Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 365/2009
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
9C_365/2009

Urteil vom 6. Januar 2010
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Borella, Kernen, Seiler,
Bundesrichterin Pfiffner Rauber,
Gerichtsschreiber Ettlin.

Parteien
B.________,
vertreten durch Fürsprecher Dr. Thomas Müller,
Beschwerdeführerin,

gegen

IV-Stelle Bern, 3001 Bern,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 24.
März 2009.

Sachverhalt:

A.
Die 1967 geborene B.________ meldete sich am 1. Oktober 2003 wegen Rücken- und
Fussbeschwerden zum Bezug von Leistungen bei der Invalidenversicherung an. Die
IV-Stelle Bern anerkannte zunächst einen Anspruch auf Berufsberatung und auf
Abklärung der beruflichen Eingliederungsmöglichkeiten (Verfügung vom 16. Juli
2004). Hienach sprach sie der Gesuchstellerin mit Verfügung vom 19. Juni 2007
ab 1. April 2004 bis 31. Januar 2007 eine ganze und ab 1. Februar 2007
unbefristet eine halbe Rente der Invalidenversicherung zu. Sie stützte sich
dabei unter anderem auf das polydisziplinäre Gutachten der Medizinischen
Begutachtungsstelle X.________ vom 5. Februar 2007.

B.
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern
mit Entscheid vom 24. März 2009 in der Weise ab, als es nach Androhung einer
refomatio in peius die Rentenverfügung vom 19. Juni 2007 zu Ungunsten der
Versicherten abänderte, und einen Anspruch auf eine ganze Rente verneinte sowie
denjenigen auf eine halbe Invalidenrente erst ab 1. Juni 2005 bejahte.

C.
B.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen
und beantragen, es sei ihr, unter Aufhebung des angefochtenen Entscheids, ab 1.
April 2004 eine ganze Invalidenrente zuzusprechen, allenfalls sei die Sache zu
weiterer Prüfung an die Verwaltung zurückzuweisen. Eventuell sei die IV-Stelle
zu verhalten, vor Erlass eines Rentenbescheids berufliche
Eingliederungsmassnahmen zu prüfen, subeventualiter sei ihr ab 1. April 2004
eine ganze und ab 1. Februar 2007 eine halbe Invalidenrente auszuzahlen.
Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Beschwerde, und das Bundesamt für
Sozialversicherungen (BSV) enthält sich der Stellungnahme.
Erwägungen:

1.
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG)
kann u.a. die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG).
Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie
offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von
Artikel 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des
Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt
seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat. Es
kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen
oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht (Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG).

2.
Die Vorinstanz hat die gesetzlichen Bestimmungen über den Begriff der
Invalidität (Art. 8 Abs. 1 ATSG) sowie den Umfang des Rentenanspruchs (Art. 28
Abs. 1 IVG in der bis zum 31. Dezember 2007 gültigen Fassung) und die Bemessung
des Invaliditätsgrades bei erwerbstätigen Versicherten nach der allgemeinen
Methode des Einkommensvergleichs (Art. 28 Abs. 2 IVG in Verbindung mit Art. 16
ATSG) richtig wiedergegeben. Darauf wird verwiesen. Zu ergänzen ist, dass einem
ärztlichen Bericht (voller) Beweiswert zuzuerkennen ist, wenn er für die
streitigen Belange umfassend ist, auf allseitigen Untersuchungen beruht, auch
die geklagten Beschwerden berücksichtigt und in Kenntnis der Vorakten
(Anamnese) abgegeben worden ist, wenn die Beschreibung der medizinischen
Situation und Zusammenhänge einleuchtet und die Schlussfolgerungen des Arztes
begründet sind (BGE 125 V 351 E. 3a S. 352; Urteil 9C_178/2007 vom 25. Oktober
2007 E. 3.1).

3.
Streitig und zu prüfen sind Beginn und Höhe der Invalidenrente.

3.1 Nach den weder offensichtlich unrichtigen noch rechtsfehlerhaft getroffenen
und daher für das Bundesgericht verbindlichen Feststellungen des kantonalen
Gerichts (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 1 BGG) ist die Beschwerdeführerin
gestützt auf die Expertise der Medizinischen Begutachtungsstelle X.________ vom
5. Februar 2007 in der Lage, eine leidensangepasste Tätigkeit im Umfang von 50
% auszuüben, sofern sie die Arbeit auf den ganzen Tag verteilt und genügend
Pausen einlegt. Im Weiteren erwog die Vorinstanz, der ausgeglichene
Arbeitsmarkt weise diesem Leistungsprofil entsprechende
Betätigungsmöglichkeiten auf, wogegen die Beschwerdeführerin letztinstanzlich
erneut vorträgt, es bedürfe der Feststellung des Arbeitsmarktes, welcher der
versicherten Person im konkreten Fall offen stehe, was Verwaltung und
Vorinstanz nicht getan hätten. Mit diesem Zumutbarkeitsprofil lasse sich keine
konkrete Arbeitsmöglichkeit und folglich auch nicht die Verwertung des
Leistungsvermögens auf dem Arbeitsmarkt vorstellen, so die Beschwerdeführerin.
Dem ist nicht beizupflichten. Es ist eine vom Bundesgericht frei überprüfbare
Rechtsfrage, ob der ausgeglichene Arbeitsmarkt dem Zumutbarkeitsprofil
entsprechende Stellen kennt, falls die Vorinstanz auf die allgemeine
Lebenserfahrung abgestellt hat (vgl. BGE 132 V 393 E. 3.3 S. 399; Urteil 8C_776
/2008 vom 18. Juni 2009 E. 5.2; Urteil 9C_854/2008 vom 17. Dezember 2008 E. 3.2
mit Hinweisen), was hier der Fall ist. Vorinstanz und Verwaltung durften ohne
weiteres schliessen, der ausgeglichene Arbeitsmarkt kenne dem
Anforderungsprofil der Beschwerdeführerin entsprechende Stellen, zumal dieser
einen Fächer verschiedenster Tätigkeiten aufweist (BGE 110 V 273 E. 4b S. 276
und seitherige Entscheide) und die freie Einteilung der Arbeitszeit - zum
Beispiel im Rahmen von Blockzeiten - sowie die Teilzeitbeschäftigung in wenig
qualifizierten Berufen weit verbreitet sind (vgl. Urteil 8C_489/2007 vom 28.
Dezember 2007 E. 4.1). Die uneingeschränkte Verwertbarkeit der
Restarbeitsfähigkeit steht damit fest.

3.2 Die Beschwerdeführerin rügt im Weiteren eine offensichtlich unrichtige
Tatsachenfeststellung, weil im angefochtenen Entscheid zwar eine volle
Arbeitsunfähigkeit für den angestammten Beruf der Serviceangestellten erwähnt,
hingegen die gemäss Gutachten der Medizinischen Begutachtungsstelle X.________
vom 5. Februar 2007 als Druckereimitarbeiterin (einer von ihr früher ausgeübten
Beschäftigung) zu 100 % eingebüsste Leistungsfähigkeit nicht genannt werde.
Inwiefern es sich bei Letztem um einen entscheidwesentlichen Umstand handeln
soll, wird nicht dargetan. Namentlich übersieht die Versicherte, dass die
Bemessung des Invaliditätsgrades nach den Verdienstmöglichkeiten in einer
zumutbaren Verweistätigkeit vorgenommen wird (Art. 16 ATSG); dies ist im
vorinstanzlichen Entscheid rechtsfehlerfrei festgehalten.

4.
Das eventualiter gestellte Begehren auf Rückweisung der Sache an die Verwaltung
zur Prüfung von Eingliederungsmassnahmen dringt nicht durch. Die IV-Stelle hat
mit unangefochten in Rechtskraft erwachsener Verfügung vom 16. Juli 2004
"Berufsberatung und Abklärung der beruflichen Eingliederungsmöglichkeiten"
zugesprochen. Zwar sind gemäss Schlussbericht vom 7. April 2005 die beruflichen
Massnahmen vorderhand abgebrochen worden; indes hielt die Verwaltung die
Beschwerdeführerin an, sich zu melden, sobald aus gesundheitlicher Sicht
berufliche Massnahmen wieder möglich seien. Der Bericht kann nur so verstanden
werden, dass die IV-Stelle den Vollzug der mit Verfügung vom 16. Juli 2004
zugesprochenen Massnahmen auf einen späteren Zeitpunkt verschoben hat, hingegen
der Anspruch weiterhin besteht. Sodann verkennt die Beschwerdeführerin die
Bedeutung von Massnahmen zur beruflichen Eingliederung, wenn sie dafür hält,
diese dienten der Festlegung, "auf welchem Arbeitsmarkt" noch Tätigkeiten in
Frage kämen. Gemäss Art. 8 Abs. 1 IVG (in der bis zum 31. Dezember 2007
gültigen Fassung) bezweckt die Eingliederung die Herstellung, Erhaltung oder
Verbesserung der Erwerbsfähigkeit oder der Fähigkeit, sich im Aufgabenbereich
zu betätigen. Hingegen erfolgt die Leistungseinschätzung nicht im Rahmen von
Eingliederungsmassnahmen, sondern geht diesen vor (Urteil 8C_547/2008 vom 16.
Januar 2009 E. 4.2.1, in: SVR 2009 IV Nr. 26 S. 73; Urteil 9C_833/2007 vom 4.
Juli 2008 E. 3.3.2, in: Plädoyer 2009/1, S. 70). Es besteht keine Konnexität in
dem Sinne, dass die Bestimmung des Zumutbarkeitsprofils die Prüfung der
Eingliederungsfähigkeit und -bedürftigkeit zur Voraussetzung hat. Die Verfügung
vom 16. Juli 2004, welche den Anspruch auf Eingliederungsmassnahmen im
verfügten Rahmen bejaht, ist rechtskräftig, und der vorinstanzliche Entscheid
hatte nur die Rentenverfügung vom 19. Juni 2007 zum Prozessgegenstand, so dass
die Vorinstanz mit Recht auf das Begehren mangels Anfechtungsgegenstand nicht
eingetreten ist.

5.
5.1 Die Vorinstanz stellte für das Bundesgericht verbindlich einen
frühestmöglichen Rentenbeginn ab 1. April 2004 fest (Art. 97 Abs. 1 und Art.
105 Abs. 1 BGG), weil Frau Dr. med. S.________, Fachärztin für Innere Medizin
spez. Rheumaerkrankungen, im Bericht vom 8. Januar 2004 für den angestammten
Beruf (Serviceangestellte) ab 2. April 2003 eine volle Arbeitsunfähigkeit
attestiert habe. Laut genannter Ärztin und der Berichterstattung des Dr. med.
R.________, Facharzt für Neurochirurgie, vom 16. Februar 2004 - bestätigt durch
Frau Dr. med. K.________, RAD - hätte die Versicherte jedoch in einer
angepassten Tätigkeit - namentlich in dem von ihr erlernten Beruf als
Schuhverkäuferin - uneingeschränkt arbeiten können. Der ab 1. April 2004 von
der Verwaltung verfügte Invaliditätsgrad von 100 % sei bei dieser Sachlage
nicht ausgewiesen und ab 1. April 2004 habe kein leistungsbegründender
Invaliditätsgrad bestanden, so das Gericht. Erst vom 1. Juni 2005 an sei
zufolge einer von Dr. med. H._________, Rheumatologische Poliklinik, Spital
Y.________, erhobenen fortgeschrittenen beidseitigen Coxarthrose eine
Verschlechterung des gesundheitlichen Zustandes nachgewiesen, welche in einer
angepassten Beschäftigung ein Arbeiten noch zu 50 % erlaubt habe. Hiegegen
wendet die Beschwerdeführerin ein, das kantonale Gericht habe den
abschliessenden Bericht der IV-Stelle vom 7. April 2005 übersehen, gemäss
welchem aktuell und bis auf weiteres eine Arbeitsunfähigkeit von 100 % bestehe.
Die Kritik ist nicht stichhaltig, da der Schlussbericht vom 7. April 2005 nur
auf eine telefonische Unterredung mit dem behandelnden Arzt med. pract.
E.________, Facharzt für Allgemeine Medizin, Bezug nimmt und allein die
Arbeitsfähigkeit, nicht jedoch die Zumutbarkeit in einer Verweistätigkeit
beschlägt. Bundesrechtlich ist sodann das vorinstanzliche Abstellen auf den
Abklärungsbefund des Facharztes Dr. med. H._________ vom 23. Juni 2005 und die
darauf gestützte Feststellung einer Zustandsverschlechterung und
Arbeitsfähigkeit von 40 % bis 50 % nicht zu beanstanden, zumal der behandelnde
Arzt med. pract. E.________ die Beschwerdeführerin durch Dr. med. H._________
untersuchen liess. Die Vorinstanz durfte daher dessen Einschätzung folgen,
hingegen jene des med. pract. E.________ ausser Acht lassen. Schliesslich zieht
die Beschwerdeführerin das Ergebnis der Expertise der Medizinischen
Begutachtungsstelle X.________ vom 5. Februar 2007 zu Recht nicht in Zweifel,
welche für eine adaptierte Beschäftigung gleichermassen eine Arbeitsfähigkeit
von 50 % ausweist (vgl. E. 3.1 hievor).

5.2 Keine Einwände trägt die Versicherte mit Bezug auf Vergleichseinkommen und
Leidensabzug (15 %) vor, weshalb eine Auseinandersetzung damit entfällt; denn
das Bundesgericht prüft, unter Berücksichtigung der allgemeinen
Begründungspflicht der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur
die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu
offensichtlich sind (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254), was hier nicht der Fall
ist. Letztinstanzlich ist demzufolge vom Beginn des Rentenanspruchs am 1. Juni
2005 und einem Invaliditätsgrad von 58 % auszugehen. Nachdem der
entscheiderhebliche Sachverhalt rechtsgenüglich abgeklärt worden ist, durfte
die Vorinstanz ohne Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes auf die Anordnung
weiterer Beweismassnahmen in antizipierter Beweiswürdigung verzichten (vgl. BGE
124 V 90 E. 4b S. 94; 122 V 157 E. 1d S. 162). Dem Antrag, es sei die Sache zur
Vornahme ergänzender Abklärungen zurückzuweisen, ist daher nicht stattzugeben.

5.3 Einen Leistungsanspruch ab 1. April 2004 verneinte das vorinstanzliche
Gericht zu Recht und der Invaliditätsgrad von 58 % berechtigt lediglich zu
einer halben Rente (Art. 28 Abs. 1 IVG in der bis zum 31. Dezember 2007
gültigen Fassung). Die im kantonalen Verwaltungsgerichtsverfahren vorgenommene
Schlechterstellung (reformatio in peius) ist so gesehen begründet. Die
Versicherte rügt hingegen, eine reformatio in peius könne in analoger Anwendung
von Art. 88bis Abs. 2 lit. a IVV frühestens auf den Zeitpunkt der Fällung des
angefochtenen Entscheids vom 24. März 2009 erfolgen, weshalb die von der
Vorinstanz ab 1. Juni 2005 zugesprochene halbe Invalidenrente verbunden mit der
Aufhebung der ganzen Rente ab 1. April 2004 unzulässig sei. Sie beruft sich
dabei auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung (Urteil 9C_58/2008 vom 29.
Oktober 2008 E. 7.1, in: SZS 2009/53, S. 133).

6.
6.1 Nach der Rechtsprechung ist bei einer revisionsweisen Herabsetzung einer
Rente im Falle einer reformatio in peius durch die Beschwerdeinstanz Art. 88bis
Abs. 2 IVV analog anwendbar (BGE 107 V 17 E. 3b S. 23, AHI 2000 S. 303 E. 3,
Urteil I 27/07 vom 24. Januar 2008 E. 8). Demzufolge darf die Herabsetzung oder
Aufhebung einer Rente bei Versicherten, welche die Leistung weder unrechtmässig
erwirkt noch die Meldepflicht verletzt haben, nur für die Zukunft erfolgen
(Art. 88bis Abs. 2 lit. a IVV). Bei gerichtlicher Rentenherabsetzung oder
-aufhebung wird die Änderung auf den ersten Tag des zweiten Monats wirksam, der
der Zustellung des Urteils folgt (BGE a.a.O.; erwähntes Urteil 9C_58/2008 vom
29. Oktober 2008).

6.2 Zwar ist die rechtskräftig zugesprochene Invalidenrente einer
revisionsweisen Abänderung zugänglich (Art. 17 Abs. 1 ATSG), hingegen sieht
Art. 88bis Abs. 2 lit. a IVV verfahrensrechtlich die Herabsetzung oder
Aufhebung der Rente nur pro futuro vor. Die ratio legis der Bestimmung liegt
darin, dass die versicherte Person nicht wegen einer rückwirkenden Reduktion
oder Einstellung einer Invalidenrente Geldleistungen zurückzahlen soll, welche
sie aufgrund eines rechtskräftigen Rentenentscheids gutgläubig bezogen hat.
Zudem will ihr die Bestimmung Zeit zur Anpassung an die neuen finanziellen
Verhältnisse geben (Urteil 8C_763/2008 vom 19. Juni 2009 E. 5, nicht publ. in:
BGE 135 V 306; 133 V 67 E. 4.3.5 S. 70; ZAK 1982 S. 336). Eine rückwirkende
Herabsetzung oder Aufhebung der Rente mittels Revision lässt hingegen Art.
88bis Abs. 2 lit. b IVV ausnahmsweise zu, wenn die unrichtige Ausrichtung einer
Leistung darauf zurückzuführen ist, dass der Bezüger sie unrechtmässig erwirkt
hat oder der ihm gemäss Art. 77 IVV zumutbaren Meldepflicht nicht nachgekommen
ist. Art. 88bis IVV gilt im Zusammenhang mit der Revision einer Rente. Anders
ist die Rechtslage bei der ursprünglichen Rentenfestsetzung: Erst mit in
Rechtskraft erwachsenem Entscheid entsteht ein rechtlich durchsetzbarer
Anspruch auf Leistungen der Invalidenversicherung. Sofern die versicherte
Person den Rechtsweg gegen eine Rentenverfügung beschreitet, muss sie mit Blick
auf Art. 61 lit. d ATSG, wonach im kantonalen Verfahren eine reformatio in
peius zulässig ist, mit einer Schlechterstellung rechnen, welche den
Streitgegenstand auch in zeitlicher Hinsicht umfasst (BGE 125 V 413 E. 2d S.
417; statt vieler Urteile 9C_371/2009 vom 21. August 2009; 9C_29/2007 vom 4.
Februar 2008 E. 2.2; I 350/05 vom 29. September 2005). Wegen einer in peius
abgeänderten Verfügung nachträglich zu Unrecht bezogene Rentenleistungen
unterliegen der Rückerstattungspflicht, welcher namentlich die Gutgläubigkeit
des Rentenbezügers nicht entgegensteht (Art. 25 ATSG und Art. 4 ATSV; Urteil
9C_805/2008 vom 13. März 2009 E. 2.4). Zudem ist im Verfahren der erstmaligen
Rentenfestsetzung ein bestehender Rentenanspruch definitionsgemäss nicht
berührt, sodass für eine Bestimmung wie Art. 88bis Abs. 2 IVV - und sei dies
nur in analoger Anwendung - kein Raum besteht. Die Versicherte befindet sich
vertrauensschutzrechtlich nicht in der gleichen Position wie im
Revisionsverfahren, wo eine bereits rechtskräftig zugesprochene Invalidenrente
überprüft wird. Gemäss der ratio legis ist die analoge Anwendung von Art. 88bis
Abs. 2 lit. a IVV auf die reformatio in peius im erstinstanzlichen
Beschwerdeverfahren betreffend die Revision der Invalidenrente nach Art. 17
ATSG zu beschränken.

6.3 Die hier im Rahmen der erstmaligen Rentenfestsetzung rückwirkend erfolgte
Schlechterstellung der Beschwerdeführerin ist daher rechtens.

7.
Die Gerichtskosten werden der Beschwerdeführerin als unterliegender Partei
auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern,
Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, und dem Bundesamt für
Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 6. Januar 2010

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Meyer Ettlin