. Der Apotheker sei grundsätzlich nicht verpflichtet,
vor der Ausführung des Rezepts mit der Krankenkasse Rücksprache zu nehmen und
ein besonderer Anlass dazu habe auch in casu nicht bestanden, zumal die vorher
ausgeführten Rezepte von der Beschwerdeführerin vergütet worden seien und diese
nicht habe nachweisen können, dass sie die Rechnungen beanstandet habe (vgl.
vorne E. 2.2).

3.4 Die Argumentation der Vorinstanz ist insofern nicht schlüssig, als sie die
Pflicht des Apothekers, die Verordnung des Arztes auszuführen, mit dem
kantonalen Recht begründet. Denn das kantonale Recht kann die Krankenkassen
nicht verpflichten, Leistungen zu übernehmen, wenn das Bundesrecht dem
entgegensteht (BGE 107 V 167 E. 2 S. 169). Damit ist aber die Frage noch nicht
beantwortet, ob die Beschwerdegegnerin bundesrechtlich berechtigt oder
verpflichtet war, die von Dr. med. B.________ ausgestellte Verordnung in Frage
zu stellen oder zu missachten.

4.
4.1 Nach der gesetzlichen Regelung muss und darf die Krankenkasse im Rahmen der
obligatorischen Krankenpflegeversicherung nicht Arzneimittel übernehmen, welche
gemäss dem gesetzlichen Zulassungssystem (Art. 52 KVG; Art. 60 ff. KVV) keine
Pflichtleistungen sind (BGE 134 V 83 E. 4.1 S. 86, 132 V 18 E. 7 S. 26), auch
wenn der Arzt solche verschrieben haben sollte. Das gilt grundsätzlich
(vorbehalten off-label-use) auch, wenn ein in der Spezialitätenliste
aufgeführtes Medikament für andere als zugelassene Indikationen oder in höherer
als zugelassener Dosierung verwendet wird (BGE 131 V 349 E. 3 S. 351 ff., 130 V
532 E. 3.4 S. 540) oder wenn es entgegen einer Limitierung (Art. 73 KVV)
verwendet worden ist (RKUV 2003 Nr. KV 262 S. 311, K 46/03).

4.2 Das Wirtschaftlichkeitsgebot gemäss Art. 32 und 56 KVG gilt für alle
Leistungserbringer (Gebhard Eugster, Wirtschaftlichkeitskontrolle ambulanter
ärztlicher Leistungen mit statistischen Methoden, Bern 2003, S. 43 Rz. 93
[zit.: Wirtschaftlichkeitskontrolle]; Beatrice Gross Hawk, Selbständige
nichtärztliche Medizinalpersonen in der freien Praxis - wie viel Freiheit
belässt ihnen das Krankenversicherungsrecht, Zürich 2008, S. 91 Rz. 231),
mithin grundsätzlich auch für die Apotheker. In Bezug auf die Leistungen,
welche auf Anordnung des Arztes durchgeführt werden, nimmt allerdings der Arzt
eine Schlüsselstellung ein (BGE 125 V 284 E. 4c und 4d S. 289 ff. mit Hinweis
auf die Botschaft vom 6. November 1991 über die Revision der
Krankenversicherung, BBl 1991 93 ff., 163; Eugster,
Wirtschaftlichkeitskontrolle, S. 43 Rz. 93; Gross Hawk, a.a.O., S. 91 Rz. 231).
Nichtärztliche Leistungserbringer unterliegen dem Wirtschaftlichkeitsgebot in
erster Linie für diejenigen Leistungen, die sie aufgrund selbständiger
Entscheidung erbringen (vgl. Eugster, Wirtschaftlichkeitskontrolle, S. 43 f.
Rz. 94 f.; Gross Hawk, a.a.O., S. 95 Rz. 24). Was die Wirtschaftlichkeit
ärztlich angeordneter Leistungen (BGE 133 V 37 E. 5.3.3 S. 39 f., 130 V 377 E.
7.4 und 7.5 S. 379 f.; RKUV 2003 Nr. KV 250 S. 216, K 9/00 E. 6.4) anbelangt,
liegt die Verantwortung demgegenüber nach der Lehre (Eugster,
Wirtschaftlichkeitskontrolle, S. 43 f. Rz. 93 f. und S. 47 Rz. 106; Gross Hawk,
a.a.O., S. 97 f. Rz. 243 f.) in erster Linie beim Arzt. Das gilt auch für
ärztlich verordnete Medikamente, insbesondere für solche, die nur auf ärztliche
Verschreibung hin abgegeben werden dürfen (Art. 24 HMG), mithin auch für die
nach formula magistralis hergestellten Arzneimittel (Art. 9 Abs. 2 lit. a HMG).

4.3 In der Lehre wird bisweilen die Auffassung vertreten, dass der Apotheker
zwar grundsätzlich nach den Vorgaben der ärztlichen Verordnung zu handeln habe,
sich aber bei der verschreibenden Person über die Richtigkeit vergewissern
müsse, wenn er nach den Umständen an der medizinischen Indikation des
verschriebenen Arzneimittels zweifeln müsse (Eugster, Krankenversicherung, in:
Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht [SBVR], Bd. Soziale Sicherheit, 2. Aufl.
2007, S. 635 Rz. 723 2. Absatz). In diesem Sinne sieht auch Art. 26 Abs. 1 HMG
vor, dass bei der Verschreibung und bei der Abgabe von Arzneimitteln die
anerkannten Regeln der medizinischen und pharmazeutischen Wissenschaften
beachtet werden müssen, woraus die Lehre folgert, dass der Apotheker die
ärztliche Verschreibung kontrollieren und allfällige Unstimmigkeiten in
Rücksprache mit dem verschreibenden Arzt bereinigen müsse (Heidi Bürgi, Basler
Kommentar zum Heilmittelgesetz, 2006, N. 11 zu Art. 24 und N. 10 ff. zu Art. 26
HMG). Demgegenüber ist der Apotheker, welcher in der Regel nicht einmal
Kenntnis der vom Arzt gestellten Diagnose hat, wohl kaum in der Lage, zu
beurteilen, ob die ärztliche Verordnung auch wirtschaftlich ist, bezweckt
dieses Erfordernis doch nicht einfach die Abgabe des billigsten, sondern des
ein angemessenes Kosten-/Nutzenverhältnis aufweisenden Medikamentes (vgl.
Botschaft, a.a.O., 159), was sich ohne genaue Kenntnis der gesundheitlichen
Verhältnisse des Patienten nicht bestimmen lässt. Eine Ausnahme bildet dabei
die hier allerdings nicht zur Diskussion stehende Prüfung, ob anstelle eines
teureren Originalpräparats ein billigeres Generikum abgegeben werden kann (vgl.
dazu auch Art. 52a KVG). Wo die nichtärztliche Medizinalperson mithin keinen
Einblick in die Behandlung als Ganzes hat, muss ihre Mitverantwortung dafür,
dass das erforderliche Mass zur Erzielung des Heilerfolges nicht überschritten
wird, enden (Gross Hawk, a.a.O., S. 97 Rz. 244). Da dem Apotheker dieser
Einblick ins Patientendossier fehlt, kann er nicht verpflichtet werden, die
Wirtschaftlichkeit des vom behandelnden Arzt ausgestellten Rezepts zu
beurteilen.

5.
5.1 Zu prüfen ist, was im anwendbaren Tarifvertrag zur streitigen Frage
vorgesehen ist. Zwar kann ein Tarifvertrag nicht vom Gesetz abweichen und
mithin auch nicht die Krankenkassen verpflichten, Leistungen zu übernehmen, die
keine gesetzlichen Pflichtleistungen sind, insbesondere solche, die nicht
wirtschaftlich sind, doch kann er die Modalitäten der Leistungserbringung und
der Abrechnung und die den Vertragsparteien in diesem Zusammenhang obliegenden
Aufgaben zur Erleichterung der Wirtschaftlichkeitskontrolle regeln (BGE 110 V
187 E. 6 und 7 S. 197 f.; Eugster, Wirtschaftlichkeitskontrolle, S. 49 Rz.
111).

5.2 Gemäss Art. 13 Abs. 1 des Tarifvertrags vom 30. Januar 2001 zwischen dem
Schweizerischen Apothekerverband und dem Konkordat der Schweizerischen
Krankenversicherer ist der zuständige Versicherer Schuldner der
Vertragsapotheker für Leistungen nach diesem Vertrag; vorbehalten bleiben
Leistungen, die erbracht werden, nachdem der Vertragsversicherer dem
Vertragsapotheker mitgeteilt hat, dass gegenüber einem Versicherten keine
Leistungspflicht oder ein Leistungsaufschub bestehe. Dieses tarifvertraglich
vorgesehene System des Tiers payant hat zum Zweck, dem Leistungserbringer die
Garantie zu geben, dass er für eine Leistung, die in Übereinstimmung mit dem
Tarifvertrag erbracht wird, die Vergütung erhält. Unter Hinweis auf diese
Zweckbestimmung hat das Eidg. Versicherungsgericht denn auch im denselben
Tarifvertrag betreffenden Urteil BGE 132 V 18 erkannt, dass der Apotheker, was
therapeutische - anders als quantitative - Limitierungen anbelangt, die
Vorschriften des Arztes auszuführen hat (E. 5.3 S. 25). Das Gericht erwog, dass
eine Ermächtigung des Apothekers, die Auslieferung des Medikaments wegen
Zweifeln an der therapeutischen Berechtigung zu verweigern, dem Ziel und Zweck
des Systems des Tiers payant zuwiderlaufen würde (E. 5.4 S. 25 f.).

5.3 Diese Überlegungen müssen auch im vorliegenden Fall wegleitend sein. Der
sich mit den Modalitäten der Leistungserbringung befassende Anhang 5 des
Tarifvertrags enthält in Ziffer 2 eine Regelung betreffend Leistungsumfang und
Wirtschaftlichkeit. Darin ist festgehalten, dass der Apotheker bei Vorliegen
eines ärztlichen Rezepts jene Packungsgrösse wählt, die für den Versicherer
nach medizinischen und pharmazeutischen Gegebenheiten am wirtschaftlichsten ist
(Abs. 2). Bei feststellbaren Überschreitungen der wirtschaftlichen
Limitationsbestimmungen gemäss Spezialitätenliste orientiert der Apotheker den
Versicherten, bei dauernder Überschreitung auch den verordnenden Arzt darüber,
dass die Krankenversicherer diese Kosten nicht übernehmen; er dokumentiert
seine Intervention (Abs. 3). Aus dieser Vertragsregelung ergibt sich, dass der
Apotheker zwar eine Verantwortung dafür hat, dass für das verordnete Medikament
eine wirtschaftliche Packungsgrösse abgegeben wird und allfällige
wirtschaftliche Limitierungen eingehalten werden. Hingegen ist im Vertrag nicht
vorgesehen, dass der Apotheker überprüfen muss, ob das verordnete Medikament
als solches zu Recht verordnet wurde oder ob nicht ein kostengünstigeres
Medikament hätte verordnet werden können. Auch nach dem Tarifvertrag ist mithin
der verordnende Arzt hierfür allein verantwortlich.

6.
Der Apotheker ist mithin weder nach Gesetz noch nach Tarifvertrag verpflichtet,
die Wirtschaftlichkeit des vom behandelnden Arzt verordneten Medikaments zu
prüfen. Die Beschwerdeführerin als Tiers payant hat somit der
Beschwerdegegnerin die erbrachte Leistung zu vergüten, da - wie die Vorinstanz
verbindlich festgestellt hat - der Arzt trotz Nachfragen des Apothekers die
Verordnung nicht widerrufen hat. Ob die vom behandelnden Arzt verordnete
Magistralrezeptur dem Wirtschaftlichkeitskriterium der Art. 32 und 56 KVG
genügt, braucht bei dieser Sachlage nicht entschieden zu werden.

7.
Entsprechend dem Ausgang des Verfahrens hat die Beschwerdeführerin die
Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG) und die Beschwerdegegnerin für
das bundesgerichtliche Verfahren zu entschädigen (Art. 68 Abs. 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 3'500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Die Beschwerdeführerin hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 2'800.- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Schiedsgericht in
Sozialversicherungssachen des Kantons Schaffhausen und dem Bundesamt für
Gesundheit schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 16. Oktober 2009

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:

Meyer Keel Baumann